Warum überlebt das Regietheater so lange ? - Versuch einer Analyse

  • Diese Frage habe ich bereits final beantwortet. Und es nervt mega, dass ich es nun wiederholen muss.

    Danke für die freundliche Auskunft.

    Stellt deine finale Antwort auf die von Alfred Schmidt gestellte Frage "Warum überlebt das Regietheater so lange?" die einzig mögliche Antwort dar, die alle anderen Gründe definitiv ausschließt? Das hört sich zumindest so an.

    Ich habe auch einen möglichen Grund gefunden, kann und will aber weitere Gründe nicht ausschließen. Siehe dazu meinen Beitrag #151.


    Nochmals Danke für die Belehrung.


    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo


  • Also:

    Das Regietheater ergibt sich daraus, dass die Opern von Künstlern inszeniert werden. Und die schaffen definitionsgemäß immer etwas Neues. Kunst ist immer schöpferisch

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Diese Frage habe ich bereits final beantwortet. Und es nervt mega, dass ich es nun wiederholen muss. Ich werde Alfred um eine Gehaltserhönung bitten müssen.

    Und ich dachte, nur unsere neuen 3 "Kirchenväter" hätten das Privileg, finale Antworten zu geben. Wenn jetzt ein neuer dazukommt, der eine Lösung anbietet, die genauso nebulös ist wie die anderen, denke ich an Boris Godunow und den Usurpator, den falschen Dmitrij. Daher kehre ich doch zu meiner liebsten Erklärung zurück, die genauso schlüssig wie die hier gebotene Lösung ist. Die finale Antwort heißt 42. Und da ich als Theologe natürlich auch ziemlich gute Beziehungen zu meinem Heimatbüro habe, wurde mir bedeutet, dass die Lösung beim Propheten Habakuk verzeichnet und verschlüsselt ist (Habakuk 4, Vers 1-3).

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Ich habe auch einen möglichen Grund gefunden, kann und will aber weitere Gründe nicht ausschließen. Siehe dazu meinen Beitrag #151.

    Da schreibst du nur, dass das Publikum das RT-Theater duldet, weil ihm nichts "Besseres" geboten wird.


    Die Frage lautet dann aber: Warum gibt es nichts "Besseres"? Und die habe ich beantwortet:


    Erstens theoretisch. Wonach Künstler tendenziell "besser" sind als Handwerker.


    Zweitens praktisch. Wenn meine Definition von "besser" (=kreativer) abgelehnt wird, muss sich irgendwo im deutschen Sprachraum ein Theater finden lassen, in welchem dieses andere, "besser" (="werktreu") erfolgreich realisiert wird. Es gibt nämlich reichlich Theater, die sich eine bessere Auslastung wünschen. Die würde man genauso subventionieren wie die RT-Häuser, wenn sich die erhoffte Auslastung einstellen würde.


    Du liest doch auch Zeitung. Fast überall zerbricht man sich den Kopf, wie man mehr Leute ins (Musik-)Theater bringt. Und da soll keiner auf die Idee gekommen sein, einfach mal 100% "werktreue" Opern zu spielen? Das funktioniert halt nicht. Oder genauer: Die Entscheidungsträger glauben nicht, dass es funktionieren wird. Die RT-Gegner sind zwar meinungsstark, aber nicht hinreichend überzeugend.

  • Und ich dachte, nur unsere neuen 3 "Kirchenväter" hätten das Privileg, finale Antworten zu geben.

    Du denkst (und schreibst unglücklicherweise) halt doch öfter mal einen ziemlichen Blödsinn. So wie hier.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Du denkst (und schreibst unglücklicherweise) halt doch öfter mal einen ziemlichen Blödsinn. So wie hier.

    Nicht nur dort. Der König der Fake News hat leider bis jetzt es nicht für nötig befunden, seine Behauptung zu belegen, dass ein Regisseur Johan Botha als Parsifal szenisch durch einen Tänzer ersetzt habe. Auch die ehrenrührige Behauptung, dass jeder wisse, wie Magdalena Kozená die Rolle der Mélisande bekommen habe, konnte er nicht im Ansatz belegen. Ich bin übrigens der Meinung, dass derartige anhaltende und wiederkehrende Falschbehauptungen dem Ansehen eines Klassikforums, das den Anspruch hat, das führende im deutschsprachigen Raum zu sein, weit mehr Schaden zufügen als die hier häufig kritisierten Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedern. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.

  • Du denkst (und schreibst unglücklicherweise) halt doch öfter mal einen ziemlichen Blödsinn. So wie hier.

    Dieser Blödsinn hat eine Vorgeschichte, die du nicht zu kennen scheinst. Es handelt sich um die Diskussionen in den nachchristlichen Generationen der Alten Kirche, wo vor allem über das Glaubensbekenntnis erbittert gestritten wurde, manchmal über ein einziges Wort. Dieses Wort war das filioque. Über dieses Wort wurde nicht nur gestritten, sondern es trennte die Ostkirche (Konstantinopel) von der Römischen Kirche für alle Zeit. Man stritt sich natürlich über eine Idee, die nicht existierte und daher stritt man sich um - NICHTS. Wie hier. Das mit den Kirchenvätern ist ein Bild. Der Vergleich mit den Kirchenvätern hat ein tertium comparationis, das ist der Hochmut, die Rechthaberei, die Verdammung anders Denkender. Es ist schön dargestellt in "Der Name der Rose". William von Baskerville steht für einen klugen Theologen, Jorge von Burgos für den religiösen Fanatiker. Ihr könnt euch vorstellen, welches das tertium comparationis für euch als Kirchenväter ist.

    Dieser Blödsinn hat also einen historischen und wissenschaftlichen Hintergrund, der dir nicht vertraut ist; was mich wundert, wo du doch alles weißt. Manches, was du als Blödsinn ansiehst, ist auch satirisch gemeint. Dafür haben Kirchenväter schon gar keine Antenne, damals wie heute.

    In meinem Thema "Dr. Pingel´s satyrische Brosamen..." ist dem filioque eine ganze Seite gewidmet (#254).

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  • Sind es Fundamentalisten, die erwarten, dass eine Behauptung bewiesen wird und so lange nachfragen, bis es diesen Beweis gibt oder die Behauptung aufgegeben wird? Mir scheint, von Fundamentalismus kann keine rede sein, wenn nicht eine positive Behauptung durchgesetzt werden soll, die ich nicht gebracht habe (die anderen hier Angeklagten m. E. auch nicht). Außerdem gehört dazu die Forderung, eine Behauptung unbefrag als Wahrheit zu akzeptieren, die außerdem gern moralisch begründet wird. Interessanterweise bringt dieses Mittel eben der zur Anwendung, der auch einen großen Widerwillen gegen die Entscheidungsfreiheit des Individuums (Künstlers) bekundet. Das passt doch eher zusammen, oder?

  • Dieser Blödsinn hat also einen historischen und wissenschaftlichen Hintergrund, der dir nicht vertraut ist; was mich wundert, wo du doch alles weißt.

    Ich interessiere mich weder für Deine missglückten Bilder noch für diesen Kinderschänder-Förderverein, aus dessen Historie Du sie nimmst. Aber wenn Du des Lesens mächtig bist, solltest Du ohne Probleme feststellen, dass im "Regietheater"-Thread von meiner bzw. unserer Seite keine "finalen Antworten" gegeben sondern Fragen gestellt wurden (z.B. die, worauf sich die immer wieder behaupteten "Verbindlichkeiten" gründen). Als Christ wirst Du verstehen, dass ich die Hoffnung auf eine Antwort nicht aufgebe.

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  • Nicht nur dort. Der König der Fake News hat leider bis jetzt es nicht für nötig befunden, seine Behauptung zu belegen, dass ein Regisseur Johan Botha als Parsifal szenisch durch einen Tänzer ersetzt habe. Auch die ehrenrührige Behauptung, dass jeder wisse, wie Magdalena Kozená die Rolle der Mélisande bekommen habe, konnte er nicht im Ansatz belegen. Ich bin übrigens der Meinung, dass derartige anhaltende und wiederkehrende Falschbehauptungen dem Ansehen eines Klassikforums, das den Anspruch hat, das führende im deutschsprachigen Raum zu sein, weit mehr Schaden zufügen als die hier häufig kritisierten Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedern. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.

    Das mit Parsifal habe ich hier irgendwo gelesen , kann es aber nicht finden. Das mit den Tänzern wird öfter gemacht, z.B. vor Jahren in Düsseldorf bei Orfeo. Ich glaube, das spukte mir im Kopf herum. Es mag Fake News sein, aber es ist eine realistische Variante, denn niemand kann sich Botha als Parsifal vorstellen.

    Warum die Sache mit Kozena und Rattle ehrenrührig sein soll, leuchtet mir nicht ein. Was ist dabei, wenn Rattle sagt, dass seine Frau die Rolle singen soll? Das sind wahrscheinlich Verträge unter Freunden, also nichts Ehrenrühriges. Ich habe mich überzeugen lassen, dass sie in einer älteren Aufnahme (Bernard Haitink) sehr gut ist. Ich habe mir sogar diese Aufnahme ausgesucht, um sie mir auf YouTube mir komplett anzusehen, weil es kein RT ist, weil gut gesungen wird und die französischen Untertitel einem den Text vermitteln.

    Was das Ansehen des Forums betrifft, so würde ich mir an die Nase fassen. Schon seit langem schreibst du nur Mäkel-Beiträge, besonders ständig bei mir. An ein von dir eingestelltes Thema kann ich mich überhaupt nicht erinnern. Für mich bist du ein unproduktives Mitglied, das den produktiven das Leben schwer macht.

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  • Das mit Parsifal habe ich hier irgendwo gelesen , kann es aber nicht finden. Das mit den Tänzern wird öfter gemacht, z.B. vor Jahren in Düsseldorf bei Orfeo.

    Sehr überzeugend: Du hast es irgendwo gelesen, kannst es nicht finden und in "Orfeo" in Düsseldorf gab es auch Tänzer. Mit anderen Worten: Es stimmt nicht.


    Es mag Fake News sein, aber es ist eine realistische Variante, denn niemand kann sich Botha als Parsifal vorstellen.

    Mit anderen Worten: Du lügst, aber das fällt nicht weiter ins Gewicht, weil es für eine richtige Sache geschieht. Ich muss gestehen, dass mich das wenig überzeugt. Dass sich niemand Johan Botha als Parsifal vorstellen konnte, ist auch nicht richtig, da sowohl Ioan Holender, der ihn in Wien 2004 in einer Neuinszenierung mit der Rolle besetzt hatte als auch Christian Thielemann, der ihn bei den Salzburger Osterfestspielen damit besetzt hatte, ihn sich ganz offensichtlich sehr wohl in der Partie vorstellen konnten.

    Für mich bist du ein unproduktives Mitglied, das den produktiven das Leben schwer macht.

    Für mich bist du in erster Linie darin produktiv, dass du dir Märchen ausdenkst und sie hier als Wahrheit ausgibst. Wenn ich dir damit das Leben schwer mache, dass ich hin und wieder (ich lese bei weitem nicht alles, was du hier verzapfst), dann mag das für dich bedauerlich sein. Ich fürchte aber, dass du in einem öffentlichen Forum aushalten musst, dass wenn du Falschbehauptungen aufstellst, jemand anderes sagen darf, dass es nicht stimmt.

  • Ich interessiere mich weder für Deine missglückten Bilder noch für diesen Kinderschänder-Förderverein, aus dessen Historie Du sie nimmst. Aber wenn Du des Lesens mächtig bist, solltest Du ohne Probleme feststellen, dass im "Regietheater"-Thread von meiner bzw. unserer Seite keine "finalen Antworten" gegeben sondern Fragen gestellt wurden (z.B. die, worauf sich die immer wieder behaupteten "Verbindlichkeiten" gründen).

    Was du für missglückte Bilder hältst, ist nur ein Vergleich, der darstellt, wie sich die Strukturen von heute und die von vor vielen Jahrunderten gleichen. Und auch deine Wertung mit dem "Kinderschänder-Verein" hat ja mit dem von mir geschilderten Fall nichts zu tun, sondern ist Geschichte, die man ignorieren kann, aber nicht wegwischen.

    Das mit den Fragen und Antworten ist ein Trick, der in der Soziologie labelling approach heißt. Das heißt, dass man den Antworten das Etikett "Fragen" aufpappt und es damit umdekoriert hat. Aber eure Texte sind voller als Fragen verkleidete Antworten, die allerdings hier nicht jeden überzeugen. Und das war mit den Kirchenvätern genauso.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Wenn ich dir damit das Leben schwer mache, dass ich hin und wieder (ich lese bei weitem nicht alles, was du hier verzapfst), dann mag das für dich bedauerlich sein. Ich fürchte aber, dass du in einem öffentlichen Forum aushalten musst, dass wenn du Falschbehauptungen aufstellst, jemand anderes sagen darf, dass es nicht stimmt.

    Jetzt könntest du mir doch mal die Liste der threads geben, die du angestoßen hast. Danach können wir beurteilen, wer von uns produktiv ist.

    P.S. Im Falle Kozena habe ich mich korrigiert. Bleibt eine Falschbehauptung, die man allerdings nicht als Verbrechen, sondern auch als Versehen bezeichnen kann (schädigt das Ansehen des Forums, das tun hier ganz andere:no:).

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  • Bleibt eine Falschbehauptung, die aber zum Thema passte

    Also Falschbehauptungen, die zum Thema passen, sind zu tolerieren? Man darf also lügen, aber nur dann, wenn es zum Thema passt? Ich muss gestehen, dass ich diese Form des Diskurses etwas seltsam finde. Aber andererseits trifft es den Zeitgeist einiger Strömungen im Internet ganz gut, dass man Lügen für die angeblich gute Sache für richtig erachtet. Ich erlaube mir allerdings auch, hinzufügen, dass ich diese Form des Diskurses ablehne.

    Im Übrigen ist mir nicht bekannt, dass Mitglieder in diesem Forum Themen starten müssen, um als "produktiv" zu gelten.

  • Irgendwie scheint Deine Begründung zur Verbindlichkeit des Werks und der Werkgerechtigkeits-Idee zu fluktuieren. Wir hatten hierzu bereits: (i) Das ist so, weil es so ist; (ii) Das ist so, weil es der Stand der Wissenschaft ist; (iii) Die Autorität XYZ sagt das; (iv) Ohne Werkgerechtigkeit fehlt das Kriterium der Werkgerechtigkeit; (v) Ohne Werkgerechtigkeit droht Beliebigkeit (was nicht weiter belegt wurde); und recht neu (vi) Die Mehrheit der Künstler sieht das so (was ebenfalls nicht weiter belegt wurde).

    Um darauf noch mal kurz zusammenfassend zu antworten:


    Das Kriterium Werkgerechtigkeit ist fundiert in wirklich grundlegenden erkenntnistheoretischen, werkästhetischen, literaturwissenschaftlichen, musikwissenschaftlichen, sprachwissenschaftlichen, linguistischen Erkenntnissen. Man muss schon diese geballten Erkenntnisfundamente alle komplett ignorieren, um zu der Meinung zu kommen, es gäbe hier keine Verbindlicheiten und das Kriterium sei unbegründet und es bestände hier noch irgendwie ein Begründungsbedarf. Den gibt es schlicht nicht. Das Problem ist natürlich auch die fehlende Interdisziplinarität. Wenn man nur in der sehr begrenzten Sonderwelt eines Teilbereichs der Theaterwissenschaften hockt und nicht links und rechts schaut, kann man zu so einer Unverbindlichkeitsannahme kommen.


    Ich habe es alles klar gesagt - nur kann ich die komplexen theoretischen Hintergründe hier nicht explizieren (Psychologismuskritik in der Erkenntnistheorie, Intentionalitätstheorie nicht zuletzt, welche das begründet, was Helmut Hofmann die "Verbindlichkeit in der Sache" genannt hat, welche sich nicht auf nur subjektives Führwahrhalten oder das Rekurrieren auf Autoritäten zurückführen lässt, sondern allein und ausschließlich in der Erkenntnis der Sache gründet) - das wäre eine Überforderung für den Leser. Also: Wirkungsgeschichtlich nachgewiesen wird in der europäischen Tradition Kunst von einem Werkverständnis und einem Werkbegriff geprägt (natürlich nicht überall und immer, aber mehr oder weniger durchgängig durch die Geschichte), wo das Werk definiert ist als etwas, wovon man keinen Teil wegnehmen und hinzufügen kann, ohne es zu zerstören. Natürlich entspricht nicht jede Art von Literatur, jedes Theaterstück, jede Oper einem solchen Werkbegriff. Aber wo durch Werkanalyse nachweisbar ist, dass das Stück diesem Werkbegriff entspricht, ist Werkgerechtigkeit dann auch verbindlich. Ein Stück wie Wagners "Tristan" ist ein solches Werk und man kann es deshalb auch nicht beliebig bearbeiten. Wenn man nun noch die Erkenntnis der Werktheorie hinzunimmt, dass Werke "Unbestimmtheitsstellen", Mehrdeutigkeiten und auch Unklarheiten und gewisse Unfertigkeiten aufweisen, ist es dann die Aufgabe der Interpretation festzustellen, wo die Konstanten und wo die Variablen liegen: Also: Welches sind die konstitutiven Bestandteile, welche die Geschlossenheit des Sinnzusammenhangs, welche ein Werk ausmacht, konstituieren, die auf keinen Fall verändert werden können und dürfen, ohne das Werk und seinen Werksinn zu zerstören, und wo sind die Interpretationsspielräume, die man nutzen kann für Veränderungen und wo sind schließlich die Unfertigkeiten und Inkonsistenzen, die eine Berarbeitung erlauben und möglich machen. Nicht alles ist erlaubt - der Werkbegriff schränkt hier die Möglichkeiten der Bearbeitung verbindlich ein.


    Die Theorie des autonomen Theaterkunstwerks ignoriert oder leugnet nun alle diese Erkenntnisse und Verbindlichkeiten und unterstellt, man könne auch ein Werk wie Wagners "Tristan" im Prinzip grenzenlos bearbeiten, so dass man es im Extremfall letztlich gar nicht mehr als das erkennt, was es ist (jedenfalls im Prinzip, auch wenn das faktisch natürlich nie vorkommt). Das ist aber vor dem Hintergrund der geballten Erkenntnisse aus Werktheorie, Erkenntnistheorie erst einmal unseriös und inakzeptabel. Auch wenn es nicht gesehen und gewürdigt wurde, habe ich nach einem theoretischen Absatz gesucht, wie man auch diese - auf den ersten Blick absurd erscheinende - Theorie des "Theaterkunstwerks" Ernst nehmen kann. Das kann man allerdings, wenn man sie in Bezug zu den in den letzten Jahrzehnten intensiv diskutierten konstruktivistischen Theorien setzt. Leider ist auch hier wohl letztlich die fehlende interdisziplinäre Vernetzung daran schuld, dass diese Verbindung nicht gesehen wird. Der Konstruktivismus ist eine interdisziplinär konzipierte Theorie - kaum irgendwo anders wie hier wird das so klar und deutlich. Nun ist diese Theorie leider sehr anspruchsvoll und (zu) schwer zu verstehen für einen theoretisch unbedarften Leser. Ich kann ja schlecht sagen: Lest erst einmal Humberto Maturana (der war ein chilenischer Biologe!), dann werdet ihr verstehen, was ich meine. Ich muss es also bei vereinfachenden Andeutungen belassen. Wenn man das "Theaterkunstwerk" als ein operativ geschlossenes System im konstruktivistischen Sinne ansieht, dann gibt es in der Tat keine Verbindlichkeiten außerhalb dieses geschlossenen Systems, die innerhalb des Systems Verbindlichkeit haben könnten. Verbindlichkeit können dann immer nur innerhalb des operativ-geschlossenen Systems "Theaterkunstwerk" geschaffen werden. Deswegen macht ein Kriterium wie "Werktreue" oder "Werkgerechtigkeit" radikal konstruktivistisch gedacht keinen Sinn, weil es schlechterdings keine äußeren Verbindlichkeiten für ein solches geschlossenes System, was seinen Sinn ausschließlich in sich selbst generiert, geben kann. Soweit, so gut. Nur ist eine solche konstruktivistisch nur begründbare Theorie des autonomen "Theaterkunstwerks" letztlich zum Scheitern verurteilt. Auch das kann ich nur verkürzt und vereinfachend andeuten:


    Dass ein operativ-geschlossenes System überhaupt entsteht und entstehen kann, hat eine Voraussetzung, was die Konstruktivisten die "Anschlussfähigkeit" der Elemente des Systems nennen. Am Beispiel der Oper erläutert gibt es hier drei "anschlussfähige" Schichten: die gespielte Handlung auf der Bühne, den gesprochenen Text aus dem Libretto und die Musik, wie sie in der Partitur notiert ist und dann gespielt wird. Nun - das hat z.B. La Roche so schön am Beispiel von Richard Strauss´ Oper Salome beschrieben - wird der Opernbesucher bei einer RT-Inszenierung mit jeder Menge Unstimmigkeiten konfrontiert: die Musik passt nicht zum Text, der Text nicht zur Handlung und die Handlung nicht zur Musik. Das heißt abstrakt-begrifflich gesprochen mit der konstruktivistischen Theorie: die Anschlussfähigkeit von Musik, Text und Handlung wird nicht hergestellt. Das bedeutet aber letztlich, dass keine operative Geschlossenheit des "Theaterkunstwerks" hergestellt werden kann, also auch keine konstruktive Verbindlichkeit innerhalb des Systems (weil es nur aus Widersprüchen besteht) herzustellen ist. D.h. die Unverbindlichkeit, die gegenüber äußeren Verbindlichkeiten besteht ("Werktreue" ist nicht verbindlich), dringt damit ins Innere des Theaterkunstwerks ein. Es wird damit selber sinnwidrig und beliebig und löst sich damit als ein in sich geschlossenes Sinnsystem selber auf. Bezeichnend schweigen sich die Vertreter dieser Theorie des autonomen Theaterkunstwerks über diese Widersprüchlichkeiten (Handlung passt nicht zum Text, zur Musik) einfach aus und haben nichts dazu zu sagen. Warum? Weil sie ihr ganzes Denken und ihre ganze Selbstbegründung von Grund auf in Frage stellen. Sie wollen sich aber nicht in Frage stellen lassen. ^^


    Was folgt aus diesem Scheitern der Theorie des "Theaterkunstwerks"? Ich bin nun nicht der Meinung, dass das, was Regisseure heute machen, alles sinnlos ist - auch Regietheater macht durchaus Sinn. Nur folge ich nicht der Selbstbegründung der Regietheater-Künstler, weil ich sie für nicht tragfähig halte. Der Tendenz zur Unverbindlichkeit, Maßstablosigkeit und Beliebigkeit lässt sich nur begegnen, wenn man an der Verbindlichkeit festhält, welche durch das Werk gegeben ist. Werkgerechtigkeit ist ein unverzichtbares Kriterium. Mein Ansatz ist daher eine Theorie der ästhetischen Erfahrung, welche die werktheoretische Begründung um den rezeptionsästhetischen Gesichtspunkt erweitert, wo sich dann auch eine Begründung von Regietheater unterbringen lässt. So können dann Bearbeitungen von Werken sehr wohl als sinnvoll angesehen werden, wenn sie eben Erweiterungen von werkgerechten Interpretationen darstellen. Die Aufführung kann deshalb neue Reflexionsebenen zum Werk hinzufügen, die im Werk selber nicht vorhanden sind, aber dabei immer "werkgerecht" bleiben auf das Werk und was durch das Werk verbindlich vorgegeben ist Bezug nehmend.


    Ich halte das für ein gut begründetes und respektables Konzept. Wer eine bessere Begründung hat, soll sie geben. Ich habe bislang jedenfalls noch keine für mich überzeugende gehört. :D


    Schöne Grüße

    Holger

  • Wirkungsgeschichtlich nachgewiesen wird in der europäischen Tradition Kunst von einem Werkverständnis und einem Werkbegriff geprägt (natürlich nicht überall und immer, aber mehr oder weniger durchgängig durch die Geschichte), wo das Werk definiert ist als etwas, wovon man keinen Teil wegnehmen und hinzufügen kann, ohne es zu zerstören. Natürlich entspricht nicht jede Art von Literatur, jedes Theaterstück, jede Oper einem solchen Werkbegriff. Aber wo durch Werkanalyse nachweisbar ist, dass das Stück diesem Werkbegriff entspricht, ist Werkgerechtigkeit dann auch verbindlich. Ein Stück wie Wagners "Tristan" ist ein solches Werk und man kann es deshalb auch nicht beliebig bearbeiten.

    Lieber Holger,


    vielen Dank für diese interessanten Ausführungen. Aber ganz folgen kann ich nicht, denn es gibt ja beispielsweise kaum ein Werk der klassischen deutschen Literatur, das nicht ohne größere Veränderungen auf die Bühne gebracht wird. Zwar gibt es auch komplette Aufführungen eines Faust, aber das ist doch eher die Ausnahme. Und auch Goethe hat ja selber bekanntlich für die Bühne recht umfangreich bei sich und anderen Texte gekürzt und bearbeitet. Vor diesem Hintergrund ist für mich Dein Werkbegriff nicht wirklich praktikabel - zumindest nicht für dramatische Literatur -, denn die von Dir geforderte "Werkgerechtigkeit" wird ja oft schon vom Autor selbst nicht eingehalten. Bei einer Oper mag das wieder etwas anders sein, denn da ist ja auch noch die Musik, die man nicht so ohne weiteres kürzen oder gar verändern kann. Aber da du diesen Begriff nun doch recht fundamental verwendest, möchte ich zumindest in Hinblick auf klassische dramatische Literatur ein Fragezeichen setzen.


    Viele Grüße

    Christain

  • Das Kriterium Werkgerechtigkeit ist fundiert in wirklich grundlegenden erkenntnistheoretischen, werkästhetischen, literaturwissenschaftlichen, musikwissenschaftlichen, sprachwissenschaftlichen, linguistischen Erkenntnissen. Man muss schon diese geballten Erkenntnisfundamente alle komplett ignorieren, um zu der Meinung zu kommen, es gäbe hier keine Verbindlicheiten und das Kriterium sei unbegründet und es bestände hier noch irgendwie ein Begründungsbedarf.

    Ich gebe zu, dass ich hauptsächlich nur über Halbwissen verfüge, aber etwas ist immerhin hängengeblieben: Werkgerechtigkeit ist ein zentraler theologischer Begriff, abgeleitet von der reformatorischen Theologie. Als Gegenentwürfe habe ich noch die Prädestinationslehre von Calvin im Kopf.

    Hilft mir das weiter beim Verständnis des Beitrags von Dr. Kaletha?

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Herrje, da habe ich doch wahrhaftig in meinem letzten Betrag die Smileys vergessen.

    :pfeif:  

    Aber trotzdem, soll Werkgerechtigkeit hier im nicht-theologischen Sinn so gedeutet werden, dass der (vermutete) Wille des Schöpfers einen Kunstwerks verbindlich ist? In dem Falle ist der Begriff "Werkgerechtigkeit" leider nicht tauglich.


    https://www.tandfonline.com/do…00019?journalCode=sthe20#

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

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  • Also Falschbehauptungen, die zum Thema passen, sind zu tolerieren? Man darf also lügen, aber nur dann, wenn es zum Thema passt? Ich muss gestehen, dass ich diese Form des Diskurses etwas seltsam finde. Aber andererseits trifft es den Zeitgeist einiger Strömungen im Internet ganz gut, dass man Lügen für die angeblich gute Sache für richtig erachtet. Ich erlaube mir allerdings auch, hinzufügen, dass ich diese Form des Diskurses ablehne.

    Im Übrigen ist mir nicht bekannt, dass Mitglieder in diesem Forum Themen starten müssen, um als "produktiv" zu gelten.

    Ich denke, dass zwischen Lüge und Versehen doch ein Unterschied besteht. Und das ist alles, was von deinem "King of Fakes" übrig bleibt. Außerdem habe ich mich korrigiert bzw. korrigieren lassen, was ja hier nicht die Regel ist.

    Was die Produktivität betrifft, weiß ich natürlich, dass das nicht Pflicht st. Aber niemand kann mir verwehren, die Kollegen, die nichts Neues vorschlagen, als unproduktiv zu bezeichnen; zudem du ja auch am liebsten eingreifst, wenn es etwas zu tadeln gilt.

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  • Ich gebe zu, dass ich hauptsächlich nur über Halbwissen verfüge, aber etwas ist immerhin hängengeblieben: Werkgerechtigkeit ist ein zentraler theologischer Begriff, abgeleitet von der reformatorischen Theologie. Als Gegenentwürfe habe ich noch die Prädestinationslehre von Calvin im Kopf.

    Ich nehme deinen Scherz mal ernst! Luthers Rechtfertigungslehre (nach dem Römerbrief) war noch vor Calvin da; er war als Gegenentwurf zur katholischen Werkgerechtigkeit gedacht. Er hatte sich entzündet an der Debatte um den Ablass, nach dem man die Vergebung ja kaufen konnte, weil damit der Bau des Petersdomes finanziert wurde. Luther hatte natürlich Recht, aber der Petersdom ist natürlich trotzdem großartig.

    In der gegenwärtigen Debatte um Glauben und Werkgerechtigkeit in den USA geht der Kampf darum, ob man nur den Glauben

    hoch bewertet, aber ansonsten ein Ausbeuter oder Rassist sein kann (neuerdings auch Aufrührer), weil nur der Glaube zählt.

    Kein Wunder, dass Donald Trump in den Fundamentalisten in den USA so eine große Anhängerschaft hat.

    Ich hoffe, du nimmst mir die kleine Abweichung nicht übel, aber ich war sowieso erstaunt, dass es sowas wie theologische Bildung hier gibt.

    So etwas wie Werkgerechtigkeit gibt es auch im Islam. Die Almosen gehören zu den 5 Säulen, nach denen jeder Muslim sein Leben ausrichten muss, was ich grundsätzlich für keine schlechte Idee halte, weil diese Riten eine gute Vorschrift für ein ehrenvolles Leben sein können.

    Da frage ich mich z.B., warum aus den muslimischen Staaten die Flüchtlinge alle nach Europa und dann zu uns kommen wollen. Nach der Säule des Almosens wären die reichen Golfstaaten verpflichtet, die entweder aufzunehmen oder zu finanzieren. Wissen die Herrscher nicht, dass sie dafür in der Hölle braten müssen.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Das Kriterium Werkgerechtigkeit ist fundiert in wirklich grundlegenden erkenntnistheoretischen, werkästhetischen, literaturwissenschaftlichen, musikwissenschaftlichen, sprachwissenschaftlichen, linguistischen Erkenntnissen. Man muss schon diese geballten Erkenntnisfundamente alle komplett ignorieren, um zu der Meinung zu kommen, es gäbe hier keine Verbindlicheiten und das Kriterium sei unbegründet und es bestände hier noch irgendwie ein Begründungsbedarf. Den gibt es schlicht nicht.

    In der Musikwissenschaft gibt es zum Werkbegriff nur eine zentrale "Erkenntnis": dass er problematisch, unscharf und ständiger historischer Veränderung unterworfen ist. Sogar die Frage, ob Musik überhaupt ein "Kunstwerk" im Sinne etwas "Geschaffenen" sein kann, wurde und wird immer wieder kontrovers diskutiert. Wenn aber schon der Werkbegriff selbst völlig unklar ist, dann gilt das natürlich erst recht für die "Werktreue" oder "Werkgerechtigkeit". Du versuchst hier, uns den Bären eines einheitlichen und allgemein anerkannten "Erkenntnisfundaments" aufzubinden, wo in Wahrheit die vermeintlichen "Fundamente" ständiger und unvorhersehbarer Veränderung unterworfen sind und auch historisch in keinem einzigen Moment stabil waren. Es liegt auf der Hand, dass alle "Verbindlichkeiten" - gar solche, für die kein Begründungsbedarf bestehe - , die auf solch schwankendem Grund errichtet werden, sofort in sich zusammenfallen müssen. Hinzu kommt natürlich die entscheidende Tatsache, dass alle Wissenschaft oder ästhetische Theorie der Kunst keine Vorgaben macht sondern ihr beschreibend bzw. analysierend nachfolgt. Das hattest Du ja auch ausdrücklich bestätigt. Insofern hast Du Deinen "Verbindlichkeiten" selbst schon lange jede Grundlage entzogen.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Das Kriterium Werkgerechtigkeit ist fundiert in wirklich grundlegenden erkenntnistheoretischen, werkästhetischen, literaturwissenschaftlichen, musikwissenschaftlichen, sprachwissenschaftlichen, linguistischen Erkenntnissen.

    Ich überspringe mal das ganze Gemäkel, das hier die Seiten füllt und beziehe mich auf Holgers Satz. Der verkündet apodiktisch, ohne etwas über de Begriff auszusagen. Was stellen die unterschiedlichen Disziplinen denn hierzu zur Diskussion (und in den Geisteswissenschaften sollte man wirklich nur nur Diskussion stellen)? Orfeo hat noch dankenswerterweise auf eine weitere Verwendung hingewiesen, die wohl kaum mit der in den oben angesprochenen Disziplinen vergleichbar sein dürfte.


    Ich frage mich zudem, inwieweit die genannten Disziplinen bei der Frage von Sichtbarmachung von Werken auf Bühnen -denn darüber reden wir- hilfreich sein können. Es gibt auch keinen Grund, auf die Theaterwissenschaften herabzuschauen, zumal die sich mit solchen Umsetzungsfragen beschäftigen.


    Die Frage des Threads nimmt im Übrigen die im Sinne des Threadstarters gefühlt nicht adäquate Umsetzung von Partitur und Libretto auf Bühnn als gegeben an, so daß die Frage, was denn eine adäquate Umsetzung sein hier im falschen Thread erörtert wird.


    Zur Threadfrage selbst hast Du ja einige Beiräge weiter oben mit der zitierten Studie eine interessante Grundlage gegeben (das Studienergbnis scheint sich j in etwa mit der jüngeren, von Orfeo zitierten Untersuchung zu decken). Wenn an der Stelle weiter diskutiert werden würde, ohne dass man sich untereinander gegen das Schienben tritt, wäre das hilfreich. Danke schon jetzt.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Ich denke, dass zwischen Lüge und Versehen doch ein Unterschied besteht. Und das ist alles, was von deinem "King of Fakes" übrig bleibt.

    Sorry, aber das Behaupten von Falschinformationen passiert bei dir derart häufig, als ich bei aller Gutmütigkeit nicht gewillt bin, da an reines Versehen zu glauben. Wenn man etwas vage in Erinnerung hat, prüft man vorher den Faktengehalt, bevor man es in die Öffentlichkeit posaunt. Das wäre seriös, hingegen irgendetwas als Fakt darzustellen, was man meint, mal gehört zu haben, ohne es verifizieren zu können, ist unseriös und wird von vielen Lesern, die hier Fachinformationen in einem seriösen Klassikforum erwarten, auch so wahrgenommenen. Deine nun schon mehrfach vorgebrachte Ausrede, Fake News wären ja nicht so schlimm, so lange sie zum Thema passen (in Wahrheit müsste es natürlich heißen: zu deiner Meinung, da du zum Thema in der Regel wenig bis gar nichts beiträgst - wie man in diesem Thread wunderbar nachlesen kann: Es geht um Theater und du dozierst über Islam, Flüchtlinge, Päpste, adipöse Sänger und etwaige Besetzungen wegen persönlicher Beziehungen), entlarvt dich als jemanden, dem im Diskurs Desinformation als Mittel recht ist.

  • Holger schrieb, dass man ein Werk nicht beliebig bearbeiten darf. Wenn ein Theaterstück so konzipiert ist, dass der Autor davon ausgeht, dass es nur gekürzt aufgeführt werden wird, sehe ich hier keinen Widerspruch zu Holgers Aussage.

  • Holger schrieb, dass man ein Werk nicht beliebig bearbeiten darf. Wenn ein Theaterstück so konzipiert ist, dass der Autor davon ausgeht, dass es nur gekürzt aufgeführt werden wird, sehe ich hier keinen Widerspruch zu Holgers Aussage.


    Wo ist denn vom Autor notiert, dass er davon ausgeht?


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Aber man muss ein Werk doch zumeist bearbeiten, um es aufführbar zu machen, mit Kürzungen allein ist es selten getan. Man lese hierzu, wie ein JWvG in Weimar damit umgegangen ist. Werner Hintze sollte darüber berichten können, was da heute üblich ist. Das wäre doch interessant, finde ich. Ich fand ja auch seine Unterscheidung zwischen dem dramatischen Werk (gleich ob für Theater oder Oper) und der davon zu unterscheidenden Aufführung (ich glaube er hat es 'Theaterkunstwerk' oder so ähnlich genannt) sinnvoll und hilfreich - hilfreicher jedenfalls als den Begriff 'Werkgerechtigkeit', den ich aus der Literaturwissenschaft nun gar nicht kenne - , aber aufgrund der ausufernden persönlichen Diskussion habe ich dazu nicht alles weiterverfolgt und ich hatte diesen thread von der Leseliste auch schon deaktiviert.


    Viele Grüße, Christian

  • In der Musikwissenschaft gibt es zum Werkbegriff nur eine zentrale "Erkenntnis": dass er problematisch, unscharf und ständiger historischer Veränderung unterworfen ist. Sogar die Frage, ob Musik überhaupt ein "Kunstwerk" im Sinne etwas "Geschaffenen" sein kann, wurde und wird immer wieder kontrovers diskutiert. Wenn aber schon der Werkbegriff selbst völlig unklar ist, dann gilt das natürlich erst recht für die "Werktreue" oder "Werkgerechtigkeit". Du versuchst hier, uns den Bären eines einheitlichen und allgemein anerkannten "Erkenntnisfundaments" aufzubinden, wo in Wahrheit die vermeintlichen "Fundamente" ständiger und unvorhersehbarer Veränderung unterworfen sind und auch historisch in keinem einzigen Moment stabil waren.

    Deine Behauptungen sind so forumiert, als gäbe es da einfach nur Unklarheit, einfach falsch. Ich habe in meinem Buch ein ganzes Kapitel über den Werkbegriff in der Musiktheorie und selbstverständlich die musikwissenschaftlichen und musikgeschichtlichen Forschungen zu dem Thema ausgewertet. Ich weiß also, wovon ich rede. Es gibt zudem jede Menge von Werkanalysen von Werken klassischer Komponisten, die ohne einen verbindlichen Werkbegriff gar nicht möglich wären. Wie ich schon erwähnt hatte, stammt die Forderung nach "Werktreue" nicht aus der Musikwissenschaft, sondern der Journalistik. Über die Kritik an einem "buchstäblichen" Verständnis von Werktreue und den damit zusammenhängenden Problemen des Historismus - auch darüber gibt es in meinem Buch ein Kapitel.

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