Genau, wenn einem Bachs Sonaten und Partiten für Solovioline zu schwer sind, dann lässt man es für zwei Violinen umschreiben oder man fügt noch ein Klavier hinzu, gell? Oder man machts wie der alte Stokowski und peppt diese Werke gleich zu Sinfonien auf.
Das kann man alles machen, wenn man es denn machen möchte. Wer sollte es einem auf welcher Grundlage verbieten?
Wenn der moderne Flügel ein Nachfolger vom Cembalo wäre: ja, bloß das ist er nicht.
Bautechnisch ist er das vielleicht nicht, aber in der funktionalen Rolle als bedeutendes Tasteninstrument sehr wohl.
Sie entsprechen definitiv nicht der Intention des Komponisten.
Und was folgt daraus? Müssen wir jetzt Günter Wands Aufnahmen von Bruckners Neunter entsorgen, weil sie nicht der "Intention des Komponisten" entsprechen?
Und Du meinst jetzt, das ist das ultimative Totschlagargument?
Nein, das meine ich nicht. Ich würde nur gerne Dein Argument verstehen. Erst ist der Notentext die Mitteilung des Komponistenwillens, dann ist er es wieder nicht, so dass man andere Quellen bemühen muss, um den Komponistenwillen zu ergründen.
Hätten die Komponisten gewollt, dass man ihren Willen minutiös und bedingungslos befolgt, hätten sie ihn vielleicht klarer und leicht auffindbar niederlegen sollen...
Ich hab mich nicht hinreichend mit Wagner befasst, weil ich diesen Komponisten schlicht und einfach für überschätzt halte. Mich mit seinem Antisemitismus und seinen diversen anderen Charaktersauereien zu befassen, das ist mir dieser sächsische Alberich, der so gern ein teutonischer Siegfried gewesen wäre, ehrlich gesagt nicht wert. Vielleicht später einmal, aber mit Sicherheit nicht jetzt.
So kann man sich natürlich auch aus der Affäre ziehen...
Würdest Du Dich mit Wagner befassen, könntest du Dich der Frage nach dem Antisemitismus als Teil seiner Intentionen aber nicht mehr entziehen. Wie würdest Du dann damit umgehen? Muss man das auf der Bühne nachvollziehen können? Immerhin geht es ja um den geheiligten Komponistenwillen!
Außerdem beantwortet das nicht meine Frage: wenn ich mir den Parsifal konzertant anhöre, wo finde ich da musikalisch dargestellten Antisemitismus?
Wer hat etwas von "konzertant" geschrieben? Eine konzertante Aufführung einer Wagner-Oper ist geradezu eine Vergewaltigung des Komponistenwillens, denn Wagner hat Opern und keine Oratorien geschrieben.
Rein musikalisch findest Du bei Wagner übrigens eine recht deutlich antisemitische Anspielung in der Szene mit Alberich und Mime im "Siegfried".
LG