Gang durch die Matthäuspassion

  • Zum Kar-/Osterwochenende passend möchte ich dieses Thread über Bachs Matthäuspassion eröffnen. Für mich DAS Kunstwerk überhaupt. Als Theologischer Bachforscher habe ich mich naturgemäßg sehr häufig und sehr theologisch mit diesem Werk beschäftigt. Ich nenne und beschreibe ein paar meiner Highlights aus der Passion und würde mich freuen, wenn diese von Arien/Chören/Chorälen fortgesetzt werden, die euch besonders wichtig sind.


    1) Chor: Kommt ihr Töchter helft mir Klagen

    Jedes Mal lässt mich der fesselnde Beginn der Matthäuspassion mit seinem pochenden Orgelpunkt und dem langsam sich aussingenden Klagegesang der beiden Orchestergruppen sprachlos zurück.

    Nach einigen Sekunden geschieht die erste Lösung, besser Erlösung, dieser ungemeinen Spannung mit welcher das Werk beginnt: Der Basso continuo steigt in einem oktavlangen Aufstieg gleichsam horizontal nach oben und leitet zum Einstieg des doppelchörigen vokalen Teils über. Die Frage-Antwort-Struktur (Sehet, Wen? - den Bräutigam! Seht ihn, Wie? - Als wie ein Lamm!) bietet auf engstem Raum eine Deutung, wie der Gekreuzigte theologisch werden kann. Schon dieser Eröffnungschor enthält mit den Worten "Bräutigam", "Lamm" und "Kreuz" die wichtigsten christologischen Kategorien im Werk Bachs in einer unvergleichlichen Zuspitzung. Der „Bräutigam“, mit dem die Seele (die in der kompletten Passion immer wieder in kommentierenden Rezitativen, eingeleitet von „Mein Jesus“ auftaucht) sich liebend vereinigen möchte, erscheint als Lamm. Doch damit nicht genug, der Eingangschor ist sogar für drei Chöre konzipiert, denn mitten in den Wechselgesang der beiden Chöre wird der Choral „O Lamm Gottes unschuldig“ ohne einen einzigen Missklang exponiert (HIP als Knabenchor).

    Weiter heißt es im zweiten Teil des Eingangschors, der mit einer kurzen Rückung nach G-Dur eingeleitet wird: „Sehet die Geduld, seht auf unsre Schuld, sehet ihn aus Lieb und Huld, Holz zum Kreuze selber tragen“. Eben das Moment des „selber Tragens“ kann als 'Motto' des weiteren Werkes gelten. Der Jesus in der Matthäuspassion begegnet uns als leidendes Subjekt, als vollständiger Mensch, als Gegenüber der gläubigen Seele. Die liebende Beziehung des Ichs zu Jesus baut auf jenem Trost, dass Jesus selber das Kreuz tragen wird. Mir ist geholfen, durch die liebende und persönliche Zuwendung Christi. Dieser Trost durchzieht die gesamte Matthäuspassion und wohnt bereits dem Eingangschor inne. Musikalisch geschieht dies durch den Austausch der pochenden Spannung des Beginns durch tröstende Harmonien und sich auf Terzen einpendelnde Motive, sobald die Worte „Bräutigam“ und „Lamm“ auftauchen. Auch das Gis, welches den Schlussakkord auf dem Wort „Lamm“ unauffällig von e-Moll nach E-Dur rückt, wirkt hier nicht wie nachlassende Dramatik, sondern tröstend und nach vorne weisend.

    Dieser Eingangschor ist für mich genial, berührend, erchütternd und er macht mich süchtig - ich möchte gar nicht, dass es aufhört.


    Übrigens ist nach wie vor mein Favorit die Herreweghe-Version mit dem Collegium Vocale Gent.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • 11) Abendmahlsszene

    Die erste halbe Stunde der Matthäuspassion ist gestalterisch die dramatischste. In abwechslungs- reichen Szenen wird u.a. das letzte Abendmahl mit vielen verteilten Rollen dargestellt. Besonders ergreifend und schön ist finde ich die Darstellung der Einsetzungsworte. Sie ist natürlich der Vox Christi vorbehalten. Mit herrlichen weiten Melodiebögen wird vor allem die Einsetzung des Weins mit feierlich-majestätischer Gestaltung zu Gehör gebracht und diese Stelle ist für mich eines der schönsten Jesusworte überhaupt. „Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken, bis an den Tag an dem Ichs neu trinken werde mit euch, in meines Vaters Reich“. Was für ein tröstlicher soteriologischer und eschatologischer Gedanke. Am Ende werden wir mit Jesus gemeinsam am Tisch sitzen.

    Unabhängig davon, ob ich das nun persönlich annehme bzw. glaube, ist es doch eine berührend schöne Vorstellung - eben durch Bachs zu Herzenden gehener Vertonung.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Übrigens ist nach wie vor mein Favorit die Herreweghe-Version mit dem Collegium Vocale Gent.

    Ich habe diese Aufnahme (Köln 2010) mitgeschnitten und es gibt sie in voller Länge bei YouTube. Der einzige "Fehler": im Eingangschor singen keine Knaben.

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    2 Mal editiert, zuletzt von Dr. Pingel ()

  • Ich habe in meiner Zeit als Religionslehrer in der Oberstufe eine Reihe gehabt, die "Jesusbilder" hieß. Da haben wir auch die Wirkung, vor allem der Passionsberichte, auf Literatur, Malerei, Film und Musik erforscht. Ich erinnere mich, dass wir bei den Filmausschnitten (per Video, das gab es schon) alle der Meinung waren, dass das meiste Kitsch war, bis auf "Das 1. Evangelium" von Pasolini. In schwarz-weiß, gedreht in einem spanischen oder kroatischen Dorf, mit Laiendarstellern. Die Konzeption war genau die, die unsere Theologen wie Bultmann und Dibelius, in Anlehnung an A. Jolles' "Einfache Formen", erarbeitet haben, nämlich dass wir keine Biographie von Jesus haben, sondern nur einzelne Geschichten. Natürlich wusste das Pasolini nicht, aber so hat er inszeniert. Da habe ich dann im Musikbereich die Matthäuspassion herangezogen. In unserer großen Aula gab es eine Bühne und natürlich eine leistungsfähige Musikanlage, die nicht von mir, sondern von den kundigen Schülern bedient wurde. Da weiß ich noch, dass die großen Chöre doch bewundert wurden von Jugendlichen, die natürlich völlig andere Musik hörten. Das waren der Eingangschor, der Schlusschor, dann auch "O Mensch, bewein dein Sünde groß" und das Duett "Nun ist mein Jesus nun gefangen" mit dem anschließenden Chor "Sind Blitze, sind Donner...", ein unglaubliches Stück.

    Mein persönliches Lieblingsstück ist das begleitete Rezitativ "Am Abend, da es kühle ward...."

    Ich habe immer eine kleine Liste von Stücken im Kopf, die ich bei Spaziergängen im Wald singe, natürlich alleine. Der befreundete Hund, den ich ab und zu dabei habe, nimmt es gelassen.

    Nachtrag: eine Stelle, die ich im Moment nicht finden kann, ist diese. Es ist ein Unisono am Schluss: "Denn, er hat gesagt, er ist Gottes Sohn!" Das deute ich so, dass das unisono darstellen soll, dass sogar die Heiden das sagen müssen und es unbedingt gilt!"

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  • Ich gönne den Richter-Fans ihren Richter und anerkenne seine Leistungen. Für mich persönlich gibt es zur HIP allerdings überhaupt keine Alternative. Dieser Gigantismus ist mir zuwider. Über die letzten Jahrzehnte ist die HIP ja wesentlich versierter geworden und im Bereich der Bach-Kantaten und Oratorien gibt es viele großartige Alternativen. Sei es Herreweghe, Gardiner, Jacobs oder auch Leusinck. Besonders gut gefällt mir momentan all das, was die Netherlands Bach Society mit ihrem großartigen "All of Bach" Projekt macht.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • 20) Arie & Chor: Ich will bei meinem Jesu wachen
    Diese vom Chor unterbrochene Arie gehört zu den bekanntesten und irgendwie auch schönsten Arien der MP, finde ich. Die Arie steht im Zentrum der Gethsemane-Szene, Jesus entfernt sich zum Gebet, die Gläubige Seele (stellvertretend für die Jünger) verspricht: „Ich will bei meinem Jesu wachen“, bekräftigt vom aufrüttelnden Motiv der Oboe. Sogleich fällt der Chor, der zugleich für die Menge der Christus-Anhänger, als auch für jeden einzelnen Gläubigen steht, ein: „So schlafen uns're Sünden ein“. Immer mehr verbinden sich Chor und Tenor, immer mitreißender wird die klagende und doch tröstlich-schöne Musik. Klage darüber, dass es den Jüngern nicht möglich ist, eine einzige Stunde zu wachen. Trost dafür, dass menschliche Schwäche am Kreuz ausgemerzt wird. Diese wunderbare Musik hat etwas eigenartiges: Ich erkenne und betrauere meine Schwäche und werde doch im selben Moment getröstet. „Sein Trauern macht mich voll Freuden“, heißt es weiter. Diese Dialektik wohnt dem Glauben inne, Bach macht sie hör- und fühlbar.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Die Arie Nr. 39


    "Erbarme dich"

    Erbarme dich, mein Gott,
    Um meiner Zähren willen!
    Schaue hier, Herz und Auge
    Weint vor dir bitterlich.
    Erbarme dich, mein Gott.

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    Rembrandt, „Die Verleugnung des Heiligen Petrus“, 1660. Öl auf Leinwand, Rijksmuseum, Amsterdam.


    Dmitry Sinkovsky Countertenor und Solo-Violine


    Schmerzende Schönheit und tiefe Traurigkeit koexistieren in dieser Arie. Der polnische Dichter und Romanautor Adam Zagajewski hat Erbarme Dich „das Zentrum und die Synthese westlicher Musik“ genannt. Der Geiger Yehudi Menuhin nannte das klagende Soloviolin-Obligo der Arie „das schönste Musikstück, das jemals für die Violine geschrieben wurde“.


    Für mich ist diese Alt Arie das Herzstück der Matthäus-Passion!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Diese Arie liebe ich ebenfalls heiß und innig. Diese Stimmung, Wehmut und Klage ist unerreicht. Wenngleich Bach in vielen Solo-Violin-Arien ja eine ähnliche Stimmung erreicht ("Wenn könnst du" BWV 140, "Welt ade" BWV 158 oder "Schließe mein Herze" im WO III). Aber "Schmerzende Schönheit" trifft es!

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Arie Nr. 39 "Erbarme dich, mein Gott"

    Der Geiger Yehudi Menuhin nannte das klagende Soloviolin-Obligo der Arie „das schönste Musikstück, das jemals für die Violine geschrieben wurde“.

    Und so hat er seine Auffassung gemeinsam mit der amerikanischen Konzertsängerin Eula Beal und dem Dirigenten Antal Dorati umgesetzt:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Auch wenn mir diese opernhafte Interpretation nicht zusagt, zeigt sie doch die Faszination, die diese Arie auf verschiedenste Künstler und Generationen scheinbar ausübt.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

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  • 48) Arie: Aus Liebe will mein Heiland sterben


    Musikalisch gar nicht mal eine meiner Lieblingsarien, das hohe Klangbild ist ein bisschen eigen. Aber es dürfte die theologisch wohl wichtigste Arie der MP sein. Die Deutung hier: Der stellvertretende Sühnetod Jesu geschieht aus Liebe, nicht als Strafe. Der Text dieser Arie qualifiziert das Opfer Christi theologisch als Gabe/Hingabe aus Liebe. Aus lutherisch-orthodoxer ist frühaufklärerische und pietistische Theologie geworden. Wie u.a. Elke Axmacher zeigen konnte, gehört diese Arie zur späteren Textschicht der MP, in der die Sühnetheologie Heinrich Müllers von Picander aufgeweicht bzw. umgedeutet wird. Die Musik wirkt schwebend, scheint kein Fundament zu haben, weil der Generalbass fehlt. Alles Schwere ist der Musik genommen, das neue Motto des Kreuzes wird mit diesem schwebenden Liebesmotiv beschrieben. Die Musik verbleibt mit Flöte und Sopran im Diskant, kommt gleichsam 'von oben'.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • 58) Rezitativ & Chor: Und da sie an die Stätte kamen


    Ich persönlich finde die Turba-Chöre dieser Golgatha-Szene noch mitreißender und musikalisch bezwingender als zuvor. Zunächst spottet das Volk „Der du den Tempel“, anschließend spotten die Hohepriester „Andern hat er geholfen“. In einer melodischen Auflösung zu den Worten „so wollen wir ihm glauben“ ändert sich der Charakter der Musik für einen Moment und wird sanfter. Doch sofort danach wird im wütenden Unisono der Vorwurf geäußert: „Denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn“. Diese dramatische Stelle ist finde ich mitreißend und besser kann Bibelwort wohl kaum noch vertont werden.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • 58) Rezitativ & Chor: Und da sie an die Stätte kamen


    Ich persönlich finde die Turba-Chöre dieser Golgatha-Szene noch mitreißender und musikalisch bezwingender als zuvor. Zunächst spottet das Volk „Der du den Tempel“, anschließend spotten die Hohepriester „Andern hat er geholfen“. In einer melodischen Auflösung zu den Worten „so wollen wir ihm glauben“ ändert sich der Charakter der Musik für einen Moment und wird sanfter. Doch sofort danach wird im wütenden Unisono der Vorwurf geäußert: „Denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn“. Diese dramatische Stelle ist finde ich mitreißend und besser kann Bibelwort wohl kaum noch vertont werden.

    "Denn er hat gesagt...": das ist die Stelle, die ich meinte. Aus dem Aufruhr wird Unisono. Das bedeutet: ihr könnt noch so viel toben, dieser Satz ist ein Vorwurf, aber er ist die Wahrheit., die müsst ihr gegen euren Willen bezeugen.

    Ich habe die Matthäuspassion nur 1x gesungen, die Johannespassion aber 4x, in verschiedenen Chören. Dort sind die Turbae-Chöre noch mitreißender und exzessiver und verlangen versierte Sänger. Vielleicht könntest du dir als nächstes die Johannespassion vornehmen!?

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  • Ich finde die Turbae-Chöre in der JP auch nochmal fesselnder. Das liegt natürlich auch an der Anlage im Johannesevangelium mit dem langen Gesprächsgang mit Pilatus. Die MP legt da mit Matthäus einen leicht anderen Fokus...


    Wer weiß wann ich hier zur JP komme, aber sie lohnt natürlich ebenfalls einen genaueren musik-theologischen Blick. Ich habs auf dem Zettel. :S

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • 64) Accompagnato: Am Abend da es kühle war & 65) Arie: Mache dich mein Herze rein

    Am Ende beider großen Bach-Passionen stehen ja diese zusammenfassenden und die Quintessenz ziehenden Deutungen. Dieses Accompagnato „Am Abend da es kühle war“ gehört für mich zu den schönsten Stellen der Dichtung Picanders. Dazu ist die Vertonung hier, obwohl nur ein Sprechgesang vorliegt, äußerst ergreifend gelungen. Dieser kurze Satz hier ist ein inhaltliches Herzstück und theologische Zusammenfassung am Ende des Werks. Die poetischen Worte bieten eine Paraphrase der Heilsgeschichte (Adam, Sündenfall, Noah und die Sintflut, Jesu Tod). „Der Friedensschluss“ durch das Kreuz hat zwar immer noch Anklänge an die satisfaktorische Sühneopfertheologie, doch obliegt es nun jeder gläubigen Seele sich den toten Jesus schenken zu lassen, also selber aktiv werden, das Kreuz anzunehmen. Viele Musikfreunde teilen was ich hier empfinde: Diese warme und tröstliche Musik ist eine zum Weinen schöne Glaubensgewissheit und wenn zu den Worten „Der Friedensschluss ist nun mit Gott gemacht“ die Musik nach Dur rückt, dann öffnet sich für einen Moment der Himmel.


    Die Arie "Mache dich mein Herze rein" schließt unmittelbar an die Stimmung und die musikalische Schönheit von „Am Abend da es kühle war“ an. Hieß es zuvor: „Geh, lasse dir den toten Jesus schenken“, heißt es nun: „Mache dich mein Herze rein, ich will Jesum selbst begraben“. Das eigene Herz soll zur Grabstätte Jesu werden. Hier taucht an prominenter Stelle wieder die fromme und mystische Herz-Symbolik auf. „Denn er soll nunmehr in mir, für und für, seine süße Ruhe haben“. Die tröstliche Wärme dieser Musik lässt keinen Zweifel an diesem Entschluss zu: Jesus geht in das Herz der Gläubigen ein. Diese nehmen dadurch seine Liebestat an. Ich kann nicht verhehlen, dass diese Arie – grade in Verbindung mit dem vorherigen Accompagnato zu meinen Lieblingsarien gehört!

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Freiburger Barockorchester-Vox Luminis-Hamburger Knabenchor


    Gerade habe ich die Matthäuspassion auf YT aus de Elbphilharmonie (von gestern) entdeckt und auch den ersten Satz gehört. Die Aufstellung ist natürlich die einzig vernünftige: beide Chöre und beide Orchester getrennt, Continuo in der Mitte und die Knaben in kleiner Besetzung (!) hinten in der Mitte.

    Bemerkenswert, dass der Dirigent, Lionel Meunier, im Bass mitsingt und von da aus auch dirigiert. Das hat den Vorteil, dass es dezent ist, weil alle Sänger eh alles können und weil die Kamera nicht immer auf dem verzückten Gesicht des Dirigenten verweilen muss. Bemerkenswert ist auch, dass er wie alle Choristen nur den blauen Klavierauszug in Händen hält und keine Partitur, was bedeutet, dass das Orchester allein auf sich gestellt ist. Allerdings macht das einem Orchester dieser Qualität nichts aus.

    Zwei Einzelheiten: die Männerstimmen kommen hier mehr zur Geltung, während sonst die Chöre reichlich sopranlastig sind. Ein Einwand, der eine Marotte von mir ist. Der letzte Ton des Eingangschores (...wie ein Lamm...) könnte lauter und strahlender sein, weil dadurch der Zusammenklang von Text (ein Lamm ist immer ein Opfer) und der "siegreichen" Musik deutlicher wird.


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  • Übrigens ist nach wie vor mein Favorit die Herreweghe-Version mit dem Collegium Vocale Gent.

    Vielen Dank für diesen schönen thread passend zu Ostern. Es ist so ein ergreifendes Werk und jedesmal, wenn ich es höre, würde ich gerne mehr darüber wissen, habe dann aber nie die Zeit, darüber nachzulesen. Alternativ möchte ich Dir noch die frühere Herreweghe-Aufnahme ans Herz legen, ich finde sie um einiges eindringlicher - und die Partien und Arien von Barbara Schlick sind meines Erachtens unübertroffen.

    Viele Grüße, Christian


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  • Ich habe mir heute erst den Querschnitt von Suzuki ( SACD ) angehört, danach aber John Butt / Dunedin Consort......beide sehr gut. Die Herrewehge CD habe ich mir auch bestellt, die gibt es auch günstiger in dieser Box:


    Aber am Sonntag muss es das Oster-Oratorium sein......Da wird es Gardiner und Suzuki.


    Wünsch allen frohe Ostern !


    Kalli

  • 64) Accompagnato: Am Abend da es kühle war & 65) Arie: Mache dich mein Herze rein

    Am Ende beider großen Bach-Passionen stehen ja diese zusammenfassenden und die Quintessenz ziehenden Deutungen. Dieses Accompagnato „Am Abend da es kühle war“ gehört für mich zu den schönsten Stellen der Dichtung Picanders. Dazu ist die Vertonung hier, obwohl nur ein Sprechgesang vorliegt, äußerst ergreifend gelungen. Dieser kurze Satz hier ist ein inhaltliches Herzstück und theologische Zusammenfassung am Ende des Werks.


    Ich kann nicht verhehlen, dass diese Arie – grade in Verbindung mit dem vorherigen Accompagnato zu meinen Lieblingsarien gehört!

    Das ist bei mir auch so, und ich kann den ganzen Schluss singen. Eine Sache bedeutet dieses Rezitativ, was erstmal banal klingt, aber auch seinen Wert hat: mit diesem Rezitativ biegen wir in die Zielkurve ein. Nach fast drei Stunden ist das auch ersehnt, aber die Zielstrecke ist ja noch von besonderer Schönheit. "Wir setzen uns..." wie auch "Ruhet wohl.." aus der Johannespassion gehören zu den größten Kompositionen Geistlicher Musik, wie man sie auch bei Heinrich Schütz und Monteverdi findet. "Ruhet wohl" hatte bei uns immer die Wirkung, dass wir mit den Tränen kämpften, vielleicht ausgelöst durch diese Zeile ... das Grab, das euch bestimmet ist...

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  • Das ist bei mir auch so, und ich kann den ganzen Schluss singen. Eine Sache bedeutet dieses Rezitativ, was erstmal banal klingt, aber auch seinen Wert hat: mit diesem Rezitativ biegen wir in die Zielkurve ein. Nach fast drei Stunden ist das auch ersehnt, aber die Zielstrecke ist ja noch von besonderer Schönheit. "Wir setzen uns..." wie auch "Ruhet wohl.." aus der Johannespassion gehören zu den größten Kompositionen Geistlicher Musik, wie man sie auch bei Heinrich Schütz und Monteverdi findet. "Ruhet wohl" hatte bei uns immer die Wirkung, dass wir mit den Tränen kämpften, vielleicht ausgelöst durch diese Zeile ... das Grab, das euch bestimmet ist...

    Du sprichst mir aus der Seele!

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

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  • 68) Chor: Wir setzen uns mit Tränen nieder

    Und damit setze/lege ich mich nun nach dem Hören tatsächlich mit Tränen in den Augen nieder.


    Mit einem Klagemotiv beginnt der eindrucksvolle Schlusschor der Passion. Die Menge der gläubigen Seelen singt: „Wir setzen uns mit Tränen nieder und rufen dir im Grabe zu: Ruhe sanfte, sanfte Ruhe!“ Die Form dieser abschließenden Klage ist die eines wiegenden Rondo-Schlaflieds. Auch hier noch einmal doppeldeutige Symbolik: Im Barock (wie auch in der Romantik) wird eine inhaltliche Nähe zwischen Tod ('Schlafes Bruder') und Schlaf gesehen. Ein Schlaflied kann also durchaus zur Totenklage werden. Doch steckt darin auch schon eine Deutung des Todes Jesu: Er ist nur wie ein langer Schlaf und wird nach drei Tagen vorüber sein. Jesus wird aufwachen, wird auferstehen. Aber noch nicht. Noch endet die Musik mit einer fast unerhörten Dissonanz, die zum reinen c-Moll aufgelöst wird: Jesus ist tot.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Ich möchte noch auf #27 „So ist mein Jesu nun gefangen“ hinweisen, das ich sowohl vom Orchester (das vor allem ein kurzes, schneidendes Intervall variiert und sich regelrecht ins Gehirn reinschraubt) als auch dem Chor sehr besonders finde.


    Was passiert hier musikalisch?


    Viele Grüße, Christian

  • Lieber Christian, diese Arie bzw. dieser Satz samt anschließenden Chor finde ich auch klanglich sehr beeindruckend. Das Alt-Sopran-Duett gemeinsam mit den jeweiligen Stimmlagen entsprechend Traversflöten und Oboen. Es gibt einige Stellen, wo die tiefere Oboe höher geführt wird als der höhere Sopran und andersherum mit Flöte und Alt. Das ergibt ein sehr verwobenes Klangbild. Die Solisten werden recht häufig im bei Bach eigentlich verpönten Terz-Abstand geführt, lösen sich aber immer wieder voneinander und gehen in polyphone Bezüge. Und das pochende Motiv schafft so eine unerbittliche Stimmung, gemeinsam mit den staccatoartigen, fast aggressiven Einwürfen (kein echtes Staccato in der Partitur) des Turba-Chors, die damit ja schon in die Klangwelt der nachfolgenden Blitz-und-Donner-Fuge einstimmen. Ich finde das Sekunden-Intervall, das du beschreibst, auch derartig einprägsam und unerbittlich, dass dieses Duett zu den eindrücklichsten Momenten der MP gehört. Dieser EIndruck wird IMO noch dadurch gesteigert, dass es eben keine 'einfache' Da-Capo-Arie ist, sondern an dieser Stelle im dramaturgischen Bezug zum nachfolgenden Chor steht. Die Erkenntnis, dass Jesus gefangen ist, lässt offensichtlich kein Zurück (dein Da-Capo) mehr zu...

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Lieber Tristan,


    vielen Dank für Deine Ausführungen, die für mich sehr hilfreich sind! Die Faszination dieses Satzes geht tatsächlich davon aus, dass Alt und Sopran einander frei zu umkreisen scheinen, während die Streicher mit diesen Intervallschritten schicksalhaft voranschreiten. Das ist von der Komposition sehr faszinierend gemacht und baut eine immense Spannung auf. Mit Blitz und Donner Fuge meinst Du sicher das letzte Drittel des Satzes. Kommen hier beide Chöre zum Einsatz und was ist hier deren Funktion? Ich habe mal gelesen, dass diese beiden Chöre das Besondere der Matthäus-Passion sind, vielleicht kannst Du das noch einmal kurz erklären - oder habe ich hierzu in diesem thread etwas überlesen?


    Viele Grüße

    Christian

  • Lieber Christian, ich freue mich immer, mich über Bach auszutauschen.

    Ja, ich meinte zeitlich gesehen das letzte Drittel, genau genommen ist das Nr. 27b. Die Doppelchörigkeit ist zumindest im Ouvre Bachs die Besonderheit der MP. Vorbilder sind ja zahlreich in der Alten Musik zu finden, wobei es Bach mehr um ein (theologisches) Gegenüber, als um Raum-Effekte (wie z.B. bei Tallis) geht.


    Im Eröffnungschor der MP stehen sich ja beide Chöre beispielhaft in einem Frage-Antwort-Gespräch gegenüber ("Sehet, Wen? - den Bräutigam! Seht ihn, Wie? - Als wie ein Lamm!"). Die allegorische 'Tochter Zion' antwortet der Gemeinde, sprich den Gläubigen Seelen. Aber eigentlich erklären Picander und Bach der Gemeinde hier ja die wesentlichen christologischen Kategorien des Werkes bzw. der lutherischen Theologie. Im Eingangschor tritt sogar noch ein dritter Chor (häufig HIP ein Knabenchor) auf, der den Choral "O Lamm Gottes unschuldig" einstreut. Somit vermischt sich hier sogar madrigalischer Chor mit (freiem) Choral. Und inhaltlich wird das theologische Gespräch der beiden Chöre mit diesem Choral unterstrichen. Als hätte Chor 1 den Choral zur Begründung seiner Aussagen vor Chor 2 aufgerufen: "Als wie ein Lamm". Was für ein Lamm? "Ein unschuldiges Lamm" - der Choral bezeugt es.


    In den Turbae-Chören, wo der Chor eine Menschenmenge (hier oft das anwesende Volk, aber auch die Jünger oder die Hohepriester etc.) darstellt, geht es ja eher dramatisch zu, da geschieht quasi Handlung. Hier fasst Bach oft beide Chöre bis zur Achtstimmigkeit zusammen, es geht also nicht mehr eigentlich um das Element des Doppelchors, sondern um die Vielstimmigkeit der Menge. Mal als mitreißende Fuge, mal als wütender Sturm und nur einmal komplett Unisono ("Er ist Gottes Sohn", siehe Dr. Pingels Beitrag).

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

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  • 68) Chor: Wir setzen uns mit Tränen nieder

    Und damit setze/lege ich mich nun nach dem Hören tatsächlich mit Tränen in den Augen nieder.


    Mit einem Klagemotiv beginnt der eindrucksvolle Schlusschor der Passion. Die Menge der gläubigen Seelen singt: „Wir setzen uns mit Tränen nieder und rufen dir im Grabe zu: Ruhe sanfte, sanfte Ruhe!“ Die Form dieser abschließenden Klage ist die eines wiegenden Rondo-Schlaflieds. Auch hier noch einmal doppeldeutige Symbolik: Im Barock (wie auch in der Romantik) wird eine inhaltliche Nähe zwischen Tod ('Schlafes Bruder') und Schlaf gesehen. Ein Schlaflied kann also durchaus zur Totenklage werden. Doch steckt darin auch schon eine Deutung des Todes Jesu: Er ist nur wie ein langer Schlaf und wird nach drei Tagen vorüber sein. Jesus wird aufwachen, wird auferstehen. Aber noch nicht. Noch endet die Musik mit einer fast unerhörten Dissonanz, die zum reinen c-Moll aufgelöst wird: Jesus ist tot.

    Für mich gehören der Schlusschor und das vorausgehende Accompagnato-Rezitativ "Nun ist der Herr zur Ruh gebracht" zusammen.


    67. Rezitativ und Chor

    Bass

    Nun ist der Herr zur Ruh gebracht.

    Mein Jesu, gute Nacht!

    Tenor

    Die Müh ist aus, die unsre Sünden ihm gemacht.

    Mein Jesu, gute Nacht!

    Alt

    O selige Gebeine,

    Seht, wie ich euch mit Buss und Reu beweine,

    Dass euch mein Fall in solche Not gebracht!

    Mein Jesu, gute Nacht!

    Sopran

    Habt lebenslang

    Vor euer Leiden tausend Dank,

    Dass ihr mein Seelenheil so wert geacht’.

    Mein Jesu, gute Nacht!


    Beteiligt sind Sopran, Alt, Tenor und Bass. Bach stößt hierbei in sehr ausgeprägte musikdramatische Bereiche vor. Ich teile die Auffassung, dass dieses Rezitativ opernhafte Züge in sich trägt. Wenn dann noch vor dem Schlusschor eine deutliche Pause eingelegt wird, ist die Wirkung kolossal. Bei Aufführungen habe ich das unterschiedlich erlebt. Einmal war diese Pause so unerträglich lang, dass sich der Chor wie eine Erlösung einstellte. So war es wohl gewollt, so hat es auf mich gewirkt.


    Tristan2511 ist für diesen schönen Thread zu danken. Ich habe ihn sehr gern gelesen und die Beiträge mit eigenen Hörerfahrungen verglichen. Es ist auch kein Mangel an dieser Passion in meiner Sammlung. Meine vorerst letztes Live-Erlebnis hat mir hier in Berlin der von mir sehr geschätzte isländische Sänger Benedikt Kristjánsson beschert. Er sang die "Matthäuspassion" für Tenor allein.


    Die Amerkungen zu Karl Richter hätte ich nicht gebraucht. Er hat bis zu seinem frühen Tod 1981 für Bach auch mit seinen unzähligen Kozertreisen um die Welt und den sich sehr gut verkauften Platten in hoher Auflage vielleicht mehr getan als jeder andere vor ihm.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Dieses letzte Rezitativ gefällt mir auch deshalb so gut, lieber Rheingold, weil sich hier die vier Solisten gleichsam verabschieden - in der Tat recht opernhaft - und noch einmal textinhaltlich Bezug auf ihre vorherigen Arien nehmen. Wie ein Abschied am Grab, nach fast drei Stunden Musik.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Dieses letzte Rezitativ gefällt mir auch deshalb so gut, lieber Rheingold, weil sich hier die vier Solisten gleichsam verabschieden - in der Tat recht opernhaft - und noch einmal textinhaltlich Bezug auf ihre vorherigen Arien nehmen. Wie ein Abschied am Grab, nach fast drei Stunden Musik.

    Das ist einfach großartig, wie dieser Abschied auch direkt die Arien inhaltlich zitiert. Ich muss auch sagen, dass ich sehr glücklich bin über dieses Thema.

    Wie wäre es mit der Johannespassion als nächstes Thema. Die habe ich viermal gesungen, in verschiedenen Chören und werde sie mir noch einmal mit Klavierauszug vornehmen. Für mich ist es immer Bachs Oper.

    Was ist der Unterschied zwischen der SPD und der Titanic? Die SPD kann den Eisberg jetzt schon sehen!

  • In den Turbae-Chören, wo der Chor eine Menschenmenge (hier oft das anwesende Volk, aber auch die Jünger oder die Hohepriester etc.) darstellt, geht es ja eher dramatisch zu, da geschieht quasi Handlung.

    Also kann ein Chor unterschiedliche Perspektiven einnehmen und ist nicht einer bestimmten Gruppe von Menschen zugeordnet? Gibt es für die Zuhörer Unterscheidungskriterien?


    Viele Grüße, Christian

  • Also kann ein Chor unterschiedliche Perspektiven einnehmen und ist nicht einer bestimmten Gruppe von Menschen zugeordnet? Gibt es für die Zuhörer Unterscheidungskriterien?


    Viele Grüße, Christian

    Genau, der Chor ist bei Bach keine festgelegte einzelne Rolle. Man kennt das ja aus Händelschen Bibeloratorien wo der Chor das ganze Werk hindurch z.B. das Volk Israel darstellt.

    In Bachs Passionen als typische Vertreter der Bibelwort bzw. Evangeliums-Oratorien läuft ja die ganze Zeit der Evangelientext als Secco mit, so dass die Zuhörer inhaltlich wissen, an welcher Stelle der Handlung sie stehen und damit die Dramatis personae aus dem Kontext erschließen können ("Großes K" für Kontext hat unser Griechisch-Dozent immer als Maßstab für unklare Formen stark gemacht). So sind die gleichen Chöre in der MP zunächst die Jüngerschar, später aber das anwesende Volk. Kein Problem in der üblicherweise nicht-szenischen Darbietung von Oratorien. Bei szenischen Darbietung (die meine Sache nicht sind), habe ich schon gesehen, dass mit verschiedenen Überwürfen/Mänteln gearbeitet wurde um die Gruppen per Farbskala zu unterscheiden...

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

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