Es ist über ein Jahrzehnt her, seit ich bei Tamino eine Rezension über die Inszenierung einer Oper gemacht habe.
Heute Tue ich es, weil ich soeben auf youtube ein Videogesehen habe, das mich in vielerlei Hinsicht überzeugt und BEGEISTERT hat.
Leider stimmt die Abteilung nicht, wo ich es eingeordnet habe - denn es gibt - welche Schande - keine Veröffentlichung auf einem der genannten Medien.
Es gab im Forum bereit seinen Ausschnitt aus dieser Produktion zu sehen, wo der unvergleichliche Xabier Anduaga mit der berühmten (oft gestrichenen) Paradearie aus dem 2. Akt gezeigt wird (Diese Arie verwendete Rossini - diesmal für eine Frauenstimme) auch in "La Cenerentola)
Aber nun zur Inszenierung aus Rouen
Hier die Besetzung:
Dirigent: Antonello Allemandi
Bühnenbild und Kostüme: Pierre-Emmanuel Rousseau
Rosina : Lea Desandre
Figaro : Joshua Hopkins
Almaviva : Xabier Anduaga
Berta : Julie Pasturaud
Bartolo : Riccardo Novarro
Basilio : Mirco Palazzi
Fiorilo : Antoine Foulon
choeur Accentus
Orchestre de l'Opera de Rouen-Normandie
Diese Inszenierung von 2019 (!!) ist der gelungene Beweis, daß man originell, witzig und optisch ansprechend inszenieren kann ohn sich der Mittel des sogenannten Regietheaters zu bedienen.
Schwierigkeit macht hierbei lediglich die Zuordnung, denn es passt weder die Bezeichnung "traditionell", "konventionell" und schon gar nicht "konservativ.
Schon das Bühnenbild mit einer Andeutung des Maurischen Stils bricht mit allen Konventionen, ditto die diversen einzelnen Szenen.
Figaro ist hier ein versoffener Haderlump - er kommt ziemlich derangiert scheinbar grade von einer seiner Geliebten, nicht vollständig bekleidet zu seiner berühmten Auftrittsarie . Ein Tattoo an Hals und Gesicht (den Rest muß man sich denken ) zeigt ihn als virilen Typen ohne wesentliche Tabus - ein "Mann für alle Fälle" -in vielerlei Hinsicht. Man kann sich gut vorstellen, daß sein Geschäft (nr quindici)stark frequentiert ist. frequentiert ist. "Ein bunter Vogel" - wie man so sagt. Dieser Figaro entspricht - wenn ich mich richtig erinnere - mehr dem Original bei Beaumarchais, welcher nicht der samtweiche freundliche Figaro ist, der als Kumpel mit dem Grafen Almaviva gemeinsame Sache macht, sondern der Standesunterschie wird deutlicher - und auch das Interess des Barbiers: GEld. Das wird zwar schon im Text gesagt - aber selten so deutlich betont wie hier. Ein Alternativer, der sich dem Grafen andient um seine persönlichen Vorteile zu bekommen. Schon taucht eine weitgehend geleerte Weinflasche auf und ein scheinbar unvermeidliches Messer - ein Vorstadt-Strizzi würde man in Wien sagen. Schliesslich Rück der Graf dann doch Moneten raus, nachdem sein Vertauen in Figaro ein wenig gefestig ist. Er bekommt die Weinflasche in die Hand gedrück, will daraus trinken, richt aber vorsichtshalber die Nase und macht eine Miene des Abscheus.
Wir wechseln inz Zimmer von Rosina, die hier sehr selbstbewusst, lebenslustig und elegant auftritt. Allerdings ist es ein ziemlicher Leichtsinn des Grafen, Rosina mit Figaro alleine zu lassen. Da knisters stellenweise schon gewaltig. Aber Berta die Haushälterin humpelt ja auffallend oft durch die Szenen - ist gewissermaaßen allgegenwärtig. Bemerkenswert und sehr gelungen fand ich die tänzerische Attitüde der Sänger. Das lässt sich nicht mit jeder Besetzung machen !!!
Dr Bartola wirgt agiler und nicht so vergreist, wie in vielen anderen Inszenierungen, Basilio muß auf seinen ansonst obligaten "Basilio-Hut" (sonst quasi sein Markenzeichen) verzichten und verzichtet auch auf sonstige "Mätzchen" - nACHTRAG. Im Finale hst er den Hut dann doch.... Die optischen Schwerpunkte sind bei dieser Inszenierung anders gewichtet als sonst üblich. Einmal mehr möchte ich meinem Entzücken darüber Ausdruck verleiche, wie perfekt die Choreographie gestaltet ist. Der Aufritt der Wache und das Nachfolgende ist eine veritable Tanznummer - fast ein Ballett des gesamten Ensembles. Durch seine stereotype Simplizität besonders effektvoll und lustig. Ich hab herzlich gelacht.
Der Aufritt des Grafen als "Don Alonzo" ist ein weiteres Gustostück dieser Inszenierung: Hier hat man darauf verzichtet ihn in der Kleidung und Haartracht an Basilio anzupassen. Der Schwerpunkt sind hier wieder seine tänzelnden Bewegunge und (vermutlich im Zuschauerraum nicht sichtbar) sein unschuldig-scheinheilig-schlmischer Gesichtsausdruck. Man merkt, daß ihm diese Part der Rolle persönlich Spaß macht.
Krönung ist aber, wie er am Schluß Bartolo noch einmal "Bace" - fast liebevoll leise ins Ohr flüstert .....
Erwwähnen möcht ich, daß Bartolo weniger unsympatisch dargestellt wird, als sonst üblich, er vertritt eben die Interessen Bartolos. Dieser ist weniger senil und als Witzfigur gezeichnet als üblich (ich meine das wertfrei) Diese Rolle übernahmen die beiten verschlafenen Diener und Berta, die Haushälterin, die - auch dank der hervorragenden Maske - der Rolle Profil verlieh.
Fazit eine (auch stimmlichO) gelungene Inszenierung mit originellen Kostümen, tänzerisch aufgelockerten Arien und Chören und ausgezeichneten schauspielerischen Leistungen. Man sieht - Es geht auch ohne Regietheater - und ist dennoch weder "konservativ-konventionell oder langweilig. Das Publikum dankte mit frenetischem Schlußapplaus, der auch dem Regisseur, Bühnenbildner und Kostümdesigner galt.
Nicht zu Vergessen das hervorragende Orchester unter Antonello Allemandi
Eine heile Opernwelt. - Leider nicht auf BRD oder DVD erhältlich....
Aber (derzeit - zur Zeit der Erstellung dieses Beitrags) auf Youtube....
mfg aus Wien
Alfred