Fälschungen und Nachbauten "historischer" Trichter- und Koffergrammophone

  • Auch wenn es kein Bereich von HIFI ist, gehört es doch gewissermaßen in diesen Bereich

    Weil vielleicht der eine oder andere Mitleser an solch einem "historischen" Gerät interessiert ist

    Und ich ärgere mich jedesmal, wenn ich die betrügerischen Annoncen lese. Es gibt zwar Warnungen - aber die sind meist in englischer Sprache - und zudem oft sehr versteckt -

    und daher schwer zu finden.


    Es geht hier um Trichter- und Koffergrammophone für Schellackplatten, wie sie ab 1910, vorzugseiese in den 20er und 30er Jahren üblich war - und in Indien bis mindestens spät in Die 80er Jahre

    Das Internet ist voll von Angeboten - meist - aber nicht immer - betrügereischer Art - und ich möchte hier wenigstens einen groben Überblick geben.


    Fortsetung folgt.


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    Alfred Schmidt

  • Als Vorwort sei gesagt, daß ein "echtes" historisches Trichtergrammophon als Antiquität gilt und zu dementsprechenden Preisen gehandelt wird.

    Billigangebote sind meist nur "Repliken" oder Fälschungen

    Meist handelt es sich um die selben Geräte

    Der Unterschied ist lediglich der, daß Repliken (auch dieser Ausdruck ist eher euphemistisch, warum, das erkläre ich später) als solche deklariert werden

    Fälschungen indes als "echt historisch"- "von Omas Dachboden" angeboten werden.

    ALLE BEIDE sind Mörder der Schellackplatten und eignen sich allenfalls als Dekorationsgegenstand, wobei sie dem Kenner sofort als Nachbau ins Auge springen.


    Gegen den Erwerb eines Nachbaus spricht dennoch eigentlich nichts - wenn der Preis stimmt (~150 Euro)und einem bewußt ist, daß diese Geräte nicht geeignet sind Schellackplatten in passabler Qualität abzuspielen. Einen "Sammlerwert" haben diese Geräte indes nicht. Ich habe sie gelegentlich in Filmen gesehen, wo die Handlung um 1925 spielt - und sie sind mir sofort aufgefallen.

    Ob man solch Stilbrüche toleriert oder nicht ist eine Frage der persönlichen Einstellung und des Budgets...

    Persönlich würde ich das vermutlich tolerieren- im Bewusstsein, daß ohnehin nur einer von 1000 der heutigen Zuseher den Unterschied erkennt.


    Das hier gezeigte Grammophon wird im Internet um 3500.-Euro angeboten und mach auf mich bein ersten Hinsehen den Eindruck, es sei echt, wobei ich die Schalldose sehen müsste um sicherer zu sein. Verbürgen kann man sich indes nicht. Selbst Experten haben da ihre Problem (wie bei Gemälden)

    Das Gerät befindet sich in Linz - und der Verkäufer bietet als Alternative zum Versand auch Selbstabholung ab.

    Laut Verkäufer ist das Gerät im Originalzustand - lediglich die Feder wurde erneuert - was eigentlich bei soch einem alten Gerät unumgänglich ist, wenn es funktionieren soll.

    Die nur als Beispiel, wieviel man in etwa rechnen kann, wenn man solch ein Museumsstück erwerben will.


    https://www.ebay.at/itm/204240…-exinE6ERrSxoCIYgQAvD_BwE


    s-l1600.jpg


    Fortsetzung folgt.


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    Alfred Schmidt

  • Wenn ich zu Beginn eine Trennung zwischen "echten" und "gefälschten" Grammophonen gemacht habe, daß war das eine grobe Vereinfachung. Wir wollen das jetzt feiner herausatbeiten.


    1) Das originale alte und unverfälschte Grammophon* -so wie man sich das als Laie vorstellt.

    Diese sind sehr selten, sehr teuer und nicht immer im idealen Zustand, oft weisen sie Abnutzungserscheinungen auf - bis hin zur Unspielbarkeit, beispielsweise durch eine ermüdete Feder.


    2) Originale alte Grammophone, wo allerdings Bestandzeile fehlen, bzw fehlten, die dann meist durch ungeeignetes Zubehör (z. B. von anderen alten Gramophonen anderer Serien oder Bauart ODER aber auch billigen Imitationen -z. Schalldose oder Trichter)

    ersetzt wurden -zusammengestoppelte Geräte also, die nicht mehr dem Originalmentsprechen - sie sind vom Sammlerwert her gesehen wertlos. Sollte die Schlldose (engl "Reproducer") ersetzt worden sein, so ist die Wahrscheinlichkeit, daß der billige Ersatz allmählich die Rillen der Platte herausfräst, weil zumeist der Winkel mit dem die Nadel zur Platte steht nicht passt.

    Solche Geräte sind leider oft nur von gewieften Fachmann erkennbar - und der ist leider meist nur dann verfügbar, wenn man so ein erworbenes "Sammlerstück" wieder verkaufen will.


    3) Nachbauten, die als solche angeboten werden - als Dekostücke.

    Sie spielen zwar, aber einerseits in schlechterer Qualität (Schalldose)

    in Plattenverschleissender Technik (Schalldose)

    und sie spielen gegebenenfalls eine Platte nicht zu Ende weil die Feder zu schwach ist.

    Das kommt daher, daß eigentlich eine DOPPELFEDER erforderlich ist, wie sie zumeist in den besseren Trichtergrammophonen eingebaut ist, denn durch den Trichter ist die Geometrie des Tonarms eine andere.. In den "Crapophonen" - so der englische Insiderbegriff sind aber einfache Laufwerke eingebaut, wie sie in Koffergrammophonen eingebaut waren.

    Davon gab es ein Vielzahlr, weil die bis in die 60er Jahre gebaut wurden - für Indien (von dort kommen auch die meisten "Crapophone)

    Dort wurden damals noch Koffergrammophone (für Schellakplatten) benötigt, weil es viele entlegene Gegenden ohne elektrische Strom gab. Dorthin haben die Firmen ihre übriggeblibenen Federwerke und Koffergrammophone entsorgt......


    4) Crapophone (der Wortstamm sollte klar sein) - die als "Erbstücke" oder "Fundstücke " von Dachböden etc. als "echt angeboten" werden.

    Ich habe erst HEUTEeinige Annoncen für solche Stücke gesehen, und mich soo drüber geärgert - vor allem auch darüber, daß man diresen Leuten nicht das Handwerk legt, sondern ihre Betrügereien stillschweigend hinnimmt, daß ich diesen Thread begonnen habe.

    Im nächsten Beitrag, werde ich einieg Merkmale von Crapophonen erwähnen , bzw aufzeigen....


    mfg aus Wien

    Alfred


    clck 160


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    Alfred Schmidt

  • Ein spezieller Marktplatz für Nachbauten und Fälschungen alter Grammophone ist ebay. (Ich hab noch nie irgendwetwas dort erworben)

    Aber beginnen wir mit einem offenbar SERIÖSEN Angebot:

    s-l1600.jpg


    Das hier abgebildete Grammophone ist eindeutig ein Nachbau UND WIRD AUCH als solcher deklariert

    Ein wunderschönes Dekorationsstück, das ich mir selbst bei Bedarf in die Wohnung stellen würde

    Der verlangte Preis von 150 Euro ist durchaus fair (Uber den Versand kann ich keine Aussage machen)


    In der Beschreibung wird explizit dauf hingewieden, daß es sich um einen Nachbau handelt (Gerät:NEU),

    daß das Gerät nicht absolut rund läuft UND daß der Klang nicht einem vollwertigen echten Grammophon entspricht

    Vielleicht wäre noch der Hinweis angebracht, daß solche Geräte nicht "plattenschonend" sind


    Das frontal Logo "Soundmaster Gramophone" ist ein Phantasielogo, welche den NOSTALGISCH Eindruck verstärken soll, nicht aber ein gefälschtes einer bekannte Marke.


    https://www.ebay.at/itm/234499…Yu95e6QlNnPJxfuNclkvmXjz5


    Das soll keine Empfehlung oder Werbung sein, lediglich ein Beispiel einer seriösen Produktdeklaration


    Mfg aus Wien

    Alfred


    PS: Woran erkennt man, daß es kein Original ist ?


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    Alfred Schmidt

  • 71-DfVHvjFL._AC_SL1332_.jpg


    Und hier haben wir schon einen Typischen Nachbau. Der Preis von ca 170 Euro ist durchaus Ok und die Deklaration als "Gimmick" auch.

    Und nun beginne ich beinm ersten Detail:

    Nur wenige Grammopone hatten einen Messingtrixchter (mit Ausnahme jenes Typs, der bei "His Masters Voice" mit Hund abgebildet ist. Aber der hatte eine ganz spezifische Fotm

    Die meisten Gramophontrichter waren nocht aus Messing, sondern aus Holt, entweder bemalt oder Im "Metallook" hergerichtet.

    GRund: Ein Holztrichter war leichter und ausserdem Akustisch günstiger: Er schepperte nicht:

    Warum dann aber ein Messingtrichter bei Repliken und Fälschungen ?

    Das hat zwei Gründe:

    Erstens sahen die Geräte mit dem schönen gehammerten Messingtrichter "echter" aus als echt - vergleichbar mit einer neugotischen Kathedrale aus dem 19. Jahrhundert.

    Zweitens waren sie billiger - Billigste Arbeitkräfte in Indien fertigten sie von Hand - gegen ein Spottgeld.


    Fortsetzung folgt


    mfg aus Wien

    Alfred


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    Alfred Schmidt

  • s-l1600.jpg


    Dieses Gerät sieht - dem äusseren Anschein nach - schon eher echt aus. Wie man sieht ist der Trichter nicht so "protzig"

    Und ein weiterer Hinweis sit, daß er beim Übergang von Tonarm zum Trichter nicht jenen verräterischen Knick hat, der für Nachbauten typisch ist.

    Die absolute Echtheit kann man indes nur beurteilen, wenn man das entsprehende Modell kennt, denn es gibt im Handel zahlreiche "originale "Geräte, die in der Tat alt sind - aber aus diversen Bestandteilen zusammelgestoppelt wurden, weil Teile bereits fehlten.

    Hier wird ein Preis von 850.--€ verlangt, was eher im unteren Preissegment für Grammophone angesiedelt ist - Der Preis für den Versand (150.--€ !!!) ist hingegen happig !!!


    https://www.ebay.de/itm/204485…OSlcmbABmFEhoCpAYQAvD_BwE


    mfg aus Wien

    Alfred


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    Alfred Schmidt