• Es gibt im Internet Aufnahmen, deren Tonträger werden im Internet zu Mondpreisen zum Kauf angeboten.


    Diese Preiskategorie ist im Handel ursprünglich so definiert:


    Es sind vom vom Hersteller willkürlich zu hoch angesetzte Preisempfehlungen, durch die die Hersteller dem Handel ermöglichen wollen, mittels starker Unterbietung den Eindruck besonders günstiger Preise erwecken zu können, damit die Kunden, von dem neuen niedrigen Preis beeindruckt, zu Käufern werden.


    Im Falle von antiquarisch angebotenen Tonträgern erhält die Bezeichnung eine andere Färbung. Es gibt Sammler, die bereit sind, exorbitant hohe Preise für Seltenheiten zu bezahlen.


    Wenn Sammlungen aufgelöst werden, kann es für die Erben oder Sammler, die auf Download umstellen, erhellend sein zu wissen, welche Schätze in dem Bestand sich befinden. Sie werden vielleicht davor abgehalten, alles unbesehen auf die Müllkippe zu bringen, wenn sie Kenntnis darüber haben, welche Preise erzielt werden können.


    Auch wenn viele Tamino Mitglieder es sich nicht vorstellen können, dass Mondpreise bezahlt werden, es gibt einen Markt für solche Aufnahmen.

    "Um Musik zu hören, muss man seine Ohren öffnen und auf Musik warten. Zuhören ist Anstrengung; blosses Hören keine Leistung – auch eine Ente kann hören." Igor Strawinsky



  • Im Endeffekt ist eine Musiksammlung etwas so Individuelles, dass sich selten jemand finden wird, der daran Interesse hat. Das Ausschlachten von Einzelstücken, die für den ein oder anderen Sammler Wert haben könnten ist ein solcher Aufwand, dass es die meisten nachher nicht machen werden.


    Ich hatte das Thema leider vor kurzem bei einer Hausratsauflösung. Es ist sogar unwahrscheinlich, dass irgendjemand auch nur für das Aussortieren von Interessantem kommen wird. Wir leben in einer Überflussgesellschaft, wo man die Klassiker in den Bücherecken zum kostenlosen Mitnehmen findet.

  • Ich mag ihn ja sonst nicht, aber das Video hat mich gefreut. So ist es ja auch. Wenn man wirklich will, dass die Dinger nicht am Müll landen, sollte man sie katalogisieren und sich damit an eine Bücherei wenden, wobei die Chancen, dass das letztlich funktioniert, auch nicht sehr groß sein dürften.

  • Auch wenn viele Tamino Mitglieder es sich nicht vorstellen können, dass Mondpreise bezahlt werden, es gibt einen Markt für solche Aufnahmen.

    Seit einem persönlichen Erlebnis im Sommer letzten Jahres bin ich auch davon überzeugt. Ich hatte auf ebay Kleinanzeigen ein Konvolut von ca. 300 gebrauchten Klassik-CDs (alles dabei von Philips, Naxos, DG, Decca) für lachhafte 35€ gekauft (teilweise in schlechtem Zustand, da Booklets und Backcover z.T. durch die Kellerlagerung Schimmelspuren aufwiesen), die CDs gesäubert und aussortiert, was ich behalten wollte und was ich weiterverkaufen wollte.

    Unter den CDs, an denen ich nicht wirklich Interesse hatte, war eine sehr gut erhaltene CD mit einer Aufnahme des Brahms-Violinkonzertes mit Leonid Kogan, Kirill Kondrashin und dem "Sinfonieorchester der Moskauer Staatlichen Philharmonie" (aufgenommen 1968):

    Die Aufmachung sah sehr billig aus und ich bin kein Fan des Brahms-Konzertes, also landete die CD unter den Aussortierungen. Als ich auf discogs nachschaute, klappte mir wegen der Verkaufshistorie die Kinnlade runter, ein Blick auf ebay (damals gab es zwei angebotene Exemplare, einmal für 1999 Dollar und einmal für 1600 Dollar, die Verkäufe lagen zwischen 650 und 950€) verstärkte das nur noch. Anscheinend ist diese CD die einzige Möglichkeit, an das Brahms-Konzert mit Kogan und Kondrashin zu kommen. Auf ebay Kleinanzeigen eingestellt (Preis: keine Angabe, VB) erhielt ich nach zwei Minuten (!) Anfragen von drei Interessenten, die aber "nur" max. 250€ zahlen wollten.


    Anfang diesen Jahres habe ich die CD auf ebay eingestellt und für 755€ nach China verkauft, nach Abzug der Anfang des Jahres noch höheren ebay-Gebühren für Privatverkäufer habe ich knapp 600€ gemacht. Dieses ebay-Kleinanzeigen-Konvolut war der Kauf meines Lebens.


    Aber auch die andere Seite kenne ich. Seit David Hurwitz Youtube-Kanal größer geworden ist, muss man immer hoffen, dass er keine Aufnahmen empfiehlt, die man selber noch nicht hat und die nicht mehr hergestellt werden/vergriffen sind. Seine Videos haben einen erstaunlichen Einfluss auf die Preisgestaltungen auf dem Gebrauchtmarkt. So geschehen Weihnachten letzten Jahres, da empfahl er in einem Video seiner Serie "Ripe for Reissue" (die vergriffene CDs/Boxen behandelt, von denen er sich eine Neuauflage/Wiederveröffentlichung wünscht) diese 50-CD-Box des Orchestre Philharmonique de Liège, die zu dem Zeitpunkt schon länger auf meinem Wunschzettel stand:

    Zu dem Zeitpunkt gab es auf einer französischen Gebrauchtmarktseite ein Exemplar für 100€, auf ebay eins für 200€. Als ich das Video sah, habe ich sofort die Box auf der französischen Seite bestellt, da ich wusste, welchen Einfluss das Video auf die Preise nehmen würde. Leider wurde die Bestellung nach mehreren Tagen storniert, jemand anderes war wohl schneller als ich. Zu diesem Zeitpunkt war auch die Box auf ebay schon verkauft. Erst im Frühjahr konnte ich die Box auf ebay ergattern (war wegen falscher Kategorisierungen/Tippfehler im Titel schwer zu finden), allerdings aus den USA. Aus dem Kaufpreis von 300 Dollar wurden mit Versand und Zoll leider fast 400€. Bei Hurwitz-Empfehlungen, die auf dem eigenen Wunschzettel stehen, sollte man also schnell sein ;)


    Liebe Grüße

    Amdir

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  • Ist bei der 50-er Box die Aufnahme von Orchesterwerken von Pousseur und Robert dabei? Dann hätte ich auch eine Scheibe aus der Box.

    Ja, CD 14 (Pousseur: Couleurs croisées; Robert: Aquatilis), falls das mit deiner CD übereinstimmt. CD 27 beinhaltet Pousseurs "Dichterliebesreigentraum". Die Box beinhaltet wohl diverse Wiederveröffentlichungen zahlreicher Labels, ich hatte noch keine Aufnahme daraus.


    Hier das zugehörige Hurwitz-Video:

  • Ich habe - schon vor einigen Jahren - einige Aufnahmen aus meiner Sammlung im Internet Angebot zu relativ teuren Preisen gefunden - aber ich gestehe - daß es mir zu mühsam wäre mit dem Verkauf zu befassen. Nicht alles, was zu unverschämt hohen Preisen angeboten wird, wird dann auch verkauft.


    LG aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



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  • Die Aufmachung sah sehr billig aus und ich bin kein Fan des Brahms-Konzertes, also landete die CD unter den Aussortierungen. Als ich auf discogs nachschaute, klappte mir wegen der Verkaufshistorie die Kinnlade runter, ein Blick auf ebay (damals gab es zwei angebotene Exemplare, einmal für 1999 Dollar und einmal für 1600 Dollar, die Verkäufe lagen zwischen 650 und 950€) verstärkte das nur noch. Anscheinend ist diese CD die einzige Möglichkeit, an das Brahms-Konzert mit Kogan und Kondrashin zu kommen. Auf ebay Kleinanzeigen eingestellt (Preis: keine Angabe, VB) erhielt ich nach zwei Minuten (!) Anfragen von drei Interessenten, die aber "nur" max. 250€ zahlen wollten.


    Anfang diesen Jahres habe ich die CD auf ebay eingestellt und für 755€ nach China verkauft, nach Abzug der Anfang des Jahres noch höheren ebay-Gebühren für Privatverkäufer habe ich knapp 600€ gemacht. Dieses ebay-Kleinanzeigen-Konvolut war der Kauf meines Lebens.

    Tolle Geschichte! Es gibt inzwischen eine günstige Neuauflage:

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  • Beim Verkauf meiner CD-Sammlung im letzten Jahr wurden mir für die Rabin-Box sehr hohe Preise geboten.

    Zur Zeit findet man sie für $ 1399,- bei ebay.

    Ich habe sie einem Liebhaber für sehr viel weniger gegeben. Vielleicht war es aber auch ein geschickter Händler, der sie nun für diesen Preis auf ebay anbietet?


    Diese Preise sind mir ein Rätsel, da es die meisten Aufnahmen auch digital gibt - Rabin bspw. in der Icon-Box.

    Allerdings gibt es einige wenige Aufnahmen nicht digital, sondern nur als CD. Aber die sind nicht zwangsläufig teuer.

    So hat mir Amdir beim Erwerb einer sehr seltenen CD in den Niederlanden geholfen. Das Teuerste war das Porto (ca. 6 EUR). Ich hatte zu der Thematik einen anderen Thread eröffnet.



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  • Tolle Geschichte! Es gibt inzwischen eine günstige Neuauflage:

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    Danke für den Hinweis, lieber Christian!

    Das Orchester stimmt allerdings nicht überein, bei Archipel ist es das Philharmonia (aufgenommen 1958 und wohl nur als Download), bei der von mir verkauften CD das "Sinfonieorchester der Moskauer Staatlichen Philharmonie" (aufgenommen 1968). Da hätte ich mit meinem Satz

    Anscheinend ist diese CD die einzige Möglichkeit, an das Brahms-Konzert mit Kogan und Kondrashin zu kommen.

    etwas genauer sein müssen ;)

  • Eine zeitlang hatte ich den Eindruck, dass vor allem im asiatischen Raum sehr viel für Violinplatten bezahlt wurde. Als ob die ein Statussymbol wären. Das scheint ja offensichtlich immer noch so zu sein. Auch um Melodija mit zeitgenössischer Musik aus den einzelnen Sowjetrepubliken gab es einige Bietergefechte. Das Übliche halt: Angebot und Nachfrage. Ist man dann noch an Schellacks interessiert steigen die Portokosten deutlich. Uns allen sollte klar sein, daß unsere Leidenschaft ausschließlich uns zu befriedigen hat. Die Platten- und CD-Sammlung ist kein abrufbares Kapital. Über den Wert meiner Sammlung mache ich mir nie Gedanken. Jüngst habe ich einen Schreiner ein neues CD-Regal bauen lassen, damit die CDs ein würdiges Zuhause bekämen.


    Preise sind unberechenbar: Anfang der 1990er Jahre wurden die Geschäfte mit LPs geflutet: die Deppen gaben ihre LPs ab und kauft CDs stattdessen. Für die Sammlungen wurde wenig bezahlt und in den Geschäften anfangs auch wenig für die Platten genommen. Und Klassik-LPs sind üblicherweise gepflegt. Meine Güte, ich war nicht selten mit 50 und mehr LPs bepackt, wenn ich aus einem solchen Laden rauskam. Heute gibt's das natürlich nicht mehr, aber es zeigt, dass Preise für Tonträger sehr zeitgebunden sind. Und niemand kann mit Bestimmtheit sagen, ob nicht in ein paar Jahren eine CD-Hype losgeht. Aber nochmal: ich habe die Sachen alle angeschafft, weil ich sie hören wollte oder irgendwann hören will. Da halte ich es mit Fafner: "Ich lieg und besitz, lasst mich schlafen"


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Lieber Johannes Schlüter


    Ja, man kauft sie, lässt die drei LPs in der original verschweissten Verpackung und wartet, bis diese Edition 2000 Euro wert ist.

    "Um Musik zu hören, muss man seine Ohren öffnen und auf Musik warten. Zuhören ist Anstrengung; blosses Hören keine Leistung – auch eine Ente kann hören." Igor Strawinsky



  • Den vierstelligen Betrag, den ich für SACDs vor allem aus dem japanischen Raum ausgegeben habe, sehe ich als Investment der Kategorien "Selbstfürsorge" (weil ich die Aufnahmen genieße) und "Kulturförderung" (weil ich diese Projekte der Kleinauflagen mit hohem audiophilen und editorischen Anspruch unterstütze). Ans Verkaufen denke ich dabei nicht. Im Aktienbereich würde man von "Buy & Hold-Strategie" sprechen, wobei die Rendite die nicht-monetäre Freude des Sammlers und Hörers ist.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."