Liebe Taminos, Liebe Paminas,
ich schmeiße mal einen neuen Thread auf den Markt - gehe davon aus, dass es ihn noch nicht gibt... (Bitte jederzeit um den Widerspruch der Moderartoren, wenn ich mal wieder was übersehen haben sollte :D)
Was mir grungsätzlich auffällt: PianistINNEN kommen hier nicht allzu häufig vor. Dabei spielen auf den 88 Tasten durchaus relativ viele Ladies an prominenter Stelle mit.
A propos 88: Die Dame von der ich reden möchte ist genau 88 Jahre alt geworden.
Die Rede ist von:
Rosalyn Tureck
Meine Verehrung für diese grandiose Bach-Interpretin kennt quasi keine Grenzen. Als ich ihr Spiel vor Jahren zum ersten Mal hörte, erstaunte mich die mühelose Präzision, mit der sie die Stimmverläufe des polyphonen Bach-Geflechts herausmeißelte. Eine Freundin, der ich "meine Entdeckung"
präsentierte war nicht minder angetan und rief verzückt aus: "Die Frau liebkost ja jeden einzelnen Ton!"
Diese Äußerung trifft den Kern
Diese Äußerung trifft den Kern. In der Tat erzeugte die Tureck einen ganz eigenen Klang, dessen Markenzeichen dieser quasi "gestanzte" Anschlag (allerdings ohne Härte) und sparsamster Pedalgebrauch war. (Angeblich soll der viel berühmtere Glenn Gould in ihr sein Vorbild gefunden haben...)
Oberdrein war Tureck auch als Bach-Forscherin überaus rege. Sie gehört an vorderster Front zu denjenigen Künstern, die das Schaffen des Thomaskantors in Amerika populär gemacht und hochgehalten haben
Manchen mag Turecks Klavier-Kunst zu überformt, zu pretentiös klingen. Ich jedenfalls habe sie immer zutiefst bewundert. Den Gipfel ihrer Kunst hat die Tureck für mich eindeutig mit ihrer kontemplativ und ungemein klangschönen Einspielung der ersten der sechs Partiten erklommen - darin übertrifft sie sogar den unvergleichlichen Lipatti.
Was haltet ihr von Rosalyn Tureck? Ist sie ihrem Rang entsprechend überhaupt angemessen bekannt geworden? Welche Einspielungen kennt und liebt ihr (oder auch nicht)? Und: Hat sie tatsächlich schon mal einer von euch live gehört?
Schöne Grüße!
Daniel