Wie beliebt ist im Forum das Cembalo ?

  • Wie einige vielleicht schon bemerkt haben werden, planen wir so etwas wie eine Renaissance der Cembalo-Musik im Forum.

    Und da haben wir uns die Frage gestellt, wie groß eigentlich der Interessentenkreis ist.

    So wirklich klein - wie oft angenommen - dürfte er nicht sein, denn wenn man sieht, wie viele Cembalo-Aufnahmen es über die Jahre gab und gibt, das ist schon beachtlich.

    Wobei man wissen sollte, daß eine einzige Person um 1903 herum das Cembalo wieder zurück in die Klassikszene brachte: Wanda Landowska.

    Sie spielte auf (damals) neuen Instrumente, die die Fa Pleyel nach ihren Wünschen gefertigt hatte. Man darf nicht vergessen, sie war damals eine junge Frau Mitte 20 und das wiederentdeckte Cembalo galt als modern. Der Trend, alte Instrumente zu restaurieren oder nachzubauen ist wesentlich jüngeren Datums.


    Hier nun eine Liste von Threads aus der Vergangenheit, die sich explizit mit dem Thema CEMBALO befassen. Aber es gab wesentlich mehr Beiträge, verteilt auf andere Themen und auch in "Was hört ihr gerade jetzt" taucht das Instrument immer wieder auf. Interpreten und Bewunderer alter Instrumente haben einen leichten Hang zur Eigenbrötelei (was ich völlig wertfrei schreibe, da ich selbst eigenbrötlerisch veranlagt bin) und treten wenig extovertiert auf, wodurch sie nicht so stark beachtet werden - was sie vermutlich auch nicht anstreben...(?)


    J.S. Bachs Konzerte für Cembalo solo BWV 972-987

    Die Verwendung des Cembalos in Bachs Kantaten

    Jean Henri d'Anglebert - Cembalomeister des Königs

    Der Klang des Cembalos

    Francois Couperin: Das Oeuvre für Cembalo

    "Das wohltemperierte Clavier" auf Cembalo und Clavichord

    Bach auf´m Cembalo (Solostücke)

    Goldberg-Variationen : Heute noch Cembalo ?


    Wenn ich mir die Liste so ansehe, und sie mit jener vergleiche, die wir binnen weniger Tage auf die Reihe gebracht haben, dann können wir mit unserer Leistung eigentlich recht zufrieden sein.

    Fehlen noch die Leute, die in diesen Bereiche schreiben. Das wird allmählich eintröpfeln -zumindest wollen wir das hoffen....

    Ich werde die alten Threads anpassen, sie restaurieren und ergänzen...und an die Gegenwart anpassen


    Ob dem Cembalo oder dem Klavier der Vorzug gegeben wird, das wird individuell einerseits, aber von Stück, vom Komponisten andrerseits abhängen. Es gibt stück die wurden so explizit für das Cembalo geschrieben, daß sie am Klavier einen Teil ihrer Eigenart und ihres Reizes verlieren.


    Sogar im Reclam Instrumentenführer steht: Man der das Cembalo unter keinen Umständen als "Vorläufer des Klaviers" betrachten !!!


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Sogar im Reclam Instrumentenführer steht: Man darf [korrigiert] das Cembalo unter keinen Umständen als "Vorläufer des Klaviers" betrachten !!!

    Warum darf man das eigentlich nicht? Immerhin kam der Cembalo-Bau im 19. Jahrhundert verglichen mit dem 18. fast vollständig zum Erliegen. Woran sollte das sonst gelegen haben, wenn nicht an der gleichzeitigen Verbreitung der Klaviere mit Hammermechanik?

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Ob dem Cembalo oder dem klavier der Vorzug gegeben wird, das wird individuell einerseits, aber von Stück, vom Komponisten andrerseits abhängen. Es gibt stück die wurden so explizit für das Cembalo geschrieben, daß sie am Klavier einen Teil ihrer Eigenart und ihres Reizes verlieren.

    Meines Erachtens gilt das für jedes Stück, was für Cembalo geschrieben wurde. Die Frage ist, ob der Pianist den klanglichen Verlust durch Eigenschaften des Klaviertones wettmachen kann und uns eine neue Sicht auf die Werke geben kann.


    Bei Werken wie denen von François Couperin oder Jean Philippe Rameau möchte man das bezweifeln. und doch ... Man höre sich Marcelle Meyer an! Plötzlich ist es ein anderes Stück und bleibt faszinierend!


    Jetzt lehne ich mich weit aus dem Fenster :untertauch::


    Beide Instrumenten klingen für mich sehr unterschiedlich. Das Cembalo ist ein Instrument des Klanges (welch ein Obertonreichtum) , das Klavier eines der Simulation und Illusion. Obwohl nur gehämmert wird und nicht nur das Legato schon die Kunst des Pianisten ist. Während das Cembalo erstaunliche Klangcluster hervorbringt, scheint das Klavier das ideale Instrument für Meditation und Emotionsexplosionen zu sein. Das ist natürlich sehr platt gesagt, aber vielleicht kann man das nachvollziehen und an dieser Stelle etwas weiterdenken.


    Das Klavier hat mehr und vor allem andere Möglichkeiten, ihm fehlt etwas die Noblesse, eine gewisse spielerische Leichtigkeit des Cembalos, die der Pianist sozusagen simulieren muss. Es scheint kein Wunder zu sein, dass es ideal ist für künstlerische Selbstdarstellung und Entfaltung und damit seinen bedeutendsten Platz in der Romantik gefunden hat. Ich sehe da schon die Beethovenschen Sonaten als Zündfunken ...


    Im zwanzigsten Jahrhundert gibt es da so einen launigen Anti-Romantiker wie Francis Poulenc, der sein erstes Instrumentalkonzert tatsächlich für Cembalo geschrieben hat. Es findet sich mit Elliott Carter ein bedeutender Komponist, der Kammermusik für Cembalo aber auch ein Doppelkonzert für Cembalo und Klavier geschrieben hat. Es ist eine deutlich distanziertere Ästhetik, als wir sie aus der Romantik kennen. Da wird die Geschichte ein Wörtchen mitgeredet haben :)


    Von den Cembalokompositionen eines Xenakis oder Ligeti will ich da gar nicht sprechen....


    Ich möchte an dieser Stelle auf einen Thread hinweisen, wo zwar noch nicht wirklich viel Theoretisches gesagt wurde, aber die Bedeutung des Cembalos in der Moderne thematisiert wird.


    Das Cembalo in der Neuen Musik

  • Warum darf man das eigentlich nicht?

    "Dürfen" tut man so manches.

    Aber prinzipiell sind es duch grundversciedene Instrumente mit grundverschiedenen Ausdrucksformen. Manch Pianisten versuchen am Klavier die spezifischen Klang des Cembalos zu imitieren. Das gelingt allerdings nur mäßig.


    Immerhin kam der Cembalo-Bau im 19. Jahrhundert verglichen mit dem 18. fast vollständig zum Erliegen. Woran sollte das sonst gelegen haben, wenn nicht an der gleichzeitigen Verbreitung der Klaviere mit Hammermechanik?

    Sowas passiert oft, wenn was neues eingeführt wird. Es sind oft Modeerscheinungen, die eines Tages belächelt und verworfen werden.

    Wir sehen ja, daß im 20. Jahrhundert das Cembalo erfolgreich wiederbelebt wurde, weil sein Klang einfach UNVERGLEICHLICH ist.

    Ich würde sogar sagen "unvergleichlich schön" gäbe es nicht immer wieder Aufnahmen mit zu Tode gespielten und schlecht restaurierten Cembali...:(

    In meinem Fall ist es so, daß ich den Zugang zu Bach in meiner Jugend ausschliesslich via Cembalo schaffte - Heute kann ich auch Klavier akzeptieren und habe auch hier etlichen Einspielungen. Bei Scarlatti bin ich unentschieden, beide Möglichkeiten haben ihre Meriten.


    mfg aus Wien

    Alfred

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  • Aber prinzipiell sind es duch grundversciedene Instrumente

    "Grundverschieden" sind sie aber doch gerade nicht: Bei beiden werden in einem Holzrahmen gespannte Saiten über eine Tastaturmechanik zum Klingen gebracht, durch einen Resonanzboden verstärkt und beim Loslassen der Taste mechanisch gedämpft. Das sind weit mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede, und auch mehr als z.B. zwischen Cembalo (oder Klavier) und Orgel. Und auch historisch ist das Hammerklavier nicht wegen seines Klangs sondern wegen seiner zusätzlichen gestalterischen Möglichkeiten entstanden, vor allem in Bezug auf die Anschlagsdynamik, aber auch beim Pedalspiel. Schon das erste Hammerklavier von Bartolomeo Cristofori hieß "Gravicembalo col piano e forte". Es ist also schon vom Namen, aber auch von seiner Bauart eine Weiterentwicklung des Cembalos, was ja dann so ca. ab dem Ende des 18. Jahrhunderts auch für gute hundert Jahre zu dessen weitgehendem Verschwinden führte. Warum sollte man solche Zusammenhänge leugnen?



    Sowas passiert oft, wenn was neues eingeführt wird. Es sind oft Modeerscheinungen, die eines Tages belächelt und verworfen werden.

    Die "Modeerscheinung" der Flügel bzw. Klaviere mit Hammermechanik ist allerdings inzwischen immerhin so rund 300 Jahre alt :).

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  • Als Klimperer ( Pianist wäre deutlich zu hoch gegriffen ) kann ich nur sagen, als Begleitinstrument schätze ich das Cembalo schon. Aber solo ? Da liegt es mir nicht, da mag ich einfach einen modernen Konzertflügel lieber. Und auch bei Bach, da "erlebe" ich einfach mehr .

  • Ich denke und hoffe, dass sich das Instrument steigender Beliebtheit erfreuen wird. Ein sehr böses Konzert des britischen Dirigenten Thomas Beecham darf dabei nicht fehlen:
    Er meinte, das Cembalo klänge wie "two skeletons copulating on a tin roof", zwei auf einem Blechdach kopulierenede Skelette...
    Dennoch mag ich den zart-silbrigen Klang sehr, wenn er auch schwer adäquat einzufangen ist, viele Aufnahmen klingen leider nur dünn und resonanzarm, dabei kann es einen wundervollen Klang entfalten.

  • Er meinte, das Cembalo klänge wie "two skeletons copulating on a tin roof"

    Ich kenne das Beecham-Zitat noch etwas gemeiner: "two skeletons copulating on a tin roof in a hailstorm". Wo er recht hat... :)

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  • Oh je, in der Tat, mit Hagelschlag noch dabei...nein, tatsächlich. Er mochte das Instrument wohl nicht. Gut, von ihm stammt immerhin auch das Bonmot " I would give the whole of Bach's Brandenburg Concertos for Massenet's Manon" - auch das spricht für sich...

  • Mir geht es eigentlich immer so: Wenn ich viel Cembalo gehört habe und höre plötzlich Couperin auf einem modernen Klavier, denke ich "Was ist das denn?" und brauche etwas Zeit für die Umgewöhnung, um die anderen Qualitäten zu genießen. So ist das umgekehrt natürlich auch. Schließlich kann das Kopulieren von Skeletten viel stilvoller sein, als das gewöhnliche ;)

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  • Auf dieser Seite gibt es einen schönen "Stammbaum des Klaviers", wenn man ein bisschen herunterscrollt. Unzweifelhaft haben das moderne Klavier und das Cembalo gemeinsame Vorfahren; sie sind verwandt. Das Cembalo (dort als "Kielflügel" bezeichnet) ist aber keinesfalls ein unmittelbarer Vorfahre des modernen Flügels, keine Weiterentwicklung in dem Sinne wie gerne behauptet wird, sondern eine Parallelentwicklung: die Linie des Cembalos endet, wie z.B. auch jene des Spinetts und Clavichords, in einem Nebenarm; um Missdeutungen vorzubeugen: die Entwicklung ist nicht etwa stagniert, das Instrument ist deswegen nicht gleich ausgestorben, vielmehr ist resp. war die Entwicklung abgeschlossen und kann als vollendet gelten. Während sich, wie das Schaubild zeigt, parallel dazu das, was wir heute als Flügel oder Klavier (eigentlich: Pianino) bezeichnen, noch erst entwickelte. Die heutige Bezeichnung Flügel für den modernen Konzertflügel hat die historische Bezeichnung Flügel für das Cembalo abgelöst; etymologisch vergleichbar dem Wort Wagen mit all seinen Finessen und Exktravagenzen (z.B. Cabriolet) - witzige Duplizität: sowohl moderner Flügel als auch moderner Wagen sind heute mit Pedalen ausgestattet.


    Unstreitbar wurde das optische (gleichwohl praktische) Element dem Cembalo entlehnt.


    Die "Ablösung" des Cembalos durch den Hammerflügel zeigte seinerzeit Carl Philipp Emanuel Bach in seinem Doppelkonzert für Hammerflügel (Autograph: Fortepiano) und Cembalo (Autograph: Flügel) Es-dur Wq479 (1788):



    Anstelle von Ablösung darf man aber auch von einer klanglichen Symbiose / Ergänzung, einem Nebeneinander, sprechen.


    Schätzenswert ist auch das Concert Champêtre FP49 von Francis Poulenc aus "neuerer Zeit" (1927/28):



    Ein sehr böses Konzert des britischen Dirigenten Thomas Beecham darf dabei nicht fehlen:
    Er meinte, das Cembalo klänge wie "two skeletons copulating on a tin roof", zwei auf einem Blechdach kopulierenede Skelette...

    Das ist insoweit sicherlich zutreffend, als es sich auf die fürchterlichen 60er-Jahre-Nachbauten bezieht - gerne auch (zu Recht) Eierschneider genannt; böse Zungen behaupten, der Name rühre daher, daß Händel einmal mehr in einem seiner berüchtigten Wutanfälle einen Sänger von der Bühne geschubst habe, der zu seinem schmerzhaften Leidwesen im Cembalo landete ... so entstanden die Castraten. Wie man sieht, gibt es für alles eine Erklärung - man muß sie bloß glauben.



    Standing Ovations. Auweier!


    :hello:

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    (unbekannt)

  • Während sich, wie das Schaubild zeigt, parallel dazu das, was wir heute als Flügel oder Klavier (eigentlich: Pianino) bezeichnen, noch erst entwickelte.

    "Engywuck" (der Referent erinnert mich an diese zutrauliche Gestalt) gibt einen interessanten Einblick in die Entwicklung zum modernen "Klavier":



    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Das Cembalo (dort als "Kielflügel" bezeichnet) ist aber keinesfalls ein unmittelbarer Vorfahre des modernen Flügels, keine Weiterentwicklung in dem Sinne wie gerne behauptet wird, sondern eine Parallelentwicklung

    Ja, das stimmt auch deshalb, weil es von den ersten Hammerklavieren bis zur "Verdrängung" der Cembali rund ein Jahrhundert gedauert hat, in dem beide Linien fortgeschrieben wurden. Von "Weiterentwicklung" kann man aber meines Erachtens insofern sprechen, als (vor allem) die Anschlagsdynamik der Hammerklaviere als Erweiterung der Möglichkeiten des Cembalos entwickelt wurde. Also "Weiterentwicklung" nicht im Sinne eines "besseren" Cembalos sondern als verwandtes, aber neues Instrument mit "besseren" Möglichkeiten.

    Ich halte es übrigens für sehr gut möglich, dass mechanische Tasteninstrumente inklusive des modernen Konzertflügels mittelfristig massiv an Bedeutung verlieren werden. Der Grund sind ganz einfach die Kosten auf der einen Seite und die rasanten Fortschritte bei elektronischen Klavieren auf der anderen. Mein B-Flügel hat Ende der 80er Jahre umgerechnet rund 35.000 Euro gekostet, inzwischen liegt der Listenpreis bei mehr als dem Vierfachen. Die Preissteigerung ist damit fast doppelt so hoch wie der Inflationszuwachs in derselben Zeit. Auch da ist es also gut möglich, dass die Parallelentwicklung der Digital-Flügel eines Tages für eine "Ablösung" sorgt, zumal dort die Folgekosten für Stimmungen ganz entfallen und der Wartungsaufwand deutlich geringer ist.

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  • weil es von den ersten Hammerklavieren bis zur "Verdrängung" der Cembali rund ein Jahrhundert gedauert hat, in dem beide Linien fortgeschrieben wurden.

    "Fortgeschrieben" eben gerade nicht, wie dem Stammbaum zu entnehmen ist; ich verstehe Dich eher so, daß Du meinst, die Linien haben parallel zueinander (fort)bestanden: das Cembalo war "fertig", das Hammerklavier fing gerade erst an, sich zu entwickeln. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts scheint der Cembalobau bis ca. Mitte des 20. Jahrhunderts (Zeitangaben gefühlt) beinahe wie vom Erdboden verschwunden; tatsächlich war das Instrument durch das moderne(re) Hammerklavier bzw. den modernen Flügel (ab ca. 1880/90) fast komplett verdrängt. Es erlebt wohl seit einigen Jahzehnten eine kleine (?) Renaissance.


    Auch da ist es also gut möglich, dass die Parallelentwicklung der Digital-Flügel eines Tages für eine "Ablösung" sorgt, zumal dort die Folgekosten für Stimmungen ganz entfallen und der Wartungsaufwand deutlich geringer ist.

    Das mag angehen, würde aber das Herz eines jeden echten Musikers bluten lassen; zum Üben sind E-Instrumente sicher gut geeignet, zumal sich auch das Anschlagsfeeling enorm verbessert hat - zudem kann mit Kopfhörern quasi lautlos geübt werden. Für zumindest klassische Konzerte halte ich den Einsatz solcher Instrumente allerdings eher für ausgeschlossen (jedenfalls ist das mein Wunsch; der neuen Quantendenkweise zufolge sollte das jetzt wirken!). Ich würde mir niemals so ein Gerät kaufen. Für Deine These spricht jedenfalls der Einsatz von elektronischen Gitarren in der Pop-Musik (aber eben nicht in der Klassik; wie ist das im Genre Musical?), die eVioline hatte wohl eine kurze aufbrausende Zeit (Vanessa Mae? Ende der 1990er, Anfang 2000er) - zum Glück ist das vorbei: es klingt abscheulich.


    Die Preissteigerung ist damit fast doppelt so hoch wie der Inflationszuwachs in derselben Zeit.

    Die Elefantenlieferung aus Botswana steht ja noch aus - das könnte eventuell der Inflation entgegenwirken (natürlich sollte nur das Tastenmaterial eines natürlichen Todes gestorbenen Tieres verwendet werden).


    Aber ich fürchte, ich drifte jetzt inhaltlich zu weit vom eigentlichen Thema ab ... daher noch eine Empfehlung:


    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Ich halte es übrigens für sehr gut möglich, dass mechanische Tasteninstrumente inklusive des modernen Konzertflügels mittelfristig massiv an Bedeutung verlieren werden. Der Grund sind ganz einfach die Kosten auf der einen Seite und die rasanten Fortschritte bei elektronischen Klavieren auf der anderen. Mein B-Flügel hat Ende der 80er Jahre umgerechnet rund 35.000 Euro gekostet, inzwischen liegt der Listenpreis bei mehr als dem Vierfachen. Die Preissteigerung ist damit fast doppelt so hoch wie der Inflationszuwachs in derselben Zeit. Auch da ist es also gut möglich, dass die Parallelentwicklung der Digital-Flügel eines Tages für eine "Ablösung" sorgt, zumal dort die Folgekosten für Stimmungen ganz entfallen und der Wartungsaufwand deutlich geringer ist.


    Für Hobbyspieler wie mich ist es m. E. jetzt bereits eine Frage, ob man sich nicht mit einem elektronischen Instrument begnügen soll. Da wir in einer Mietwohnung wohnen und daher beim Klavierspielen auf unsere Nachbarn Rücksicht nehmen müssen, überlegen wir momentan, ob wir das vorhandene Klavier elektronisch nachrüsten lassen sollen oder einfach ein elektronisches Instrument zur Ergänzung kaufen sollen. So wunderschön ich einen klassischen Flügel auch finde: Bei uns würde er nicht nur zu viel Platz beanspruchen, sondern er würde (bei heutigen Preisen) auch unsere finanziellen Möglichkeiten sprengen. Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn der mechanische Flügel künftig (fast) nur noch im Profibereich Verwendung findet und die Hobyymusiker weitgehend digital unterwegs sind. Ob es dann dabei bleibt und sich digitale Instrumente nicht auch im Profibereich durchsetzen, wird die Zeit zeigen.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Das mag angehen, würde aber das Herz eines jeden echten Musikers bluten lassen; zum Üben sind E-Instrumente sicher gut geeignet, zumal sich auch das Anschlagsfeeling enorm verbessert hat - zudem kann mit Kopfhörern quasi lautlos geübt werden. Für zumindest klassische Konzerte halte ich den Einsatz solcher Instrumente allerdings eher für ausgeschlossen (jedenfalls ist das mein Wunsch; der neuen Quantendenkweise zufolge sollte das jetzt wirken!).

    Im Moment ist das noch so, aber mit Prognosen wäre ich sehr vorsichtig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen :).


    Die Elefantenlieferung aus Botswana steht ja noch aus - das könnte eventuell der Inflation entgegenwirken (natürlich sollte nur das Tastenmaterial eines natürlichen Todes gestorbenen Tieres verwendet werden).

    Es ist sogar umgekehrt: Seit dem Ende der 80er wird kein Elfenbein mehr verbaut, aber die Preise haben sich trotzdem vervierfacht. Sonst wäre es vielleicht noch mehr.

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    (Theodor W. Adorno)

  • Im Moment ist das noch so, aber mit Prognosen wäre ich sehr vorsichtig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen :) .

    Deshalb schrub ich ja, es sei mein Wunsch.

    Es ist sogar umgekehrt: Seit dem Ende der 80er wird kein Elfenbein mehr verbaut, aber die Preise haben sich trotzdem vervierfacht. Sonst wäre es vielleicht noch mehr.

    Eben (nicht): das Material aus Botswana wäre ein Geschenk ... 8-):untertauch:

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
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  • Elfenbein besteht aus den Stosszähnen von Elefanten.


    Zur Erinnerung: Bis zu 20.000 Afrikanische Elefanten werden jedes Jahr illegal getötet.


    Durchschnittlich jede halbe Stunde ein Tier.


    https://www.wwf.de/themen-proj…elfenbein-das-weisse-gold

    "Um Musik zu hören, muss man seine Ohren öffnen und auf Musik warten. Zuhören ist Anstrengung; blosses Hören keine Leistung – auch eine Ente kann hören." Igor Strawinsky



  • Zur Erinnerung: Bis zu 20.000 Afrikanische Elefanten werden jedes Jahr illegal getötet.

    Ja, aber nicht für Tastenbeläge.

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  • Die Elefantenlieferung aus Botswana steht ja noch aus - das könnte eventuell der Inflation entgegenwirken (natürlich sollte nur das Tastenmaterial eines natürlichen Todes gestorbenen Tieres verwendet werden).

    Jeglicher Handel mit Elfenbein ist illegal.

    "Um Musik zu hören, muss man seine Ohren öffnen und auf Musik warten. Zuhören ist Anstrengung; blosses Hören keine Leistung – auch eine Ente kann hören." Igor Strawinsky



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  • Jeglicher Handel mit Elfenbein ist illegal.

    Geschenke sind kein Handel. Wenn die Tiere auf natürliche Weise aus dem Leben treten, dann darf nach meiner ethischen Überzeugung das verbleibende "Material" auch Verwendung finden - vorausgesetzt, und das habe ich, die Tiere befinden sind im Inland.


    Was hab ich da jetzt bloß gleich wieder losgetreten? Am besten, es räumt gleich jemand auf ... sorry, daß meinen Einwurf jemand ernst genommen hat! Mit was man nicht alles rechnen muß ...

    8|

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    (unbekannt)

  • Lieber @atewes


    Der Artikel wurde 2019 verfasst. Da ich aus Zimbabwe stamme, habe ich Kenntnis über die Situation. Das Verhältnis Mensch und Elefantenpopulation muss geregelt werden. Wilderei ist in jedem Fall zu bekämpfen und der Bevölkerung Alternativen zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation aufzuzeigen.


    Es wäre im Handel nicht ersichtlich, aus welcher Quelle Elfenbein stammt. Wird diesem Material ein rechtmässiger Status zugestanden, werden falsche Anreize gesetzt.

    "Um Musik zu hören, muss man seine Ohren öffnen und auf Musik warten. Zuhören ist Anstrengung; blosses Hören keine Leistung – auch eine Ente kann hören." Igor Strawinsky



  • Auf dieser Seite gibt es einen schönen "Stammbaum des Klaviers", wenn man ein bisschen herunterscrollt.

    Ich bin nun wirklich blond, was "Claviertechnik" angeht, habe aber schon von einem Tangentenflügel gehört und einem Virginal. Die sollten doch irgendwie im Stammbaum von Klavier und Cembalo auch auftauchen, oder vertue ich mich da?


    Bei dem Tangentenflügel (ich glaube Miklos Spanyi benutzt ein solches Gerät bei einigen Werken von CPE Bach) würde mich die Technik ziemlich interessieren.

  • Ich bin nun wirklich blond, was "Claviertechnik" angeht, habe aber schon von einem Tangentenflügel gehört und einem Virginal. Die sollten doch irgendwie im Stammbaum von Klavier und Cembalo auch auftauchen, oder vertue ich mich da?


    Bei dem Tangentenflügel (ich glaube Miklos Spanyi benutzt ein solches Gerät bei einigen Werken von CPE Bach) würde mich die Technik ziemlich interessieren.

    Den Artikel hatte ich gerade (etwas umfangreicher) in Vorbereitung; sei's drum, schön, daß die Frage kam: der Tangentenflügel ist eine "Mischung" aus den drei Zweigen Clavichord, Hammerflügel und Cembalo; der Tangentenflügel wäre wiederum ein eigener Zweig, der versiegt ist. Klanglich orientiert sich der Tangentenflügel noch recht nah beim Cembalo und Clavichord, technisch handelt es sich eher um eine Clavichord-Hammerflügelmischung: die Saiten werden mit Tangenten zum klingen gebracht; im Unterschied zum Clavichord (Metallplektron) jedoch mit reinem Holz (unbeledert und unbefilzt) und nicht unmittelbar wie beim Clavichord, sondern schon Richtung Hammerklavier, vgl. technische Zeichnung; technisch bin ich leider nur grob fahrlässig begabt, das Video kann das sicher besser erklären:



    Der Klang kann durch einen Moderator verändert werden, indem sich per Kniehebel oder Moderatorzug ein Filz oder Leder zwischen Saite und Tangente schiebt - der Klangunterschied ist etwa so wie der Unterschied zwischen Cembalo (silbrig-fein) und Hammerflügel (nussig). Der Moderatoreinsatz ist hier ab ca 1:15 für ungefähr 1 Minute zu hören (und zu bei genauem Hinschauen zu sehen):



    Diesen Klangunterschied (durch den Moderatoreinsatz) habe ich tatsächlich einmal in einem Konzert von Arthur Schoonderwoerd live erlebt; in einer Zugabe (irgendein Gustostück ...) - ich bin vor Schreck und in Unkenntnis des Instruments und seiner Möglichkeiten fast von Stuhl gefallen: der Effekt war also noch deutlicher hörbar als in obigem Video.

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    (unbekannt)

  • in einem Konzert von Arthur Schoonderwoerd live erlebt; in einer Zugabe (irgendein Gustostück ...)

    Ich erinnere mich gerade - es muß im Konzert nach den Aufnahmen zu dieser CD gewesen sein, an der ich nicht ganz unbeteiligt war:



    Das Konzert KV 175 wird hier in 2 Varianten dargestellt: einmal die 1773er Urversion mit Cembalo nach Giusti (1720; Replik von Geert Karman) und dem originalen Finalsatz; einmal die 1782er Wiener Fassung mit dem Ersatzrondo KV 382 auf einem Tangentenflügel nach Späth & Schmahl (1770; Opus von William Jurgenson) - dahingehend ist die Produktbeschreibung bei jpc leider falsch.


    In beiden Alternativen klingt das Soloinstrument völlig anders als ein modernes Klavier oder ein Hammerflügel.

    :saint:


    (Bei Youtube ist das Album, zerlegt in Sätze, vollständig zu empfangen).

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    (unbekannt)

  • Die Ablehnung des Cembaloklangs in weiten Kreisen hat mich selbst stets gewundert. Beechams berüchtigt-dreister Ausspruch steht für diese Geisteshaltung, die auch in Musikerkreisen verbreitet scheint. Persönlich verbinde ich mit dem Klang eines Cembalos einen Hauch vom Ancien Régime. Wie dieses war das Cembalo im ausgehenden 18. Jahrhundert ein Auslaufmodell, als alte Gewissheiten endgültig in Frage gestellt wurden und die seit undenklichen Zeiten bestehende Weltordnung zusammenstürzte.


    Gerade gestern Abend erklang - wenn auch eher als Beifang - das hübsche Konzert g-Moll für Cembalo und Streichorchester eines anonym gebliebenen Komponisten aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Das Manuskript befindet sich in der prächtigen Bibliothek der Universität von Coimbra. Die bis heute offenbar einzige Einspielung besorgte 1969 die Archiv Produktion des Musikhistorischen Studios der Deutschen Grammophon Gesellschaft. Eine CD-Übernahme steht nach wie vor aus.


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    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das Cembalo mag im FORUM RELATIV unbeliebt sein - Aber das lässt sich einigermaßen analysieren:

    Alte Musik anhänger sind in gewisser weise "verschroben" und "introvertiert", aus meinem Mund (meiner Tastatur) sind das keine abwertenden Eigenschaften, da beide Begriffe selbst auf mich passen.

    Es ist allerdings schwierig solche Leute zu motivieren, weil sie eineigenes Wertesystem haben und wenig Gegenwind vertragen (Durch die Gründung meines Forums hab ich dem - was meine Person betrifft - entgegengewirkt)

    GENERELL kann die Ablehnung des Cembalos indes nicht besonders ausgeprägt sein, man sehe nur die zahlreichen Nachbauten - und NACHBAUER. Diese Leute müssen ja schlussendlich auch von was leben....

    Unser Forum hatte ja einige Liebhaber dieses Instruments und alter, Renaissance und Barockmusik. Sie entschieden sich eines Tags das Forum zu verlassen und ein eigenes zu gründen - und haben damit -leider Schiffbruch erlitten. Jede Menge kostbarer Beiträge ist im Nirwana gelandet. Ich habe von diesen Leuten eigentlich nie wieder was gehört - in den meisten mir bekannten Foren ist der Umgangston etwas rauher - und daher denke ich, daß sie sich dort nicht wohlfühlen würden. Also sitzen sie allein dahein und lesen mit - oder auch nicht. Sie bilden die "schweigende Mehrheit" die bei Politikern so beliebt ist, weil man in sie so ziemlich alles hineininterpretieren kann was man will....All dessen ungeachtet versuche ich dem Cembalo im Forum wenigstens einen Teil jener Beachtung zu verschaffen, die ihm eigentlich gebührt....


    mfg aus Wien

    Alfred

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  • Vielleicht ist es auch einfach Unkenntnis bzw. falsche Teilkenntnis - für mich habe ich früher das Cembalo abgelehnt, da es zwangsweise mit den langweiligen Rezitativen verbunden war


    Das Rezitativ - ein wichtiger Handlungsträger oder notwendiges Übel?


    und dabei auch nicht besonders hochwertige bzw. klangschöne Cembali verwendet wurden.


    Daraus resultierte der Trugschluß:


    Cembalo = Rezitativ = langweilig, nervtötend und überflüssig.


    Erst später realisierte ich, daß das Cembalo auch außerhalb des Rezitativs als „Clavier“ für „melodische Stücke“ funktionierte und gebräuchlich war und räumte ihm einen bedeutend höheren Stellenwert ein. Dennoch ziehe ich den Klang des Hammerflügels vor, was aber an dem von mir ebenfalls bevorzugten musikalischen Repertoire liegt; das Cembalo spielt da als Auslaufmodell eine eher untergeordnete Rolle, ist aber nicht ganz verschwunden.


    Eine weitere Erklärung könnte die Präsentation der Musikgeschichte gewesen sein, die zwar richtiger Weise behauptete, daß Mozart, Haydn und sogar Beethoven in frühen Jahren noch mit dem Cembalo Umgang hatten, dies aber mit zunehmender Reife gegen das Hammerclavier ersetzten. Natürlich wollte ich als Musik(liebhab)er nicht unreif wirken ... besonders Beethoven scheint das Cembalo diametral entgegen zu stehen (wohingegen die Pathetique auf dem Cembalo ein besonderes Erlebnis ist).


    Mit zunehmendem Interesse aber an z.B. Händels Musik, rückte das Cembalo durchaus zeitweise in den Vordergrund, da seine Claviermusik für mich auf anderen Instrumenten nicht besonders glaubwürdig klingt.

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    (unbekannt)

  • (wohingegen die Pathetique auf dem Cembalo ein besonderes Erlebnis ist).


    Vermittelst dieses simplen psychologischen Tricks wird Beethoven zum Barockstar mit gepuderter Perrücke.


    Wobei nicht einmal auszuschließen ist, daß einige der damaligen Haushalte das Werk anders gar nicht spielen konnten, da sie nur über ein Cembalo (oder gar Clavichord) verfügten und nicht eben mit der Zeit gingen (oder gehen konnten).


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