Klassikaufnahmen im Bürgerbräu in München

  • Liebe Taminos,


    der Bürgerbräu München wurde 1958 wiedereröffnet und im Saal fanden in den 1960er und 1970er Jahren eine ganze Reihe von Klassikproduktionen statt. Viele klangvolle Namen waren in dem Aufnahmeraum zu Gast: Münchner Philharmoniker, Bayerisches Staatsorchester, Symphonie-Orchester Graunke, Wolfgang Sawallisch, Willy Mattes, Fritz Wunderlich, Anneliese Rothenberger, Edda Moser und viele andere.


    Das Gebäude stand an der Rosenheimer Straße im Stadtteil Haidhausen und wurde Ende der 1970er Jahre abgerissen. Heute steht auf dem Grundstück ein Hilton-Hotel und die Hauptverwaltung der GEMA. Gleich nebenan das Kulturzentrum am Gasteig welches aktuell auf die Generalsanierung wartet.



    Wolfram

    Früher war selbst die Zukunft besser (Karl Valentin 1882-1948)

  • Die Aufnahme des Klavierkonzert Nr. 1 von Chopin mit Grigory Sokolov entstand im November 1977 mit den Münchner Philharmonikern unter dem Dirigenten Witold Rowicki im Bürgerbräu in München.


    R-8647508-1604954561-5633.jpg 71c-Lqi-AXBo-L-UF894-1000-QL80-FMwebp.webp

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Der Bürgerbräukeller in München erlebte in den 1960/70er Jahren seine Glanzzeit als Aufnahmestudio der Kölner Firma ELECTROLA, dem deutschen EMI-Ableger, nachdem er Jahre zuvor traurige Berühmtheit, als Adolf Hitler dort am 9. November 1923 seinen gescheiterten Putschversuch gegen die Reichsregierung in Berlin unternahm.


    Das Gebäude wurde im 2. Weltkrieg schwer beschädigt, konnte aber in der Folgezeit wieder aufgebaut und zu vielseitigen Veranstaltungen genutzt werden. ELECTROLA nahm dort in rascher Folge zahlreiche Opern und Operetten, dazu auch eine Reihe von Querschnitten mit berühmten deutschen Künstlern auf. Eine davon ist diese schöne ZAUBERFLÖTE aus dem Jahr 1972:

    Wolfgang Sawallisch dirigiert den Chor und das Orchester der Bayerischen Staatsoper München

    (Aufnahme: 1972).


    Beliebt und berühmt waren (und sind) u.a. diese Aufnahmen:

    Die Lustigen Weiber Von Windsor (Ga) Der Freischütz


    Der Postillon von LonjumeauLortzing: Der Wildschütz (Gesamtaufnahme) (Aufnahme München 1963)



    Wie aus den Abbildungen hervorgeht, wirkten herausragende Künstler mit, u.a. Fritz Wunderlich, Nicolai Gedda, Gottlob Frick, Franz Crass, Birgit Nilsson, Walter Berry u.v.a.


    Es würde viel zu weit führen, hier sämtliche Aufnahmen aus diesem historischen Haus aufzuführen, sie gehen in die Dutzende. Schließlich wurde der Bürgerbräukeller samt der anschließenden Anbauten im Jahr 1979 abgerissen, um Platz für ein modernes HILTON-Hotel und andere Neubauten zu schaffen. Warum es nicht unter Denkmalschutz stand, ist mir nicht bekannt.


    LG Nemorino


    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Banner Trailer Gelbe Rose

  • Auch der Beethoven-Zyklus von Rudolf Kempe mit den Münchner Philharmonikern wurde für EMI im Münchner Bürgerbräu eingespielt (Aufnahme 1971-1973). Stellvertretend hier nur zwei der CDs abgebildet, offenbar schon wieder größtenteils vergriffen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ist nicht auch die beste Studioaufnahme der La Travita aus dem Bürgerbräukeller oder hab ich das falsch in Erinnerung?

    Deine Erinnerung hat Dich nicht getäuscht! Sie entstand im Mai 1976 und Juni 1977 im Bürgerbräukeller München. War also eine der letzten Produktionen an dieser historischen Stätte.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Auch diverse Orchesterwerke sind im Bürgerbräukeller aufgezeichnet worden:

    Romantische Ouvertüren: Der Freischütz, Oberon, Euryanthe, Die lustigen Weiber von Windsor, Der Wildschütz, Martha - 1C 03...  Haydn: Sinfonien Nr. 31 'Auf dem Anstand' und Nr. 73 'Die Jagd'


    und eine ganz wichtige Opernaufnahme habe ich gestern auch vergessen:

    Martha (Ga) Flotow: Martha (Gesamtaufnahme) (Aufnahme München 1968)

    mit Anneliese Rothenberger (Lady), Brigitte Fassbaender (Nancy), Nicolai Gedda (Lyonel), Hermann Prey (Plumkett) u.v.a.

    Robert Heger dirigiert den Chor und das Orchester der Bayerischen Staatsoper München

    (Aufnahme: 3/1968).

    Für mich die schönste Aufnahme dieser einstmals berühmten deutschen Spieloper, wenn ich einmal von der historischen Aufnahme aus 1944 mit Erna Berger (Lady Durham) und Peter Anders (Lyonel) absehe.

    Selbst den Wiederbelebungsversuchen von Loriot, der das Werk in den 1970er Jahren u.a. an der Stuttgarter Staatsoper inszenierte, war kein bleibender Erfolg beschieden. Schade.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Eine Regelmäßigkeit bei Flotows "Martha" halte ich zumindest in Österreich für euphemistisch. An der Wiener Staatsoper erklang sie zuletzt 1955, an der Wiener Volksoper war sie noch einmal zwischen 2003 und 2006 zu hören. Zuletzt versuchte man es 2019 in Graz, inszeniert als "[t]ristes Trauerspiel im Irrenhaus" ("Kronen Zeitung"). So kann das aber auch nichts werden.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ach, die Martha wird doch wieder recht regelmäßig gespielt. Frankfurt hat eine sehr witzige Produktion.

    Eine Regelmäßigkeit bei Flotows "Martha" halte ich zumindest in Österreich für euphemistisch. An der Wiener Staatsoper erklang sie zuletzt 1955, an der Wiener Volksoper war sie noch einmal zwischen 2003 und 2006 zu hören. Zuletzt versuchte man es 2019 in Graz.....

    Martha von Flotow hat es seit dem Jahr 2000 bis 2024 international immerhin auf mehr als 250 Vorstellungen (davon alleine in Österreich 64 x) gebracht, plus 11 Vorstellungen im Landestheater Salzburg von März - Juni im kommenden Jahr.

    Einzelheiten bei: https://www.operabase.com/works/martha-4112/performances/de

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Der Bürgerbräukeller wurde im Herbst 1979 abgebrochen. Kurz zuvor hatte ich noch das Glück, ihn auch von innen zu besichtigen. Die Schallplattenaufnahmen fanden im sogenannten Zunftsaal statt, dem größten der Räumlichkeiten im Bürgerbräu, der über einen speziellen Eingang erreichbar war. Der vor kurzem verstorbene Electrola-Tonmeister Ernst Rothe, der hier viele Aufnahmen betreute, erinnerte sich daran, dass es eine fantastische, natürliche Akustik für Produktionen gewesen sei. Der Saal war riesig, annähernd kirchenraumgroß, mit einer erhöhten Bühne. Eine der ersten Produktionen waren vom 13. bis 17. Dezember 1962 die Opernquerschnitte "Eugen Onegin" und "Pique Dame" mit Hermann Prey, Fritz Wunderlich, Melitta Muszely, Gottlob Frick und dem Bayerischen Staatsorchester unter Meinhard von Zallinger.

    Aufnahmen fanden dort hauptsächlich für Electrola statt (z. B. Dvorak Klavierkonzert mit Sviatoslav Richter und dem Bayerischen Staatsorchester unter Carlos Kleiber, dann 1966 die Bühnenmusik aus "Rosamunde" mit Anneliese Rothenberger, dem Chor und Orchester der Bayerischen Staatsoper unter Robert Heger). Aber auch andere Firmen "gastierten" hier. So entstand im Januar 1976 die Gesamtaufnahme "Die drei Pintos" von Carl Maria von Weber mit Hermann Prey, Lucia Popp, Franz Grundheber, Jeanette Scovotti, Werner Hollweg, Kurt Moll, Heinz Kruse, Kari Lövaas und den Münchner Philharmonikern unter Gary Bertini (RCA). 1963 nahm hier Telefunken Orchesterstücke von Richard Strauss (Zwischenspiele aus "Intermezzo", "Die schweigsame Frau", Walzerfolge aus "Der Rosenkavalier" und Salomes Tanz) mit dem Bayerischen Staatsorchester unter Joseph Keilberth auf. Die Liste ist sehr umfangreich.


    Gruß Heiko