Mozart schrieb aus Augsburg am 14.10.1777 an seinen Vater: „...ich hatte […] die Ehre in gegenwart des gestarzten H: sohn, und der langhachsigsten gnädigen jungen frau, und der Einfältigen alten frau so beyläufig 3/4 stunde auf einen guten Clavichord von stein zu spiellen. Ich spiellte Phantasien, und endlich alles was er hatte Prima vista. Unterandern sehr hübsche stücke von einem gewissen Edlmann.“
Der gewisse Edlmann, Jean-Frédéric (auch: Johann Friedrich) Edelmann wurde am 5. Mai 1749 in Straßburg geboren. Dort studierte er als Sprößling einer Orgel- und Cembalobauerfamilie an der protestantischen Universität zunächst Jura und im Anschluß Musik. 1773 ging Edelmann zusammen mit dem Sohn seines Förderers Johann de Dietrich nach Paris. Zunächst wirkte Edelmann dort als Komponist und verdiente sich seinen Lebensunterhalt mit Klavierrunterricht. Zu seinen Schülern gehörten u.a. Étienne-Nicolas Méhul (1763-1816) und Jean-Louis Adam (1758-1848), Vater des wohl bekannteren Adolphe Adam (1803-1856). Edelmann gelangte in den Genuß der Gunst von Christoph Willibald Gluck und gehörte bald zu dem anerkannten Clavieristenkreis um Johann Schobert, den Alfred Einstein in seiner Mozartbiografie als eine Frühausgabe des "Sturm und Drang" [...]. bezeichnete; weiter vermeldet Einstein: Als Rousseauist und Spaziergänger schwärmte er auch praktisch für die Natur: Ein Pilzgericht, das er gesammelt hatte, beförderte ihn nebst Frau und Kind, einem Dienstmädchen und drei Freunden in das Land, aus dem man nicht wiederkehrt. [...]
Im Sommer 1787 errichtet Gottfried Ludwig Edelmann (1753-1794), Bruder unseres Komponisten, in Neuwied am Rhein (bei Koblenz) eine Niederlassung seiner Straßburger Instrumentenfabrik. Allerdings wird hier (noch) nicht produziert, sondern nur verkauft.
Zu Beginn der Französischen Revolution wurde Jean-Frédéric Edelmann 1789 zum Administrator des Départements Bas-Rhin ernannt, was seine Rückkehr aus Paris veranlasste. Sein Studienfreund Philippe-Frédéric Baron de Dietrich (1748-1793) avancierte zeitgleich zum Straßburger Bürgermeister. Nachdem Edelmann zusammen mit seinem in Straßburg als Instrumentenmacher wirkendem Bruder Louis (Gottfried Ludwig) eine wahre Schreckensherrschaft betrieben haben soll, soll er auch für die Hinrichtung seines Freundes und Begleiters nach einem Prozess in Besançon am 29. Dezember 1793 verantwortlich zeichnen. Am 14. Juli 1794 (nach anderen Quellen 17. Juli 1794, was wahrscheinlicher ist: der 14. Juli ist wohl eine Verwechslung mit dem Sturm auf die Bastille 1789) wurde Edelmann zusammen mit seinem Bruder (nach einem gemeinsamen Gefängnisaufenthalt in Metz ab November 1793) in Paris als Vorsteher der Straßburger Jakobiner guillotiniert.
Jean-Frédéric (auch: Johann Friedrich) Oberlin (1740-1826), ein evangelischer Pfarrer aus dem Elsaß erwähnt die Umstände in "Johann Friedrich Oberlin's vollständige Lebensgeschichte": Unter den Personen, die bei diesem entsetzlichen Schiffbruch Rettung bei Oberlin fanden, muß ich auch meiner Freundin, Marian Helferich gedenken, einer jungen Deutschen, späteren Gattin von Louis Edelmann, Gemeinderathsmitglied zu Straßburg, der in Verbindung mit seinem Bruder Friedrich Edelmann, dem Compositeur der Oper Ariadne auf Naxos, unter der Guillotine zu Paris seinen allzufeurigen Patrionismus aushauchte.
Das Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte, Band 36 (2010) beinhaltet auf den Ss. 179-202 einen Artikel von Rudolf Ewerhart: „Ein Straßburger Claviermacher am Mittelrhein“. Darin erfährt man z.B über den Vater der beiden unedlen Männer: Anlässlich einer Soirée beim älteren Edelmann bei Caminfeuer und Punsch zkizziert er ein sympathisches Bild des Gastgebers: „Er scheint ein Mann von guten, reinem Sinne und warmen Herzen zu seyn. Alle, die ihn kennen, lieben und schätzen ihn.“
Über die Instrumente von Louis Edelmann liest man: ...unterstreicht Edelmann, dass sich die Klänge von Saiten- und Pfeifenwerk derart mischen, daß es dem Ohr nur ein Instrument zu sein scheint. Bei mäßigem Tempo, bei länger zu haltenden Tönen oder Akkorden wird der Reiz aber auch darin bestanden haben, dass nach dem Anschlag der schnell abklingende Klavierton sich in dem länger währendem Klang der Pfeifen verlor. Instrumente dieser Spezies trugen stets den Stempel des Außergewönlichen, waren geschätzt und dabei nicht billig.
Die Musik Jean-Frédéric Edelmanns, die in der überwiegenden Anzahl aus Werken für Clavier solo oder sonstiger Instrumentalmusik mit einem Clavier besteht, mag für den Hörer teilweise primitiv und trivial klingen: Alberti- und Triolenbässe gehören hier zum Standard. Dabei ist die Musik aber keineswegs langweilig, sondern sehr einfallsreich und trotz so manch sturer Wiederholung sehr abwechslungsreich und gefällig; so mancher Hauptsatz einer Edelmannschen Claviersonate ähnelt dem Kopfsatz einer Sinfonie im typischen Mannheimer Stil. Besonders die langsamen Sätze weisen sehr viel Gefühl auf und erinnern beispielsweise an den Mittelsatz aus Mozarts A-Dur-Konzert KV 488 (Sonate Fis-Dur op. 1 Nr. 6). Gerade das Andante dieser Sonate, das in fis-moll steht, beinhaltet eine traumhaft schöne Stelle (T. 16ff. - in der Einspielung bei 1:02), die - als würde der Komponist die Einzigartigkeit seiner Erfindung unterstreichen wollen - nicht wiederholt wird. Ein ähnliches Baumuster findet man auch oft bei Mozart, der offenbar die Einfachheit dieser Kompositionen schätzte; man findet durchaus so manche „Anleihe“ Mozarts bei Edelmann, wenn man genau hinhört. Offensichtlich hat Edelmann auch das Menuett aus Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ zuerst komponiert: man findet die Melodie im Dur-Teil des 2. Satzes der c-moll-Sonate op. 10 Nr. 3. Bedenkt man, daß Mozart in Augsburg Kenntnis über die Kompositionen Edelmanns erlangte, so dürfte Edelmanns Ruhm weit über die Grenzen von Paris hinausgegangen sein. Leider ist von ihm heute nicht mehr viel bekannt und es steht noch viel Editionsarbeit an.
Quellen: Wikipedia / deutsche-biografie.de