Leipziger Komponisten-Wohnstätten

  • Leipzig war neben Wien zweifellos die wichtigste Musikstadt der vergangenen Jahrhunderte im deutschsprachigen Raum. Das ist nicht nur durch die Prägung bedeutender Musiker entstanden, sondern wurde auch durch wichtige Institutionen gefestigt. Mit Breitkopf & Härtel, sowie später auch C. F. Peters gab es zwei überregional bedeutende Musikverlage, bei denen alles was zu dieser Zeit Rang und Namen in der deutschsprachigen Musikszene hatte, zumindest hin und wieder Werke herausbrachte. 1843 wurde zudem mit dem „Leipziger Konservatorium für Musik“ die erste höhere Musikschule Deutschlands gegründet, welche Zulauf aus verschiedensten Ländern bekam.


    Das erste Verlagsgebäude „Goldener Bär“ von Breitkopf & Härtel, Neumarkt (heute an der Stelle Universitätsstraße 11), welches 1732 von Bernhard Christoph Breitkopf erworben wurde. Foto von 1925


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    Das im 2. Weltkrieg zerstörte Gebäude


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    Bildquellen: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig


    In diesem Thread möchte ich die Leipziger Wohn- und teilweise auch Wirkungsstätten von Bach, Mendelssohn, Schumann, Mahler, Brahms (inkl. Tschaikowsky) und Mozart vorstellen. Das ist natürlich noch nicht vollständig und es fehlen noch etwa Wagner, Reger oder Grieg. Ich werde diese durch Zeitgründe (durch die im Netz verstreuten Infos, Bilder und Briefpassagen hatte ich schon an einem Komponisten mehrere Stunden recherchiert und geschrieben) und persönliche Vorlieben nicht mehr ergänzen, kann aber jeder der es möchte gerne tun (es ist ja kein persönlicher Blog sondern ein Forum)


    Für alle die gerne etwas über die Aufenthalte bestimmter Komponisten in bestimmten Regionen lesen möchte ich meine zwei älteren Beiträge ans Herz legen:


    Die komponierenden Gäste des Traunsees (Brahms, Schubert, Schönberg,...)


    Gustav Mahler - Wiener Wohnungen und Sterbestätte

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • JOHANN SEBASTIAN BACH (1685 - 1750)


    Kantorenwohnung, Thomasschule, Thomaskirchhof


    Als Bach am 22. Mai 1723 als 38jähriger Mann seine neue Wohnung in Leipzig bezog, hatte er schon mehrere berufliche Stationen hinter sich und sich überregional einen guten Ruf erarbeitet. Die Hamburger Zeitung schrieb:


    Leipzig, 29. Mai. Am vergangenen Sonnabend [22. Mai] zu Mittage kamen 4. Wagen mit Haus-Rath beladen von Göthen allhier an, so dem gewesenen dasigen Fürstl. Capell-Meister, als nach Leipzig vocirten Cantori Figurali, zugehöreten; Um 2 Uhr kam er selbst nebst seiner Familie auf 2 Kutschen an, und bezog die in der Thomas-Schule neu renovierte Wohnung


    Zuvorgegangen ist aber eine andere Geschichte, welche Bach erst diese Stelle ermöglichte. Nach einem Probespiel 1722 entschied man sich nämlich für Georg Philipp Telemann. Doch Glück für Bach, dass Telemann zum einen eine Gehaltserhöung bei seiner bisherigen Stelle in Hamburg bekam und diese beiden Komponisten zudem eine Freundschaft verband. Somit empfahl Telemann den gebürtigen Eisenacher für diese Position.


    Sein Amt als Kantor der Thomasschule und Musikdirektor der vier Stadtkirchen (St.Thomas, St. Nikolai, Peterskirche und Neue Kirche) trat er am 30. Mai 1723 in der Nikolaikirche an. Es war seine letzte und wohl wichtigste Station: 27 Jahre lang blieb er dort bis zu seinem Tod. Man erwartete von ihm nicht nur die üblichen Kantoren-Pflichten (wozu nicht nur das musikalische Betätigungsfeld sondern auch Lateinunterricht gehörte), sondern auch Reformen des Leipziger Musiklebens.


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    Bildquelle: Wikimedia


    Man nimmt an, dass Bach auch während einer Erweiterung des Schulhauses von Juni 1731 bis April 1732 als Untermieter des Juristen Dr. Christoph Donndorf in der Hainstraße 17 wohnte. Nach diesem Umbau sollen der Familie Bach etwa 250 m2 Wohnfläche zur Verfügung gestanden haben. 1902 wurde die Thomasschule demoliert und stattdessen die Superintendentur erbaut.


    Der Nachfolgebau:


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    Bildquelle: Pinterest, fotothek.slub-dresden.de


    Das einst an der Ecke Katharinenstraße 14/Böttchergässchen befindliche Zimmermannsche Kaffeehaus, in dem nicht nur Kaffee sondern auch alkoholische Getränke ausgeschenkt wurden, war ein belieber Ort an dem Bach musizierte. Er führte hier mit dem Collegium Musicum weltliche Kantaten und Instrumentalkompositionen auf. Im Dezember 1943 wurde das Gebäude durch Luftangriffe zerstört.


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    Bildquelle: jsbach, Bach-Archiv Leipzig


    Erhalten geblieben ist hingegen das Bosehaus welches an der Adresse Thomaskirchhof 16 zu finden ist. In diesem hat Bach nicht nur Musik gemacht, sondern das Gebäude beherbergt heute auch das Bach-Archiv und Bachmuseum. Es bestand sehr wahrscheinlich eine Freundschaft zwischen dem Hauseigentümer Georg Heinrich Bose und Johann Sebastian Bach.


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    Bildquelle: Wikimedia


    Bach widmete sich in dieser Zeit vermehrt den geistlichen Vokalwerken. Er schuf hier u.a. die Johannespassion, Matthäuspassion, das Weihnachts-, Himmelfahrts- und das Osteroratorium, die Lutherischen Messen, sowie h-Moll-Messe. Zudem schrieb er auch an Instrumentalwerken wie etwa das Wohltemperierte Klavier II oder die Cembalokonzerte BWV 1052-1059. Letzere wurden im bereits erwähnten „Zimmermannischen Caffee-Hauß“ aufgeführt.


    ….so fügte es Gott, daß zu hiesigem Directore Musices u. Cantore an der Thomas Schule vociret wurde. Ob es mir nun zwar anfänglich gar nicht anständig seyn wolte, aus einem Capellmeister ein Cantor zu werden, weßwegen auch meine resolution auf ein vierthel Jahr trainirete, jedoch wurde mir diese station dermaßen favorable beschrieben, daß endlich (zumahln da meine Söhne denen studiis zu incliniren schienen) es in des Höchsten Nahmen wagete, u. mich nacher Leipzig begabe, meine Probe ablegete, u. so dann die mutation vornahme. (Leipzig, den 28. Octobr. 1730)


    Bach wurde nach seinem Tod auf dem Leipziger Johannisfriedhof begraben. Fast 150 Jahre lang schien man sich auch nicht mehr sonderlich um einen Grabstein zu kümmern, was sicher auch auf die damalige schnelllebige Musiksszene des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts zurückzuführen ist (anders als heute verlangte man viel mehr nach neuen, dem Zeitgeist entsprechenden Kompositionen und verstorbene Komponisten konnten schnell in Vergessenheit geraten) Schlimmer noch erging es beispielsweise Vivaldi, beide vereint dennoch gegen Ende ihres Lebens außer Mode gekommen zu sein. 1894 entdeckte man beim Umbau der Johanniskirche und dem angrenzenden Friedhof einen Eichensarg, welcher zwar nicht beschriftet war, doch man nahm aufgrund bestimmter Indizien an, dass es sich um Bach handeln müsse. Beinahe wären aber diese Überreste doch noch auf einer Schuttdeponie entsorgt worden, als man nämlich nach dem Luftangriff am 4. Dezember 1943 schon u.a. den betreffenden Sarg abholen ließ und nur zufällig durch einen Bauarbeiter gerettet wurde. Den Kuriositäten kein Ende: Bachs Grab musste sogar zweitweise von der Polizei und Gemeindemitgliedern bewacht werden, da ein Streit über die Grabstätte entbrannte. Noch heute gibt es Zweifel um die Echtheit der Gebeine.


    Heute befindet sich das mutmaßliche Grab in der Thomaskirche


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    Bildquelle: Wikimedia

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY (1809 - 1847)



    Mendelssohns Leipziger Zeiten unterscheidet man zwischen dem ersten (1835 – 1841) und zweiten Aufenthalt, welcher zugleich auch seine letzten zwei Lebensjahre mit sich brachte (1845 – 1847). Unterbrochen wurde diese Zeit durch eine Anstellung als Kapellmeister und preußischer Generalmusikdirektor in Berlin beim preußischen König Friedrich Wilhelm IV., eine Reise nach England, sowie ein Aufenthalt in Frankfurt.


    Er stieg schon vor seiner ersten Anstellung in Leipzig zu einem sehr gefragten Künstler auf, ähnlich einem heutzutage erfolgreichen Fußballtrainer der von Spitzenvereinen umworben wird, lockte ihn Leipzig mit einem nahezu unwiderstehlichen Angebot vom Amt des Generamusikdirektors in Düsseldorf weg. Die Leitung der Gewandhauskonzerte war schließlich in musikalischer Hinsicht eine der renomiertesten Stellen in der deutschsprachigen Region.


    Am 4. Oktober 1835 dirigierte Mendelssohn sein erstes Konzert.


    Der Abend des Sonntags war wirklich curios, wo ich ihm mein Oratorium vorspielen mußte, während neugierige Leipziger sich verstohlen hereindrückten, um Chopin gesehen zu haben, und wie er zwischen dem ersten und zweiten Theile seine neuen Etüden und ein neues Concert den erstaunten Leipzigern vorras’te, und ich dann wieder in meinem Paulus fortfuhr, als ob ein Irokese und ein Kaffer zusammenkämen und conversirten […]Es war aber auch eine Aufmerksamkeit und Spannung im ganzen Orchester, wie ich sie nie größer gesehen, sie paßten auf wie Schießvögel, hätte Zelter gesagt. Nach dem Concert empfing und machte ich auf dem Orchester eine Masse Gratulationen, erst das Orchester, dann die Thomaner (welche Prachtjungen sind, und so pünctlich eintreten und loslegen, daß ich ihnen einen Orden versprochen habe) (Leipzig, 06. Oktober 1835)


    Von 1835 - 1837 wohnte er im ersten Stock von „Reichels Vorderhaus“, dass sich an der Stelle der heutigen Adresse Martin-Luther-Ring 13 befand.


    Ein Foto aus dem Jahr 1910, vier Jahre vor der endgültigen Demolierung


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    Bildquelle: Wikimedia


    heutiger Nachfolgebau „Lipanum“:


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    Bildquelle: Wikimedia


    In dieser Zeit dirigierte er nicht nur zahlreiche Konzerte sondern schrieb auch u.a. an einem Teil der Lieder ohne Worte (Heft 3, op. 38; Heft 7, op. 85) 6 Präludien und Fugen op. 35, oder 3 Präludien (Heft 1, op. 104) und erhielt am 20. März 1836 die Ehrendoktorwürde in Philosophie.


    Von 1837 - 1841 wohnte er in einem Wohngebäude des „Lurgensteins Garten“ (Bereich westlich vom Dittrichring Richtung Zentralstraße)


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    Bildquelle: Wikimedia


    Es wird Dir genügen wenn ich Dir erzähle, daß ich mit meiner Cécile seit 8 Tagen endlich in unsrer neuen, eignen Wohnung eingezogen bin, daß wir uns unser ganzes Hauswesen behaglich und nett eingerichtet haben, daß inzwischen schon 8 AbonnementConcerte und der Messias in der Kirche aufgeführt sind, daß ich mancherlei Arbeiten im Kopf und einige auf dem Papier habe, daß also meine Beschäftigungen immer dieselben die Unruhe manchmal größer ist, während mich das alles gar nicht mehr verwirrt oder beunruhigt, eben weil ich zu Hause ruhig und glücklich bin. (Leipzig, 12. Dec. 1837)


    Dieser Garten wurde samt seinen darin befindlichen Gebäuden nahezu vollständig während des zweiten Weltkriegs zerstört, so dass bei nachfolgender Überbauung heute kaum mehr etwas daran erinnert. In dieser Zeit komponierte er u.a. die „Variations sérieuses“ op. 54, Lieder ohne Worte Heft 4, op. 53, drei Streichquartette op.44, Klaviertrio d-moll op. 49, Cellosonate B-Dur op.45, „Ruy Blas“ op. 95, 42. Psalm „Wie der Hirsch schreit“ op. 42, das Klavierkonzert Nr. 2 d-moll op. 40, sowie Teile des Violinkonzerts e-moll op. 64.


    Auf Mendelssohns Iniatitive geht auch die Gründung der ersten Musikhochschule Deutschlands zurück, welche am 2. April 1843 eröffnet wurde. Diese trägt heute den Namen Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig und befindet sich an der Grassistraße 8.


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    Bildquelle: Wikimedia


    Hier lehrte auch Ignaz Moscheles (manchen durch Beethoven bekannt) und kurrzeitig Robert Schumann.


    Mendelssohns Sterbewohnung, welcher er somit von 1845 - 1847 bewohnte, war zu seinen Zeiten auf Königstraße 5 adressiert. Heute ist es der einzige erhaltene Bau seiner Leipziger Wohnstätten und bei der mittlerweile neuen Adresse Goldschmidtstraße 12 zu finden.


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    Bildquelle: Wikimedia


    Glücklicherweise behebergt das Gebäude seit 1997 auch ein Museum, in welchem man in der einstigen Wohnung des Komponisten sogar originales Mobiliar anfinden kann (und wer schon manch andere Originalstätten anderer Komponisten besucht hat weiß, dass das alles andere als selbstverständlich ist)


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    Bildquelle: Wikimedia


    In diesem Arbeitszimmer arbeitete Mendelssohn u.a. an „Elias“ op. 70, „Festgesang an die Künstler“ op. 68, oder an dem Streichquartett f-moll op. 80.


    Als er nach der Rückkehr seiner letzten England Reise am 14. Mai 1847 vom Tod seiner Schwester Fanny erfuhr schockte ihn dies so sehr, dass er in eine tiefe Krise verfiel. Er zog sich in die Schweiz zurück. Seine Freundin und Mezzosopranistin Elise Polko schreibt in ihren Erinnerungen:


    Schon in Interlaken zog er sich zurück, fremde Menschen waren ihm unterträglich. die Rückkehr nach Leipzig – Mitte September – regte ihn über alle Maßen auf: „Die Leipziger Luft drückt mich! Es ist so eng überall!“


    Mendelssohn war ab da nicht mehr der Gleiche wie früher, bekam auch zeitweise beunruhigende körperliche Zustände. Doch er fühlte sich noch knapp vor seinem Tod seinen vergangenen Vereinbarungen verpflichtet. Wohl auch in der Hoffnung einer baldigen Besserung. So wollte er ein geplantes Musikfest in Wien bei dem er den Elias dirigieren wollte, verschieben lassen, wie man im Brief vom 25. Oktober 1847 an seinen Bruder Paul erfährt


    In keinem Falle könnte ich vor Ablauf von acht Tagen an Reisen denken […] Kann ich nämlich nicht nach Wien, so muß ich aus denselben Gründen, die mich von dort abhalten, auch wenigstens noch vierzehn Tage bis drei Wochen hier bleiben und die Aufführung in Berlin bis spätestens Ende November verschieben, und gehe ich noch nach Wien, so muß das ohnehin sein


    Ende des Monats verschlechterte sich jedoch sein Zustand und der damals diagnostizierte „Nervenschlag“ führte dann schließlich auch am 4. November zum Tod.


    Viele (auch neuere) Biographien und Internetseiten geben als Todesursache „Schlaganfall“ an. In „Kerners Krankheiten großer Musiker“ wird das jedoch angezweifelt, denn für Otte & Wink erscheint der damalige Begriff „Nervenschlag“ sehr verschwommen. Spätere Untersuchen wie etwa von Cherington et al. (1999) oder Schmideler et al. (2006) haben unter Berücksichtigung aller Daten und heutiger neurolgisch-psychiatrischer Expertise als wahrscheinlichste Ursache eine „Subarachnoidalblutung“ identifiziert. Dies könne man heutzutage durch eine Computertomografie des Kopfes feststellen. Dabei wären neurochirurgische Operationen oder radiologisch-interventionelle Behandlungen die Maßnahmen unserer heutigen Zeit.


    Sein Grab befindet sich jedoch nicht in Leipzig sondern bei der Familiengrabstätte im Dreifaltigkeitsfriedhof in Berlin-Kreuzberg.

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • ROBERT (1810 - 1856) UND CLARA SCHUMANN (1819 - 1896)


    Noch fremdbestimmt durch Vormund Gottlob Rudel (welcher das Erbe seines Vaters verwaltete) und seiner Mutter Johanne Christiane, inskribierte der 17jährige Robert Schumann gegen seinen Wunsch am 29. März 1828 am „Juridicum“ der Leipziger Universität (Schloßgasse)


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    Bildquelle: Wikimedia


    Seine Studenten-WG, welche er gemeinsam mit seinem Zwickauer Freund Emil Flechsig teilte, bezog er am 15. Mai 1828 und wohnte in der ersten Etage von Haus Nr. 454 in der Straße „Brühl“. Die selbe Straße in der 15 Jahre zuvor bei Haus Nr.3 Richard Wagner geboren wurde. Was der Vormund und die Mutter hier noch nicht ahnten: In Briefen gab er zwar vor regelmäßig die „Kollegien“ zu besuchen, doch insgeheim verfolgte Schumann ganz andere Pläne. Er begann bei Friedrich Wieck Klavierunterricht zu nehmen. Seine Tochter Clara galt zu dieser Zeit schon als pianistisches Wunderkind. Doch noch gab es keine klare Linie in seinem Leben. Auch den Unterricht bei Wieck kam Schumann zunehmends weniger nach, studierte dann wieder ab Mai 1829 ernsthafter Rechtwissenschaften an der Karls-Universität in Heidelberg für drei Semester. Es sieht nach einer Lebensfindungsphase aus, denn es folgten darauf Reiseaufenthalte in Italien und Frankfurt am Main.


    Erst 1830 kam es zu einer Entscheidung für die Musik.


    In Leipzig hab’ ich unbekümmert um einen Lebensplan so hingelebt, ... hier hab’ ich mehr gearbeitet, aber dort und hier immer innig und inniger an der Kunst gehangen. – Jetzt stehe ich am Kreuzwege und erschrecke bei der Frage: Wohin? – Folg’ ich meinem Genius, so weist er mich zur Kunst, und ich glaube, zum rechten Weg (Heidelberg, 30. Juli 1830)


    Dazu musste Friedrich Wieck der Mutter Schumanns versprechen aus Robert einen großartigen Klavierspieler zu formen. Schumann zog somit in das Haus der Wiecks ein, der „Selliers Hof“, heutige Reichsstraße / Ecke Grimmaische Straße.


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    Bildquelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig


    heutiger Zustand:


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    Bildquelle: Stefan Lang, Stimmungen.de


    Robert Schumann blieb hier nur etwa ein Jahr als Untermieter, da es zu Reibungen zwischen ihm und seinem Lehrer kam. Er zog hier zunächst in ein ebenso heute nicht mehr existierendes Gebäude in Rudolphs Garten (heutige Lage zwischen Rudlophsstraße und Bundesverwaltungsgericht). Schon zwischen 1828 und 1830 erwähnte er in Briefen mehrmals Probleme mit dem rechten Arm, welche sich schließlich zu chronischen Beschwerden und zunehmenden Lähmungserscheinungen entwickelten. Schumann bestritt jedenfalls Friedrich Wiecks Vermutungen, dass dies durch ein mechanisches Übungsgerät hervorgerufen sei. Seine Tochter Eugenie bekräftigte einst Wiecks Theorie, während Clara angab nichts von all dem zu wissen. Wahrscheinlicher ist, dass er an einer sogenannten fokalen Dystonie litt, welche von jahrelang geübten Bewegungsabläufen herrühren kann. Dies soll bei etwa 1-2 % aller professionellen Musiker zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auftreten.


    Herbst 1833 folgte die nächste Studenten-WG, zusammen mit einem Jurastudenten im vierten Stock der Burgstraße 21 (auf dem 1. Bild linkes Gebäude). Aufgrund eines Etagenwechsels wegen Höhenangst in den 1. Stock, teilte er sich die Wohnung mit dem Pianisten und Komponisten Ludwig Schuncke, welcher dann auch zusammen mit Friedrich Wieck an der 1834 neu gegründeten „Neue Zeitschrift für Musik“ mitarbeitete.


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    Bildquelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig


    heutiger Zustand


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    Bildquelle: Research Uni Leipzig


    Ab dieser Zeit organisierte Robert Schumann auch regelmäßige Treffen seines selbst gegründeten Geheimbundes „Davidsbündler“, welche im Leipziger Lokal „Zum Arabischen Coffe Baum“ stattfanden. Da man allein über dieses Thema ausführlicher schreiben könnte (und somit einen eigenen Thread verdient hätte falls es den nicht schon gibt), soll nur nebenbei die Kuriosität erwähnt werden, dass er an diesen Veranstaltungen auch Personen mit einbezog die nie teilnahmen und ihnen obendrein Fantasienahmen gab. Leider waren diese aber weniger witzig wie die Spitznamen mit denen einst Mozart seine Mitmenschen zwangsbeglückt hatte.


    Angeblich sollen hier im Laufe der Geschichte auch einige andere Künstler zu Gast gewesen sein, wie etwa Telemann, J.S. Bach, Goethe, E. T. A. Hoffmann, Liszt, Wagner, Grieg, Mahler,…


    Ein Foto von 1924


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    Bildquelle: Wikimedia


    heutiger Zustand, Standort Kleine Fleischergasse 4


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    Bildquelle: Wikimedia


    Es kam von 1831 bis 1833 zu weiteren Dramen wie etwa zwei Liebesbeziehungen, wobei es eindeutige Indizien dafür gibt, dass es bei einer von diesen zu einer ungewollten Schwangerschaft kam. Daraus enstand auch eine erste psychische Krise und Verlobung mit Ernestine von Fricken, die aber von Schumann wieder gelöst wurde, nachdem sich rausstellte dass Ernestine nicht die leibliche Tochter des Barons und somit nicht erbberichtigt war. Ein paar Jahre darauf gesteht er seine Liebe zu der gebürtigen Leipzigerin Clara Wieck mit offensichtlich auch teils verklärenden Worten.


    Also vom Jahre 1830 an, Du warst damals ein kleines eignes Mädchen mit einem Trotzkopf, einem Paar schöner Augen, und Kirschen waren Dein höchstes. Sonst hatte ich niemanden als meine Rosalie. Ein paar Jahre vergingen. Schon damals um 1833 fing sich ein Trübsinn einzustellen an, von dem ich mich wohl hütete, Rechenschaft abzulegen; es waren die Täuschungen, die jeder Künstler an sich erfährt, wenn nicht alles so schnell geht, wie er sich's träumte. Anerkennung fand ich nur wenig; dazu kam der Verlust meiner rechten Hand zum Spielen. Zwischen allen diesen dunkeln Gedanken und Bildern hüpfte mir nun und allein Deines entgegen; Du bist es, ohne es zu wollen und zu wissen, die mich so gar eigentlich schon seit langen Jahren von allem Umgang mit weiblichen Wesen abgehalten.(Schumann an Clara Wieck, Leizpig 11. Februar 1837)


    In dieser Zeit der neu aufkeimenden Liebe wohnte Schumann von 1836 - 1840 im sogenannten „Roten Kolleg“ (heutige Lage zwischen Ritterstraße und Goethestraße)


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    Bildquelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig


    Er wohnte hier in einer Zweizimmer-Wohnung im ersten Stock. Das Gebäude wurde schon 1904 abgerissen. Clara wohnte damals in der Nikolaistraße.


    Als die Liebenden heiraten wollten kam es zur bekannten Auseinandersetzung mit Friedrich Wieck. Dieser sah eine zukünftige Pianistenkarriere Claras durch seinen mittlerweile in Ungnade gefallenen ehemaligen Klavierschüler gefährdet. Die Fronten verhärteten sich und schließlich wollte das heiratswillige Paar die Ehe vor Gericht durchsetzen, was dann auch gelang.


    Die beiden zogen 1840 in das heute noch erhaltene Gebäude Inselstraße 5 (heute Nr. 18).


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    Bildquelle: Wikimedia


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    Bildquelle: Stefan Lang, Stimmungen.de


    Heute befindet sich darin das Schumann-Museum inklusive kleinem Konzertsaal


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    Bildquelle: Wikimedia


    Friedrich Wiecks Sorgen waren nicht ganz unbegründet, denn Robert versuchte zunächst Clara in die Rolle der Hausfrau am Herd zu drängen, wollte sie aber dennoch zu Eigenkompositionen animieren. Es ging ihm in erster Linie darum, dass sie keine Konzerte mehr aufführen sollte. Musikalisch sah er sie durchaus auf Augenhöhe und lag großen Wert auf ihre Kritiken. Langsam schien sich auch die Lage mit dem Schwiegervater zu entspannen. Durch Geldsorgen kam es 1844 doch noch zu einer Konzerttournee von Clara Schumann, wobei beim Konzertpublikum das Paar teilweise in der Zusammensetzung „bekannte Pianistin mit begleitendem Gatten“ betrachtet wurde.


    Als Mendelssohn seine Anstellung als Kapellmeister und preußischer Generalmusikdirektor in Berlin antrat, spekulierte Schumann mit der Nachfolge seiner Stelle am Leipziger Gewandhaus. Als es nicht dazu kam, zog dieser enttäuscht am 15. Dezember 1844 mit seiner Familie nach Dresden und kehrte Leipzig bis zu seinem Lebensende 1856 den Rücken.


    In der Leipziger Zeit entstanden zahlreiche Werke von Robert Schumann, um hier nur eine kleine Auswahl zu nennen: Klavierkonzert a-moll op. 54, Sinfonie B-Dur „Frühlingssinfonie“, Sinfonie d-moll, Dichterliebe op. 48, Liederkreis op. 39, Kreisleriana op. 16, Davidsbündlertänze op. 6, drei Streichquartette op. 41, Klavierquintett op. 44, Klavierquartett op. 47, Das Paradies und die Peri,…


    Nicht zu vergessen sein Verdienst, in dieser Zeit bei seinem Wienbesuch (3. Oktober 1838 bis 5. April 1839) die Partitur von Franz Schuberts C-Dur Sinfonie D 944 bei seinem Bruder Ferdinand entdeckt zu haben. Dieser übergab sie Mendelssohn welcher das Werk in Leipzig am 31. März 1839 uraufgeführt hat.


    Clara Schumann komponierte in der Leipziger Zeit u.a. das Klavierkonzert a-moll op. 7, Sechs Lieder mit Begleitung des Pianoforte op. 13, oder Quatre Pièces fugitives für Klavier op. 15.

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • GUSTAV MAHLER (1860 - 1911)



    Als Mahler im Sommer 1886 26jährig von Prag nach Leipzig kam war er noch nicht auf der höchsten Sprosse seiner Karriereleiter angekommen. Er musste sich dort mit der Stelle als zweiter Kapellmeister am Leipziger Stadttheater zufrieden geben und sich seinem Vorgesetzten Arthur Nikisch unterordnen.


    Ich kann mich nach der absolut dominierenden Stellung in Prag nicht mehr drein finden, als blasser Mond hier das Gestirn Nikisch zu umkreisen. […]Mit seiner Person habe ich nie etwas zu tun; er ist kalt und verschlossen gegen mich – ob aus Eigenliebe oder aus Misstrauen – was weiß ich! Genug, wir gehen aneinander wortlos vorüber!


    Dabei wollte Mahler sogar an der für ihn vorteilhafteren Stelle in Prag bleiben. Doch ein längst unterschriebener Vertrag ließ ihm keine andere Wahl, da der Leipziger Direktor Max Staegemann auf dessen Erfüllung bestand


    Aus einer Dummheit falle ich in eine andere. So habe ich mir in dieser kurzen Pause ein Süppchen eingebrockt, an dem ich wieder eine Zeitlang zu essen haben werde (Brief an Friedrich Lohr, Prag 1886)


    Dabei bezog er sich auch auf eine kurze Affäre zur Sängerin Betty Frank.


    Aus einem anfänglich schlechten Verhältnis entwickelte sich mit der Zeit zwar keine Freundschaft, aber zumindest eine gegenseitige Akzeptanz der zwei Alphamännchen und Konkurrenten. Doch diese hatte er immer weniger bei den Orchestermusikern. Durch seine Strenge und Ungeduld (welche immer wieder auf seinen verschiedenen Lebensstationen bekritelt wurden) kamen zunehmende Spannungen auf.


    Dennoch konnte Mahler auch in dieser Zeit Erfolge feiern. Mahlers Ergänzung der Oper „Die drei Pintos“ von Carl Maria von Weber wurde bei der Premiere am 20. Jänner 1888 enthusiastisch gefeiert. Er komponierte in der Leipziger Zeit auch die erste Sinfonie. Nachdem er sich erfolgreich an der Budapester Oper als Operndirektor beworben hatte, bat Mahler Staegemann um Entlassung welcher dieser auch zustimmte.


    Als Mahler im Juli 1886 nach Leipzig kam bezog er zunächst eine Wohnung im 2. Stock der Gottschedstraße 4 (heute Nr. 25)


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    Bildquelle: Leipzig-Lese, Archiv U.u.H. Drechsel


    Am 1. Februar 1887 zog er dann in die Stadtvilla Gustav-Adolf-Straße 12


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    Bildquelle: Wikimedia


    Hier wohnte er als Untermieter bei den Kaufleuten Weil. Angeblich konnte er sich ungezwungen im ganzen Haus bewegen. Es kam in dieser Zeit ebenso zu einer kurzen Freundschaft mit Doris, der Tochter des Ehepaars Weil. Mai 1888 verließ Mahler Leipzig um nach Budapest zu gehen. Immerhin war es dann auch Arthur Nikisch der nach dem Tod Mahlers die Iniatitive übernahm ein Werk in das Programm aufzunehmen und er selbst dirigierte dann auch am 2. November 1911, etwa ein halbes Jahr nach Mahlers Tod, seine 2. Sinfonie im Gewandhaus zu Leipzig.

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

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  • JOHANNES BRAHMS (1833 - 1897)



    Mit Leipzig verbindet Brahms eine wechselvolle Geschichte. Laut Kalbeck ging Brahms angeblich nur mit dem größten Widerwillen hin. Schumann hatte schon große Vorschusslorbeeren in seiner Zeitung gesträut, für Brahms schon in zu überschwänglicher Weise. So schrieb Schumann etwa:


    Ich dachte, die Bahnen dieser Auserwählten mit dem größten Interesse verfolgend, es würde und müsse nach solchem Vorgang einmal plötzlich einer erscheinen, der den höchsten Ausdruck der Zeit in idealer Weise auszusprechen berufen wäre, einer, der uns die Meisterschaft nicht in stufenweiser Entfaltung brächte, sondern wie Minerva, gleich vollkommen gepanzert aus dem Haupte des Kronion entspränge. Und er ist gekommen, ein junges Blut, an dessen Wiege Grazien und Helden Wache hielten. Er heißt Johannes Brahms, kam von Hamburg, dort in dunkler Stille schaffend, aber von einem trefflichen und begeistert zutragenden Lehrer gebildet in den schwierigsten Satzungen der Kunst, mir kurz vorher von einem verehrten bekannten Meister empfohlen. Er trug, auch im Äußeren, alle Anzeichen an sich, die uns ankündigen, das ist ein Berufener. Am Klavier sitzend, fing er an, wunderbare Regionen zu enthüllen. Wir wurden in immer zauberischere Kreise hineingezogen. […]Wenn er seinen Zauberstab dahin senken wird, wo ihm die Mächte der Massen, im Chor und Orchester, ihre Kräfte leihen, so stehen uns noch wunderbarere Blicke in die Geisterwelt bevor. Möchte ihn der höchste Genius dazu stärken, wozu die Voraussicht da ist, da ihm auch ein anderer Genius, der der Bescheidenheit, innewohnt. Seine Mitgenossen begrüßen ihn bei seinem ersten Gang durch die Welt, wo seiner vielleicht Wunden warten werden, aber auch Lorbeeren und Palmen; wir heißen ihn willkommen als starken Streiter.


    Einerseits rührten Brahms diese Worte, andererseits wusste er als kluger Mann auch, dass damit eine dementsprechend erwartungsvolle Bringschuld verbunden war. Schumann fädelte auch den Kontakt zum Leipziger Verlag Breitkopf und Härtel ein.


    Euer Wohlgeboren erlaube ich mir hiermit einige meiner Kompositionen zu übersenden, mit der Bitte, dieselben durchzusehen und mir dann gütig sagen zu wollen, ob ich meine Hoffnung erfüllt sehen kann, dieselben durch Ihren Verlag zu veröffentlichen. Es ist nicht eigene Kühnheit, sondern mehr der Wunsch künstlerischer Freunde, denen ich meine Manuskripte mitteilte, welcher mich zu dem Schritte führt, mit denselben vor die Öffentlichkeit zu treten. Damit mögen Sie, hochgeehrter Herr, diese Zeilen entschuldigen, falls Ihnen deren Inhalt nicht willkommen ist. (Brahms am 8. November 1853 von Hannover)


    Schumann drängte Brahms zugehends persönlich nach Leipzig zu kommen und flehte seinen Freund Joachim an „Sonst verstümmeln sie seine Werke; er muß sie dort selbst vorführen. Es scheint mir dies ganz wichtig .... Noch einmal: ich bitte, bewegen Sie ihn, daß er auf acht Tage nach Leipzig geht.


    Schließlich kam dann Brahms auch am 17. November 1853, wohnte zunächst in einem schlichten Gasthof bis ein gewisser Heinrich von Sahr, selbst Komponist und wohlhabender Kunstmäzen, darauf aufmerksam wurde und ihn bat sich doch in seinem Haus bzw. in seiner Wohnung einzuquartieren. Diesem kam Brahms auch nach und Sahr schien den Hamburger auch ganz für sich zu vereinnahmen.


    Sahr nahm ihn gleich in seine Wohnung, um ihn gar nicht mehr von sich zu lassen, solange er hier war. Auch alle Kenner von Fach erklärten ihn für sehr bedeutend. Dabei ist er der liebenswürdigste und bescheidenste Mensch, voll gutem Herzen und kindlichem Humor. Alle seine Kompositionen wurden ihm gleich glänzend abgekauft. (Franz v. Holstein an Pastor Weber in Wolfenbüttel)


    Es ist ein himmlischer Mensch! Wie muß man Schumann dankbar sein, diesen Kerl ans Tageslicht gebracht zu haben! Die Tage, seitdem er hier ist, gehören zu den schönsten, die ich je erlebt. Er entspricht so ganz dem Ideal, wie ich es mir von einem Künstler gemacht. (Sahr über Brahms)


    Leider konnte ich die Adresse dieses Hauses trotz intensiver Internet-Recherche nicht ausfindig machen, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Haus wohl auch spätestens dem Bombenangriff Dezember 1943 zum Opfer fiel (da anzunehmen ist, dass die Stadt Leipzig schon aus Eigeninteresse eine noch bestehende Wohnstätte Brahms bewerben würde). Falls jemand mehr darüber weiß, bitte die Info hier ergänzen oder dem Admin Alfred per Leserpost zukommen lassen.


    Der Ort war jedenfalls ideal um Kontakte aufzubauen, man würde es heute „Netzwerken“ nennen, etwas dass Brahms sein ganzes Leben lang gut konnte. Er hatte hier nicht nur regen Austausch mit der Familie Schumann (dass Brahms sich in Clara verliebte ist eine andere Geschichte die hier thematisch den Rahmen sprengen würde), sondern kam u.a. auch mit Franz Liszt, Hector Berlioz, später auch mit dem Ehepaar Grieg in Kontakt. 1853 wurde zunächst in kleinem Kreise die Sonate C-Dur op.1 und das Scherzo es-moll op. 4 uraufgeführt.


    Sein erster großer Auftritt 1859 war jedoch eine herbe Enttäuschung für alle Beteiligten. Ob daran auch die hohe Erwartungshaltung aufgrund Schumanns Huldigungsschrift verantwortlich war?


    Es ist traurig, aber wahr, daß die im Verlaufe der diesjährigen Saison im Gewandhause vorgeführten neuen Compositionen wenig oder gar kein Glück gemacht haben; überhaupt erinnern wir uns nicht, je so viele und totale Componisten-Niederlagen erlebt zu haben, wie in dem bisherigen Abschnitt unsrer heurigen Concerte. [...] Das gegenwärtige vierzehnte Gewandhausconcert war nun wieder ein solches, in dem eine neue Composition zu Grabe getragen wurde – das Concert des Herrn Johannes Brahms. Es ist aber auch in Wahrheit dieses Stück gar nicht danach angethan, daß es irgend eine Befriedigung und einen Genuß gewähren könnte: nimmt man den Ernst des Strebens und die Tüchtigkeit der musikalischen Gesinnung hinweg [...], so bleibt eine Oede und Dürre, die wahrhaft trostlos ist. Die Erfindung hat auch an keiner einzigen Stelle etwas Fesselndes und Wohlthuendes; die Gedanken schleichen entweder matt und siechhaft dahin, oder sie bäumen sich in fieberkranker Aufgeregtheit in die Höhe, um desto erschöpfter zusammenzubrechen; ungesund mit einem Worte ist das ganze Empfinden und Erfinden in dem Stücke. Geben nun diese blassen und schemenhaften, nur hin und wieder von hectischer Röthe angehauchten Gedanken an sich schon einen traurigen Anblick, so wird die Sache noch trübseliger durch die Art und Weise, wie sie verarbeitet und verwendet werden. [...] Und dieses Würgen und Wühlen, dieses Zerren und Ziehen, dieses Zusammenflicken und wieder Auseinanderreißen von Phrasen und Floskeln muß man über Dreiviertelstunde lang ertragen! Diese ungegohrne Masse muß man in sich aufnehmen und muß dabei noch ein Dessert von den schreiendsten Dissonanzen und mißlautendsten Klängen überhaupt verschlucken! Mit vollstem Bewußtsein hat überdies auch Herr Brahms die Prinzipalstimme in seinem Concert so uninteressant wie möglich gemacht; (Kritik aus „Signale für die musikalische Welt“)


    Das im Leipziger Gewandhaus am 27. Jänner 1859 aufgeführte 1. Klavierkonzert in d-moll geriet zum Fiasko. Brahms berichtet an seinen Freund Joseph Joachim: „Zum Schluss versuchten drei Hände, langsam ineinander zu fallen, worauf aber von allein Seiten ein ganz klares Zischen solche Demonstrationen verbot“ Zudem war er mit dem Geschäftsgebaren bei Breitkopf & Härtel nicht zufrieden. Zwar gab er in den nächsten Jahren noch gelegentlich kleinere Konzerte im 1843 gegründeten Konservatorium, wie etwa ein gemeinsames Konzert mit Clara Schumann am 30. November 1860, oder die Uraufführung des Klavierquintetts f-moll op. 34 am 22. Juni 1866, doch ansonsten versuchte er bis zum Jahr 1874 Leipzig bestmöglich zu meiden. Durch eine sehr gute Aufnahme seines Deutschen Requiems 1873 in der Thomaskirche, ließ er sich wieder nach Leipzig locken um sich dort wieder öfters blicken zu lassen und Konzerte zu geben. Diesmal konnte er auch das Leipziger Publikum überzeugen. Es wurden seine ersten beiden Sinfonien und die Uraufführung des Violinkonzerts 1879 sehr gut aufgenommen.


    In diesem Jahr starb auch der Thomaskantor Ernst Friedrich Richter. Der mittlerweile berühmte und sehr geschätzte Komponist kam dem Bürgermeister Otto Georgi sofort als Nachfolger in den Sinn. Brahms wollte sich zunächst nicht festlegen, als es jedoch den Anschein hatte dass Georgi Brahms selbst gestreute Witze über Besuche in zwielichtigen Etablissments ernst nahm, fühlte sich der Komponist auf den Schlips getreten „Nicht gelacht habe ich über die Frage des Bürgermeisters wegen meines Lebenswandels“ Es dauerte auch nicht lange, dass Brahms offiziell absagte und Georgi den Thomasorganisten Wilhelm Rust empfahl. Dieser Empfehlung kam der Bürgermeister auch nach.


    Es kam auch zu einer Begegnung mit Tschaikowsky im Hause des Violinisten Brodsky. Tschaikowsky reiste am 31. Dezember 1887 aufgrund einer größeren Europa-Konzerttournee nach Leipzig um dort am 5. Jänner 1888 ein Konzert im zweiten Leipziger Gewandhaus zu geben. Adolph Brodsky hatte Tschaikwoskys Violinkonzert in Wien 1881 uraufgeführt. In seinem Konzerttagebuch berichtet Tschaikowsky


    Als ich um ein Uhr zu Brodsky zum Abendessen ging, hörte ich Klavier-, Violin- und Celloklänge. Sie probten für die Aufführung von Brahms‘ neuem Pianofortetrio [op. 100] am nächsten Tag, und der Komponist selbst saß am Klavier. So sah ich den berühmten deutschen Musiker zum ersten Mal. Brahms ist ein eher kleiner Mann, strahlt eine gewisse Fülle aus und hat ein sehr sympathisches Aussehen. Sein schöner Kopf, fast der eines alten Mannes, erinnert an den Typ eines gutaussehenden, gütigen älteren russischen Priesters. .  . Eine gewisse Weichheit der Konturen, angenehme Kurven, ziemlich langes und leicht ergrautes Haar, freundliche graue Augen und ein dichter, locker mit Weiß gesprenkelter Bart — all das erinnerte sofort an den Typ des reinrassigen Großrussen, den man unter unseren Geistlichen so häufig antrifft. .  . Brahms’ Art ist sehr einfach, frei von Eitelkeit, sein Humor heiter, und die wenigen Stunden, die ich in seiner Gesellschaft verbrachte, hinterließen mir eine sehr angenehme Erinnerung.


    Leider musste ich gestehen, dass ich trotz eines etwas längeren Aufenthalts unter ihnen in Leipzig mit den bedeutendsten Vertretern der modernen deutschen Musik nicht sehr gut zurechtkam. Der Grund: Wie alle meine russischen Musikerfreunde ohne Ausnahme respektierte ich Brahms nur als einen ehrenhaften, energischen Musiker mit starken Überzeugungen; aber trotz aller gegenteiligen Bemühungen konnte und kann ich seine Musik nie bewundern … Es gibt etwas Trockenes, Kaltes, Vages und Nebulöses in der Musik dieses Meisters, das russische Herzen abstößt. Aus unserer russischen Sicht besitzt Brahms keine melodische Erfindungsgabe. Seine musikalischen Ideen kommen nie auf den Punkt; kaum haben wir eine Anspielung auf eine greifbare melodische Phrase gehört, verschwindet sie … als ob es das besondere Ziel des Komponisten gewesen wäre, unverständlich und dunkel zu sein. So erregt und irritiert er sozusagen unsere musikalische Wahrnehmung, ist aber nicht bereit, ihren Ansprüchen gerecht zu werden; er scheint sich, um es deutlich zu sagen, zu schämen, klar zu sprechen und das Herz zu erreichen. . . .


    Es ist unmöglich, beim Anhören von Brahms‘ Musik zu sagen, sie sei schwach oder unauffällig. Sein Stil ist immer erhaben. Anders als alle unsere zeitgenössischen Musiker greift er nie auf rein äußerliche Effekte zurück; er versucht nie, uns mit einer neuen und brillanten Orchesterkombination zu überraschen, noch begegnen wir in seiner Musik irgendetwas Trivialem oder direkt Nachahmendem. Es ist alles sehr ernst, sehr vornehm, anscheinend sogar originell, aber trotz alledem fehlt das Wichtigste – Schönheit!


    Er berichtet darüber hinaus, dass ihn diese Empfindung auch abhielt mit Brahms warm zu werden und sich sogar als Fremder in Brodskys Haus fühlte, da er den Enthusiasmus der anderen Anwesenden nicht teilen konnte. Brahms schien das auch zu spüren und verhielt sich gegenüber Tschaikowsky ebenso mit zurückhaltender Höflichkeit. Grieg war an diesem Tage auch zu Gast und mußte sich angebilch zwischen den zwei anderen Komponisten setzen um als eine Art Puffer die Spannungen abzufedern.


    Brodskys Haus befand sich in der damaligen Kaiser-Wilhelm-Straße 21 (heute August-Bebel-Straße)


    Foto aus dem Jahr 1908


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    Bildquelle: Technologienpsychologie


    Im Hotel Hauffe an der Roßstraße 2/4 wohnte damals Tschaikowsky


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    Bildquelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig


    Als Brahms 1895 das letzte Mal nach Leipzig kam dirigierte er im Gewandhaus am 31. Jänner sein 1. und 2. Klavierkonzert (Pianist: Eugen d’Albert)


    Und Sie wissen ja, wie ich in demselben Leipzig mit demselben d-moll-Konzert anno dazumal durchgefallen bin. Ja, da haben sie mich ebenso niedergezischt, wie sie mich jetzt beklatscht haben. Dafür aber versicherte mir Joachim, daß seit Beethoven kein ähnliches Werk geschrieben worden sei, und ich gab mich zufrieden damit (Brahms im Gespräch mit Kalbeck)

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • JOANNES CHRYSOSTOMUS WOLFGANGUS THEOPUHILUS MOZART (1756 - 1791)



    Als Mozart gemeinsam mit Fürst Karl Lichnowsky am 8. April 1789 die Reise nach Berlin antrat, war Leipzig neben Dresden und Prag nur eine Durchreisestation. Die Reise hat sozusagen auch die Not erzwungen, da die Einnahmequelle der einst so lukrativen Konzerte schon seit längerem versiegte und sich die Schulden (wie etwa bei Michael Puchberg) zunehmends anhäuften. Die Reise wurde also mit viel Zweckoptimismus begleitet, in Hoffnung eine Anstellung oder Aufträge am Hofe von Friedrich Wilhlem II. von Preußen zu bekommen. Mozart schrieb noch am 10. Aprifl 1789 aus Prag an Constanze:


    Noch was; – Ram (Anm.d.Verf.: Oboist Friedrich Ramm) ist erst vor 8 tagen von hier wieder nach Hause; er kamm von berlin, und sagte, daß ihn der könig sehr oft, und zudringlich gefragt hätte, ob ich gewis käme; – und da ich halt noch nicht kam, sagte er wieder; – ich förchte er kömt nicht. – Ram wurde völlig bange, er suchte ihn des gegentheils zu versichern; – Nach diesem zu schlüssen, sollten meine sachen nicht schlecht gehen.


    Die Ausbeute war dann zunächst ziemlich enttäuschend. Außer dem Austausch von Höflichkeiten, scheint nicht viel dabei herausgeschaut zu haben und Mozart bittet brieflich von Berlin aus seine Frau nichts von dieser Information weiter zu erzählen.


    Anders als in Berlin konnte er aber immerhin in Leipzig und Dresden positive Erfahrung in kultureller Hinsicht mitnehmen. Dem Leipziger Zeitzeugen Johann Friedrich Reichardt zufolge, hatte er auf der Orgel in der Thomaskirche improvisiert, worauf dem Kantor Johann Friedrich Doles sein Spiel so gefiel, dass er seinen altern Lehrer Bach wieder auferstanden glaubte. Doles scheint viel von Mozart gehalten zu haben. Er lud ihn auch zu einem musikalischen Abend nach Hause ein und überraschte ihn angeblich mit einer Aufführung einer Motette J.S.Bachs durch den Thomanerchor, als Mozart die Thomasschule besuchte. Sowohl bei der Hin- als auch Rückreise spielte er in Privathäusern wie etwa in dem von Universitätsrektor Dr. Ernst Platner, oder des Chirurgen Christian Friedrich Ludwig.


    Letztgenannte Einladung fand in Löhrs Hof statt (das stadtgeschichtliche Museum gibt dazu die Adresse Reichsstraße 12-22 an, Mozart-Sachsen.de hingegen Markt 8, ein geplanter Neubau mit exklusiven Wohnungen und unter selbigen Namen soll jedenfalls bei Reichsstraße 12 errichtet werden)


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    Bildquelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig


    Zukünftiges Gebäude an vermutlich gleicher Stelle des alten Hofes


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    Bildquelle: Loehrs-Hof.de, IB Immobilienberatung Leipzig GmbH


    Der erste Aufenthalt fand von 20. bis 23.04. der zweite Aufenthalt (bei seiner Rückreise) von 08.05. bis 17.05. statt. Er wurde so freundlich von verschiedenen Seiten aufgenommen, dass er sich beim zweiten Aufenthalt entschloss am 12.05. eine Akademie im alten Gewandhaus zu geben. Bei dem für heutige Verhältnise ausgiebigen Monsterprogramm, wurden die Prager- und Jupitersinfonie, 2 Konzertarien (von Josepha Duschek vorgetragen), die Klavierkonzerte B-Dur (KV 456) und C-Dur (KV 503), die Variationen KV 354 sowie eine freie Improvisation aufgeführt. Es war eher eine nette Geste bzw. auch Prestigeprojekt, da er etwa die Hälfte des Publikums mit Freikarten anlockte: „diese war von Seiten des beÿfalls und der Ehre glänzend genug, desto mägerer aber die Einnahme betreffend“ (Brief an Constanze, Leipzig 16. Mai 1789)


    Das alte Gewandhaus


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    Bildquelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig


    Möglicherweise war es auch der Verdienst des Leipziger Freimaurers Carl Immanuel Engel, dass er so gut in Leipzig aufgenommen wurde und Engel als Vermittler behilflich war. Zum Dank schenkte er ihm vor seiner Abreise noch eine „Kleine Gigue in G“ KV 574. Leipzig war schließlich auch sehr bedeutend bei der Vergrößerung und Festigung von Mozarts Ruhm. Nicht nur mit regelmäßigen Aufführungen seiner Werke, der Verlag Breitkopf & Härtel kaufte einen großen Teil des Nachlasses von Constanze und brachte u.a. die Mozart-Biographie Otto Jahns, sowie 1862 das Verzeichnis von Dr. Ludwig Ritter von Köchel heraus.


    Mozart kehrte danach noch einmal nach Berlin zurück, da er doch noch die Möglichkeit bekam vor dem König zu spielen. Zudem gab Prinzessin Friederike den Auftrag für 6 Streichquartette und 6 leichte Klaviersonaten. Bei der Rückreise nach Wien machte er nicht mehr in Leipzig Halt.

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)