FALL, Leo: BRÜDERLEIN FEIN

  • Leo Fall (1873-1925):
    BRÜDERLEIN FEIN

    Alt-Wiener Volksstück in einem Akt

    Libretto von Julius Wilhelm


    Uraufführung am 1. Dezember 1909 in Wien (Hertha Bauer), 1908 in Berlin (Operone)


    Personen der Handlung:
    Joseph Drechsler, Domkapellmeister (Tenor)

    Toni, seine Frau (Sopran)

    Gertrud, deren Haushälterin (Alt)

    Jugend, allegorische Figur (Sprechrolle mit Gesang).

    Ort und Zeit: Wien um 1840


    Einziger Akt.
    Wohnzimmer im Hause Drechsler in Wien.

    Der (historische) Domkapellmeister Joseph Drechsler begeht heuer seinen 40. Hochzeitstag mit seiner Frau Toni (in der Realität war dieser Tag erst 1844 und Frau Drechsler hieß mit Vornamen Therese). Diese plant zusammen mit der Hausmagd eine eher unspektakuläre Feier. Toni hat einen Guglhupf gebacken (der beim Öffnen des Vorhangs auf dem Tisch steht). Nun wünschen sich die Eheleute Glück und Segen und beschenken sich mit allerlei Gaben, während eine Spieluhr im Raum das Lied „Brüderlein fein“ spielt. Voller Wehmut besinnt sich Drechsler der Zeit, als er das Lied „Brüderlein fein“ für die Figur der Jugend in Ferdinand Raimunds Zaubermärchen Der Bauer als Millionär komponiert hat (das Beiheft von der bei cpo erschienen Aufnahme des Stücks nennt den Verschwender als Ursprung des Liedes). Als es bereits wieder dämmert, klopft es an der Tür und die allegorische Figur der Jugend tritt ins Zimmer - genau in der Gestalt wie einst in dem Zaubermärchen. Sie hält eine golden Geige in der Hand und singt: Einmal ihr noch hören sollt meine Melodei - eine Stunde eures Lebens sei euch als Geschenk geweiht! Und schon erleben die beiden alten Eheleute ihren ersten Hochzeitstag wie im Traum – wie sie damals frisch getraut in die Wohnung einziehen und vom benachbarten Gasthof noch immer die Hochzeitsgesellschaft feiert und ein lieblicher Walzer (Nicht zu schnell und nicht zu langsam) herüberklingt. Und sogleich ist der Traum zu Ende, und die Jugend ist wieder verschwunden. Glücklich und dankerfüllt freuen sich die beiden über die ihnen geschenkten Erinnerungsstunde und begeben sich zufrieden zur Messe in die Kirche.


    Anmerkungen:
    Julius Wilhelm, Jahrgang 1871, galt als Spezialist für Alt-Wiener Stoffe, die damals, um die Jahrhundertwende, in Wien in Mode waren. Sein erster Erfolg in diesem Genre war ein Operetten-Pasticcio (Frühlingsluft) mit der Musik von Joseph Strauß, dem jüngeren, aber schon verstorbenen Bruder des Walzerkönigs, der ansonsten keine Musik für die Bühne komponiert hatte. Immerhin war Wilhelms Adolf Müllers Wiener Blut, die Musik von Johann Strauß II zu großem Erfolg brachte. Acht Jahre nach Frühlingsluft verwendete Wilhelm Musik von Joseph Lanner für eine Operette mit dem programmatischen Titel Alt-Wien, die ebenfalls ein Erfolg wurde.


    Auch Leo Fall war von Wilhelms Ideen angetan; er hat - obwohl er noch an zwei Operetten arbeitete (Das Puppenmädel und Die schöne Risette) - das Libretto zu Wilhelms Einakter an einem einzigen Sommerabend vertont. Wie schon oben angedeutet, hat es den Wiener Domkapellmeister Drechsler tatsächlich gegeben (der übrigens von 1822 bis 1830 auch noch Kapellmeister am Leopoldstädter Theater war), während die Handlung von Julius Wilhelm erfunden wurde. Auch das titelgebende Lied soll - was neueste Forschungen gezeigt haben - Raimund selbst komponiert haben, und nicht Drechsler.

    Leo Fall hat das Stück übrigens für Die Hölle, einem Wiener Cabaret des Brüderpaares Siegmund und Leopold Natzler, komponiert (die auch Edmund Eysler und Franz Lehár für Beiträge gewinnen konnten), hat es dann aber auf Betreiben des Musikkritikers Julius Stern für das normale Theaterorchester uminstrumentiert. Diese Fassung hat der WDR in Köln mit dem WDR Funkhausorchester und dem WDR Rundfunkchor unter der Leitung von Axel Kober aufgenommen. Als Bonbon (um das Wort Füller zu vermeiden) wurde der dreiviertelstündigen Operette der einzige Konzertwalzer von Leo Fall, Leben und lieben, beigegeben, den Franz Marszalek in einer Aufnahme vom 16. September 1961 dirigiert hat.

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    MUSIKWANDERER


  • Warum nicht so, da sieht man auch die Rückseite!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)