"Ich gehe nach Hause!" - Die Abkürzung nehmen

  • Man hat eine Karte für Oper oder Konzert von seinem sauer verdienten Geld erstanden. Die Musik beginnt.


    Nach der Pause verlassen einige der Zuschauer oder Zuhörerinnen den Ort der Aufführung.


    Soweit das, was man beobachten kann.


    Wie stellen sich die Tamino-Mitglieder dazu, dass von einigen Personen im Auditorium die Abkürzung genommen wird?


    Fehlt der Respekt vor der Leistung der Ausführenden, die Zeit und Mühe aufgewendet haben?


    Ist es legitim, sein Urteil über das Dargebotene mit dem vorzeitigen Verlassen zu bezeugen?

    Walter Benjamin hatte auf seiner Flucht einen Koffer bei sich. Was würdest du in deinen Koffer packen? Meiner ist gepackt.



  • Wie stellen sich die Tamino-Mitglieder dazu, dass von einigen Personen im Auditorium die Abkürzung genommen wird?

    Ehrlich gesagt, wenn das unauffällig passiert, ist mir das ziemlich egal. Ich sitze sowieso gerne vorne und kriege dann auch manches nicht mit.



    Fehlt der Respekt vor der Leistung der Ausführenden, die Zeit und Mühe aufgewendet haben?

    Das kann ich nicht beurteilen. Wenn Leute während einer Aufführung ostentativ gehen, ist das natürlich ein Statement und meistens keines guten Geschmacks.

  • Also ich bin nur einmal vorzeitig gegangen,


    in Stuttgart Alban Berg Lulu in der zweiten Pause, ich war völlig übermüdet und das war einfach zu viel für mich an dem Abend. Kann auch mit an der Musik gelegen haben.

  • Ist doch besser, wenn die Leute gehen oder erst zur zweiten Konzerthälfte erscheinen, wenn sie das jeweilige Programm nicht mögen. Andernfalls würden sie da sitzen und schlimmstenfalls lamentieren und andere stören.

    War ja auch früher schon so, dass der erste Akt in der Oper in Paris gerne mal ausgelassen wurde von der Kundschaft (was ich für dumm/ignorant halte aber nicht kritisiere).

    Er hat Jehova gesagt!

  • Das hängt von einigen Faktoren ab.

    In meiner Jugend haben listige Veranstalter hinterhältigerweise zeitgenössische "Musik" an "Lokomotiven" der klassischen Musik drangehängt um unwilliges Publikum zu zwingen ungeliebte STücke anzuhören. wir haben uns gewehrt, indem wir eben nach der Pause gegangen sind oder - je nachdem - später gekommen.

    Die Veranstalter haben darauf listig reagert. sie haben anders gemixt. Ich haber darauf reagiert, indem, daß ich solche mixed Concerts boykottiert habe.

    Fehlt der Respekt vor der Leistung der Ausführenden, die Zeit und Mühe aufgewendet haben?

    Ich bin auch der Meinung, daß es nicht Aufgabe des Publikums (Kunden !) sein kann, Respekt vor der Leistung eines Dienstenabieters zu haben, wenn die Leistung nicht den Vorstellungen entspricht. Das gilt übrigens für alle BEreicht. Ich weiss noch gut, wie erbost ich auf die Frage "Darfs was anderes sein ?" im Verkauf reagiert habe. Ohnedies schon verärgert, weil ich das Gewünschte nicht erhilel, antwortete ich auf eine solche Frag: "Ich bin nicht dazu hergeklommen,um IRGENDETWAS zu kaufen damit Sie Gewinne machen, sondern will ICH eine bestimmten Wunsch hatte - den sie nicht erfüllen können- Traurig genug."

    ZUrück zum Konzert: Das Weggehen nach der Pause halte ich für legitim, nicht aber lautes Buhen. Die Alternative hier ist "Applausverweigerung" Die lässt sich naturgemäß nich 100%ig durchsetzen - einige applaudieren immrer, aber auch ein schaler Applaus ist ein (noch dazu dezenter !!) Faustschlag ins Gesicht.....


    Mfg aus Wien

    Alfre

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



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  • Ich bin auch der Meinung, daß es nicht Aufgabe des Publikums (Kunden !) sein kann, Respekt vor der Leistung eines Dienstenabieters zu haben, wenn die Leistung nicht den Vorstellungen entspricht.

    Ich sehe das grundsätzlich schon etwas anders. Ich habe Respekt vor guten Leistungen, selbst wenn es nur die Installation eines Waschbeckens betrifft. Es wird soviel gepfuscht, dass ich das gerechtfertigt finde. Und selbstverständlich habe ich Respekt vor einer Leistung im Bereich der Kunst, wo die Anforderung neben dem perfekten Beherrschen des Handwerks noch viele andere Aspekte betrifft.


    Ich kann aber von einem "Neandertaler" Im Publikum kaum erwarten, dass er diesen Respekt auch aufbringt. Hier reicht mir im allgemeinen gutes oder wenigstens passables Benehmen, was die anderen möglichst nicht stört. Seltsamerweise haben nicht selten diese "Neandertaler" mit schlechten Benehmen dann noch teure Kleidung ... :)

  • Vielleicht ist es eine Altersfrage, vielleicht aber auch eine der Persönlichkeit.

    HEUTE - wenn ich etwas bestelle und es kommt pünktlich und noch dazu unbeschädigt an - und entspricht dem Bestellen, fordert mich beineahe jeder Lieferant auf eine POSITIVE BEWERTUNG bei google abzugeben.


    Er war früher eine Selbstverständlichkeit, daß bestellte Waren funktionieren, Lieferzeiten eingehalten werden, Verkäufer korrekt gekleidet sind und akzentfreies Deutsch sprechen und daß man im Restaurant an einem Tisch mit sauberem Tischtuch sitzt und bedient wird.

    Dafür muß ich kein Lob aussprechen und mich nicht extra bedanken - es sei denn, daß eine Sonderleistung erbracht wird - idealerweise ohne Aufpreis, aber das ist schon Utopie......


    Und natürlich klatscht man am Ende eines Konzerts -wie es sich gehört - und man tut es voll Begeisterung, wenn man begeistert ist - aber eben nur dann....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Ich erlebe das auch recht häufig und wundere mich dann. In der Staatsoper verschwinden Menschen aus verschiedenen Gründen in der Pause. Besonders wenn teure Plätze plötzlich verlassen werden, wundere ich mich...

    Häufig finde ich nach der Pause meine Logen-Nachbarn nicht mehr vor. Nicht immer nehmen die eine 'Abkürzung', manchmal haben die sich auch nach besseren, frei gebliebenen Plätzen umgeschaut und ziehen in der Pause um. Andere verschwinden wirklich. Manchmal, besonders bei jüngeren Pärchen, habe ich den Eindruck, dass sie das Erlebnis Staatsoper mal mitnehmen wollten, es aber nicht gut fanden und dann 'fliehen'. Wenn ältere Menschen gehen, kann es natürlich auch sein, dass sie nicht so lange sitzen können oder gesundheitliche Einschränkungen haben - das dürfte aber selten vorkommen.


    Im Konzert gibt es noch eine Besonderheit der 'Abkürzer': Fans bzw. Jünger diverser Solisten. Wenn vor der Pause z.B. ein Klavierkonzert mit Pianistin X ansteht, nach der Pause aber 'nur' noch eine Sinfonie, dann sind die Fans dieser Pianistin X schonmal nach der Pause weg. Das habe ich schon einige Male erlebt, die Elphi ist dafür vielleicht auch anfällig (habe ich aber auch in Berlin mitbekommen).

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Ich bin auch der Meinung, daß es nicht Aufgabe des Publikums (Kunden !) sein kann, Respekt vor der Leistung eines Dienstenabieters zu haben, wenn die Leistung nicht den Vorstellungen entspricht.

    Das ist ein in mehrfacher Hinsicht merkwürdiger Satz: Erstens bieten Künstler keine "Dienste" an sondern Kunst, sonst hießen sie ja "Diener" und nicht "Künstler". Zweitens besteht die Leistung eines Künstlers natürlich gerade nicht darin, irgendwelchen "Vorstellungen" zu "entsprechen", nicht einmal den eigenen, aber schon gar nicht fremden. Und drittens habe ich zumindest mal gelernt, einer besonderen Leistung, egal auf welchem Gebiet, grundsätzlich mit Respekt zu begegnen. Aber vielleicht hat man Dir das in Deiner Kindheit anders beigebracht. Die ältere Generation hat ja (nicht nur aber auch im Tamino-Forum) bisweilen ein bemerkenswert schlechtes Benehmen, auch wenn der ein oder andere von ihnen nicht müde wird, das Gegenteil zu behaupten ;).


    Nach der Pause verlassen einige der Zuschauer oder Zuhörerinnen den Ort der Aufführung.

    Soweit das, was man beobachten kann.

    Wie stellen sich die Tamino-Mitglieder dazu, dass von einigen Personen im Auditorium die Abkürzung genommen wird?

    Fehlt der Respekt vor der Leistung der Ausführenden, die Zeit und Mühe aufgewendet haben?

    Ist es legitim, sein Urteil über das Dargebotene mit dem vorzeitigen Verlassen zu bezeugen?

    Ich war vorgestern im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie beim Klavierabend mit Pierre-Laurent Aimard: Vor der Pause das komplette Klavierwerk von Arnold Schönberg, nach der Pause Charles Ives' monumentale "Concord Sonata". Eine handvoll Leute haben den Saal leise zwischen den Stücken oder Sätzen verlassen, einige sind anscheinend auch in der Pause gegangen (die übrigen geschätzt vielleicht 900 haben sehr konzentriert und still zugehört und Aimard am Ende mit Beifall und Bravo-Rufen überschüttet). Ich habe das Weggehen nicht als "Urteil über das Dargebotene" empfunden sondern als Ausdruck der Ratlosigkeit, des Nicht-Verstehens. Was soll daran problematisch sein? Sie haben es immerhin versucht und sind mutmaßlich gescheitert. Ein Kunstwerk, an dem man als Rezipient nicht scheitern kann, wäre belanglos. Etwas anderers wäre lautes Türen-Schlagen, verbaler Protest usw., aber auch das fände ich primär nicht "respektlos" gegenüber den Künstlern (deren Kunst ja immerhin zu einer emotionalen Reaktion geführt hätte :)) als gegenüber dem Teil des Publikums, der ein Recht darauf hat, ungestört zuzuhören und das auch in Anspruch nehmen will. Das ist auch für mich der einzige Grund, weshalb man besser nur bei Applaus oder in der Konzertpause gehen sollte.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Solange die "Abkürzer" andere Besucher nicht stören, gilt für mich ganz klar: ist mir doch egal, was andere Leutchen so machen. Die Gründe für den vorgezogenen Abgang können sehr vielfältig sein. Von daher erübrigt sich für mich jedes 'elfenbeintürmene' Rümpfen des kulturaffinen Näschens.


    Grüße

    Garaguly

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  • Das ist ein in mehrfacher Hinsicht merkwürdiger Satz: Erstens bieten Künstler keine "Dienste" an sondern Kunst

    DAs ist IMO eine Anmassung der Leute, die man heute gemeinhin als "Künstler" bezeichnet

    In der Vergangenheit hat man in Küstlern, Leute gesehen, die man angestellt oder beauftragt hat, eine gewisse Leistuing abzuliefern, sei das in Form eines Gemäldes, eines Bauwerks eines Theatestücks, einer Oper oder eines Virtuosenauftritts

    Zweitens besteht die Leistung eines Künstlers natürlich gerade nicht darin, irgendwelchen "Vorstellungen" zu "entsprechen"

    Doch doch - genau darin besteht sie

    Wer diese Leistung - ein Beispiel seien hier die "Vorstellungen" der Tonträgerkonzerne" - (hier hilft kein sophistisches Herumreden - sondern das sind knallharte Tatsachen !!) nicht erbringt - der ist heutzutage realtiv schnell weg vom Fenster.

    Wobei in diesem Fall das Publikum eine entscheidende Rolle spielt, da Tonträger nicht subventioniert werden.

    ES ist hierbei völlig egal, wie "Kunstkritiker" oder andere "Instanzen" die "Leistung" beurteilen - sondern ob sie dem "VERBRAUCHER" (ich wähle BEWUSST dieses Wort) und seinen Vorstellungen entsprechen.

    Es gab in der Vergangenheit Sänger die längst schon ausgesungen hatten und nur noch krähten - aber das Publikum wollte sie

    Ich habe das Weggehen nicht als "Urteil über das Dargebotene" empfunden sondern als Ausdruck der Ratlosigkeit, des Nicht-Verstehens.

    Das ist ein hübscher, teilweise sogar zynischer "Euphemismus"

    ERstmals wurde das durch Günter Wand praktiziert, der nach einer Vorstellung zeitgenössen Programms mit Anzeichen des Unwillens durch das Publikum zynisch sagte: "Ich sehe - Sie haben das Stück nicht verstanden ! Daher werden wir es gleich noch ein zweites mal spielen !

    Frechheit pur !!!

    Etwas anderers wäre lautes Türen-Schlagen, verbaler Protest usw.,

    Ja, das ist eher nicht notwendig.

    Im Gegensatz zum Regietheater kann man an Hand des Programms erahnen was einen erwartet.

    Ich hab (schon mit 15 !!) immer einen großen Bogen um alle Komponisten gemacht, die nach 1880 geboren wurden. Es gab natürlich Ausnaghmen - aber im Prinzip passte die Rechnung.

    WEr also eine Karte kauft und hingeht ist selber schuld.

    Die ältere Generation hat ja (nicht nur aber auch im Tamino-Forum) bisweilen ein bemerkenswert schlechtes Benehmen,

    DAs ist IMO eine fehlerhafe Auslegeun der heutigen von sich selbst und ihren "Werten" so überzeugten Generation,

    die geren an Vorhergehenden Generationen Kritik übt, sei es wegen Rassismus, Umgang mit Frauen, Bewertung der Todesstrafe, Klassenkampf, Eliten, Patriotismus und Nationalstolz, Kränkung durch Witze, Prügelstrafe, Seelische Bestrafung, Umgang mit "Gesindel", Tattoos etc....


    Die ältere Generation von heute ist teilweise in einem Wertesystem verhaftet, da die jüngeren nicht mehr mitbekommen und nachvollziehen können und wollen - und umgekehrt . Meine Generation ist (üblicherweise) NICHT bereit sich dem Wertesystem anzupassen, das von Leuten geprägt oder forciert wurde, die theoretisch unsere Kinder oder Enkelkinder sein könnten, obwohl ein gewisser Trend zu "Law and Order " und gesellschaftlicher Strenge, etc unübersehbar ist. Ich werde hier nicht urteilen was vorteilhaft und was weniger vorteilhaft ist, weil es immer eine Frage der Zeit und Umwelt ist. siehe die immer grinsenden Amerikaner und die meit mürrisch dreinblickenden Wiener oder Münchner.

    Ich werwende persönlich selten Schimpfwörter. Wenn ich jemanden als "Gesindel" bezeichne", dann ist das keine Beschimpfung, sondern eine Einschätzung.

    Die Gruppe von Leuten, zu der ich mich zähle ist meist höflich (nicht zu verwechseln mit freundlich)oft schneidend höflich und kalt und mit unbarmherzigem Urteil parat - wenn es mir opportun erscheint.


    Soviel zum Benehmen der älteren Generation

    Vielleicht noch ein Grundgedanke aus der Generation VOR mir: "Kinder haben den Mund zu halten und dürfen ihre Meinung nur sagen, wenn sie gefragt werden." Diese Grundhaltung hat die Generation dann auch beibehalten, wenn die kinder erwachsen waren. Man kann das gut beobachen, wenn man das Spannungsverhältnis zwischen Leopold Mozart und seinem erwachsenen Sohn Wolfgang betrachtet.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Die Gründe für den vorgezogenen Abgang können sehr vielfältig sein. Von daher erübrigt sich für mich jedes 'elfenbeintürmene' Rümpfen des kulturaffinen Näschens.

    Punkt für Dich. Du siehst es schon richtig. Es kann viele Gründe geben.

  • ERstmals wurde das durch Günter Wand praktiziert, der nach einer Vorstellung zeitgenössen Programms mit Anzeichen des Unwillens durch das Publikum zynisch sagte: "Ich sehe - Sie haben das Stück nicht verstanden ! Daher werden wir es gleich noch ein zweites mal spielen !

    Frechheit pur !!!

    Warum siehst Du das so? Offensichtlich haben Teile des Publikums das Werk wohl nicht verstanden. Man kann es doch als wirklich tolle Gelegenheit auffassen, es nochmal zu hören. Ich wäre dankbar gewesen. Wer nicht will, kann ja in jedem Fall gehen. Wand hatte eben Humor :)


    Jemandem, der etwas nicht verstanden hat, genau das zu sagen, empfinde ich nicht als Frechheit, sondern als Wahrheit. Natürlich ist der Ton wichtig, aber der von Günter Wand war doch sehr angemessen.


    Wir leben halt mittlerweile in Zeiten, wo die Wahrheit schon mal unter die Räder kommt, weil auch der größte Dummbatz sich das Recht anmaßt, alles beurteilen zu können. Die modernen Medien bieten dazu dann die geeigneten Plattformen.

  • In der Vergangenheit hat man in Küstlern, Leute gesehen, die man angestellt oder beauftragt hat, eine gewisse Leistuing abzuliefern, sei das in Form eines Gemäldes, eines Bauwerks eines Theatestücks, einer Oper oder eines Virtuosenauftritts

    Du musst jetzt sehr stark sein, denn Du musst erfahren, dass wir nicht in der Vergangenheit leben und auch nie in ihr Leben werden. Tatsächlich hat noch nie jemand in der Vergangenheit gelebt, sondern immer nur in der Gegenwart. Und der Feudalismus, in dem Du anscheinend gern zu den Mächtigen gehört hättest, ist vorbei und wird nicht wiederkommen.

    Statt einer Hermeneutik brauchen wir eine Erotik der Kunst.

    Susan Sontag

  • Und der Feudalismus, in dem Du anscheinend gern zu den Mächtigen gehört hättest, ist vorbei und wird nicht wiederkommen.

    Der Feudalismus hätte die Schwäche, dass ein heutiges Wirtschaftssystem mit diesen Strukturen gar nicht zu bewältigen wäre. Das nächste Problem, was man bei der Idealisierung dieser Gesellschaftsform nicht sehen mag, ist, dass die Wahrscheinlichkeit in dem damaligen System zu denen zu gehören, die Künstler als Dienstleister behandeln können, geringer wäre, als heute zu der Gesellschaftsschicht zu gehören, die sowieso Privatkonzerte nach eigenem Gusto veranstalten kann.


    Heute hat so gut wie jeder die Möglichkeit zu einem Konzert zu gehen oder fernzubleiben und damit auf rudimentäre Weise schon einen gewissen Einfluss zu nehmen, denn kein Künstler, auch Günter Wand nicht, macht sich die gigantische Mühe, Werke einzustudieren, die dann überhaupt keinen interessieren ...


    Also, wenn man die wahrscheinliche Rolle im Feudalismus, einfach zu den Lakaien oder, schlimmer und wahrscheinlicher noch, zu den Unfreien zu gehören, mit der heutigen Perspektive auf einen Konzertbesuch nach Wahl vergleicht, wäre meine Entscheidung ganz einfach.

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  • Es gibt noch ein paar Gründe.

    1. Die "Überfütterung". Ich hatte eine Karte für Jordi Savall in der Essener Philharmonie. Statt des Orchesters und Chores kam er mit seinem Gambenensemble. In der Pause war mein Hörvermögen für 6 Gamben erschöpft und ich bin gegangen.

    Vor einigen Jahren spielte Olli Mustonen alle Prokofiew-Klaviersonaten, von denen ich keine einzige Note kannte. Die Zugaben habe ich mir erspart. Am nächsten Abend bin ich in der Pause gegangen. Bei Rachmaninows 3. wollte ich vor dem letzten Satz gehen, aber der war attaca. Sogar eine konzertante Händel-Oper in der Essener Philharmonie habe ich in der Pause verlassen.

    2. Opern, die Aktschlüsse haben, die aber nicht zur Pause verwendet werden, gibt es auch oft. Die Botschaft des Regisseurs: "Hier geht keiner früher!" Gibt es öfter bei modernen Opern, aber auch sonst (z.B. Rheinoper "Louise" von Charpentier).

    3. Sinnvoll ist der Verzicht auf Pausen, wenn es in der Oper keine Stelle gibt, die man dafür nehmen könnte; z.B. Herzog Blaubarts Burg. Beim "trittico" ist es natürlich, Pausen zu haben, schon wegen des Umbaus.

    Fazit: jeder hat das Recht, Stücke zu verlassen, allerdings so leise wie möglich. Ich erinnere mich an eine qualvolle Darbietung eines Streichquartetts mit Gesang (Arditti und Hilliard), das 55' dauerte. Ich wagte nicht zu gehen wegen des Klackens der Schuhe. Heute würde ich auf Socken den Saal verlassen.

    Was ist der Unterschied zwischen der SPD und der Titanic? Die SPD kann den Eisberg jetzt schon sehen!

  • ich bin erst zwei mal in der Pause gegangen, weil die Inszenierung unerträglich war und die Sänger nicht ihren besten Abend hatten. Und das hat nichts mit nicht Versteher zu tun. Ich hab mich zum Beispiel sehr Offenbachs Orpheus in der Unterwelt in der Inszenierung von Herrn Kosky gefreut und bin voller Vorfreude dort hingegangen. Aber vielleicht bin ich doch ein Kulturbanause denn die Inszenierung war überhaupt nicht lustig, der erste Teil ging fast zwei Stunden und zog sich wie Kaugummi. Die anderen Zuschauer waren alle begeistert und haben viel geklatscht. Aber vielleicht war das auch nicht mein Humor. Und mir ging auf die Nerven das ein Schauspieler Max Hoppe, der das gut gemacht hat, alle Rollen selbst gesprochen hat und die Sänger haben nur gesungen. Und es war sehr viel Gekreische mit dabei. Bei der Premiere vom Barbiere di Siviglia hab ich mir notiert , nie wieder hingehen auch wenn die Besetzung gut ist. Hab dem ganzen dann doch noch eine zweit Chance gegeben, bin dann aber in der Pause geflüchtet.

  • Wer diese Leistung - ein Beispiel seien hier die "Vorstellungen" der Tonträgerkonzerne" - (hier hilft kein sophistisches Herumreden - sondern das sind knallharte Tatsachen !!) nicht erbringt - der ist heutzutage realtiv schnell weg vom Fenster.

    Angenommen, Du hättest recht und alle Künstler, die nicht Deinen (stellvertretend für "das Publikum", für das Du ja gerne sprichst) "Vorstellungen" entsprechen, wären "schnell weg vom Fenster": Dann müsste doch für Dich alles in bester Ordnung sein, denn es würden sich dann ja nur diejenigen durchsetzen, bei denen Du das für gerechtfertigt hältst, und die anderen würden kaum auffallen und wären schnell wieder weg. Da Du aber gleichzeitig nicht müde wirst, das Gegenteil zu beklagen, dass die "falschen" Künstler das Sagen haben, belegst Du genau das, was ich geschrieben habe: Künstlerische Leistung besteht nicht im Erfüllen von "Vorstellungen". Schon gar nicht von Deinen.


    ERstmals wurde das durch Günter Wand praktiziert, der nach einer Vorstellung zeitgenössen Programms mit Anzeichen des Unwillens durch das Publikum zynisch sagte: "Ich sehe - Sie haben das Stück nicht verstanden ! Daher werden wir es gleich noch ein zweites mal spielen !

    Frechheit pur !!!

    "Frechheit pur" war, dass die bürgerlichen Spießer mit dem angeblich generationstypisch guten Benehmen ihn vorher beim Musizieren gestört hatten. Seine Reaktion finde ich immer noch großartig. Leider hat sich für mich noch keine Gelegenheit gegeben, es ihm gleichzutun: Die heutigen Konzerthörer benehmen sich einfach besser.


    Die ältere Generation von heute ist teilweise in einem Wertesystem verhaftet, da die jüngeren nicht mehr mitbekommen und nachvollziehen können und wollen - und umgekehrt . Meine Generation ist (üblicherweise) NICHT bereit sich dem Wertesystem anzupassen, das von Leuten geprägt oder forciert wurde, die theoretisch unsere Kinder oder Enkelkinder sein könnten

    Ich habe erst neulich beim Oberstdorfer Musiksommer einen Konzertbesucher aus Deiner Generation darauf hingewiesen, dass es störend für andere Zuhörer und auch einfach verboten ist, Konzerte mit dem Handy mitzufilmen. Das Einhalten von Gesetzen und ungeschriebenen Höflichkeitsregeln kommt wohl in Eurem Wertesystem manchmal etwas zu kurz.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
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    (Theodor W. Adorno)

  • Aber vielleicht bin ich doch ein Kulturbanause denn die Inszenierung war überhaupt nicht lustig, der erste Teil ging fast zwei Stunden und zog sich wie Kaugummi.

    Ich denke, das Recht, das zu sehen und hören, was man will, und entsprechend das andere zu vermeiden, hat absolut nichts mit Banausentum zu tun. Jeder hat auch das Recht, das zu verstehen, was er möchte und kann und das andere eben nicht.


    Es geht darum, was man tut, wenn man die Vorstellung nicht sehen möchte. Gegen Verwschwinden in der ersten möglichen Pause ist doch nichts einzuwenden.


    Ich hatte zweimal das Pech, einen Liszt-Abend mit Lazar Berman zu besuchen, wo er ganz offensichtlich mit der Musik nichts anzufangen wusste. Ich bin brav geblieben, denn, wie so häufig, saß ich weit vorne und aufstehen und gehen wäre ziemlich auffallend gewesen. Das wollte ich dem Künstler und dem Publikum nicht zumuten ...


    Was soll es denn auch? Wie schon mehrfach gesagt wurde, Kunst beinhaltet die Option des Scheiterns, sowohl beim Künstler wie beim Publikum. Dafür ist der Erfolg aber auch ein ganz anderer :)

  • Einmal habe ich tatsächlich auch ein Konzert in der Pause verlassen, allerdings unfreiwillig:

    Ich arbeite zwar nicht als Pastor, sondern als Theologe, aber gelegentlich bin ich an pastorale Aufgaben rückgebunden. Zum Beispiel halte ich gelegentlich Beerdigungen oder Trauungen und eine Woche im Jahr habe ich das Notfallseelsorge-Handy (da hat man 24/7 Rufbereitschaft und kann von der Leitstelle als Notfallseelsorger angefordert werden, z.B. zu Unfällen oder häuslichen Todesfällen oder anderen Gelegenheiten wo Menschen Notfallseelsorge benötigen). Da wir ja keine Notärzte sind, reicht es wenn man alle halbe Stunde aufs Handy schaut. Die Seelsorger kommen sowieso erst, wenn die Arbeit der Einsatzkräfte (fast) vorbei ist.

    Die Konzertkarte für ein Kammermusik-Konzert im kleinen Saal der Elphi hatte ich schon, bevor ich sicher wusste, welche Woche ich dran sein werde. Ich versuchte die Karte dann weiterzugeben, es passte aber bei niemandem. Deshalb bin ich dann trotzdem hingegangen, habe das Handy auf lautlos gestellt, aber die ganze Zeit in der Hand behalten (ein sehr 'entspannter' Konzertbesuch) und zwischen den Sätzen immer drauf geschaut. Kurz vor der Pause kam dann tatsächlich eine Alarmierung. Ich bin direkt zur Pause raus, habe zurückgerufen und musste dann zu einem häuslichen Todesfall aufbrechen. Das war auch ein harter Kontrast des Lebens...

    Beste Grüße von Tristan2511


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  • Ist es legitim, sein Urteil über das Dargebotene mit dem vorzeitigen Verlassen zu bezeugen?

    Das ist erstmal eine Sache der Perspektive. Warum muß das vorzeitige Verlassen ein Urteil über das Dargebotene sein? Gründe können auch Kopfschmerzen, Übelkeit, Notfälle u.v.a. sein ... solange ich kein Kampfplakat vor mir hertrage oder bewußt neandertalersche Laute von mir gebe, kann und sollte es jedem egal sein, warum ich gehe. Ein jeder, der geht, wird schon Gründe haben - was geht mich und andere das an? Sollte man die Leute öffentlich zur Rede stellen? Nein, sicher nicht.


    Mir ist gar nicht bewußt, ob ich das jemals getan habe - gleichwohl war der Wunsch durchaus schon einige Male da: weil mir Interpreten oder Stücke nicht gefielen oder, weil ich einfach gerade keinen Bock mehr hatte.

    „Vielleicht werden Stockhausen und Boulez für uns mal so sein wie Brahms und Beethoven, aber zum Glück lebe ich dann nicht mehr.“
    (David Oistrach)

  • Oft hat es auch ganz banale Gründe, auch wenn wir "Idealisten" das nicht nachvollziehen können.

    Ich bin meistens allein im Konzert oder im Theater, daher beobachte ich die Leute und spreche sie zum Teil auch an, wie sie das Stück finden etc. Überraschend oft stellt man fest, dass sie das Stück bzw. die Musik weder kennen noch sich dafür interessieren. Sie scheinen aus den verschiedensten Gründen da zu sein:

    - Weil man keine bessere Idee für den Abend hatte.

    - Weil man sich Karten in einem Anflug von Interesse besorgt hatte, sich dann aber doch kein echtes Interesse einstellte.

    - Weil man endlich mal die Spielstätte von innen sehen wollte.

    - Und so weiter.


    Man muss es pragmatisch sehen: Ohne diese Leute wäre die Auslastung der Häuser noch wesentlich geringer, als sie es so schon ist.


    PS: Der Dienstleister ist nicht der Künstler, sondern der Veranstalter. Man bezahlt ja den Veranstalter, nicht den Künstler. Gegen den Veranstalter hat man Ansprüche, nicht gegen den Künstler. Allerdings ist es so, dass der Veranstalter ein Angebot macht: "Ich biete x und verlange y Euro dafür." Man muss das Angebot nicht annehmen.

  • Dann müsste doch für Dich alles in bester Ordnung sein, denn es würden sich dann ja nur diejenigen durchsetzen, bei denen Du das für gerechtfertigt hältst, und die anderen würden kaum auffallen und wären schnell wieder weg. Da Du aber gleichzeitig nicht müde wirst, das Gegenteil zu beklagen, dass die "falschen" Künstler das Sagen haben, belegst Du genau das, was ich geschrieben habe: Künstlerische Leistung besteht nicht im Erfüllen von "Vorstellungen".

    Ich beklage generell kaum je, daß die falschen Künstler das sagen haben. Sie sind mir egal und ich gehe weder in ihre Konzerte, noch kaufe ich ihree Platten. Was mich (aber auch nicht über alle Maßen) gelegentlich reizt, ist, daß man (siehe "des Kaisers neue Kleider") sie von Seiten ahnungsloser Politiker um unser Geld subventioniert. Müssten sie von ihrer "Kunst" leben, wärs armselig

    Schon gar nicht von Deinen.

    Das finde ich sehr gehässig und diplomatisch unklug.

    In alten Zeiten wärst Du aus dem Forum geflogen. Heute sehe ich, daß mein Weltbild ("der Künstler als beauftragter Handwerker, der Wünsche zu erfüllen hat, und dessen eigen Vorstellungne nur einen kleinen Teil des Publikums interessieren, er muß funktionieren. Künstlerkarrierender Vergangenheit belgen meine Behauptung. Ich bin derzeit durch den Thread "unbekannte Opern" sehr mit Lebensläufen von Komponisten befasst. Und viele enden "starb vergessen und in Armut" Von vielen ist nicht mal mehr das Sterbedatum und die Umstände ihre Todes bekannt

    dass die bürgerlichen Spießer

    DAS finde ich entlarvend

    Auch heute haben die bürgerlichen Spiesser mehr macht als das linke Proletariat

    Die Hochrechnung für die Roten in Österreich bei den nächsten NR Wahlen liegt bei 20%

    mfg aus Wien

    Die heutigen Konzerthörer benehmen sich einfach besser.

    Das glaub ich nicht. Teilweise sind sie abgehärtet, teilweise vielleicht besser informiert.

    Früher hat man sich einfach nicht vorstellen können, was einem in einem Klassischen Abonnementkonzert an Hässlichkeiten zugemutet wird.


    Alfred

    Ich habe erst neulich beim Oberstdorfer Musiksommer einen Konzertbesucher aus Deiner Generation darauf hingewiesen, dass es störend für andere Zuhörer und auch einfach verboten ist, Konzerte mit dem Handy mitzufilmen. Das Einhalten von Gesetzen und ungeschriebenen Höflichkeitsregeln kommt wohl in Eurem Wertesystem manchmal etwas zu kurz.

    Also, daß das sie anderen Besucher stört ist eine Legende - denen ist das in der Regel egal

    Ob es ein Gesetz gibt, daß man nicht filmen darf halte ich für ein Gerücht - eher ein selbstgemachtes vom Veranstalter, der seine Marktchanchen gefährdet sieht.

    Daß gerade DU - nachdem was Du mir weiter oben geantwortet hast von "ungeschriebenen Höflichkeitsregeln" schreibst, ist im günstigsten Falle "pikant" - im schlimmsten Falle eine Chuzpe.


    Ende der Diskussion

    A.S.

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Also, daß das sie anderen Besucher stört ist eine Legende - denen ist das in der Regel egal

    Mir nicht, zumindest nicht in der abgedunkelten Oper, wo dann die Displays leuchten und optisch stören, womöglich filmt noch jemand so, daß sein blödes Handy direkt vor meiner Visage hin und her wedelt ... dem würd ich das direkt und ebenso ungefragt aus der Hand schlagen! So, wie man sich eines penetranten Insektes entledigt. Solch subfontanell minderbemöbelten Kreaturen muß man heutzutage leider mit purer Aggressivität begegnen. Beim Applaus, Pause usw. gar kein Problem, da bin ich auch ab und zu dabei. Ansonsten empfinde ich es als extrem lästig.


    Eigentlich müsste es inzwischen möglich sein, Störsignale zu senden, die Filmen und Tonaufnahmen unmöglich machen. Notfallerreichbarkeit muß dabei natürlich gewährleistet bleiben.

    „Vielleicht werden Stockhausen und Boulez für uns mal so sein wie Brahms und Beethoven, aber zum Glück lebe ich dann nicht mehr.“
    (David Oistrach)

  • Also, daß das sie anderen Besucher stört ist eine Legende - denen ist das in der Regel egal

    Siehe Ullis Antwort. Du gehst ja nach eigenem Bekunden in keine Konzerte (mehr), da kannst Du Dir vielleicht nicht vorstellen, wie sehr diese überall aufleuchtenden Bildschirme ablenken und stören. Aber sie tun es.


    Ob es ein Gesetz gibt, daß man nicht filmen darf halte ich für ein Gerücht

    Hast Du wirklich noch nie vom Urheberrechtsgesetz gehört?

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

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  • Hast Du wirklich noch nie vom Urheberrechtsgesetz gehört?

    Eine sehr eigenwillige Auslegung -aber immerhin möglich

    DAs Urheberrechtsgesetz ist generell eine Chuzpe, erpresst von den "Künstlern und - vor allem -Ihrer Nutzniesser.

    Begründung: Es ist eine Frechheit EINERSEITS sich auf das Urheberrecht zu berufen - und ANDRERSEITS für jeders

    verkaufte Medium (Leer-CD. etc) zu verlangen. Es ist so, als ob ich für jedes Küchenmesser und Jagdflinte eine Mördersteuer einheben würde.

    Da sollte mal ein eiserner Besen kommen und sauber machen. Aber für mich habe ich den Teil des Problems, der lösbar ist, bereits gelöst.: Ichgehe in keine Konzerte mehr , sondern lebe von der Konserve - völlig legal und Original übrigens - keine Raubkopien. Allerdings aus rein egoistischen Gründen: Ich will eine angemessesene Verpackung, ein Booklet und eine CD Pressung die dauerhaft ist - soweit möglich. Es gibt zwar ein Verfahren , wo selbstgebranntes angeblich 1000 Jahre hält, aber die Rohlinge sind exorbitant teuer. Bei den heutigen CD Preisen sind Raubkopien überdies unrentabel.

    Wenn die "Urheber" -um Kosten zu sparen - auf Streaming und Download setzen, dann öffnern sie Raubkopien Tür und Tor - und die Zukunft wird ihnen die Rechnung präsentieren. Und meine Schadenfreude - als Beobachter, nicht Akteur - ist ihnen gewiss.

    Persönlich würde ich übrigens nie ein Konzert auf Smartphon (etc) mit schneiden. Nicht wegen des (Imo hier zweifelhaften) Urheberrechts - sondern wegen der Bild- und Tonqualität.


    Genug des grausamen Spiels - ich gehe "nach Hause" :D


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Der Pianist Keith Jarrett ist während seiner Solo-Rezitals ausgerastet, wenn im Publikum Smartphones gezückt wurden und lieferte Wortgefechte.

    Es gibt auf You Tube Beiträge, in denen auf einen störenden Klingelton ein Geiger in seinem Spiel mit dem betreffenden Zitat zur Belustigung des Publikums reagiert.

    Aus Sicht der ausführenden Musiker sind solche Störungen der Konzentration durch mediale Geräte nicht zu tolerieren.


    Ich würde ein Konzert nicht vorzeitig verlassen. Es gebietet der Respekt für die Leistung der Ausführenden, es nicht zu tun.


    Umgekehrt gilt, dass bei lichten Reihen im Auditorium die Künstler ihr Konzert geben. Ich war an Abenden, wo es fünf Zuhörer hatte.


    Es wurde erwähnt, dass man nicht die Konstitution hat, ein ganzes Konzert durchzuhalten. Entweder weil Müdigkeit oder man nicht die Konzentration für die ganze Dauer aufbringen kann. Bei berufliche Unabkömmlichkeit sollte man sich vorher überlegen die Aufführung nicht zu besuchen.


    Es mag der Gründe viele geben, weshalb man sich für eine künstlerische Darbietung auf den Stuhl oder Sessel setzt, wie thdeck es in Beitrag 22 erwähnt.


    Als Teil des Publikums gehört man zu einer Schicksalsgemeinschaft. ;)

    Walter Benjamin hatte auf seiner Flucht einen Koffer bei sich. Was würdest du in deinen Koffer packen? Meiner ist gepackt.



  • Eine sehr eigenwillige Auslegung -aber immerhin möglich

    In § 77 UrhG steht:

    (1) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen.

    (2) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, den Bild- oder Tonträger, auf den seine Darbietung aufgenommen worden ist, zu vervielfältigen und zu verbreiten.


    Eine Ton- oder Bildaufnahme – und nicht erst die Verwertung dieser Aufnahme! – darf gemäß § 77 UrhG also nicht ohne Einwilligung geschehen.


    https://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__77.html

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • In meiner Jugend ging ich auch schon mal nur für einen Akt in eine Opernvorstellung. Ich war sehr auf Stimmen und auf bestimmt Sänger fixiert. Nach Vorstellungen traf man sich an Bühnenausgängen. Da wurde teils heftig debattiert. Daran denke ich sehr gern zurück. Es konnte aber auch passieren, dass ich eine Vorstellung - nie mittendrind, sondern nur in Pausen - verließ. Nämlich dann, wenn statt gesungen, geschrien wurde. Lebhaft in Erinnerung ist mir ein "Parsifal" geblieben. Die Darstellerin der Kundry hatte sich mit der Rolle wohl selbst überfordert - indem sie gegen Ende des zweiten Aufzugs wie am Spieß brüllte. Auch wenn sie im folgenden Geschehen nur noch dient statt singt, mein "Parsifal"-Bedarf an diesem Abend hatte sich gestillt. Bei allem Respekt für Künstler - aber misslungene Vorstellungen muss man sich ja wohl nicht antun, zumal es nicht möglich ist, das Eintrittsgeld zrückzufordern.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Mir ist das in meinem ganzen Leben 2x passiert - allerdings hatte ich immer den Anstand, in der Pause zu gehen.


    - das erste Mal war 1958, ich hatte mit einem Oberschulfreund "großes Anrecht" im Geraer Theater, also alle 2 Wochen eine Vorstellung, Schauspiel, Oper, Operette, alles war dabei. Einmal bei schönstem Sommerwetter spielte man ein sowjetisches Propagandaschauspiel: "Irkutsker Geschichten". Uns hat das dermaßen gelangweilt, daß wir in der Pause spontan beschlossen haben, lieber Eis essen zu gehen.


    - das zweite Mal war in den 90-er Jahren in Weimar. Man spielte die "Boheme", es war die Zeit des beginnenden Regietheaters. Der 2. Akt war auf einem Baseballplatz angesiedelt, und das hat gereicht. Meine Frau und ich waren uns einig, lieber fein Abendbrot essen zu gehen. Wir habens genossen.


    - meine Frau war 2008 in Gera mit einer Freundin in einer Schauspielpremiere "Bauernstaat" von einem Herrn Lüdecke. Das Stück war voller Zoten, Sex auf der Bühne und abfällige Bemerkungen über Rentner, so daß die beiden das Stück angewidert während der Vorstellung verlassen haben. Sie waren nicht die einzigen. Das Schauspiel wurde wenig später nach nur 3 Vorstellungen abgesetzt.

    Übrigens hatte ich an diesem Abend ein Opernkonzert im Gewandhaus genossen, ich glaube es gab Wagner, u.a mit Robert Dean Smith. Ich hatte die glücklichere Wahl getroffen.

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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