Essentielle Gedanken zur deutschen Rechtschreibung - Innerhalb und außerhalb des Forums

  • Wenn Du sehr, sehr gute Verlage hast, kannst Du hoffen. Aber wenn man sich ansieht, was so im Durchschnitt an typographischem Kauderwelsch

    produziert wird... (Von der Zahl der Druckfehler gar nicht erst zu reden...)


    Bei unseren eher kurzen Veröffentlichungen von maximal 20 Seiten (nur Übersichtsartikel sind länger) gibt es da meistens eher wenig Probleme. Den meisten Terz gibt es bei den Druckfahnen wegen der graphischen Qualität von Abbildungen, der Formatierung von Tabellen oder der ungebetenen "Verschlimmbesserungen" des Verlages im Text, aber nicht wegen der Typographie. Die genannten Punkte sind aber durchaus ärgerlich und haben teilweise schon dazu geführt, dass ich eine zweite Druckfahne vor der Freigabe verlangt habe.


    Ein Freund von mir hat neulich aber ein recht umfangreiches Buch geschrieben und dabei einen mittelschweren Albtraum mit dem Verlag erlebt...


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Man erlebt schon beim Lesen mittelschwere Albträume. Vor allem, da hat Ulli leider sehr recht, bei Übersetzungen. Aus dem Englischen übersetzen anscheinend nur noch Praktikanten, die reihenweise Sätze produzieren, die man erst mal ins Englische zurückübersetzen muss, um sie zu verstehen. Das hindert übrigens die von der Marketing-Abteilung zu Hilfe gerufenen Rezensenten nicht daran, vor Begeisterung über die Qualität der Übersetzung in Ohnmacht zu fallen. Was die ja sowieso regelmäßig tun, wenn es um eine Neuübersetzung geht, egal, von welcher Qualität.


    Ich erinnere mich an eine vor allem wegen ihrer Übersetzung im Feuilleton hochgelobte Sammlung von kurzen Texten von Mark Twain, in der die Übersetzung so von Fehlern und banalsten Missverständnissen wimmelte, dass ein Abiturient damit nicht durchgekommen wäre.


    Noch lustiger waren die euphorischen Besprechungen einer Sammelausgabe von Skizzen von Ion Luca Caragiale. Von den vor Begeisterung außer sich geratenen Rezensenten sprach mit Sicherheit keiner ein einziges Wort Rumänisch, denn sonst hätten sie gewusst, dass diese deutsche Version gar nichts mir Caragiale zu tun hat. (Caragiale ist ein großer Autor, ich würde sagen, ein Genie und in Rumänien mit gutem Grund ungeheuer populär, aber – oder gerade deshalb – praktisch unübersetzbar. Dennoch gibt es ältere Übertragungen, die deutlich näher am Text sind als diese.) Es ist eben ein Problem, dass Literaturkritiker sich vor allem als Transmissionsriemen der Marketing-Abteilung verstehen, was sicher aiuch damit zu tun hat, dass man mit solchen Texten kaum etwas verdient.


    Dass in der Regel schlampig Korrektur gelesen und gravierende Satzfehler stehen gelassen werden, kommt dann noch hinzu ...

    Statt einer Hermeneutik brauchen wir eine Erotik der Kunst.

    Susan Sontag

  • Schon der Titel deutet die Zugehörigkeit des Threaderstellers zu den "Altschreibern" an, wäre doch nach Neudeutsch "essentiell" eigentlich mit z zu schreiben, wobei das t aber (noch) geduldet wird.


    Tatsächlich schreibt ja heute jeder so ziemlich wie er mag/kann, ich schließe mich z.B. Ulli bei der Kleinschreibung nach Doppelpunkt an, verwende aber Anführungszeichen ausschließlich als ". Im Wesentlichen bin ich auch ein Altschreiber (einmal gelernt muß reichen, zumal es nie eine vernünftige Begründung für einen Wechsel gab), bin aber ab und zu verwirrt, weil ich wegen der vielen Neuschreibungen, die man so den Tag über aufnimmt, manchmal nicht mehr weiß, wie es denn dann tatsächlich richtig geschrieben wird.


    Aber man kann wohl darauf vertrauen, daß, wenn man nicht allzu große Böcke schießt, sich der Sinn im Gesamtzusammenhang noch erschließt, was ja wohl der Hauptzweck schriftlicher Kommunikation ist.


    Im übrigen verweise ich auf Reinhard Mey und den Unendlichen Tango der Deutschen Rechtschreibung:


  • Eine interessante Diskussion, aus der man selbst als Purist einiges lernen kann. In Zukunft werde ich bei neuen Pingel-Nennungen nicht mehr den accent aigu verwenden (für den brauchte ich die shift-Taste nicht). Nicht ganz neu war für mich die Erklärung der Auslassungspunkte (nur 3), aber ich nehme lieber viel mehr, um die Länge der Auslassung zu dokumentieren. Da ich keine Bücher schreibe, habe ich auch keinen Ärger mit Verlagen. Bei mir war der Ärger immer als Lehrer bei den Korrekturen der Klausuren, weil ich so gut wie immer sämtliche Fehler, einschließlich Satzzeichenfehler, angestrichen habe. Die Proteste habe ich mit dem Hinweis gekontert, dass bei einer E-Mail-Adresse der kleinste Fehler zur Abweisung führt. Zum Trost habe ich bei den Zensuren dann relative Milde walten lassen, vor allem, wenn die Fehler aufgewogen wurden durch interessante und witzige Formulierungen. Das nannte ich dann immer Dr. Pingel's Fun-Faktor. Der durfte aber von den Schülern auf keinen Fall bei Klausuren der Kollegen in anderen Fächern verwendet werden, weil da Fun-Faktoren als unwissenschaftlich galten.

    In meinem Studium habe ich eine ausführliche Seminararbeit aus dem Alten Testament ebenfalls mit ironischen Bemerkungen versehen, etwa so: "Wenn man ein System finden will, dann findet man es auch!" Das gefiel dem Prof. nicht, weil er es für "unwissenschaftlich" hielt. Daher kriegte ich nur eine 3 statt einer 2! Begründung: "Falscher Stil!" Vor einiger Zeit habe ich diese Arbeit wiedergefunden. Das Hebräisch konnte ich noch lesen, vom Inhalt hatte ich keine Ahnung mehr; die unwissenschaftlichen Anmerkungen haben mich aber immer noch erfreut. Ich hätte sogar noch viel mehr davon verwenden können, aber das wäre doch ein Risiko gewesen.

    Sehr froh bin ich, dass ich für englische und amerikanische Literatur keine Übersetzungen brauche. Amerikanischer Lieblingsautor Nr. 1 ist bei mir Cornell Woolrich (Rear Window - Fenster zum Hof), nicht so berühmt, aber viel besser als Hammett und Chandler, die aber beide sehr gute short stories geschrieben haben. Und dann der Geheimtipp aller Geheimtipps: Damon Runyon. Er hat einen ganz eigenen Schreibstil, das sog. Runyonese, das völlig unübersetzbar ist. Ich kenne fast alles von ihm und kann sogar ein bisschen Runyonese (irgendwo bei mir dokumentiert, ich glaube, im Satirethema).

    Was ist der Unterschied zwischen der SPD und der Titanic? Die SPD kann den Eisberg jetzt schon sehen!

  • Schon der Titel deutet die Zugehörigkeit des Threaderstellers zu den "Altschreibern" an....

    Nur weil ich nicht in eine Schublade gesteckt werden möchte - in diesem Falle die der Altschreiber - stelle ich klar: ich bin weder der Threadersteller noch ist der Titel auf meinem Mist gewachsen.

    Die Nachricht und die darin enthaltene, nicht so ganz ernst gemeinte Frage ist ohne mein Zutun von der Pinnwand hierher verschoben worden. Ich finde, dass es bedeutend interessantere Threads gibt als einen über den missratenen Deppenapostroph.

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Gendern ist nicht eine Erfindung der Neuzeit in der deutschen Sprache. Die (Ehe-) Frau des Müllers ist die Müllerin; bei handwerksbasierenden Familiennamen ist dies durchaus Gang und Gäbe gewesen.


    In Briefen Mozarts ist u.a. (1781) von der „Langin“ zu lesen; gemeint ist Aloysia Lange geb. Weber. An früherer Stelle (1778) wird sie noch als „Weberin“ bezeichnet. Mutter Mozart unterzeichnet manche an ihren Mann gerichtete Briefe aus Mannheim mit „Marianna Mozartin“.


    Constanze eignet sich später den Titel ihres 2. Mannes an und unterzeichnet gerne mit „Constanza Etatsrätin von Nissen gewesene Wittwe Mozart“.


    Ich meine mich dunkelst zu erinnern, daß Beethoven seine Schwägerin als „Beethovenin“ bezeichnete (?), kann dies aber im Moment nicht verifizieren.


    Von dieser Marotte hat man komischer Weise heute wieder Abstand genommen. Heute besteht die Möglichkeit, Geburtsnamen zu behalten, Doppelnamen zu tragen - gelegentlich, ich habe das nicht selten erlebt, legen die Herren ihren Namen zu Gunsten des Namens ihrer Gemahlin ab.

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Gendern ist nicht eine Erfindung der Neuzeit in der deutschen Sprache. Die (Ehe-) Frau des Müllers ist die Müllerin; bei handwerksbasierenden Familiennamen ist dies durchaus Gang und Gäbe gewesen.

    Mein absolutes Lieblingsbeispiel stammt aus Heinrich Heines Gedicht "Ein Weib" von 1844:


    "Sie hatten sich beide so herzlich lieb,

    Spitzbübin war sie, er war ein Dieb."


    Das ist so ein großartiges Wort, ich liebe es ^^

  • Heute besteht die Möglichkeit, Geburtsnamen zu behalten, Doppelnamen zu tragen - gelegentlich, ich habe das nicht selten erlebt, legen die Herren ihren Namen zu Gunsten des Namens ihrer Gemahlin ab.

    Ich habe gerade den neuen Gemeindebrief gelesen, da werden alle Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen angezeigt. Unter 6 benannten Hochzeiten sind 2, bei denen der Mann den Namen der Frau angenommen hat, einer ohne Doppelnamen, der andere mit. Auch eine Hochzeit zweier Frauen wird notiert.

    Die Gesetze sind ja gelockert worden, sodass man ohne Umstände sein Geschlecht und seinen Namen wechseln kann. Irgendwie habe ich noch im Kopf, dass jetzt auch Kinder Doppelnamen tragen dürfen. Wie es dann geregelt wird, wenn zwei Doppelnamen-Kinder heiraten, steht wohl noch aus.

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  • Wie ich gerade entdecke gilt der Genitivapostroph für Worte, die auf -s, -x, -tz, -ce usw. enden ausschließlich für Namen (ohne Artikel). Ich stieß darauf bei einem amtlichen Schreiben mit der Betreffzeile „Feststellung des Erwerbstatus“; da kommt kein Apostroph dran (und auch kein Zwischen -s; ebenso wie bei Einkommensteuer). Ich war zunächst irritiert. Aber ja ... Fachfremde schreiben Erwerbsstatus und Einkommenssteuer.


    Wenn sich nun Dr. Pingel in Dr. Pingels umbenennen würde (was ja heute alles problemlos möglich ist beim Standesamt), dann könnten seine Fäden fortan unter „Dr. Pingels' ...“ korrekt firmieren.


    Schön - weil individüll 8-) - finde ich auch Dehnungs-i und Dehnung-e, beispielsweise Grevenbroich (nicht: Grevenbräuch, sondern Grevenbrooch) oder Soest (nicht: Söst, sondern Soost). Ähnlich auch Duisburg und Duisdorf (nicht: u-i, sondern ü).

    In Œsterreich ist das wohl eher selten anzutreffen? :S


    Was bei Mozart noch „Verzeichnüß“ und „Geiheimnüß“ waren, mutierte dann zu den bekannten Formen auf -nis.

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Wenn sich nun Dr. Pingel in Dr. Pingels umbenennen würde (was ja heute alles problemlos möglich ist beim Standesamt), dann könnten seine Fäden fortan unter „Dr. Pingels' ...“ korrekt firmieren.

    Dr. Pingel wird sich in Dr. Pingels umbenennen im ersten Jahr, in dem der Monat Januar nur aus Sonntagen besteht, um ein englisches Sprichwort abzuwandeln.

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  • Gendern ist nicht eine Erfindung der Neuzeit in der deutschen Sprache. Die (Ehe-) Frau des Müllers ist die Müllerin; bei handwerksbasierenden Familiennamen ist dies durchaus Gang und Gäbe gewesen.


    In Briefen Mozarts ist u.a. (1781) von der „Langin“ zu lesen; gemeint ist Aloysia Lange geb. Weber. An früherer Stelle (1778) wird sie noch als „Weberin“ bezeichnet. Mutter Mozart unterzeichnet manche an ihren Mann gerichtete Briefe aus Mannheim mit „Marianna Mozartin“.

    Sag ich doch:


    Gottsched, Lessing, Goethe und ihre Bekanntinnen

    Daraus:


    Zitat

    Gottsched, Lessing und Goethe kannten noch „Verwandtinnen“ und „Bekanntinnen“. „Studirende“ – bis ins 19. Jahrhundert die gebräuchliche Form –, die ein Mädchen hatten, versetzten es, das heißt sie, grammatikalisch falsch ins Feminimum. Wer wollte zürnen?


    [...]


    Auch Johann Sebastians zweite Ehefrau genderte selbstverständlich ihren Geburts- und Ehenamen und unterschrieb mit „Anna Magdalena Bachin gebohrne Wülckin“. Nicht nur die „Capellmeisterin“ Bachin verfuhr so, auch die erwähnte Luise Gottschedin oder die Dichterin Anna Louisa Karschin. Diese Praxis, Nachnamen von Frauen ins Femininum zu versetzen, verblieb mitsamt den Kniehosen und Perücken der Männer im 18. Jahrhundert.

    Da rufe nochmal die äh der Muezzin. *trööt*

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Manchmal recht amüsant:


    Diese Parkflächen sind durch ein Hinweisschild gekennzeichnet, das entweder per Schrift auf diesen Parkplatz hinweist oder mit einem Schild, auf dem ein weibliches Verkehrsschild-Männchen mit einem Kind an der Hand zu sehen ist.

    Zitat

    Warum nicht Männin, Herrin oder Schotte?

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Ich lebe zumindest teilweise in einem Berufsumfeld, das das Thema komplett anders betrachtet als es die meisten hier tun. Viele fühlen sich durch das Gendern nun besser wahrgenommen und wertgeschätzt, das sollte man nicht ignorieren - und deswegen wird es auch keinen Weg zurück geben, meines Erachtens.


    Ich finde nur die bisherigen Lösungen mit Sternchen, Unterstrich und Doppelpunkt innerhalb eine Wortes völlig unmöglich, Wortumschreibungen in Richtung "Lehrkraft" anstelle von "Lehrer*in" oder "Anzahl der Besuchenden" anstelle Besucher*innenzahl sind sprachlich unbefriedigend und vor allem umständlich. Das wird die Lösung nicht sein.


    Insofern fand ich jetzt über Ullis Hinweis, dass schon im 18Jh. fleißig gegendert wurde, schon interessant. Vielleicht findet sich in in den Vernünftigen Tadlerinnen von 1725 (in Ullis Link oben erwähnt) ein Weg aus der Misere?


    Aus Ullis lesenswerten Link (Deutschlandfunk) zwei Zitate:


    "Die Korrektur der deutschen Grammatik im Sinne von Geschlechtergerechtigkeit oder auch nur im Dienste der Logik, ist also wahrlich kein neuer Einfall. Lessing, Goethe und Co. sind uns vorausgegangen und inspirieren uns, ihren Faden wieder aufzugreifen, einen Faden, den man im Lauf des 19. Jahrhunderts zerrissen hat. Denn am Ende der Aufklärung, beginnend mit Rousseau, suchten die männlichen Autoren Europas Wege, trotz Säkularisation die Unterdrückung der Frauen weiterhin zu rechtfertigen."


    "Wer wahrheitswidrig behauptet, es gebe ein definitives, absolutes, einzufrierendes Deutsch, das vor dem „Genderwahn“ bewahrt werden müsse, der will mit seiner veraltenden Sprache Frauen mindestens in die patriarchale Ordnung der Adenauer-Ära zurückdrängen, und die non-binären Menschen zumindest sprachlich auslöschen."

  • Ich lebe zumindest teilweise in einem Berufsumfeld, in dem das Thema komplett anders betrachtet als es die meisten hier tun. Viele fühlen sich durch das Gendern nun besser wahrgenommen und wertgeschätzt, das sollte man nicht ignorieren - und deswegen wird es auch keinen Weg zurückgeben, meines Erachtens.

    Ich lebe darin sogar komplett. Wobei es in meinem Lebensumfeld eigentlich auch nicht anders aussieht.


    Auch deine Kritik an Gender-* und ähnlichem teile ich. Wie meine Umfelder (größtenteils) auch;)

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Ich lebe zumindest teilweise in einem Berufsumfeld, das Thema komplett anders betrachtet als es die meisten hier tun. Viele fühlen sich durch das Gendern nun besser wahrgenommen und wertgeschätzt, das sollte man nicht ignorieren - und deswegen wird es auch keinen Weg zurück geben, meines Erachtens.


    Das entspricht auch ungefähr meinen Erfahrungen.


    Ich finde nur die bisherigen Lösungen mit Sternchen, Unterstrich und Doppelpunkt innerhalb eine Wortes völlig unmöglich, Wortumschreibungen in Richtung "Lehrkraft" anstelle von "Lehrer*in" oder "Anzahl der Besuchenden" anstelle Besucher*innenzahl sind sprachlich unbefriedigend und vor allem umständlich. Das wird die Lösung nicht sein.


    Zustimmung! Leider geht bei dieser Diskussion die Unterscheidung zwischen dem Ideal und seiner praktischen Umsetzung meist unter.


    "Wer wahrheitswidrig behauptet, es gebe ein definitives, absolutes, einzufrierendes Deutsch, das vor dem „Genderwahn“ bewahrt werden müsse, der will mit seiner veraltenden Sprache Frauen mindestens in die patriarchale Ordnung der Adenauer-Ära zurückdrängen, und die non-binären Menschen zumindest sprachlich auslöschen."


    Zu diesem Zitat zwei Gedanken:


    1) Aus einer fehlerhaften Behauptung abzuleiten, welche Motivation für die fehlerhafte Behauptung besteht, ist fragwürdig.


    2) Man kann nur etwas oder jemanden "sprachlich auslöschen", wenn es für dies/den eine etablierte sprachliche Bezeichnung gibt. Dies ist bei non-binären Menschen aber nicht der Fall - das bisher gepflegte Deutsch hält keinen Genus oder allgemein etablierte anderweitige Formulierung für diese Personengruppe bereit.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • "Wer wahrheitswidrig behauptet, es gebe ein definitives, absolutes, einzufrierendes Deutsch, das vor dem „Genderwahn“ bewahrt werden müsse, der will mit seiner veraltenden Sprache Frauen mindestens in die patriarchale Ordnung der Adenauer-Ära zurückdrängen, und die non-binären Menschen zumindest sprachlich auslöschen."

    Typisch linke Argumentationsstruktur und Wortwahl. Tatsächlich will niemand irgendjemanden "auslöschen", was sich ja fast so liest, als hätte man früher, als noch nicht jeder Einzelne meinte, erwähnt werden zu müssen, ein Sprach-KZ errichtet.


    In Bezug auf "kein Weg zurück": 80% der Deutschen haben anscheinend keine Lust aufs Gendern, das sollte auch mal wieder erwähnt werden.

  • Typisch linke Argumentationsstruktur und Wortwahl.

    Tatsächlich? Ist der hier zitierte Deutschlandfunk links? Ich weiß es nicht - Politik soll hier ja auch keine Rolle spielen.

    Aber man kann nicht negieren, dass diese Änderungen für viele wichtig sind.

    In meinem beruflichen Umfeld eigentlich für alle.

    Und das ist keineswegs durchgehend "links".


    Ich glaube auch nicht, dass 80% diese Veränderungen ablehnen, woher stammt diese Zahl?

    Und selbst wenn es so wäre - was ist mit den verbleibenden 20% Die werden einfach ignoriert und übergangen?

    Die Meinung von 20% der Bevölkerung - wenn denn die Zahl stimmt - ist also zu vernachlässigen?

    Ich glaube, dass es bessere Lösungen bedarf als die bisher angebotenen.

    Und tatsächlich ist dieses Problem für viele nicht nur ein Scheinproblem Thomas Pape

    Es geht um Ankerkennung, Wertschätzung und Akzeptanz, das sind mit die wichtigsten Grundbedürfnisse!

  • Und tatsächlich ist dieses Problem für viele nicht nur ein Scheinproblem Thomas Pape

    Es geht um Ankerkennung, Wertschätzung und Akzeptanz, das sind mit die wichtigsten Grundbedürfnisse!

    Will ich gar nicht bestreiten. Ich bin allerdings auch noch nie auf die Idee gekommen, Frau Bundeskanzler zu sagen oder zu schreiben, Frau Merkel war selbstverständlich Frau Bundekanzlerin. Das Non-Binäre ist hierzulande ein Newcomer, anders als etwa Indien, wo es auch sprachlich verankert ist (wie ich las). Es gibt auch afrikanische Sprachen, die die Wörtwer Mann, Frau nicht kennen, sondern Geschlechter in Sozialverbünden- und Rollen verorten und benennen, weil die Sprache da eine Gesllschaft widerspiegelt, die nicht in Vereinzelung sondern in Gemeinschaften denkt. So ist unsere Sprach -derzeit- nicht angelegt, und das wird nicht besser wenn man Sternchen schreibt und im Rundfunk spricht, als hätte man einen Schluckauf.


    Wohlverstanden: ich bin durchaus auf Deiner Seite (und finde es weiterhin ulkig, dass die ältere Generation alles, was ihr nicht passt, als links bezeichnet, quasi als Schimpfwort). Aber da kann man getrost drüber hinweglesen.


    Zur Sprache zurück: da muss sich unsere Gesellschaft wandeln, umd das, was ihr ein Anliegen ist, auch sprachlich abzubilden. Das Deutsche ist recht technisch als Sprache. Das scheint etwa im Arabischen anders zu sein.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Tatsächlich?

    Tatsächlich. Eine geradezu klassisch linke Argumentation. Wenn man Leute "auslöschen" will, muß man offenbar ein ganz schlimmer Finger sein, moralisch tiefstehend und natürlich voll und ganz im Unrecht. Es sind diese dauernden moralischen Selbstüberhöhungen bzw. das Abwerten der anderen Meinung zu etwas moralisch Verkommenem, das in all den Vorwürfen von ...ismen oder "Auslöschungen" etc. mitschwingt. Und das ist immer nur von linker Seite zu hören. Einen Libkon habe ich noch nie mit dieser Argumentation erwischt, normalerweise sind die Leute zu moralisch gefestigt, um sich solcher Schmutzargumentation zu bedienen.


    Das Ergebnis dieser Schmutzargumentation ist ja auch bekannt: die in einem bestimmten Lager sehr beliebte Cancel "Culture".


    Andererseits bin ich weit davon entfernt, obwohl zur älteren Generation gehörend, "alles, was mir nicht passt" als links zu bezeichnen. Echte Nazis (nicht die harmlosen, gesetzestreuen Konservativen, die - um sie moralisch fertigzumachen - gern von Linken als Nazis bezeichnet werden), Kriegshetzer und Xenophobe gehen mir mindestens so sehr gegen den Strich.

  • Es sind diese dauernden moralischen Selbstüberhöhungen bzw. das Abwerten der anderen Meinung zu etwas moralisch Verkommenem, das in all den Vorwürfen von ...ismen oder "Auslöschungen" etc. mitschwingt. Und das ist immer nur von linker Seite zu hören. Einen Libkon habe ich noch nie mit dieser Argumentation erwischt, normalerweise sind die Leute zu moralisch gefestigt, um sich solcher Schmutzargumentation zu bedienen.

    Nur für mein Verständnis: Du bezeichnest die Argumentation, die Christian hier angebracht hat, konkludent als etwas, das nur von jemandem kommen kann, der "moralisch nicht gefestigt" sei. Was daran ist keine "Schmutzargumentation"?

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Eine geradezu klassisch linke Argumentation. [...] Es sind diese dauernden moralischen Selbstüberhöhungen bzw. das Abwerten der anderen Meinung zu etwas moralisch Verkommenem [...] Und das ist immer nur von linker Seite zu hören. Einen Libkon habe ich noch nie mit dieser Argumentation erwischt, normalerweise sind die Leute zu moralisch gefestigt, um sich solcher Schmutzargumentation zu bedienen.


    Ein gewisser Helmut Kohl hat 1982 von einer "geistig-moralischen Wende" gesprochen, die nach 13 Jahren einer Mitte-Links-Regierung angeblich notwendig sei. Entweder war Kohl auch ein Linker und kein "Libkon", oder er war moralisch nicht gefestigt, oder Du hast das schlicht nicht mitbekommen oder vergessen. Von den ganzen "Libkons", die Willy Brandt als "Herbert Frahm" bezeichnet haben und ihm seine Emigration während der Nazizeit vorwarfen, während sie selbst Leute wie Filbinger oder Kiesinger in höchste Ämter gehievt haben, mal ganz abgesehen.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Nur für mein Verständnis: Du bezeichnest die Argumentation, die Christian hier angebracht hat, konkludent als etwas, das nur von jemandem kommen kann, der "moralisch nicht gefestigt" sei. Was daran ist keine "Schmutzargumentation"?

    Von den Linken lernen heißt siegen lernen. 8o

  • Ich glaube auch nicht, dass 80% diese Veränderungen ablehnen, woher stammt diese Zahl?

    Und selbst wenn es so wäre - was ist mit den verbleibenden 20% Die werden einfach ignoriert und übergangen?

    naja, ein Grundprinzip der Demokratie ist der Mehrheitswille. Und gerade öffentliche Institutionen wie Behörden und der ÖRR, die vom ganzen Volk bezahlt werden, sollten nicht krampfhaft versuchen, die Präferenzen ihrer Belegschaften oder bestimmter Minderheiten mit Druck durchzusetzen und zu von allen zu befolgenden Geboten zu machen, sondern darauf hören, was die Mehrheit derer möchte, von deren Geld sie überhaupt nur existieren können.


    Privat finanzierte Medien Können das natürlich anders handhaben. Wer die nicht konsumieren (= kaufen/bezahlen) will, der lässt es eben bleiben. Und solange genug Leutchen zum Bezahlerkreis gehören, können die Privaten ja ihren Vorlieben frönen wie sie lustig sind.


    Das mit dem Übergehen der Minderheiten ist so eine Sache: Schutz vor Gewalt und Unterdrückung durch die Mehrheit muss der Rechtsstaat garantieren. Aber sobald die Rechte der Minderheiten soweit ausgedehnt werden, dass sie in die Rechte der Mehrheit eingreifen, wird es problematisch. Zu oft hat man den Eindruck, dass bestimmten Milieus die Interessen der Mehrheit sch...egal sind, denn es ist ja die Mehrheit. Und die Mehrheit ist keine Opfergruppe. Das politisch linke Milieu hat sich in den westlichen Gesellschaften längst der Fetischisierung von Opfermilieus verschrieben. Die Mehrheit ist nur noch der Punching Ball, auf den man nach Belieben eindreschen kann, die Mehrheit ist immer rückständig, rassistisch, faschistoid, sexistisch, inhuman, ausgrenzend ... ach so, aber bezahlen soll die Mehrheit bitte für die ganzen Minderheitenrechtsmaßnahmen: all die aus Steuermitteln finanzierten NGO's (eigentlich ein Witz: NGO sein wollen und dann Staatsgelder erhalten), Bundes-, Landes- und Kommunalbeauftragten oder diese ganzen antifaschistischen postkolonialistischen, intersektional queerfeministischen LGBTQ-Kleinkunstbühnen und was weiß ich nicht noch alles. Damit wir uns verstehen: jedem Tierchen sein Plaisierchen. Kann man alles finanzieren. Nur dass man links den Widerspruch nicht sehen will zwischen dem ständigen Eindreschen auf die Mehrheit und der Erwartung, dass diese verdroschene Mehrheit das alles auch noch bezahlt. Naja. Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht.


    Grüße

    Garaguly

  • Ja, die Mehrheit. Du bist kein Jurist, nicht wahr?

    Und es kommt noch die gefühlte Mehrheit hinzu. Auf die - natürlich - unablässig eingedroschen wird. Und das - natürlich - von einer kleinen Gruppe (hier: das politisch linke Milieu). Aber, Achtung! Lange lässt diese Mehrheit das nicht mehr mit sich machen! Denn irgendwann bricht ja der Krug! Merkst du selbst, oder?

    Ich weiß auch nicht, wo die Mehrheitsunterdrücker in deine Mehrheitsrechte eingreifen. Welche Repressalien musstest du schon wegen, sagen wir mal, mangelhaften Genderns erdulden? Oder geht es eher darum, dass die "Minderheit" dir das Gefühl gibt, "rückständig, rassistisch, faschistoid, sexistisch, inhuman, ausgrenzend" zu sein?

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Auf die - natürlich - unablässig eingedroschen wird. Und das - natürlich - von einer kleinen Gruppe (hier: das politisch linke Milieu). Aber, Achtung! Lange lässt diese Mehrheit das nicht mehr mit sich machen! Denn irgendwann bricht ja der Krug! Merkst du selbst, oder?

    Ich? Ich merk gar nix. Vor allem dann nicht, wenn es pseudo-ironisch trieft aus jedem Wörtchen.