Der Diskurs über Musik - Möglichkeiten in einem heterogenen Umfeld

  • Es ist immer eine gute Taktik, zu lesen (und zwar genau), worauf man antwortet.

    So ist es!

    Übrigens kann von einer Umkehrung der Beweislast (schicker Begriff!) keine Rede sein. Wenn Du behauptest, es gäbe ein Problem, bin ich nicht aufgefordert, zu beweisen, dass es keins gibt.

    So wie ich mich kenne, bin ich in solchen Dingen ziemlich ergebnisoffen. :) (Der Fachbegriff wurde schon einmal von einem Kollegen hier im Forum benutzt) Mein Anlass war konkret einmal der Abbruch des Diskurses im Thread "Alle sprechen über" und mehrfach geäußerte Meinungen, einige Profis seien zu dominant.


    In diesem Sinne war es mein Anliegen, diesen Thread zu starten, um über Möglichkeiten der Kommunikation zu sprechen. Es war ja vielmehr Deine These, dass es gar keine Probleme gäbe, weil wir ja alle die deutsche Sprache sprächen ... :P Da sehe ich schon den Ball in Deinem Spielfeld!

  • Wenn ich vermute, hier niemand ist, der mit Tips geben kann, ergibt sich daraus nicht, das es auch sonst nirgends einen gibt, der das kann. Ich würde nie auf den Gedanken kommen, das zu behaupten. Übrigens hast Du übersehen, dass ich die Aussage in ihrer Sicherheit eingeschränkt habe. Es war eben eine Vermutung. Es ist immer eine gute Taktik, zu lesen (und zwar genau), worauf man antwortet.

    Ich habe schon genau gelesen und auch nur eine Vermutung geäußert.


    Gut zu wissen, dass Du dich als Profi auf deinem Gebiet siehst und zugibst, dass Du zwar nicht alles wissen kannst, aber nicht glaubst, dass es hier bei Tamino jemanden gibt, der dir auf deinem Gebiet einen Tip geben kann.


    Ich habe mich - wie wahrscheinlich viele andere auch - immer für Menschen interessiert, die auf den Gebieten, die mich umtreiben (Literatur, Musik und Film), mehr wissen als ich (was einfach ist) und daraus ergab sich oft ein ergiebiger Austausch, weil jeder etwas anderes beizutragen hat und die Kenntnisse sich ja auch ergänzen können, wenn sie miteinander zu kommunizieren beginnen.


    Das passiert natürlich selten, und wenn, dann ist es ein Glücksfall.


    Und manchmal ist es eben auch völlig aussichtslos ;-)

  • Das Tamino Klassikforum wurde von einem Liebhaber klassischer Musik im Internet gegründet. Alfred Schmidt betreibt es mit eigenen finanziellen Mitteln und einer gewissen Hartnäckigkeit. Gleichgesinnte, denen dieses Genre auch wichtig ist, bringen sich mit Herzblut und ihrem Wissen ein. Es hat unter den Mitgliedern Laien mit mehr oder weniger Sachverstand. Profis in ihrem Fachgebiet sind auch dabei. Die Zahl der Amateure übertrifft die Fachleute, die klassische Musik und Dramaturgie als Beruf betreiben, bei weitem.


    Es gibt einen Verhaltenscodex, der durch die Forenregeln schriftlich fixiert ist und an die man sich halten sollte, wer sich im Forum beteiligt. Moderatoren unterstützen den Gründer, um das Forum am Laufen zu halten und das der Rahmen, der vorgegeben ist, eingehalten wird.

    Zur Erinnerung: Mitgliedsbedingungen - Forenregeln


    Im Laufe der Zeit ist das grösste Forum klassischer Musik in all ihren Ausprägungen in einer riesigen Bandbreite entstanden. Ich staune darüber, was ich hier alles finde. Was ich in gewissen Rubriken finde, nötigt mir Respekt ab, wenn ich die Qualität der Beiträge lese.

    Statistik von heute: 1.041 Mitglieder, 20.703 Themen, 797.739 Beiträge


    Eines kann ich sagen: Alle eint die Liebe zur Musik von ihren Anfängen bis in die Gegenwart. Jeder, der hier schreibt, bringt seinen Sachverstand schreibend mit ein. Er pflegt seinen Bereich klassischer Musik, den er kennt und überblickt, der ihm lieb und teuer ist und wendet dafür seine freie Zeit auf.


    Keiner kann in allen Bereichen alles wissen. Höchst unfair finde ich es, wenn von Profis der Musik, Vorhaltungen ob der Qualität und falsch verwendeten Begrifflichkeit der Laien gemacht werden.

    Walter Benjamin hatte auf seiner Flucht einen Koffer bei sich. Was würdest du in deinen Koffer packen? Meiner ist gepackt.



  • Es hat unter den Mitgliedern Laien mit mehr oder weniger Sachverstand. Profis in ihrem Fachgebiet sind auch dabei. Die Zahl der Amateure übertrifft die Fachleute, die klassische Musik und Dramaturgie als Beruf betreiben, bei weitem.

    Und es ist eine Vereinfachung und Naivität zu glauben, man könne eindeutig definieren, wo der eine oder andere Bereich (der des "Profis" oder "Amateurs") anfängt oder aufhört. Die Gebiete überschneiden sich. Zwangsläufig ist deshalb immer beides im Spiel. Wer interdisziplinär arbeitet, weiß das. Man kann ein und dieselbe Sache immer von verschiedenen (fachlich-sachlichen) Gesichtspunkten aus betrachten. Deshalb ist es auch so vermessen, sich als "Fachmann" aufzuspielen und die andere fachliche Ansicht als dilettantisch zu diffamieren, nur weil sie dem eigenen Standpunkt nicht entspricht. Man kritisiert hier gerne, dass man nur auf "Autoritäten" rekurriere und das keine Verbindlichkeit habe. Man selbst aber reklamiert genau eine solche Profi-Fach-Autorität für sich selber und diskreditiert damit die fachliche Ansicht, die einem nicht gefällt, als Dilettantismus. Bei diesem respektlosen Spiel spiele ich jedenfalls ganz einfach nicht mit. Mir reichts.

  • Höchst unfair finde ich es, wenn von Profis der Musik, Vorhaltungen ob der Qualität und falsch verwendeten Begrifflichkeit der Laien gemacht werden.

    Ich würde sagen, dass das von dem Anspruch abhängt, mit dem jemand seine Beiträge schreibt: Wer sie z.B. als "analytische Betrachtung" ankündigt, sollte sich normalerweise nicht wundern oder empören sondern freuen, wenn sie ihrerseits analysiert werden. Eine "falsch verwendete Begrifflichkeit" bedeutet in dem Fall nun mal auch eine "falsche Analyse", und die Korrektur von Fehlern könnte zu einer weniger falschen oder richtigen beitragen. Oder wer einem der bedeutendsten Komponisten der Geschichte eine mittelmäßige Schulnote erteilt, ohne in der Lage zu sein, auch nur die einfachsten Zusammenhänge hörend zu verstehen, sollte bei entsprechenden Reaktionen nicht überrascht sein. Aber keine Sorge: Von den (tatsächlich sehr vielen) Fehlern, die mir auffallen, lasse ich schon aus Zeitgründen die allermeisten unkommentiert. Wer meint, die Dur-Parallele von fis-Moll sei Fis-Dur, oder es sei möglich, auf einem Flügel ein und denselben Ton so anzuschlagen, dass er bei gleicher Lautstärke jeweils unterschiedlich klingt, soll also künftig ruhig in dem Irrglauben bleiben und solchen Blödsinn weiterhin in gewichtiger Kenner-Sprache absondern. Ich will ja hier nicht noch mehr Traumata auslösen ;).

    Zum Glück für mich gibt es hier auch die anderen: Laien, mit denen ich mich sehr gern austausche, von denen ich auch etwas lernen kann, die andere Musik kennen, die anders hören, die andere Interessens- und Wissensschwerpunkte haben als ich. Und dann gibt es natürlich die Profis auf anderen Gebieten wie z.B. Werner Hintze, von dem ich ganz sicher ein Vielfaches mehr gelernt habe als er von mir...

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  • Ich will ja hier nicht noch mehr Traumata auslösen

    Ich profitiere sehr von Deinen Erläuterungen, mitunter ja sogar mit Noten. Das ist großartig und eine Bereicherung. Natürlich kann man auf Fehler hinweisen, es ist halt auch eine Frage des Tons und ob man direkt auf jemanden in einem thread antwortet oder über Bande spielt. (Hatte ich ja schon gesagt.)


    Noch eine grundsätzliche Ergänzung meinerseits zum Thread-Thema: wer steile Thesen über ein Werk, eine Aufführung oder etwas Ähnliches hier publiziert, muss einfach mit Gegenwind aus jeder Richtung rechnen. Es gibt meines Erachtens schon mehr Kenner als die oben Genannten, auch wenn sich nicht immer alle melden. Und in jedem Fall empfiehlt es sich da, gute Argumente in der richtigen Terminologie vorzubringen. Dazu gibt es mE überhaupt keine Alternative. Sonst ist die These ja auch gar nicht überprüfbar. Die Mühe muss man sich dann schon machen.

  • Ich profitiere sehr von Deinen Erläuterungen, mitunter ja sogar mit Noten. Das ist großartig und eine Bereicherung. Natürlich kann man auf Fehler hinweisen, es ist halt auch eine Frage des Tons und ob man direkt auf jemanden in einem thread antwortet oder über Bande spielt. (Hatte ich ja schon gesagt.)

    Auch wenn es sehr freundlich von Dir ist, das zu schreiben: Ich muss erst einmal darüber nachdenken, welchen Sinn das hier für mich eigentlich noch hat. Ich denke, ich werde mal eine Pause einlegen.

  • Man kritisiert hier gerne, dass man nur auf "Autoritäten" rekurriere und das keine Verbindlichkeit habe. Man selbst aber reklamiert genau eine solche Profi-Fach-Autorität für sich selber und diskreditiert damit die fachliche Ansicht, die einem nicht gefällt, als Dilettantismus.

    Das ist nicht richtig. Zum Beispiel habe ich nicht erklärt, dass Deine dramentheoretische Schnapsidee nicht zutrifft, weil ich eine andere Auffassung habe, die nun mal richtig ist, weil es meine ist (das ist das Schema, das Du gern und häufig anwendest), sondern ich habe ausführlich (möglicherweise ausführlicher als nötig) begründet, warum Deine Behauptung unsinnig ist. Eine solche Begründung lässt, anders als Deine Autoritätsbeweise, ausdrücklich die Möglichkeit des Widerspruchs offen. Du könntest also auf die vorgetragenen Argumente mit Argumenten reagieren, was Du nicht tust, weil Du wenigstens in diesem Falle mal siehst, dass Du auf verlorenem Posten stehst. Anders als seinerzeit, als Du den offensichtlichen Unsinn verkündet hast, ein einziger aufg dem Klavier angeschlagener Ton könne verschiedene Klangfarben haben. Da hast Du den Argumenten des Fachmanns einfach konsequent widersprochen, ohne auch nur den Hauch eines Gegenarguments zu bringen. Aber Du hast schon recht: Die Möglichkeit, die eingeschnappte Leberwurst zu spielen und das als Argument zu verkaufen, bleibt einem natürlich immer.


    P.S.: Damit wir diese Schleife gar nicht erst machen müssen: Wenn ich auf Aristoteles verweise, ist das kein Autoritätsbeweis, ich behaupte also nicht, dass es so sei, weil Aristoteles es geschrieben hat, sondern umgekehrt, dass Aristoteles es so geschrieben hat, weil es so ist, also weil es das Ergebnis seiner Analyse der Dramen ist, die ihm zur Verfügung standen. Und es lässt sich leicht empirisch (oder auch durch die Lektüre dramentheoretischer Literatur) nachprüfen, dass die grundsätzlichen Strukturmerkmale des Dramas, die er herausarbeitet bis heute in nahezu jedem Drama so auffindbar sind. Natürlich habe ich Aristoteles auch zitiert, um zu zeigen, dass sich Deine Idee schon damals vollkommen absurd ausgenommen hätte.

    Aber auch Aristoteles kann man selbstverständlich widersprechen. Niemand hindert Dich, den Versuch zu unternehmen, seine Bestimmung der Grundelemente des Dramas ad absurdum zu führen. Ich bin gespannt.

    Statt einer Hermeneutik brauchen wir eine Erotik der Kunst.

    Susan Sontag

  • Auch wenn es sehr freundlich von Dir ist, das zu schreiben: Ich muss erst einmal darüber nachdenken, welchen Sinn das hier für mich eigentlich noch hat. Ich denke, ich werde mal eine Pause einlegen.

    Warum denn? Im Gegensatz zu uns Laien, die wir selbstverständlich beliebig lernen können (ich denke gerade an die Stimmungen auf einem Klavier :)) kannst Du das ja nicht ernsthaft im Forum erwarten. Mehr als Austausch und Anregung können wir hier nicht bieten.


    Man sollte sich halt nicht auf die Kollegen kaprizieren, wo das erwiesenermaßen schwer fällt. (Das gilt für jeden hier)


    Ich habe aus Deinen Beiträgen schon eine Menge Anregungen und Wissen erhalten. Übrigens auch aus denen zu der Anschlagsdiskussion. Das mag allerdings auch daran liegen, dass mir Physik nicht ganz fern liegt.

  • Du könntest also auf die vorgetragenen Argumente mit Argumenten reagieren, was Du nicht tust, weil Du wenigstens in diesem Falle mal siehst, dass Du auf verlorenem Posten stehst. Anders als seinerzeit, als Du den offensichtlichen Unsinn verkündet hast, ein einziger aufg dem Klavier angeschlagener Ton könne verschiedene Klangfarben haben. Da hast Du den Argumenten des Fachmanns einfach konsequent widersprochen, ohne auch nur den Hauch eines Gegenarguments zu bringen.

    Nur um das hier nicht stehen zu lassen. Auf meiner Kolumnenseite gibt es einen ausführlichen Artikel dazu, wo ich die einschlägige musikpädagogische Fachliteratur ausgewertet habe in historischer und systematischer Hinsicht. Dem ist zu entnehmen, dass es sogar mehrfach experimentell nachgewiesen ist, dass es unterschiedliche Klangfarben ein und desselben angeschlagenen Tons gibt. Man muss die Literatur zum Thema allerdings zur Kenntnis nehmen.

    Damit wir diese Schleife gar nicht erst machen müssen: Wenn ich auf Aristoteles verweise, ist das kein Autoritätsbeweis, ich behaupte also nicht, dass es so sei, weil Aristoteles es geschrieben hat, sondern umgekehrt, dass Aristoteles es so geschrieben hat, weil es so ist, also weil es das Ergebnis seiner Analyse der Dramen ist, die ihm zur Verfügung standen.

    Du hast weder Philosophie studiert, noch bist Du des Altgriechischen mächtig, spielst Dich aber mir gegenüber als großer Aristoteles-Experte auf. Mein Urteil als Fachmann in Sachen Aristoteles - der bin ich nämlich tatsächlich - (man kann übrigens seine Poetik nur verstehen, wenn man die Metaphysik kennt und verstanden hat): Alles was Du über Aristoteles schreibst ist total falsch. "Überraschungen" gibt es bei Aristoteles schlicht in keinster Weise.


    Und damit ist jetzt endgültig Schluss.

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  • Nur um das hier nicht stehen zu lassen. Auf meiner Kolumnenseite gibt es einen ausführlichen Artikel dazu, wo ich die einschlägige musikpädagogische Fachliteratur ausgewertet habe in historischer und systematischer Hinsicht. Dem ist zu entnehmen, dass es sogar mehrfach experimentell nachgewiesen ist, dass es unterschiedliche Klangfarben ein und desselben angeschlagenen Tons gibt. Man muss die Literatur zum Thema allerdings zur Kenntnis nehmen.

    Um die Rahmenbedingungen noch einmal festzulegen. Dasselbe Klavier, dieselbe Geschwindigkeit des Hammers, derselbe Ton -> da können ja dann nur sprituelle Zusatzkräfte wirken, um den Klang zu beeinflussen. :) Was sollte denn sonst noch Einfluss auf den Klang nehmen, nachdem der Hammer "frei" gegen die Saite "fliegt"? (Rütteln am Klavier ist nicht erlaubt ;) und selbstverständlich darf auch die Intonierung am Filz nicht geändert werden ...)

  • Um die Rahmenbedingungen noch einmal festzulegen. Dasselbe Klavier, dieselbe Geschwindigkeit des Hammers, derselbe Ton -> da können ja dann nur sprituelle Zusatzkräfte wirken, um den Klang zu beeinflussen. :) Was sollte denn sonst noch Einfluss auf den Klang nehmen, nachdem der Hammer frei gegen die Saite "fliegt"? (Rütteln am Klavier ist nicht erlaubt ;) und selbstverständlich darf auch die Intonierung am Filz nicht geändert werden ...)

    Auf die Tasten hauen wie ein wütendes Kleinkind? Die Abstreiter der Anschlagskultur in der Klavierpädagogik. Erkenntnisse und Kontroversen von gestern und heute


    Erst lesen, dann überlegen... ;)

  • Du zitierst



    "Über einen Pianisten hört man oft: »er hat einen beseelten Anschlag«, obwohl nachweislich kein qualitativer Unterschied besteht zwischen einem einzelnen Ton, den ein Stümper hervorbringt, und einem, den ein Könner erzeugt. Das Geheimnis des beseelten Anschlags liegt eher in der Abfolge von Tönen (Hervorh. von mir), nämlich in der dynamischen (und agogischen) Kontrolle, mit der ein Ton im Verhältnis zu vorherigen, nachfolgenden oder gleichzeitig gespielten erklingt.“

    was recht vernünftig klingt, um dann daraus den absurden Schluss zu ziehen:


    Ist es Zufall? Im Tamino-Klassikforum wurde genau diese provozierende Klavierpädagogik vertreten, welche vor den Kopf stößt und wohl auch vor Kopf stoßen will: Ein großer Tastenkünstler wie Arturo Benedetti Michelangeli könne das Klavier letztlich nicht besser anschlagen als sein Friseur; man dürfe statt mit sensiblen Fingern ruhig auch mit einem Gipsarm auf die Tasten hauen, das würde an der Tonqualität rein gar nichts ändern.

    Du bringst einfach den einzeln angeschlagenen Ton mit Akkorden und Tonfolgen durcheinander. Sortiert man das gedanklich, wird der Unterschied zwischen dem Gipsarm und Michelangeli doch sofort klar.

  • Ich werde das jetzt nicht weiter diskutieren. Jeder soll glauben, was er will. Es ist nur bezeichnend, dass Hintze/Köhn ihre in klavierpädagogischen Fachkreisen höchst umstrittene Meinung als die einzig gültige und richtige hier präsentieren und sich damit im Tamino- Klassikforum als unumstrittene Experten präsentieren. In vielen anderen Fällen ist das auch so. Wem da kein Licht aufgeht über die Art ihres Auftretens, der ist es selber Schuld.


    Ich habe daraus - und aus den letzten Vorfällen - meine Konsequenzen gezogen. Ankündigungen irgendwelcher Art werde ich aber nicht machen.


    Du hast übrigens meinen Artikel nicht bis zuende gelesen, dann wüsstest Du nämlich, dass das Argument mit den Akkordfolgen keines ist.

  • Lieber Holger, ich kenne mich bei Aristoteles nicht aus, aber es ist nicht haltbar zu behaupten, dass das Drama, zumal das klassische, ohne Überraschungen (Wendungen und Effekte) auskommen würde. Jedes Stück arbeitet damit - und ich kenne nun tatsächlich die meisten gut bis sehr gut. Ich weiß wirklich nicht, was Dich dazu bringt, hier so eine abwegige Theorien zu vertreten und deswegen muss ich widersprechen. Wir können dazu gerne einen eigenen Thread aufmachen und beginnend bei Racine bis in die Moderne der Reihe nach alles durchgehen. Aber bspw. ist es schon die Ankunfts Orests in der Iphigenie eine kaum vorhersehbare und deswegen überraschende Wendung, auch wenn man hier natürlich nicht von einem Effekt sprechen kann. Aber strukturell handelt es sich um ein überraschendes Element, das der Handlung eine neue Richtung gibt. Ohne solche überraschenden Elemente würde kein Drama funktionieren. Ich kann mir das eigentlich nur so erklären, dass Du unter "Überraschung" etwas völlig anderes verstehst als in der gängigen Dramaturgie üblich. Bei Kleist haben diese Wendungen freilich eine völlig andere Dimension und sie können dann auch überraschend grausam sein, aber strukturell handelt es um das gleiche Prinzip.


    Viele Grüße

    Christian

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  • Ich kann mir das eigentlich nur so erklären, dass Du unter "Überraschung" etwas völlig anderes verstehst als in der gängigen Dramaturgie üblich.

    Ich gehe auch davon aus, dass der Begriff "Überraschung" nicht von allen an der Diskussion Beteiligten deckungsgleich verwendet wird. Alle wissen zwar gleichermaßen um den aristotelischen Begriff der "Notwendigkeit" der Handlung, aber ich vermute, dass es von ihm aus präzisere Ausführungen dazu geben müsste, wie er mit der "Überraschung" zusammenpasst oder auch kollidiert und inwiefern man trotz der Vielfalt von Theaterstücken und ihren theoretischen Grundlagen wirklich generelle Aussagen tätigen kann.

    Man müsste sich und die Sache aus meiner Sicht besser / gründlicher erklären.

  • Du hast übrigens meinen Artikel nicht bis zuende gelesen, dann wüsstest Du nämlich, dass das Argument mit den Akkordfolgen keines ist.

    Zuende überflogen! Ein Großteil beschäftigt sich mit der Technik des Anschlags und natürlich ist die wichtig, wenn man nicht nur einen Ton einmal anschlagen will, sondern mehrere gleichzeitig oder in der Tonfolge einen speziellen Klangeffekt erzeugen möchte, wie zum Beispiel perlend oder singend. Da wird die Gipshand versagen und aller Wahrscheinlichkeit nach auch der Friseur von Michelangeli (von dem ich ganz nebenbei auch als Friseur wenig halte :P)


    Um bei fünf Fingern einer Hand jeden mit einer eigenen Anschlagsstärke zu versehen, bedarf es sicher einiger Ausbildung und um die gewünschten Klänge zu produzieren sicher auch einer "Anschlagskunst".


    Aus Deinem Bericht ist mir nicht klar geworden inwieweit Akkorde da keine Rolle spielen.

  • Ich gehe auch davon aus, dass der Begriff "Überraschung" nicht von allen an der Diskussion Beteiligten deckungsgleich verwendet wird. Alle wissen zwar gleichermaßen um den aristotelischen Begriff der "Notwendigkeit" der Handlung, aber ich vermute, dass es von ihm aus präzisere Ausführungen dazu geben müsste, wie er mit der "Überraschung" zusammenpasst oder auch kollidiert und inwiefern man trotz der Vielfalt von Theaterstücken und ihren theoretischen Grundlagen wirklich generelle Aussagen tätigen kann.

    Man müsste sich und die Sache aus meiner Sicht besser / gründlicher erklären.

    Es ging bei der Diskussion ursprünglich gar nicht um Aristoteles, sondern um um die seltsame These, dass überraschende Effekte in der Dramaturgie des 18. und vor allem 19Jhs. nicht zum Einsatz kämen. Das kann man jetzt natürlich verkomplizieren und ins Griechische wechseln und Begrifflichkeiten zu klären versuchen. Aber man kann es auch abkürzen und sich einfach den vorhandenen Theaterkanon ansehen oder mal ein beliebiges Stück lesen. Damit ist dann die Frage beantwortet.

  • Es ging bei der Diskussion ursprünglich gar nicht um Aristoteles, sondern um um die seltsame These, dass überraschende Effekte in der Dramaturgie des 18. und vor allem 19Jhs. nicht zum Einsatz kämen. Das kann man jetzt natürlich verkomplizieren und ins Griechische wechseln und Begrifflichkeiten zu klären versuchen. Aber man kann es auch abkürzen und sich einfach den vorhandenen Theaterkanon ansehen oder mal ein beliebiges Stück lesen. Damit ist dann die Frage beantwortet.

    Ah, okay. Den Verlauf resp. Beginn hätte ich so nicht mehr erinnert. Kurz: Da könntest du durchaus Recht haben! ;)

  • Lieber Christian,


    Ich werde dieses Thema hier nicht weiter diskutieren, weil die Grundbedingung, dass ich mich an solch einer Diskussion überhaupt beteilige, der Respekt, derzeit nicht gegeben ist. Nur so viel: Bei den dramatischen "Wendepunkten" ist nicht das Überraschungsmoment entscheidend, sondern dass sie aus dem übergreifenden Handlungszusammenhang in ihrer Notwendigkeit verständlich werden. Du überliest einfach immer wieder den entscheidenden "dialektischen" Satz meiner damaligen Ausführungen, dass das dramatisch Entscheidende an der Überraschung gerade das nicht Überraschende an ihr ist. Mehr werde ich dazu nicht sagen.


    Schöne Grüße

    Holger

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  • Dr. Holger Kalethas "Chronik eines angekündigten Rückzugs" in seinen fünf Beiträgen der letzten 24 Stunden:


    1. Bei diesem respektlosen Spiel spiele ich jedenfalls ganz einfach nicht mit. Mir reichts.


    2. Und damit ist jetzt endgültig Schluss


    3. Ich habe daraus - und aus den letzten Vorfällen - meine Konsequenzen gezogen. Ankündigungen irgendwelcher Art werde ich aber nicht machen.


    4. Ich werde dieses Thema hier nicht weiter diskutieren ... Mehr werde ich dazu nicht sagen.


    Respekt hin oder her, aber kann man das eigentlich noch ernst nehmen?

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Du überliest einfach immer wieder den entscheidenden "dialektischen" Satz meiner damaligen Ausführungen, dass das dramatisch Entscheidende an der Überraschung gerade das nicht Überraschende an ihr ist. Mehr werde ich dazu nicht sagen.

    Bei Kleist und anderen sind diese Überraschungen aber mitunter so radikal, dass sie die von Dir genannte innere Notwendigkeit komplett in Frage stellen. Auch beim WALLENSTEIN würde diese Betrachtung das Besondere des Werks eher nivellieren.

    Aber wir können wir uns immerhin darauf einigen, dass für dich in der Dramaturgie Überraschungen in einem übergreifenden Handlungszusammenhang eingebunden sind und diesem folgen. Aber ist diese Sichtweise denn wirklich ergiebig? Auch beim TRISTAN - um den es damals ja ging -, ist das dramatisch Entscheidende am Liebestrank ja die überraschende Wirkung des Tranks, die die beiden noch sehr lange und intensiv beschäftigt. Aber belassen wir es dabei.


    Ich bedauere, dass Du dich aus der Diskussion verabschiedest, habe aber Verständnis dafür.


    Viele Grüße

    Christian

  • Ich bedauere, dass Du dich aus der Diskussion verabschiedest, habe aber Verständnis dafür.

    Das tue ich auch und hoffe auf eine baldige Rückkehr von Holger in diesen Thread.

    Vielleicht kann diese sich ja dadurch ereignen, dass der Diskurs in ihm wieder zu seiner eigentlichen Thematik zurückfindet, von der er sich zurzeit weit entfernt hat (wie das im Forum leider geradezu üblich ist).

  • Ich werde dieses Thema hier nicht weiter diskutieren

    Das würde ich an Deiner Stelle auch nicht tun, wenn ich auf dem Gebiet so wenig wissen würde wie Du. Dann würden mir vielleicht auch nur so dusslige Einwände bleiben, wie, dass jemand nicht Altgriechisch kann (was Du übrigens nicht wissen kannst), oder dass sich jemand als Aristoteles-Experte aufspielt (was ich definitiv nicht getan habe). Aber es kann natürlich sein, dass Dir nicht bekannt ist, dass die Poetik des Aristoteles ins Deutsche (und außerdem in so gut wie alle lebenden Sprachen und außerdem des öfteren ins Lateinische) übersetzt wurde. Es ist also gar kein Problem, sich mit diesem Text vertraut zu machen. Außerdem würde Dir Dein Argument selbst die Beine weghauen, wenn wenn man Altgriechisch können müsste, um Aristoteles lesen zu können, wäre erwiesen, dass ich Altgriechisch kann, weil ich ihn offensichtlich gelesen habe. Aber selbst wenn wir die Poetik nicht hätten, hätten wir die umfangreiche dramatische Literatur, aus der unschwer zu ersehen ist, dass Deine Behauptung schlicht absurd ist. Allein die gewaltige Zahl an Dramen, die nach dem analytischen Modell gebaut sind, widerlegen es, und alle anderen selbstverständlich auch. Man muss allerdings mal ein paar Stücke lesen, um das zu sehen.


    Stattdessen kann man sich aber natürlich auch mit solchen prunkvollen Albernheiten die Zeit vertreiben, wie der Behauptung, das Wesentliche an der Überraschung sei, dass sie nicht überraschend ist. Es wäre sicherlich unterhaltsam, Dir bei dem Trapezakt zuzuschauen, mit dem Du erklären versuchst, warum die Katastrophe des Zerbrochenen Krugs nicht überraschend ist. Oder die Erkennungsszene der Elektra. Und so weiter. Aber es wäre auch wiederum etwas unbehaglich. Wer sieht schon gern zu, wie einer am Trapez turnt, der sich damit restlos übernimmt und dann folgerichtig abstürzt? Davon hat man ja nicht viel. Es ist ja nicht einmal überraschend.


    Noch eine Bemerkung an Helmut Hofmann: Der Diskurs ist bei seinem eigentlichen Thema, denn die Debatte mit Dr. Holger Kaletha (ich hoffe, es ist erlaubt, ihn so zu nennen) zeigt sehr schön, dass das Problem bei der Diksussion zwischen Profi und Amateur nicht die Sprache ist, sondern dass ein Problem nur dann entsteht, wenn der Unwissende sich als der Wissende ausgibt und eine rtionale Argumentation konsequent verweigert. Da hilft kein Wörterbuch.

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    Susan Sontag

  • bspw. ist es schon die Ankunft Orests in der Iphigenie eine kaum vorhersehbare und deswegen überraschende Wendung, auch wenn man hier natürlich nicht von einem Effekt sprechen kann.

    Ich möchte das zweimal nur leicht (aber eben doch) präzisieren: Die Ankunft Orests ist nicht »kaum vorhersehbar«, sondern überhaupt nicht. Die wichtigsten Figuren und die Zuschauer sind nämlich davon unterrichtet worden, dass er tot ist. Und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln. Niemand bis auf ihn selbst (und ggf. seine Begleiter) weiß, dass er noch lebt, und der Zuschauer, der der Handlung folgt, weiß es auch nicht. Alle nehmen also an, dass er tot ist, und logischerweise ist es dann nicht kaum wahrscheinlich, dass er zurückkommt, sondern ganz ausgeschlossen.

    Die zweite Präzisierung: Natürlich ist das ein Effekt, und zwar ein sehr gut vorbereiteter und darum sehr starker. Solche Effekte, mal mehr, mal weniger stark gehören zwingend zum Theater, ohne sie funktioniert es nicht.

    Statt einer Hermeneutik brauchen wir eine Erotik der Kunst.

    Susan Sontag

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  • Ich bin einfach nur traurig,


    hier sind doch Liebhaber der Musik unterwegs. Unterschiedliche Meinungen hat man zu akzeptieren und persönliche Angriffe sind unangebracht. Und das gilt für alle Kontrahenten. Vielleicht bin ich auch zu harmoniebedürftig, könnte eine Schwäche von mir sein. Aber wer hat keine ? Die Beiträge von Holger habe ich immer mit Gewinn gelesen, obwohl ich nicht sein Niveau habe, oder gerade deshalb. Als Laie bilde ich mich gerne fort - und da hat er mir - und sogar seine "Gegner" oft viel geholfen. Diskurse sind wichtig, aber was hier "abgeht" ist bei allem intelligentem Gehalt, und den haben imho alle, unwürdig und respektlos.

  • Alle nehmen also an, dass er tot ist, und logischerweise ist es dann nicht kaum wahrscheinlich, dass er zurückkommt, sondern ganz ausgeschlossen.

    Die zweite Präzisierung: Natürlich ist das ein Effekt, und zwar ein sehr gut vorbereiteter und darum sehr starker. Solche Effekte, mal mehr, mal weniger stark gehören zwingend zum Theater, ohne sie funktioniert es nicht.

    Vielen Dank für Deine Präzisierungen, ich habe in Erinnerung, dass Iphigenie - die zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, mit wem sie spricht - den Ankömmling Orest fragt, ob Orest lebt, also ist er für sie definitiv noch nicht tot. Und das ist auch der Wissensstand des Lesers, dachte ich. Gegenteilige Informationen habe ich nicht in Erinnerung, aber ich würde dafür meine Hand nicht ins Feuer legen bei diesem sehr dichten Text.

    Orests Auftritt ist mE denkbar unspektakulär, der Theatermacher muss sich da viel einfallen lassen, um daraus einen Effekt zu erzeugen.

    Lohnt aber nicht, über diese Details zu diskutieren, das führt zu weit weg.

    In jedem Fall ist es ein überraschender Auftritt.

  • Aber es kann natürlich sein, dass Dir nicht bekannt ist, dass die Poetik des Aristoteles ins Deutsche (und außerdem in so gut wie alle lebenden Sprachen und außerdem des öfteren ins Lateinische) übersetzt wurde.

    Das ist Dilettantismus pur. Das, worum sich die Aristoteles-Gelehrten zum großen Teil streiten, sind Übersetzungsprobleme. Jeder Student der Philosophie, der ein Aristoteles-Seminar besucht, bekommt das mit.

    Der Diskurs ist bei seinem eigentlichen Thema, denn die Debatte mit Dr. Holger Kaletha (ich hoffe, es ist erlaubt, ihn so zu nennen) zeigt sehr schön, dass das Problem bei der Diksussion zwischen Profi und Amateur nicht die Sprache ist, sondern dass ein Problem nur dann entsteht, wenn der Unwissende sich als der Wissende ausgibt und eine rtionale Argumentation konsequent verweigert.

    Du bist kein Theoretiker sondern ein Praktiker. In Sachen Dramentheorie und Ästhetik bist Du der Laie und Dilettant. Daran ändert auch Deine Arroganz und Unverschämtheit nichts. Was glaubst Du, mit wem Du redest? Ich tue Dir nur einen Gefallen, Dich hier nicht weiter zu blamieren. Wie gesagt, die Zeit, dass ich bei Tamino diskutiere, ist zuende. Punkt.

  • Bei Kleist und anderen sind diese Überraschungen aber mitunter so radikal, dass sie die von Dir genannte innere Notwendigkeit komplett in Frage stellen. Auch beim WALLENSTEIN würde diese Betrachtung das Besondere des Werks eher nivellieren.

    Nur, damit Du mich nicht missverstehst. Das sind in der Tat Beispiele, die eine vertiefende Betrachtung erfordern, gerade auch theoretisch. Natürlich könnte ich dazu sehr viel sagen, nur tue ich es nicht.


  • 5.

    Wie gesagt, die Zeit, dass ich bei Tamino diskutiere, ist zuende. Punkt.

    6.

    Natürlich könnte ich dazu sehr viel sagen, nur tue ich es nicht.


    Respekt hin oder her, aber kann man das eigentlich noch ernst nehmen?

    Nö, schon lange nicht mehr.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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