Willem de FESCH (1687-1761) - Der VIVALDI des Nordens?

  • Nunja, manche bezeichnen Amsterdam als „Venedig des Nordens“ - für mich wäre das eher Stockholm. Aber der Vergleich würde ja passen: was für Vivaldi Venedig war, war für de Fesch Amsterdam - der Geburtsort nämlich (naja, nicht ganz, aber fast).


    Tatsächlich stieß ich auf de Fesch durch unseren Thread


    Noten auf Gemälden


    und da es mir die Willis aus Amsterdam (darunter Johann Wilhelm Wilms) momentan angetan haben, starte ich mal einen Thread zu seiner Musik, die mir sehr beachtenswert erscheint.


    William%20Hogarth%20-%20The%20Chorus%20or%20Rehearsal%20of%20the%20Oratorio%20of%20Judith%20illustration%20from%20Hogarth%20Restored%20The%20Whole%20Works%20of%20the%20celebrated%20William%20Hogarth%20re-engraved%20by%20Thomas%20Cook%20pub%201812%20%28hand-coloured%20engravi%20-%20%28MeisterDrucke-158719%29.jpg


    Probe des Oratoriums Judith von Willem de Fesch


    Diese anonyme Radierung entstand nach einer Vorlage des britischen Malers und Grafikers William Hogarth (1697-1764), einem bedeutenden Künstler des 18. Jahrhunderts, der sich sozialkritisch mit seiner Umwelt auseinander gesetzt hat.

    Die Vorlage schuf William Hogarth 1732 als Subskribenten-Ticket für die größere Grafik „A Midnight Modern Conversation“. Dargestellt ist eine Probe für das Oratorium „Judith“ (1733) von Willem de Fesch (1687–1761). Der aus den Niederlanden stammende Geiger und Komponist ließ sich 1732 in London nieder, wo er zahlreiche Werke schrieb. 1746 wurde er erster Kapellmeister in Händels Orchester. Das Blatt zeigt eine humorvoll-karikierte Probeszene: Vier Stimmgruppen sind zu sehen. Die engelhaft mit großer Leichtigkeit singenden Soprane (links unten) stehen im deutlichen Kontrast zu den unsicheren Tenören (rechts unten), die die Noten scheinbar zum ersten Mal sehen. Während die Altisten (oben links) ihre Melodie mit seelischer Rührung darbieten, scheint das Singen für die Bässe eine Qual zu sein. Über allem rudert der Dirigent, der in größter Extase bereits seine Perücke verloren hat. Doch keiner der Sänger schenkt ihm seine Aufmerksamkeit. Rechts oben ragt der Hals eines Streichinstrumentes hervor. Auf den Notenblättern, die die Sänger in den Händen halten, sind neben Noten auch Textzeilen zu erkennen. Sie lauten jeweils: "the world shall Bow to the Assyrian Throne" und stammen aus dem englischen Libretto von William Huggins. Da das Oratorium heute als verschollen gilt, stellten diese Auszüge das einzig überlieferte Fragment dieser Komposition dar. Dieses Hogarth-Blatt ist ein kunstvolles Panoptikum menschlicher Gesichtszüge.


    Tante Wi-KI ergänzt noch: „Sein Stil wurde durch Vivaldi und Händel beeinflusst, seine Musik ist geprägt vom Übergang des Barocks zur Vorklassik.“


    Auf die Idee mit Vivaldi kam ich gestern spontan selbst, als ich dem YT-Hörvorschlag folgte:



    Da „frühlingt“ es aber mächtig ... *uccellini* - Vivaldi des Nordens?

    Die CD scheint gerade nicht greifbar zu sein:


    81rV-jKe8nL._SL300_.jpg



    Violin Concerto F-Dur op. II Nr. 5

    Concerto grosso D-Dur op. II Nr. 6

    Violin Concerto C-Dur op. II Nr. 2

    Concerto grosso E-Dur op. III Nr. 3

    Violin Concerto a-moll op. III Nr. 6

    Concerto grosso C-Dur op. III Nr. 4

    Concerto grosso g-moll op. V Nr. 2

    Violin Concerto c-moll op. V Nr. 5

    Concerto grosso D-Dur op. X Nr. 4

    Concerto grosso F-Dur op. X Nr. 5


    Gordan Nikolitch, Violine

    Orchestre d'Auvergne

    Arie van Beek

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • Während der Kopfsatz von op. III Nr. 3 tatsächlich händelsche Züge aufweist, klingt das Largo e cantabile (cis-moll) ganz und gar nach schmachtendem Vivaldi, manchmal sogar bachisch-transzendent:



    Herrliche händeleske Schlußfuge! *bunny*

    Das 4. Konzert aus op. III ist dominiert von 2 Oboen und Fagott und klingt wieder eher nach Meister Händel. Gefällt mir sehr, sehr gut!


    Aufnahmen von de Feschs fescher Musik darf man suchen; der Thread soll daher auch Anregung für vielleicht mitlesende Musiker und deren Ensembles sein, de Feschs Repertoire aufzuarbeiten. Immerhin war de Feschs Schwiegervater (der eventuell auch sein Lehrer war) Carl Rosier (1640-1725) Mitglied der churfürstlichen Hofkappelle zu Bonn, der später auch Andrea Luchesi, sowie Beethovens Opa und Beethoven selbst angehörte.

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • Besten Dank für diesen Thread und die Vorstellung eines uns bislang noch wenig bekannten Komponisten. Ich hab inzwischen auch ein wenig recherchiert und herausgefunden, daß er zumindendst 13 Bücher mit Opuszahlen veröffentlicht hat, wobei üblicherweise in einer Opuszahl mehrere Werke enthalten sind, es gibt also mehr von ihm, als es im ersten Moment scheinen mag.

    Die Angaben sind ziemlich vage, es könnte daher sein, daß sie unvollständig sind.

    Oben der Hinweis auf eine verfügbare CD mit diversen Concerti Grossi und einem Violinkonzert.

    Hier nun ein Clip mit einem Konzert aus Op 5 Nr 5



    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • Freut mich, wenn es weitere Fans dieses Komponisten gibt. :S

    Die Angaben sind ziemlich vage, es könnte daher sein, daß sie unvollständig sind

    Vor allem verwirrend: das im Video als Concerto c-moll op. 5 Nr. 5 bezeichnete Werk ist ein Violinkonzert - bei Recherche nach der Einspielung stößt man auf:



    mit anderem (im Video abgebildeten) Cover:


    81upCYA7pXL._AC_UY218_.jpg


    Dies sind aber nach Angaben jpcs (Travers-) Flötenkonzerte (wie auch das erste Cover suggeriert). Leider gibt es hier keine Teaser zum Reinhören. Allerdings lautet die offizielle Bezeichnung von op. 5: „Molti Concerti e Concerti grossi“, so daß wohl auch hier diverse Konzerte unter einem Dach zusammengefasst sind, worunter das besagte Violinkonzert fällt.


    Aber: das Concert ist wunderbar, fashionable → fesch: der zweite Satz kam mir dermaßen bekannt vor, daß ich ihn sogleich mitsummen konnte. Wo hat er das geklaut - oder wer bei ihm? Da könnte sich Georg Friedrich Klaus Nimmitzki Händel bedient haben ...

    *juck*

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“