War Mozart tatsächlich ein Wunderkind?

  • Die Esoteriker behaupten, dass Wolfgang Amadeus Mozart überhaupt kein Wunderkind war, weil ein Knirps normalerweise die Fülle des ausgebreiteten Wissens und Könnens gar nicht haben kann. Man geht davon aus, dass bei seiner Geburt die Erkenntnisse aus seiner letzten leiblichen Existenz infolge eines Mißgeschicks der Natur nicht restlos
    gelöscht wurden und er aus einem verbliebenen Trümmerhaufen noch schöpfen konnte.


    Mozart die Reinkarnation von Vivaldi? Das kann nicht sein, denn dann wäre er 15 Jahre in der Warteschleife gehangen. Selbst glaube ich nicht an die Theorie vorhandenen Restguthabens, denn Nannerl war schließlich auch begabt.


    :angel:

  • Hallo Engelbert,
    Diese Frage stellen wir uns ja gerne in bezug auf jene Menschen, die die Welt in einem Alter revolutionieren, in dem man normalerweise Doktor- und Sandkastenspielchen macht. Ich glaube übrigens nicht, dass sich die Frage nach dem Genie leichter oder befriedigender beantworten lässt, als die Frage nach dem Ei und der Henne.
    Im Falle Mozarts spricht wenigstens einiges dafür, dass sein Talent durch gezielte väterliche Förderung (also Sozialisation) prächtig gedeihen konnte. Aber erklärt das alles? Ich meine, dieses schier übermenschliche schöpferische Genie? Ich glaube nicht. Es muss diesen "göttlichen Funken" geben. Oder von mir aus auch das von dir angesprochene "Restguthaben" aus einem vergangenen Leben.
    Ich glaube, es gab und gibt immer mehr potentielle "Genies" als man allgemeinhin annimt, Was beispielweise passiert mit einem Höchstbegabten, der vereinsamt, also ohne geistige Stimulanz wie Kaspar Hauser groß wird? Wird er ein Genie?
    Ich kann's mir kaum vorstellen, denn das, was wir so schön "Kultur" nennen, ist die unabdingbare Voraussetzung weiterer kultureller Hervorbringungen- Kein Genie schöpft aus dem Nichts, bzw. nur aus sich selbst. Ich denke, das Gegenteil ist der Fall: Eine große Begabung muss im besonderen Maße angeregt werden, um nicht ins Leere zu laufen.
    Bei Mozart werden angeborene und anerzogene Komponenten glücklich Hand in Hand gespielt haben - das "Genie" bzw, "Wunderkind" lässt sich mit meiner Schmalspurthese freilich nicht erschöpfend erklären. Aber vielleicht liegt in dieser Unerklärlichkeit ja das Wesen des Genies. Es gibt eine schönen Spruch in diese Richtung:
    Kunst kommt nicht von können. Wenn man's könnte, wär's keine Kunst mehr.
    Will sagen: Wenn man erklären könnte, warum eine Genie genial ist, wär's kein Genie mehr. ;)


    Schöne Grüße!
    Daniel

  • Wir müssen jetzt hoffentlich nicht das Für und Wider der Anamnesis diskutieren... Wenn Mozart mit 14 die Jupitersinfonie geschrieben hätte, wäre das vielleicht ein Argument...
    Einige Anmerkungen:
    -"Wunderkinder", d.h. früh erkennbare Hochbegabungen sind nicht so selten, v.a in der Musik. Mozart wurde vielleicht auf einzigartige Weise gefördert und hervorragend ausgebildet (Leopold war nämlich nicht nur ein geschickter Geschäftsmann, sondern offenbar auch ein außerordentlicher Pädagoge), aber es gibt eine ganze Anzahl Komponisten, die in ähnlichem Alter Vergleichbares leisteten. Ohne groß nachzudenken Purcell, Schubert, Mendelssohn, evtl. Chopin.
    - Aber keiner von denen, am wenigsten Mozart hat als Kind oder Teenager die Musikwelt "revolutioniert". Ein Werk, das man vielleicht so sehen könnte, nämlich das Konzert KV 271, schrieb er mit 21 Jahren, kein Wunderkind mehr, sondern ein sehr guter junger Komponist. In diesem Alter begeisterte der junge Brahms Schumann, Bach musizierte mit frembden Jungfern und verwirrte die Gemeinde durch Modulationen, Händel rollte die Musiklandschafts Italien auf und Mendelssohn näherte sich bereits der midlife crisis :D Dass entsprechend begabte und ausgebildete Menschen mit Anfang 20 Herausragendes vollbringen können, ist so ungewöhnlich nicht (ein fachfremdes Beispiel ist die Generation der "Quantenmechaniker" Heisenberg, Pauli, Dirac, Jordan u.a., die alle vor 25 Nobelpreiswürdiges leisteten)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Lohnt es sich wirklich, auf ein "Restguthaben" aus einem früheren Leben zu spekulieren? Eine geistige Frühreife, die jede Norm sprengt, hat immer etwas Erschreckendes, weil Unerklärliches. Und wenn etwas unerklärlich wird, sind die Esoteriker sofort zur Stelle. Sei's drum. Mozart wird das genauso überstehen wie noch so manche Amokthese, die ihn in diesem Jahr heimsuchen wird. Mit den Autoren, die heuer ihre Weisheiten über Mozart unters Volk streuen werden, kann man Mitleid haben. Wie sollen sie auf einem Terrain, das seit gut zwei Jahrhunderten immer wieder umgepflügt wird, noch Neues, Originelles bieten? Wie soll sich der einzelne aus der Flut der Publikationen auflagefördernd herausheben? Also muß eine griffige, publikumswirksame Amokthese her. Es würde mich nicht wundern, wenn demnächst ein Buch mit dem Titel veröffentlicht würde: "Hat Mozart je gelebt?"


    Florian

  • Sagitt meint:


    Der Begriff Esoteriker wird in einem pejorativem Sinne verwendet. Ich schlage mehr Vorsicht vor. Alle weltanschaulich-religösen Systeme, die ein Kreislaufmodell bevorzugen, oft mit Wiedergeburt gepaart, können zu existenzübergreifenden Thesen von frühen Grossleistungen kommen. Für einen tibetischen Buddhisten ist die besondere Leistung eine weniger große Überraschung, sie kommt bei den wiedergefundenen Inkarnationen öfter vor. Der Dalai Lama, der zu diesem Kulturkreis gehört, ist kein " Esoteriker".
    Ob es im Falle von Mozart zutrifft, kann natürlich niemand beantworten, weil keiner aus eigener Anschauung darüber Kenntnisse haben kann und diejenigen, die Kenntnisse aus dem " Jenseits" vermuten, können nicht überprüft werden.
    Wenn wir es nicht erklären können, ist dies kein Grund für Stolz, aber kein Anlass, diejenigen verächtlich zu machen, die dafür eine Erklärung anbieten.

  • Zitat

    Original von florian
    Es würde mich nicht wundern, wenn demnächst ein Buch mit dem Titel veröffentlicht würde: "Hat Mozart je gelebt?"


    Florian


    :D:D :D :D :D :D


    Hallo Florian, und natürlich alle Anderen


    das Buch gibt es schon :yes:


    MOZART hat nie gelebt...


    eine kritische Bilanz von Hartmut Gagelmann erschienen im Herder Verlag



    Liebe Grüße


    Bettina und Wilfried

  • Zitat

    Zitat Johannes Roehl:
    aber es gibt eine ganze Anzahl Komponisten, die in ähnlichem Alter Vergleichbares leisteten. Ohne groß nachzudenken Purcell, Schubert, Mendelssohn, evtl. Chopin.


    ... dem kann ich nur beipflichten. (by the way: erstaunlicherweise sind die von dir genannten "Frühvollendeten" alle ungefähr nur so alt geworden wie Mozart - ist an dem beknackten Satz von den früh heimgeholten Götterlieblingen also doch etwas dran?)
    Aber warum ist der Boom um Mozart ungleich viel größer, als um die anderen Genies? An seiner "lückenhaften", mysterienumwitterten Lebensgeschichte kann's ja nicht alleine liegen.
    Ich denke schon, dass Vater Leopold (und das muss ja nicht zwingend der Annahme widersprechen, dass er dennoch ein guter Vater und Pädagoge war) den Wunderkindkult um seinen Sohn von Anbeginn befeuert hat. Die Geschichtsschreibung muss Mozart also fast zwangsläufig mit dieser bewusst inszenierten "Aura" des Wunderkinds belegen, weill es n alternativen Mozart-Bildern fehlt.
    Vielleicht war Mozarts (vor allem verbale) Freude am Sexuellen, Anstössigen und Infantilen die "Kehrseite", das Ventil" der ehrgeizigen Erziehung, die ja nicht nur auf die Mühelosigkeit von Wolferls Hochbegabung baute, sondern dem Kleinkind gleichwohl eine nicht unbedingt altersangemessene Disziplin abverlangte.
    Ich glaube, dass selbst im Genie letztenendes ein Normalo schummert. Gerade in bezug auf Mozarts Triebleben (oder wenigstens seine Äußerungen darüber) öffnet sich wirklich ein Türchen zu einem ganz normalen, sehr "nachvollziehbaren" Menschen - der freilich etwas offener mit seinen Bedürfnissen umgegangen ist, als andere.


    Schöne Grüße!
    Daniel Behrendt

  • Spaß beiseite, Ernst komm her!


    Die Scherzfrage nach dem Wunderkind hat ihren Ursprung in meiner Beurteilung des KV 87. Es handelt sich um das dritte Bühnenwerk „Mitridate, Re di Ponto“, die Mozart bekanntlich nach zwei vorangegangenen Singspielen mit elf Jahren komponierte haben soll. Über den Librettisten weiß ich nichts, Racine ist mir geläufig. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das Kind das Libretto nicht selbst ausgesucht hat, sondern jemand anders hat eine Machtfunktion wahrgenommen. Ich habe spontan die Szene VII aufschlagen, dann lese ich, was Aspasia zum besten gibt: „Vielleicht ist meine Tugend ihr nicht überlegen. Es könnte manches Mal vielleicht, wenn ich dich sehe, ein unwürdiger Seufzer dieser Brust entfliehen, und die Seele würde heimlich dann ihrem einzigen Gut entgegenfliegen, von dem sie der Himmel trennen will.“ In diesem Stil geht es dann weiter bis zum Schluss. Mit diesem Text, für den der Kleine nichts kann, musste er sich herumschlagen und zu Situationen die einem Elfjährigen kaum gefallen dürfen und auch nicht immer nachvollziehen kann, die passende Musik finden. Das Resultat ist grandios. Ein Sandalenschinken üblicher Bauart wurde dermaßen aufgebläht, dass er nur von mehreren Koloraturmonstern bewältigt werden kann.


    Nachdem nun die Frage nach dem Wunderkind abschließend beantwortet und verneint wurde, ergeben sich für mich mehrere Mutmaßungen.


    Hat jemand anders die Oper komponiert? Wer könnte es gewesen sein?
    War Wolferl altklug, obwohl er aus behüteter Familie kam.
    War Wolfgang Amadeus Mozart ein Epigone und ist seinem Nachahmungstrieb gefolgt? Wer war sein Vorbild?


    Die Musik der Oper ist traumschön, aber dass ein hochbegabter Elfjähriger sich das Thema ausgesucht haben soll, bezweifle ich. Es ist eher das Werk eines reifen Menschen mit jeder Menge Erfahrung im Komponieren.


    Immer wieder kommt es vor, dass festgestellt wird, dass ein Unbekannter aus adeligen Kreisen, der nicht genannt sein will, einen anderen vorschiebt, um seinen Ruf nicht zu gefährden.


    Wie verhält sich die aktuelle Mozartforschung zu „Mitridate“? Hat W.A.M. den Mitridate wirklich komponiert oder kann es auch ein anderer gewesen sein?


    Engelbert fragt die Experten?

  • Zitat

    Original von Daniel Behrendt


    Aber warum ist der Boom um Mozart ungleich viel größer, als um die anderen Genies? An seiner "lückenhaften", mysterienumwitterten Lebensgeschichte kann's ja nicht alleine liegen.


    Ich vermute, dass es im 20. Jhd. genau an diesen Legenden liegt. Allerdings bin ich sicher, dass Mozart unmittelbarer Nachruhm und Einfluß gewiß nicht an der Legendenbildung, schon gar nicht am Wunderkind liegt. Haydn, Beethoven oder auch ETA Hoffmann waren dann doch zu gute Musiker, als dass sie sich von solchen Dingen hätten narren lassen (ich habe das nie ausführlich recherchiert, aber für Hoffmann ist 20 Jahre nach Mozarts Tod klar, dass Mozart, Haydn und Gluck die wesentlichen Komponisten der jüngsten Vergangenheit sind und Beethoven ihr Nachfolger (in der Instrumentalmusik), er nennt gewiß, besonders in der Oper auch noch einige andere Namen, aber die angeführten werden immer herausgehoben. Dass Figaro, Giovanni und Zauberflöte es als erste Opern der Musikgeschichte geschafft haben, praktisch seit ihrer Premiere im Repertoire zu bleiben, kann ebenfalls nur an den Stücken selber liegen


    Zitat


    Ich denke schon, dass Vater Leopold (und das muss ja nicht zwingend der Annahme widersprechen, dass er dennoch ein guter Vater und Pädagoge war) den Wunderkindkult um seinen Sohn von Anbeginn befeuert hat. Die Geschichtsschreibung muss Mozart also fast zwangsläufig mit dieser bewusst inszenierten "Aura" des Wunderkinds belegen, weill es an alternativen Mozart-Bildern fehlt.


    Naja. Den Wunderkindstatus hatte Mozart selbst schon mit Anfang 20 verloren, in den letzten Jahren in Salzburg sowie der Anfangszeit in Wien konnte er keineswegs davon zehren. Hic rhodus, hic salta galt damals in verschärfter Weise. Ich bin mit der klassischen Biographie aus dem 19. Jhd. (Jahn?) nicht vertraut, würde mich aber wundern, wenn die ernstzunehmende Geschichtsschreibung sich ausschließlich auf Wunderkind und "Tod in Armut" beschränkt hätte. Dass der "Volksmund" sich auf solche trivialen Klischees angesichts einer kaum faßbaren Künstlers kapriziert, wundert mich wenig (bin halt trotz des basisdemokratischen Geschwätzs, was ich manchmal von mir gebe, eigentlich ein elitäres A... :stumm: ).


    Zitat


    Vielleicht war Mozarts (vor allem verbale) Freude am Sexuellen, Anstössigen und Infantilen die "Kehrseite", das Ventil" der ehrgeizigen Erziehung, die ja nicht nur auf die Mühelosigkeit von Wolferls Hochbegabung baute, sondern dem Kleinkind gleichwohl eine nicht unbedingt altersangemessene Disziplin abverlangte.


    Nach meinen Informationen war diese Art von Humor zum einen gar nicht so unzeitgemäß (ich erlaubte mir ja schon auf den Zeitgenossen De Sade hinzuweisen), zum andern wohl eine Art Spezialität der Familie Mozart (man darf nicht vergessen, dass es private Briefe waren, keine Äußerungen in talkshows). Ich würde daher mit freudianischen Verdrängungs- oder Übertragungsmechanismen vorsichtig sein, damit wurde schon viel Schindluder getrieben.


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Salut!


    Etwas verspätete Antworten:


    Zitat

    Original von Engelbert


    Hat jemand anders die Oper komponiert? Wer könnte es gewesen sein?


    Die Oper wurde unzweifelhaft von Wolfgang Amadeus Mozart komponiert.


    Zitat


    War Wolferl altklug, obwohl er aus behüteter Familie kam.


    Vielleicht kann man es so nennen. Mozart hat sich - Überlieferungen zufolge - in seine Thematik derart hineinverbissen, dass er eben in diesem Bereich sehr viel schneller sehr viel weiter entwickelt war, als Gleichaltrige. Das ist aber ganz normal.


    Zitat


    War Wolfgang Amadeus Mozart ein Epigone und ist seinem Nachahmungstrieb gefolgt? Wer war sein Vorbild?


    Ein Epigone war er keinesfalls, denn dann müsste er ja schlechter komponiert haben, als derjenige, den er nachäfft. Ein Vorbild hingegen gab es: Johann Christian Bach; jedenfalls zur Zeit bis Lucio Silla KV 135. Du kannst KV 87 [74a] und KV 135 mit Joh. Chr. Bachs Opern Endimione und La clemenza di Scipione vergleichen - kein Unterschied. Kein "echter" Mozart mithin.


    Zitat

    Die Musik der Oper ist traumschön, aber dass ein hochbegabter Elfjähriger sich das Thema ausgesucht haben soll, bezweifle ich.


    Mozart hat das Thema nicht ausgesucht. Mithridate war für die Eröffnung des Carnevals 1770 zu Bologna in Auftrag gegeben. Der Text wurde gestellt und wurde bereits 1767 von Quirino Gasparini vertont. Und das Wort-Tonverhältnis ist ja keineswegs zu dieser Zeit so vonnöten gewesen, wie beispielsweise bei der "Entführung" - andere Dinge waren wichtiger, und mithin auch "einfacher" zu komponieren: Die reine Form der Opera Seria nämlich.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Nein, bitte nicht, das würde alles zu sehr vermischen! Wir können die Threads ja parrallel im Auge haben!


    Mozart war auf jeden Fall ein Wunderkind. Und auch ein Glückskind. Das hört man an der Musik! Warum auch nicht. Glücker Umstand war auch Leopold Mozart als Vater zu haben, nehme ich mal an. Die frühzeitige Prägung auf Musik und Ihre Schönheit haben viel dazu beigetragen, dass wir nun solch wundervolle Musik haben.


    Ich frage mich, ob Mozarts Vater je direkten Einfluss auf seine Musik hatte. Er wird ihm doch schon über die Schulter geschaut haben ... ?


    Ich bilde mir oft ein, den Vater in der Musik zu hören. Zumindest die Gedanken des Mozart an ihn.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Wenn ich mich nicht irre, aber da kann Ulli uns besseres belehren, waren die Klavierkonzerte 1-4 in Zusammenarbeit von Pa und Sohn entstanden (und die Klaviernoten waren bereits von anderen auf dem Blatt niedergeschrieben).


    LG, Paul

  • Salut,


    M. war kein Wunderkind und der Vater ermahnte ihn permanent "populairer" zu komponieren. Sicher war er ein guter Marketingexperte - aber erst als M. den "Idomeneo" nach seinem eigenen Kopf komponierte, entstand die Musik, die wir - oder ich - heute so schätzen.


    Man mag es ggfs. als Wunder betrachten, dass viele Faktoren aufeinandertrafen: Seine Begabung, die Erkennung und Förderung dieser durch den Vater - ich nenne es Zufall, nicht "Wunder". Ein Wunder ist für mich, wenn etwas Unmögliches möglich wird.


    :hello:


    Ulli

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  • Nein ein Wunder ist die Musik, an der wir uns derart erfreuen - daher liegt der Threadtitel sehr nahe ...


    Mozart konnte sehr glücklich sein, das was er so virtuos darzubieten vermochte, ebenso virtuos in Notensprache zu übersetzen und zu konservieren. Hier liegt für mich der große Dank sozusagen an den Vater. Sonst hätten wir diese unglaublich leichte, doch auch strenger in der Form werden könnende Musik nicht. Es ist so schade, nicht einen 20 Jahre ältern Moart hören zu können ;(

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Salut,


    das ist alles eine Frage der Technik, der Erlernthabens und Umsetzenkönnens. Sicher gehört auch ein persönliches Feingefühl, persönlicher Geschmack Mozarts dazu - beides war eben zufällig perfekt abgestimmt. Wenn ich aber z.B. mit Kozeluch [insbesondere die Klaviertrios] vergleiche, dann fällt mir eine Entscheidung über "den Besseren" extrem schwer. Derzeit ist es zwangsläufig Kozeluch, da mir diese Werke unbekannter sind - Mozart hängt zum Halse raus. Natürlich nicht wirklich und nicht immer, aber derzeit.


    Ich bin froh, dass ich keinen Mozart von 1826 hören muss... ich fürchte, er hätte kläglich versagt wie beinahe alle zu jener Zeit. Ich für mich habe beobachtet, dass ich alle Musik von Komponisten des 18. JHs, die nach der JH-Wende komponiert wurde, sehr viel weniger schätze. Ausnahmen sind Beethoven, Haydn [!] und Schubert. Haydn aber hat z.B. schon rund 10 Jahre vor der JH-Wende so komponiert, wie danach. Bei den anderen [z.B. Eybler] war es ein krampfhafter Versuch, in einen neues JH der Musik zu starten!?


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Die Frage war vielleicht ein wenig unpassend, wie Mozart in 20 Jahren gewesen wäre. Wir wissen es schlecht und ergreifend (?) einfach nicht. Das hätte sicherlich auch viel mit seinem Lebenslauf zu tun gehabt.


    Du sprichst von einem perfekten Zusammentreffen. Für mich ist das ein Wunder, weil auch in der Kunst in der Form sehr selten ;)


    Das einzige, was mich an dem Wort Wunderkind stört, ist das Kind.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Was ein Wunderkind ausmacht, ist ja eben das Kind. Das stört ja icht. Es ist ein Kind, das kann, was andere gleichaltrige Kinder nicht können. Mozarts Wunderkindalter ist spätestens mit dem, naja man kann streiten, 20. LJ zu Ende. Natürlich ist der 35jährige Mozart kein Wunderkind mehr - er war sowieso keines.


    Eine Spinne würde ein Essen mit Messer und Gabel als Kunst bewundern, wenn sie könnte. Sie kann es aber nicht. Daher ist es egal.


    Joseph Haydn hat in seiner Kammermusik in den 1780ern und 1790er ziemlich ähnliche Ergebnisse erzielt, wie Mozart. Haydn aber war kein Wunderkind - von daher ist mir die Frage, ob Wunderkind oder nicht bei Mozart, eh egal.


    Weitaus wunderkindischer empfinde ich da Mendelssohn oder Arriaga, die in Relation sehr viel früher sehr viel weiter waren.


    Genauso, wie die Entstehung und Weiterentwicklung der Welt ein [teils programmierter] Zufall ist, ist dies bei solchen Begabungen auch. Ich empfinde die Welt als solche nicht als Wunder, sondern als Zufallsprodukt. Ein Wunder ist nach wie vor, wenn etwas eigentlich Unmögliches passiert. Und das ist natürlich relativ:


    Fällt z.B. heute Nacht der Mond ins Meer - ist das dann ein wunder oder ein Zufall? Wahrscheinlich weder das eine, noch das andere. Es wäre einfach eine Tatsache, die sich niemand erklären kann. Denn ein Wunder ist ja eher positiv "belastet".


    LG
    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Lieber Ulli,


    Diese Frage hast Du einmal erschöpfend in eine Antwort an mich erklärt. Vielleicht kannst Du wieder danach verweisen.
    Ich weiß noch, daß ich die Geschichte erwähnte wo er die 2. Violine spielte. Deshalb beschloß ich "Wunderkind". Und dann ist ziemlich "derb" hin unf her geschrieben, denn so ohne sehr gute Argumenten wollte ich mich nicht geschlagen geben.


    LG, Paul

  • Salut,


    habe ich gestern wirklich so derb geschrieben? :O


    Vermutlich meinst Du das.


    Und genau das wird ja, wenn man es richtig herausliest, in dem Bericht von Andreas Schachtner so dargestellt - natürlich mit einigen Blumen garniert.


    Ich finde nach wie vor das "Wunderkinddasein" als eine Art umgesetzte Rezeptur - einer der ersten "Anwender" dieser Rezeptur war der Vater Beethovens. War Ludwig van Beethoven nun ein Wunderkind oder keines? Oder ist es zu offensichtlich, was der Vater "vorhatte" - begabt war Beethoven im Kindesalter ja auch mindestens überdurchschnittlich.


    Und auch heute wird diese "Rezeptur" weiterhin angewandt und man vermeldet immer wieder Wunderkinder. Ich sehe es tatsächlich so, wie es Hilary Hahn beschreibt:


    Zitat


    Gehört es nicht zu jeder Kindheit, sich intensiv in irgendetwas versenken zu können und dabei alles um sich herum vollkommen zu vergessen?


    Es ist wirklich zu beobachten [ich habe drei sehr viel jüngere Geschwister und einen Sohn], wie sich Kinder in etwas hineinverbeissen können. Und so muß es bei Mozart auch gewesen sein. Handelt es sich bei dieser Beschäftigungsphase nicht um Kunst oder vergleichbares, wird man schnell den Riegel davorschieben und versuchen, die Beschäftigung der Kinder wieder auf ein vernünftiges Mass herunter zu schrauben bzw. in andere Richtungen zu lenken. Nur bei der Kunst eben nicht.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Ich muß Ulli in einer Hinsicht zustimmen: Ohne Mozart im Geringsten abwerten zu wollen, wenn wir von Wunderkind sprechen, würde ich auch eher an Mendelssohn denken. Man überlege einmal: Mit lediglich 17 (!) Jahren schuf er die Ouverture zu "Ein Sommernnachtstraum". Ob das ein Wunder im Sinne Ullis ist, keine Ahnung. Auf jeden Fall ist das genial. Wenn ich das mit Werken des 17jährigen Mozart vergleichen würde, hmmm......


    (Herr Mozart, schauens halt nicht so böse vom Himmel herab... :rolleyes: )

  • Zitat

    Original von Wulf
    Ich muß Ulli in einer Hinsicht zustimmen: Ohne Mozart im Geringsten abwerten zu wollen, wenn wir von Wunderkind sprechen, würde ich auch eher an Mendelssohn denken. Man überlege einmal: Mit lediglich 17 (!) Jahren schuf er die Ouverture zu "Ein Sommernnachtstraum". Ob das ein Wunder im Sinne Ullis ist, keine Ahnung. Auf jeden Fall ist das genial. Wenn ich das mit Werken des 17jährigen Mozart vergleichen würde, hmmm......


    Mit 16 das Oktett, mit 18 bzw. 20 Jahren die Quartette op.12 und op.13, die unbekümmert an Beethovens Spätwerk anknüpfen, vor dem andere noch 50 Jahre später die Hosen voll hatten.


    Der 17jährige Mozart kann immerhin die "kleine g-moll" Sinfonie vorweisen.


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Von Esotherik halte ich nicht viel.Das Prädikat "Wunderkind" wurde Mozart von seinem Umfeld aufgeprägt, bis er schließlich selbst daran glaube und oft durch diese Tatsache mehr Ärger als Freude hatte.
    Wenn man Wunder unter dem Gesichtspunkt der Religion betrachtet, dann hat er als Kind keine Wunder ,so doch Außergewöhnliches vollbracht.
    Während seiner Kindheit wurde er als Wunderkind rumgereicht, das sicherte die Einnahmen. Später, als er auf eigenen Füßen stehen musste, hätte es nicht mehr gereicht früher ein Wunderkind gewesen zu sein.
    In einer anderen Diskussion , habe ich schon mal daraufhingewiesen, dass wir das Wort Wunder, oft zu inflatorisch gebrauchen.Ein Fussballspiel das gewonnen wird ist kein Wunder.
    Er war und darüber besteht gewiss Konsens, ein außergewöhnlich begabter Komponist, den wir wieder mit einem Begriff, der ebenfalls einer Überprüfung unterzogen werden könnte- nämlich Genie,- belegen können.Darüber könnten wir auch wieder diskutieren.
    Für Goethe war er ein Wunder ( Nicht Wunderkind), wobei Goethe als Illuminat ,, darunter villeicht etwas anderes verstand , als wir heute.
    Padre

  • Als Ergänzung zu meinem Beitrag möchte ich typische Stelle erwähnen, wo der Vater vor großer Freude über seinen Sohn schwelgt. Er schrieb:"Ich kann ihnen sagen, liebste Frau Hagenauerin, dass bei Gott täglich neue Wunder an diesem Kind wirket. Bis wir nach Hause kommen,ist er imstande, Hofdienste zu verrichten."
    Die Rolle war somit vorgezeichnet!
    Padre

  • Hallo!


    Sicherlich ist Mozart ein Wunderkind! Wie sonst kann man erklären, dass wo andere Kinder gerade mal richtig sprechen lernen, er schon den Klang des Glockenspiels vom Regierungsneugebäude musikalisch richtig einordnen konnte.


    Sicherlich war es ein großes Glück und das Beste was ihm passieren konnte, dass der Vater ein Musiker war und das einzigartige Talent seines Sohnes sofort erkannte und fördern konnte. Hier hat das Schicksal mal die richtigen Menschen zusammengeführt.


    Grüße


    Karin H.

  • Hallo Karin,
    ich streube mich nur gegen das Wort Wunder als solches. Er hatte außergewöhnliche Talente, davon gibt es viele Überlieferungen. Zum Beispiel schriebt das Misere nach nur einmaligen Hören aus dem Gedächtnis fehlerfrei ab.Das war bestimmt für das Umfeld wie ein Wunder. Papst Clemens XIV. sah das indes nicht als Wunder an.Es kommt wohl durch unsere Sprache, weil wir Dinge die uns außergewöhnlich und nicht erklärbar sind schnell als Wunder bezeichnen. Damit keine Missverständnisse aufkommen, für mich ist Mozart unerklärbar, außergewöhnlich. :yes: :yes: :yes:
    Padre

  • Hallo Padre!


    Es gab vor einiger Zeit mal im Fernsehen (ich glaube Theater - oder Dokukanal) einen Bericht über das menschliche Gehirn, unter anderem wurden dort die Gedankengänge von hochbegabten Autisten nachvollzogen, der Unterschied eines Autistengehirn zu einem "Normalen".


    Hier wurde vor allem die Feststellung getroffen, dass alle "Wunder"-Fähigkeiten bereits im Gehirn vorhanden sind. Z.Bsp. außergewöhnliche Rechenleistungen, wie beispielsweise Errechnen der Zahl "36 Hoch 25" im Kopf. Dieses Wissen ist bereits vorhanden, lediglich die Freischaltung des dafür zuständigen Bereichs im Gehirn ist noch nicht erfolgt.


    Das heisst also, dass zukünftige Generationen immer mehr Bereiche im Gehirn freischalten, sei es durch gesündere Lebensweise oder besondere Ernährung und irgendwann die Menschheit aus Millionen Mozarts, Einsteins etc. besteht.


    Ich denke, dass Mozarts Gehirn vorab freigeschaltet worden ist, um uns überhaupt erst mal auf den Gedanken zu bringen, dass das menschliche Gehirn noch zu viel mehr Leistungen fähig. ist.


    Ich bin jedenfalls froh über dieses "Wunder", dass mir alle Tage diesen Hörgenuss beschert.


    Grüße


    Karin H.

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