Chopin: Klaviersonate No. 3 h-moll, op. 58

  • Lieber Johannes :



    zu Martha Argerichs Interpretationen der h - Moll - Klavier-


    sonate von Chopin bei EMI ( direkt aufgenommen nach ihrem


    Gewinn des Chopinwettbeerbes in Wraschau ) und der spä-


    teren Aufnahme bei der DGG ( wohin sie wegen eines langfristigen


    Vertrages gegangen war ) folgendes :


    Dieese frühe EMI - Aufnahme ist sehr viel spontaner und ent-


    spricht eindeutig mehr der typischen Argerich als die spätere


    Studioproduktion für die DGG , die selbst die Argerich doch


    sehr in ihrer Leidenschaft in den Interpretationen hemmt .


    Selbst der Produzent und Aufnahmeleiter der DGG-Aufnahme hat ,


    nachdem beide CDs vorgelegen haben , gesagt , das die EMI-


    Aufnahme die eindeutig (!) bessere sei .


    Dies entsprach auch meiner Hörweise aller Aufnahmen .


    Herausragend die Mazurken in der EMI - Produktion .



    2.


    CELLOSONATE . Du erwähnst sie in ihrer Bedeutung zu Recht .


    So auch Julia Spinola in der "FAZ" vom 20. Februar 2010, Nr.


    43 , Z 1 .


    Ich halte sie für eine der wichtigsten Kompositionen von Fré-


    déric Chopin .


    3.



    Zu dem Beitrag von HOLGER KALETHA muss / müsste man


    direkt Stellung nehmen . Dies ist jetzt schwierig .


    H. K. bezieht sich ausdrücklich auch auf pholosophische


    Grundfragen der Interpretationen .


    Seine Überlegungen dürften auch zurückgehen auf die bekannt-


    lich berühten Treffen im "Wissenschaftskolleg" in Berlin , wo der in-


    zwischen verstorbene Komponist G. Ligeti sich mit dem Tier - Neuro-


    physiologen Prof. G. Neuweiler traf und beide sich auch über


    Spielweisen bei Chopin und deren übergerodnete zerebrale Koordi-


    nationen unterhalten haben .


    G. Neuweiler hat in einem gemeinsamen Buch mit G. Ligeti


    "Motorische Intelligenz - Zwischen Musik und Naturwissenschaft"


    ( Berlin , 2007 ) seine Sicht nach dem aktuellen Forschungsstand


    beschrieben .


    Beste Grüsse



    Frank



    PS: Was schlägst Du vor , wie nun eine Antwort an Holger ( Kaletha) möglich ist / erfolgen sollte ?

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Liebe Chopin - Freunde :




    Vielleicht gelingt es doch noch , den Thread über Chopins Klaviersonate in h - Moll zu beleben .



    'rome&julia' haben einen der wichtigsten Vertreter der beiden anerkannten Schulen nach Chopis Tod mit einer Aufnahme der
    3. Klaviersonate benannt : MORITZ ROSENTHAL ( 1862 - 1946 ) .
    Rosenthal gehörte der Schule von Karol Mukuli , einem sehr engen Freund Frédéric Chopins , an .


    Neben Rosenthal verdient besonders Alexander Michalowski ( 1851 - 1938 ) Erwähnung, weil dieser , ein Schüler von Moscheles wie Carl Tausig , dann unter anderem WANDA LANDOWSKA (!) unterrichtete , die wieder um grössten Einfluss nicht nur auf bie Bach-Interpretationen hatte . Seltsamerweise finden wir kaum einen Hinweis darauf , dass michalowski der Lehrer von Vladmir SOFRONITZKY und Heinrich NEUHAUS war . Und Sviatoslav RICHTER wie auch Radu LUPU waren Schüler bei Neuhaus gewesen . Von Michalowski soll der Ausspruch stammen "Nur ein Pole kann Chopin so spielen wie ich !" . Es wird zuverlässig überliefert , dass diese Schule von MIKULi bei Chopin einen eher weicheren Anschlag bevorzugte . Esx ist in diesem Zusammenhnag von Bedeutung , das Buch von H. Neuhaus über das Klavierspiel zu kennen . Nach zwei Jahren bei Mikuli ( 1872 - 1874 ) hat er dann auch rund 9 Jahre als Schüler bei Franz Liszt Unterricht gehabt ( 1877 - 1886 ) , dessen einziger Schüler er sogar zeitweise gewesen ist . Esx gibt von Rosenthal , der eng mit Anton Rubinstein Johannes Brahms Saint - Saents und johann Strauss befreundet war , Tonträgeraufnahmen ers ab seinem 65. Lebensjahr . Grund : Rosenthal befürchteet ( zu Recht ) , dass sein charakteristischer , individueller Ton zuvor nicht zuverlässig festgehalten werden könnte . Danach hat er für rund 10 verschieden Plattenfirmen Aufnahmen gemacht . Die Kritik schreibt über Rosenthals Chopin , dass seine aufgenommenen Interpretationen von Kompositionen Chopin zu den besten je auf Platte festgelatenen gehören !


    Die im Juni 1939 aufgenommenen h - Moll - Klaviersonate von Chopin in Chicago für "Victor" enthält nach Meinung von Zeitzeugen und späteren Rezensenten einen Ausnahmestatus zugesprochen, weil
    beonders das 'Largo' in seinem Ton ganz aussergwöhnlich ist . Rosenthal führte dies selbst auf seinen Lehrer Mikuli zurück, der ihm das "Geheimnis von Chopin" anvertraut habe .


    Leider haben die meisten Aufnahmen aus dieser Zeit nicht überlebt .
    Zu den sehr empfehlenswerten Aufnahmen chopinscher Kompositionen zählen die Klavierkonzerte in e-Moll und f-Moll .



    GEORGES MATHIAS , der zweite der beliebnden Chopinschüler , unterrichteet am Pariser konservatorium sehr viele Schüler(innen . Sein Spiel war von einem direkteren , 'härteren' Zugrioff gekennzeichnet als bei Karol Mikuli .
    So übereinstimmend nicht nur die Schüler von Mathias .
    Die direkten Schüler von Mathias wie deren Schüler sind bis heute geprägt von den Hinweisen über Chopin .



    Trotz der in Einzelfragen der interpretation gab es mehr Gemeinsamkeiten al Trennendes . Dies betrifft vor allem die Kunst des Rubatos , der sehr flexiblen Spielweise , des Tempos und der Dynamik ( Julia Spinola , 2010 ) .


    Anton Rubinstein , der mit Michalowski gemeinsam (!) auf Konzerttournee ging gehört auch zu diesme Kreis der grossen Chopio-interpreten . Und Anton Rubinstein war unter anderem der Lehrer von Felix Blumenthal , der auch einer der Lehrer von Vladimir Horowitz gewesen ist .



    * * * * *


    Zu der Frage von Aufnahmen der Klaviersonaten in h - Moll und auch in b- Moll und der Aufführungspraxis nach meinen eigenen Nachfroschungen folgendes :


    Persönlich halte ich auch gerade wegen ihrer Unterschiede beid e Klaviersonaten als typische Kompositionen von Frédéric Chopin . Es handelt sich auch um typische Klaviersonaten und nicht 'Fantsien' oder eine Aneinanderrheihung von Einzelkompositionen .


    Jeder Prianst hat ganz bestimmt Vorliegen für bestimmte Werke .


    Auffallend ist , dass es bis zu den sog. Enkeln von Chopin eine Dominanz der h - Moll - Klaviersonate gegebn hat .


    Zeitgleich standen beide Klavierkonzerte im Vordergrund der Aufführungen wie der Aufnahmen ( soweit diese erhalten sind ) .


    Erst durch die oben geschilderten deutlich verbesserten Aufnahmebedingungen, wurde auch die b - Moll - Klaviersonate oft von führenden Pianisten , zum Teil mehrfach , eingespielt .


    Dies finden wie etwa bei Emil GILELS oder Alexis WEISSENBERG auch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts ( Gilels : verschiedene Labels ; Weissenberg : RCA bzw. EMI ) .


    Wenn bestimmte berühmte Pianisten sogar keine der bedien Sonaten aufgenommen haben, so finde ich den besacheidenen Satz von Sviatoslav RICHTER anlässlich des d - Moll - Klavierkonzertes von S. Rachmaninov immer noch am zutreffensten :"Was soll ich dieses Konzert aufnehmen, wo es doch andere Pianisten - gemeint war Yakof Flier - bereits eingespielt haben " .



    Mich selbst interessiert nun sehr, warum Ihr diese h - Moll - Klaviersonate besonders schätzt und warum in welcher Interpretation ?



    Beste Grüsse


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Frank,


    Deine Ausführungen zur Intepretationsgeschichte sind einmal mehr hochinteressant. Ich liebe die h-moll-Sonate sehr. Das ist eine "schöne Welt", sehr klassisch ausgewogen, aber schön im Sinne von Nietzsche: Das Apollinische glänzt, um das Dämonische des dionysischen Untergrundes zu verklären. Chopin schafft sich eine Gegenwelt zur beklemmenden Wirklichkeit. Das ist eine Oberfläche, die Tiefe hat.


    Ich besitze natürlich eine ganze Reihe von Aufnahmen, auch historische wie Cortot z.B. Rosenthal leider nicht - es scheint sie auch nicht zu geben auf CD.


    Eine komisch-merkwürdige Anekdote kann ich beisteuern. Sie findet sich in Cord Garbens Buch über Arturo Benedetti Michelangeli. Garben war der Aufnahmeleiter bei der Aufnahme der h-moll-Sonate, die Emil Gilels für die DGG machte. Er schreibt dort - und das sagt sehr viel über den unglaublich ehrlichen Charakter des Musikers Gilels, dem jede Eitelkeit eines Virtuosen fremd war:


    "Ich erinnere mich an eine Aufnahme der Sonate h-moll von Chopin durch Emil Gilels in der Dahlemer Kirche in Berlin. Im Scherzo bemühte er sich, ganz im Arrauschen Sinn, einen schwierigen Lauf allein mit der rechten Hand zu spielen. Nach ungefähr zehn Versuchen, die ich ihm abtrotzte, ging die Stelle immer noch nicht und der Meister nach Hause. Ich habe dann in seiner Abwesenheit diese Stelle unter Zuhilfenahme eines einzigen Fingers der unbeschäftigten linken Hand selbst gespielt und ihm, nachdem sie der Techniker in die Aufnahme von Gilels eingefügt hat, am nächsten Tage vorgeführt. Er war zufrieden mit "seiner" Arbeit, ersparte mir aber nicht den Vorwuirf, ihm überflüssigerweise die vielen Korrekturen abverlangt zu haben. Es sollte meine letzte Aufnahme mit Emil Gilels sein, der selbstverständlich nie erfahren hat, wer die Zeile vier auf seiner Aufnahme gespielt hat."


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Holger :


    Die Anekdote ist nett . Es gibt davon mehrere über verschieden Instrumentalisten und Sänger .


    Auch ich höre die H - Moll - Sonate von Chopin "klassisch" , womit Du und ich daselbe meinen dürften .


    Aber es müsste eigentlich aus dritter feder der Einwand kommen : Aber Chopin war doch ein typisch polnisch geprägter Romantiker ?


    Ich darf noch einmal auf meine Diskussion 2008 mit Walter T. zurückkommen bezüglich der Frage : Was verstehen wir unter Romantik ? Was ist Romanti bzw. romantisch eigentlich im tieferen Sinn ?


    Bei Klassik denken wir im deutschsprachigen Kulturraum vor allem an J W Goethe , vielleicht noch an F Schiller und - so überhaupt bekannt - an H v Kleist . Dann natürlich an Luwig van Beethoven im Bereich Musik . War etwa Franz Schubert noch "Klassiker" oder vielfach schon der Romantik nahestehend ? Oder täten wir Schuberts Schaffen Gewalt an, wenn wir seine Kompositionen einer ohnehin willkürlich gezogenen Epoche zurodnen ?


    Frage : Ist es überhaupt sinnvoll , solche Eporchen zeitlich


    estzulegen ?


    Dies vor allem im Hinblick auf die Sicht in anderen Ländern .


    Diese grundlegenden Gedanken kommen mir auch immer neu, wenn ich etwa "Hausarbeiten" von Schülern oder Studenten lesen darf . Der Satz "Schreiben macht präzise" ist dann richtig , wenn er auch Anwendung findet .


    Bei Durchsicht mehrerer Fachbücher über klassische Musik iom weiteren Sinn ist s e h r auffallend , wie schulübergreifend die meisten Pianisten oder auch Geiger miteinander sogar gemeinsam konzertiert haben ( und sei dies im privaten Kreis ) .


    A l l g e m e i n : In fast jeden deutschsprachigen Artikel über Musik finden wir regelmässig den angeblichen Alleswisser Wiesenfld Adorno als geradzu höchte Instanzu in Sachen richtig oder falsch . Und dann findet sich der geneigte Leser schon fast direkt bei Heidegger , Riemann und - die macht sich immer gut und gilt als sehr gebildet bei Thomas Mann wieder .


    Ich hatte mir aus unserer Diskussion über "Musikphilosophie" einiges aus dem Lehrstuhl für Philosophie in Freiburg i. Br. ausgedruckt . Dies kann doch immer nur e i n e Meinung sein . Sie kann doch niemals einen Anspruch erheben , allgemeingültig zu sein .



    F r a g e : Ist Chopins Musik als subjektive Aussage nicht Philosophie , gelebte Meinung in viel grösserem Mass als dies durch Worte beschrieben werden kann .


    Auch die Musikästhetik in den Kompositione von Chopin hat eine Verdichtung erfahren im Laufe der Jahre ( auch in der Entwicklung hin von der 1. Klaviersonate zu der h - Moll - Sonate , den Nocturnes oder Mazurken ) .


    Soweit ich dies beurteilen kann , weiche gerade aktuell sehr populäre Philosophen diesen gruindlegenden Fragen aus und wenden sich zeitgeistgemäss lieger der Philsophie von "Wirtschaft und Finanzen" zu ( eine Thema , das in Bälde schon weider nachrangig sein kann ! ) .


    Und wenn Alfred Cortot in seiner Wechselhaftigkeit der Meinungen, sagt, das Édourd Risler der für ihn wichtigste Lehrer gewesen sein, dann frage ich mich , was den die Hinführung Cortots durch Risler zu Wagner denn mit Chopin zu tun hat . Gerade bei Cortot bin ich immer sehr zurückhaltend gewesen( dies gilt auch für seinen Schumann ! ) inwieweit wir hier davon ausgehen können , dass Cortot überhaupt an der interpretationsgeschichtlichen Linie bei Chopin interessiert gewesen ist !
    Die Anwürfe durch André Gide gegen Cortot konnte ich schon immer sehr gut nachvollziehen .




    Absolut dummist die jahrelange Behauptung , dass die Affinität des homosexuellen Gide zu Chopin auch an dessen fälschlicherweise behaupteten Homoerotik gelegen habe .


    Eion Nachsatz zu meinen obigen Ausführungen über die h - Moll - Klaviersonate von Chopin : der von romeo&julia erwähnte M. Pletnev ist einer der jüngeren Pinaisten in der direkten Linie der meister Georges Mathias und Karol Mikuli .



    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Frank,


    natürlich, "Romantik" ist ein komplexer Begriff. Das wäre eine "uferlose" Diskussion. Der Gegner der Romantiker waren auch nie die Klassiker, sondern es war der Zweckrationalismus der Aufklärung. Deswegen ist es nicht verwunderlich, daß es bei Brahms und Chopin klassizistische Züge gibt - wie besonders in der h-moll-Sonate. In diesem Falle finde ich es ratsam, sich auf die "Romantiker" zu beziehen, die Schumann, Chopin oder Liszt rezipiert haben wie E.T.A. Hoffmann, Wackenroder/Tieck usw. Adorno hat seine Meriten, aber neigt auch zum Dogmatismus. Seine Äußerungen zu Sibelius, Schostakowitsch ("verschandelter Mahler") oder Rachmaninow sind einfach nicht genießbar. Das sind durchaus "private" Vorurteile, die er da in viel Gelehrsamkeit verpackt. Was aber seine Bedeutung nicht schmälert. Sein Mahler-Buch z.B. ist ein Meilenstein, auch wenn man nicht in allen Einzelheiten damit übereinstimmen muß.


    Beste Grüße
    Holger

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  • Lieber Holger :



    Wenn wir über Frédéric Chopin schreiben , dann kommen wir alle doch nicht darum herum , den Versuch zu wagen ihn musikgeschichtlich ein- und zuzurodnen . Die Hinweise auf seine grosse Liebe zu Bachs WTK I und Ii und zu Moazertkomposition reicht sowenig aus wie seine abwertende n Bemerkungen übder den - in deutschem Verständnis grossen - Romantiker Robert Schumann darzustellen . Auch Chopins tatsächliches Verhältnis zu Franz Liszt ist doch inzwischen auch wissenschaftlich sauber aufgearbeitet .



    Ist die Zeit in dem damaligen Deutschland , die eien d e u t s c h e Romnatik hervorbringen konnte nicht ganz andesr gewesen als es die Verhältnisse in Frankreich zuliessen ?


    Musste dies nicht auch zwangsläufig Auswirkungen auf die Interpretationsstile haben ?


    Ich kenne leider nur eine ausschnittsweise erhaltene Aufnahme durch den Anton-Rubinstein-Schüler ARTHUR FRIEDHEIM ( er war auch jahrelang Schüler von Franz Liszt und dessen Sekretär ) der ca. ersten 4'30'' des "Marche funèbre" aus Opus 35 aus dem Jahre 1912 / 1913 . Wir können hier fast nicht für möglich zu haltende Gegensätze hören !!! Zunächst eine pompöse heroische Wiedergabe und dann wird dies alls geradezu eingebnet ( Label : PEARL ) .


    W a r u m wird nicht das wiedergegeben, was André Gide über Chopins Werke uns seine Interpretetn und Interpretationen in Deutschland wiedergegeben ? Dabei sind die Gide-Texte sogar in Deutsch erhältlich gewesen . Völiig unverständlich .


    Und Alfred Cortot wusste sehr genau, warum er sich flugs in sein Heimatland Schweiz ( hier nach Lausanne ) zurückgezogen hat nach dem Zweiten Weltkrieg . Für mich war Cortot vor allem auch in Deutschland und Teilen Frankreich ( Kollaboration mit Nazi-Deitschland , wozu Cortot stehen musste ) ein im weiteren Sinne auch 'pollitischer Pianist' .


    Solche Vor - Beurteilungen und oft auch Verurteilungen sind pathognomonisch für sehr viele deutsche und britische Rezensenten ( ich habe gestern Abend noch einiges dazu gelesen ! ) .


    Fiedheims Liszt ist auch bei einem Hörvergleich nach einiger Zeit doch recht domestiziert ( selbst in "La campanella" ! Man vergleiche etwa die spektakuläre Wiedergabe durch G. Cziffra . ) .


    Auch die ausserordentliche Bassbetonung durch Friedheim muss erwähnt werden, weil dieses Stilmittel also keineswegs eine "Erfindung" von Vladimir Horowitz ist !


    Im Hinblick auf die Klaviersonate Nr. 3 h - Moll Op. 58 ist es wichtig, dass in der Sendung des von romeo&julia erwähnten Schweizer Rundfunks die Aufnahme durch Constantin "Dinu" Lipatti fehlt . Lipatti wird interessanterweise gerade auch mit dieser Sonate zunehmen krtischer gehört .


    Sehr beeindruckend finde ich WILLIAM KAPELL mit dieser Klaviersonate ! Das ist schon eine Sicht auf das von mir immer wieder zitierte "Neue Chopinbild" , das ab etwa 1960 auch Pollini und Weissenberg als führende Pianisten entscheidend geprägt haben .


    Auch die Aufnahmen der leider so unterschätzten brasilianischen Pianisten GUIOMAR NOVAES , auf dei hier im Tamino-Klassikforum.at Thomas Pape schon hingewiesen hat , sind frei von dem tradierten , falschen Interpretationsstil bei Chopin . Jedenfalls sehr hörenswert .


    Und , lieber Holger , wir haben beide vergessen auf CLAUDIO ARRAUs Interpretation der h - Moll - Soante hinzuweisen ( EMI ) .



    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna


    Ich kenne leider nur eine ausschnittsweise erhaltene Aufnahme durch den Anton-Rubinstein-Schüler ARTHUR FRIEDHEIM ( er war auch jahrelang Schüler von Franz Liszt und dessen Sekretär ) der ca. ersten 4'30'' des "Marche funèbre" aus Opus 35 aus dem Jahre 1912 / 1913 . Wir können hier fast nicht für möglich zu haltende Gegensätze hören !!! Zunächst eine pompöse heroische Wiedergabe und dann wird dies alls geradezu eingebnet ( Label : PEARL ) .


    Ohnen diese Aufnahme zu kennen, lieber Frank: kann es sein, daß Friedheim den Schluß des Trauemarsches spielt? Eine solche Deutung habe ich nämlich gestern von Guiomar Novaes gehört, die den Trauermarsch recht ruhig beginnt, um nach dem Mittelthema den Marsch mit Wucht wiederaufleben zu lassen. Anfang und Ende des Satzes bieten hier schon extreme Gegensätze.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas :



    Es handelt sich in beiden Aufnahmen um den Beginn des "Marche funèbre" .


    (1) rec.: 1912 / 1913 ; aufgen.: 4'26''

    (2) rec.: 29. April 1912 , aufgen. 4'22'' .


    Beide Aufnahme sind für "Columbia" aufgenommen worden .


    Das exzellente Booklet von Allan Evans ( C : 1992 ) enthält wichtige Hinweise zu A. Friedheims Kunst .


    Ergänzt wird es durch einen Beitrag von Van Cliburns Mutter , die selbst Pinaist war und bei Frieheim studiert hatte . Das ist aus solch einer Sicht einer Zeitzeugen und Schülerin von A. F. schon sehr bemerkenswert ( July 1992 ; Fort Worth , Texas ) .


    Ich werde noch einmal nachsehen, was meine bescheidenen Bücher über die Kunst des Klavierspiels denn auch über A.F. als Inhalt haben .



    Du solltest diese Aufnahmen dann am besten vergleichend selbst hören .


    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin


  • Lieber Frank,


    die französische Romantik hatte zweifellos großen Einfluß auf Chopin und Liszt. Bei Liszt ist dies bei den "Annees de Pelerinages" zu erkennen. Nicht nur, daß "Vallee d´Oberman" auf den Roman "Oberman" von Senancour programmatisch verweist, es sind auch ganze Textpassagen aus Senancour im Notentext abgedruckt. Bei Liszt ist die romantische Idee der Einheit aller Künste wirklich greifbar (Literatur, bildende Kunst, Musik).


    In Wien, Düsseldorf und Baden Baden hat der Pianist Franz-Josef Birk in den letzten Jahren einen Chopin-Zyklus gespielt. Im diesjährigen März gibt er den letzten Abend im schönen Wiener Bösendorfer-Saal, bevor dieser (wegen Yamaha, die Bösendorfer gekauft haben) dicht gemacht wird. Zu dem Konzerten gehört die Lektüre u.a. von Chopins Briefen. An einem der Abende hatte er auch aus Andre Gides Text über Chopin gelesen. Die Folge war, daß er ab dem Datum in einem bestimmten Konzertsaal, einer Kirche in Düsseldirf-Gerresheim, nicht mehr auftreten durfte. Die Katholiken dort haben daran Anstoß genommen, daß er diesen "Schmutzfink" und Atheisten Andre Gide gelesen hat. Grotesk-lächerlich, aber wahr. Ich war übrigens bei dem sehr schönen Konzertabend dabei!


    Danke für den Tip mit Arthur Friedheim - die kompletten Aufnahmen gibt es auf CD.


    Alfred Cortot ist finde ich ein Philosoph als Pianist. Hochinteressant sind seine poetisch kommentierten Ausgaben, auch von den Sonaten. Murray Perahia hat zudem einige seiner Meisterklassen-Kurse herausgegeben, wo er u.a. auch die h-moll-Sonate vor Studenten spielt und dabei erklärt. Sehr hörenswert! (Gibt es als CD, Cortot spricht Französisch, das Beiheft gibt eine englische Übersetzung.)


    Arraus Aufnahme ist ganz großartig. Beeindruckend: Er ist der einzige, der im Scherzo Chopins groß angelegte Bögen wirklich so spielt, wie sie notiert sind. Lipattis Aufnahme habe ich schon lange nicht mehr gehört. Lipatti ist natürlich eine Legende, ich habe seine Aufnahme als sehr "schnell" in Erinnerung. Kapell ist auch ein ganz großer - seine Aufnahme und die von Noaves kenne ich leider nicht.


    Was Du über den Baß bei Friedheim schreibst, ist interessant. Hier lohnt es sich, Chopin z.B. auf einem zeitgenössischen Erard-Flügel zu hören, den Chopin selbst besessen hat. J. Oleiniczak hat darauf die b-moll-Sonate eingespielt. (Sehr hörenswert, hervorragend interpretiert!) Der Erard-Flügel hat einen sehr dunklen, expressiv-anspringenden Baß, ganz anders als die heutigen, modernen Instrumente. Wenn man das einmal gehört hat, versteht man, warum Cortot etwa mit Oktavierungen arbeitet. Das kann man als Versuch werten, diesen baßbetonten Klang des alten Instruments auf dem modernen Konzertflügel nachzuahmen.


    Beste Grüße
    Hiolger

  • Lieber Holger :



    ich lese ja eher selten eine Düsseldorfer Tageszeitung .


    Die Kirche in Düsseldorf - Gerresheim müsste "St. Margaritha" gewesen sein .


    André Gide war vielleicht "Atheist" , aber schlimmer noch für die Heuchel - Moral : Gide war homosexuell . Das weiss jeder .


    Gerresheim ist von der Infrastruktur her..., lassen wir das jetzt .


    Jedenfalls ist die Katholische Kirche in ihren Grundlagen in Deutschland von ihrer "Lebensprais" inzwischen eingeholt worden !!!#


    Schlimmer gehtes nicht !


    Das alles , es muss hier gesagt sein , ist so widerwärtig !


    Noch vor wenigen Wochen hat mir eine Bekannte über St. Blasien , wo auch der CDU - Jesuiten- Star Heiner Geissler katholisch erzogen wurde , gesagt .Da laufen nur Verstörrte rum !


    Wie gesagt : 2009 f. .


    Für Herrn BIK als sicherlich wundervollen Interprten von Chopin und Kenner der kulturellen Gesamtunstände tut mir dies sehr Leid !


    Bedauerlich auch, dass Yamaha so mit dem Bösendorfer - Kulturerbe in Wien (!) umgehen darf .


    Interessant sind Deine Ausführungen über Liszt . Ich denke auch, dass er von dem Etikett des Superpianisten seiner Zeit befreit werden musste , besor es etwa in den 1970er Jahren eine regelrechte Lizt-Renaissance gegeben hat .


    Interessant für mich war gestern Abend zu lesen, dass einige seiner zahlreichen Schüler dasselbe Programm gespielt haben,das auch Franois - René DUCHABLE rund 100 Jahre später gewählt hat ( es gibt davon eine Studiaufnahme jetzt bei "ERATO" ) .


    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • RUDOLF FIRKUSNY , der US - Amarikaner aus der früheren Teschechoslowakei , war einer der bedeutenden , prägenden Pianisten
    seiner Zeit .


    Er sass in den wichtigsten Juries der Klavierwelt !


    Bei ORFEO finden wir eine Interpretation der Klaviersonate h - Moll von Frédéric Chopin durch Firkusny , die zu hören lohnt .


    Die etrem selten zu hörende Sonate von Janacek ist ebenso auf der CD wie eine sehr eigenwillige Sicht auf Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung" .


    F a z i t : Kaufempfehlung .


    Chopin : ****


    Janaceck : *****


    Mussorgsky : **** .



    Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von Dr. Holger Kaletha
    Womit man nicht weiter kommt, ist eine "ideologische" oder "ideologisierende" Kritik, die einen weltanschaulichen Standpunkt einnimmt und entsprechend abweichende musikalische Weltanschauungen verteufelt und verdammt.


    Jeder Musikkritiker, gleich ob er Hanslick, Adorno oder Kaiser hieß, nimmt bis auf den heutigen Tag ganz automatisch einen von zwei Standpunkten ein, die von Dir m.E. unzutreffend als „weltanschaulich“ bezeichnet wurden. Es ist eher sozusagen die „Dialektik“ bzw. der Dualismus der Musikinterpretationskritik.
    Entweder man folgt dem Dogma von der freien, „poetisierenden“ Interpretation, die die Komposition als eine Art Anregung oder Aufruf zu individueller Selbstverwirklichung versteht oder man bekennt sich zum Dogma von der Werktreue, weil man den Komponisten als einzigen Legitimator des in den Noten ausgedrückten musikalischen Gedankens ansieht. Die Anhänger der erstgenannten Richtung können sich unter den Dirigenten auf Furtwängler berufen, die der letztgenannten auf Toscanini. Das sind die beiden Pole.
    Ja, ich mache keinen Hehl daraus, dass ich das Dogma von der freien, „poetisierenden“ Interpretation kategorisch ablehne und uneingeschränkt dem musikalischen Selbstverständnis Toscaninis folge, der sich sinngemäß als kleiner, vergleichsweise unbedeutender Organisator der Werke großer Meister verstand. Er wusste sehr gut, warum man bei Interpreten klassischer Musik nie von „genial“, sondern von „kongenial“ sprechen sollte! Vereinfacht gesagt: Ohne Komponist wäre jeder ausübende Künstler im Grunde ein Nichts. Toscanini war im wahrsten Sinne des Wortes ein Diener von Werk und Urheber, während man bei Horowitz, Furtwängler und Gleichgesinnten regelmäßig sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass sie sich als verhinderte Komponisten fühlen (bei F. ist das ja durch einige eigene Arbeiten in der Tat erwiesen!) und sich in einer rein dienenden Funktion - vermeintlich - unter Wert gesehen hätten.



    Zitat

    Original von Dr. Holger Kaletha
    Bei der b-moll-Sonate ist es einfach ein interpretationsgeschichtliches Faktum, daß nicht der "neusachliche" Interpretationsstil der beherrschende ist, sondern poetisierende Deutungen die bestimmenden sind, die im Lichte einer poetischen Idee sich einen freien Umgang mit dem Notentext bis hin zu Eingriffen erlauben, die an eine Transkription erinnern.


    Dann wüsste ich nur zu gerne, warum sich Chopin überhaupt die Mühe gemacht hat, zu Phrasierung, Dynamik und Tempo ganz spezielle Anweisungen in die Noten zu schreiben. Hätte er es nicht ungleich bequemer gehabt, wie im großen und ganzen J.S.Bach auf Vorschriften zu Dynamik und Tempo zu verzichten ?



    Zitat

    Original von Dr. Holger Kaletha
    Sie folgen im Prinzip der ästhetischen Einstellung von Ferruccio Busoni, wonach der Notentext nicht mit der "Idee" des Komponisten identisch ist, sondern bereits eine Transkription des musikalischen Gedankens darstellt, der deshalb auch weiter transkribiert werden kann und darf. Die poetisierende Deutung will also die "Idee" des Komponisten "besser" realisieren, als es der Komponist mit seinem Notentext selbst vermochte.


    Wenn dies so wirklich, ich betone: wirklich zum Ansatz der poetisierenden Deutung gehört, möchte ich Interpreten, die für sich in Anspruch nehmen, die musikalische Idee „besser“ zu verstehen als der Komponist, obwohl sie, der einzelne Interpret, in eigener Person kompositorisch nie auch nur das Geringste von bleibendem Wert zu Papier gebracht haben oder hätten bringen können, als an einer Vorstufe zu Megalomanie leidend typisieren. :yes:



    Zitat

    Original von Dr. Holger Kaletha
    Dagegen verzichtet die CBS-Aufnahme von 1962 auf jede Art von Theatralisierung. Da kommt der einzigartige Klavierpoet Horowitz zum Vorschein. Mein Urteil steht jedenfalls fest: Die Interpretationen von Horowitz gehören zu den einsamen Gipfeln der Interpretationsgeschichte!


    Die Komplettaufnahme von 1962 finde ich nirgends, leider kann ich auch nicht mit Bestimmtheit sagen, welche Aufnahme ich im Kopf gehabt habe.
    Es muss wohl die letzte Horowitz-Einspielung der b-moll-Sonate gewesen sein - das Konzert im Weißen Haus im Februar 1978. Denn hier sehe ich meine Meinung vollauf bestätigt in einem Maß, das unseren Rahmen fast sprengen würde. Sicher, trotz mancher falschen Töne in diesem Live-Mitschnitt (Horowitz zählte bereits 74 Jahre) klingt das Ergebnis nach großer Musik, nach einem langen Leben am Klavier, nach klarem, planvollen Musizieren, und ohne Hinzuziehung des Notentextes, also quasi aus der Perspektive des Präsidentenpaares und der übrigen Konzertgäste, wurde man in erster Linie Zeuge eines Klaviertones und eines Chopin-Stils, der uns in das mittlere 19. Jahrhundert zurückversetzen vermag.
    Aber ... dieser Effekt ist teuer erkauft! Erkauft mit unzähligen Abweichungen von den Anweisungen des Komponisten, die Horowitz kaum plausibel hätte begründen können, zumindest nicht in diesem Umfang. Übrigens war der Beifall für Horowitz-Maßstäbe verhalten, frenetisch klingt anders. Und Horowitz wirkte, soweit man das aus seiner Mimik schließen kann, auch nicht allzu zufrieden.


    Von der 1962er Aufnahme habe ich mir jeweils die im Netz frei zugänglichen ersten 60 Sekunden angehört und sie mit dem Notentext verglichen. Hier meine kleine Analyse:
    Im I. Satz spielt Horowitz in Takt 29 piano (subito), obwohl von Chopin nicht vorgesehen.
    In den T.25-36 sind die jeweils dritten und siebten Achtel, teils auch die vierten und achten Achtel der linken Hand v.a. im hinteren Teil kaum hörbar. Dieser Trick erst erlaubt Horowitz das (zu) schnelle Tempo! Hätte er nämlich Wert darauf gelegt, die li. Hand in dieser Passage, so wie vorgeschrieben, ebenso wie die Melodie führende re. Hand, forte zu spielen, würden Unsauberkeiten der li. Hand wesentlich besser hörbar, so dass dieses rasante Tempo selbst für einen „großen Pianisten“ (laut Joachim Kaiser) praktisch nicht mehr zu meistern wäre! Trotz dieses Virtuosentricks kann man hören, dass das erste Achtel in T.34 links unsauber ist.
    In T.43 kürzt Horowitz den lang gehaltenen ganzen Ton, einen Quart-Sept-Akkord, willkürlich um ein Viertel.
    Im II. Satz, genauer in den Takten 21-26, spielt Horowitz in der re. Hand, nachdem er den vorgeschriebenen (einfachen) Akzent auf dem Viertel in T.21 weggelassen hat, einen starken Akzent i.S. eines sforzato auf der parallelen Stelle in T.25-26, wo Chopin jedoch gar keinen Akzent gesetzt hat!
    Im III. Satz gibt Horowitz nach dem zuvor vorgeschriebenen piano die Takte 9, 10 wie ein mezzoforte wieder, obwohl mangels neuer Dynamik-Vorschrift weiterhin piano gewollt ist. Noch eigenwilliger klingt die Aufnahme von Feb. 1978 aus dem Weißen Haus, wo Horowitz in der Parallelstelle (Takte 61-62) statt des vorgeschriebenen diminuendo ein sforzato spielt, also das relativ genaue Gegenteil von Chopins Anweisung.
    In den Takten 77 ff. wiederum, wo Chopin ausdrücklich ein fortissimo haben will, zieht es Horowitz ganz piano vor!
    Und im IV.Satz schließlich "sündigt" Horowitz besonders! Davon kann sich jeder Besitzer der Henle-Ausgabe der Sonate leicht überzeugen, indem er versucht, den dort angegebenen Fingersatz (Henle-Fingersätze sind m.E. in aller Regel die besten und ausgeklügeltsten, wobei es auch hier Ausnahmen gibt) auch nur annähernd im 1962er-Tempo zu spielen. Es ist schlechterdings nicht möglich! Selbst wenn man annimmt, Horowitz habe sich einen eigenen Fingersatz auf den Leib geschrieben (er war ja bekannt für seine Eigenbearbeitungen zwecks höherer Schwierigkeit), steht für mich fest, dass sein Fingersatz, falls überhaupt, nicht so entscheidend besser als derjenige von Henle gewesen sein kann, dass ein Großteil der Töne der li. Hand, dem man angesichts des wahnwitzigen Tempos im Zusammenwirken mit dem nebulösen „Pedalteppich“ mit bloßem Ohr nicht folgen kann, nicht entweder unsauber oder nicht parallel zur re. Hand gespielt ist.
    M.a.W. verfährt Horowitz wieder einmal nach der Methode ‚Der Zweck heiligt die Mittel’. Denn sein Zweck ist im Bereich der expressiven romantischen Klaviermusik die unbedingte Grandezza „auf Teufel komm raus“, das auf Effekte lauernde Virtuosentum. Und um diesen Zweck zu erreichen, opfert er sowohl die Vollständigkeit bzw. Sauberkeit einzelner Töne wie v.a. die Werktreue, d.h. die konsequente Umsetzung der Anweisungen des Komponisten für Phrasierung, Dynamik und Tempo.

  • Lieber PianoForte :




    Gibt es von dieser sehr späten Horowitz - Interpretation einen zugänglichen Mitschnitt ?


    Falls ja : wo bitte . Danke im voruas !


    Frank


    PS.: Unabhängig von dem Alter von Vladmir Horowitz war das, was Du beschreibst, einer der Hauptvorwürfe gegen ihn schon in sehr viel früheren Jahren ( etwa als er Vladmir Sapellnikov regeölrecht aus dem Aufnahmestudio vertrieb und später Benno Moiseiwitsch ) . Das Publikum war aber restlos begesitert .



    Teile Deine Meinung über die HENLE - Ausgaben.
    Dennoch sollte man wissen, welche Editon Horowitz hatte .



    Appllais im Weissen Haus in Washington besagt eigentlich nicht viel über den Rang einer interpretation .
    Sonst müsste Van Cliburn der grösste aller Pinaisten sein .


    Meines Wissens war die einzige Musikexpertin aus der Reihe der Präsidenten und deren Ehefrauen nach dem Zweiten Weltkrieg Mrs. Roslayn Carter . Diese hat sogar mit sehr schöner Handschrift die Einladungen zumindest unterschrieben .
    F.

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von PianoForte29
    Entweder man folgt dem Dogma von der freien, „poetisierenden“ Interpretation, die die Komposition als eine Art Anregung oder Aufruf zu individueller Selbstverwirklichung versteht oder man bekennt sich zum Dogma von der Werktreue, weil man den Komponisten als einzigen Legitimator des in den Noten ausgedrückten musikalischen Gedankens ansieht. Die Anhänger der erstgenannten Richtung können sich unter den Dirigenten auf Furtwängler berufen, die der letztgenannten auf Toscanini. Das sind die beiden Pole.
    Ja, ich mache keinen Hehl daraus, dass ich das Dogma von der freien, „poetisierenden“ Interpretation kategorisch ablehne und uneingeschränkt dem musikalischen Selbstverständnis Toscaninis folge,


    Die "poetisierende" Interpretation so zu interpretieren, ist schlicht ideengeschichtlich falsch. Auch die Romantiker haben die Vorstellung, daß Musik so etwas wie ein eigenständiges "Werk" verkörpert, das der Intepret zu achten hat. Die Auffassung von Schlegel ist, daß dieses Werk als solches geschichtlich veränderlich ist. Das "Weiterdichten" an einem Kunstwerk ist natürlich alles andere als willkürlich, man muß sich auf Gegebenes beziehen, mit dem Autor auf derselben geistigen Höhe (!) kommunizieren, indem man das Werk wirklich interpetiert. Busoni, auf den ich hingewiesen habe, hat anders als Schlegel die klassizistische Vorstellung eines unveränderlichen, zeitenthobenen Werkes, nur besteht dieses in einer Werk-Idee, und diese ist nicht einfach identisch mit dem, was in der Partitur steht. Es reicht nicht das Aufgeschriebene gleichsam nachzuplappern, es verlangt eine Deutung, welche das wirklich Geschriebene auf die betreffende Idee bezieht. Die Frage ist zu beantworten: Warum ist das sinnvoll so, wie es da geschrieben steht?


    Zitat

    Original von PianoForte29
    Wenn dies so wirklich, ich betone: wirklich zum Ansatz der poetisierenden Deutung gehört, möchte ich Interpreten, die für sich in Anspruch nehmen, die musikalische Idee „besser“ zu verstehen als der Komponist, obwohl sie, der einzelne Interpret, in eigener Person kompositorisch nie auch nur das Geringste von bleibendem Wert zu Papier gebracht haben oder hätten bringen können, als an einer Vorstufe zu Megalomanie leidend typisieren. :yes:


    Das Prinzip, einen Autor besser zu verstehen als er selbst, stammt aus der Hermeneutik. Dahinter steht eine Auffassung vom Werk, wonach das Werk nicht einfach nur der Spiegel der Intentionen des Autors ist, seiner Biographie usw., sondern eine vom Autor unabhängige, eigenständige Qualität hat. Hans Georg Gadamer spricht vom "Vorgriff der Vollkommenheit" bei der Interpretation. Es gilt letztlich dem Werk gerecht zu werden, und nicht dem Autor. Und da macht es wenig Sinn, dem Hermeneuten vorzuwerfen, er dürfe bei seiner Intepretation so nicht verfahren, weil er selbst nicht "Dichter" sei. Es gibt viele Äußerungen von Autoren bzw. Komponisten, die sagen, daß sie ihr eigenes Werk erst richtig kennengelernt haben, als es von Anderen interrpetiert wurde, es Seiten gezeigt hat, die ihnen selbst verborgen geblieben sind.


    Ich erinnere mich, daß dieses Horowitz-Konzert aus dem Weißen Haus mal vor mehr als 20 Jahren im Fernsehen gesendet wurde. An die b-moll-Sonate kann ich mich aber nicht wirklich erinnern. Auch ist dieses Konzert soviel ich weiß nie auf CD veröffentlicht worden. Ich halte es für ein nicht haltbares Voruteil, Horowitz generell zu unterstellen, daß es ihm nur um Effekte geht. Sicher, es gibt solche Züge der Theatralisierung bei Horowitz. Das ist aber nur eine der Seiten der hochkomplexen musikalischen Persönlichkeit Horowitz. Zu Byron Janis sagte er: "Im Konzertsaal mußt Du übertreiben"! Im Konzertsaal - aber eben nicht im Tonstudio. Horowitz war sich der unterschiedlichen Situation des Konzerts und einer Studioproduktion sehr wohl bewußt. Es gibt wie gesagt andere Interpreten, die noch viel radikaler in den Notentext eingreifen als Horowitz. Mich überrascht ein wenig Deine Darstellung des Presto-Finales. Die Aufnahmen von !950 und 1962 sind überhaupt nicht überdreht im Tempo und Horowitz spielt hier pulvertrocken - die 1962iger Version ist lediglich eine Spur "weicher" als die alte Aufnahme, die da sehr kompronißlos ist. Gerade hier muß man feststellen: Chopin läßt dem Interpreten einen großen Freiheitsspielraum. Außer "sotto voce e legato" ist da nichts an Vortragsanweisungen notiert - keine Bögen, keine dynamischen Beizechnungen wie p, pp, mf, f - rein gar nichts! In der Ausgabe der Edition Peters, die ich besitze, steht im Baß Takt 1 "senza P". Daran hält sich Horowitz in den genannten Aufnahmen sehr strikt. Andere Interpreten, die für ihre Notentexttreue bekannt sind wie etwa Emil Gilels, der nun wahrlich nicht in dem Ruf steht, Effekte machen zu wollen, spielen hier mit reichlich viel Pedal. Für mich macht es wenig Sinn, den einzelnen Interpreten pedantisch irgendwelche "Eigenwilligkeiten" vorzurechnen. Das geht bei nahezu allen und das wäre mit Wagner gesprochen beckmesserisch. Es kommt auf die Schlüssigkeit der Interpretation insgesamt an und ob das in dem Benühen geschieht, der Musik ausdeutend einen Sinn zu geben. Einem Cyprien Katsaris nehme ich seine Manierismen beispielsweise übel, eben weil ich einen solchen Sinn nicht erkenne.


    Und ob man wirklich alle Vortragsanweisungen des Komponisten umsetzen kann, ist die Frage. Die Textnotierung eines Komponisten kann durchaus inkonsequent sein. Auch der Komponist ist nicht unfehlbar, was die Ausführung seiner Gedanken in Noten angeht. Darauf hat Alfred Brendel zu Recht hingewiesen. Außerdem darf man auch nicht vergessen, daß die Instrumente, die Chopin zur Verfügung hatte, bei weitem nicht die Möglichkeiten bieten wie ein moderner Konzertflügel von heute. Auch das muß der Interpret berücksichtigen, wenn er daran geht, das umzusetzen, was in den Noten steht.


    Beste Grüße
    Holger

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Teile Deine Meinung über die HENLE - Ausgaben.
    Dennoch sollte man wissen, welche Editon Horowitz hatte .


    Lieber Frank,


    nun haben wir wieder mal die h-moll-Sonate "verdrängt". Die neueste kritische Ausgabe der b-moll-Sonate (ich weiß nicht, ob von Henle oder eine andere) bringt als wesentliche Korrektur, daß die Grave-Einleitung in die Expositionswiederholung aufgenommen wird. Die bis dahin üblichen Ausgaben seien durch einen Abschreibefehler der deutschen Edition entstanden. Auch darüber kann man diskutieren, ob nicht die vermeintlich "falsche" Ausgabe hermeneutisch die bessere ist. Pollini in seiner letzten Version spielt nach dieser kritischen Edition.


    Noch ein Nachtrag: Nextnotierungen von Komponisten sind manchmal sehr "idealistisch", kümmern sich wenig um die tatsächliche Ausführbarkeit. Es gibt da die signifikante Anekdote mit Beethoven, wo ein Bläser sich beschwerte, daß diese Notierung nicht ausführbar sei. Darauf Beethoven derb: "Was interessiert mich Dein Scheiß Instrument!" Das Presto-Finale von Chopins b-moll-Sonate ist so ein Fall. Die spärlichen Anweisungen, die Chopin gibt, sind ausführungstechnisch so etwas wie die Quadratur des Kreises. Nicht zuletzt deswegen gibt es da so viele verschiedene Wege, welche die Interpreten einschlagen.


    Beste Grüße
    Holger

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  • Auch wenn der Verlauf der Diskussion wohl ein wenig vom eigentlichen Thread - Thema wegführt, Glückwunsch allen Beteiligten für diesen hochinteressanten und so komplexen Verlauf.


    Mich erinnert das alles doch sehr stark an die Regietheater - oder auch die HIP - Diskussion.


    Ist das Kunstwerk ein für alle Zeiten Festgeschriebenes, unveränderlich und immer historisch korrekt und dem Buchstaben getreu aufzuführen oder wächst und verändert es sich mit den Zeiten, den Interpreten, den Gesellschaften und den uns umgebenden Bedingungen?


    Ich würde ich diese Diskussion nicht auf die Musik beschränken. Im Theater ist es ja nun seit Jahrhunderten gang und gebe, dass Texte gekürzt und auch umgestellt werden, Regieanweisungen aus der Notwendigkeit der Praxis heraus geändert werden (ich rede hier noch nicht von den „Auswüchsen“ modernen Regietheaters) und auch Anweisungen des Autors hinsichtlich der jeweiligen Stimmung von Schauspielern oft negiert werden.


    Ich habe einmal wahllos den Schillerschen Carlos aufgeschlagen, um etwas dem Piano - Angaben , auf die PianoForte 29 bei Chopin hinwies, Entsprechendes zu finden. Da heißt es im 2. Akt, 1. Auftritt: Carlos (lebhaft und mit Wärme auf ihn zugehend) „Sie sind‘s gewesen. Hassen Sie mich nicht mehr…“


    Oscar Werner spricht es still und fast weinerlich. Rolf Henniger drängend und energisch, aber relativ kühl, Hans Quest ist durchaus warm und einigermaßen lebhaft, lässt aber die Fortsetzung (Hassen Sie…) aus, Walter Reyer sehr mitfühlend und warm. Alles große Schauspieler. Darf aber nur Reyer für sich in Anspruch nehmen, den Willen des Autoren zu erfüllen? Liegt Werner vollkommen falsch und muss kategorisch abgelehnt werden?


    Ich glaube nicht, dass wir mit solch einer „Beckmesserei“ wirklich weiter kommen. Ich glaube auch nicht, dass man nur Toscanini und seinen Nachfolgern zugestehen kann, sie allein würden dem Komponisten dienen und allen, die einen anderen Umgang mit dem Notentext sich erlauben, würden nur sich selber herausstellen wollen. Maria Callas hat, und das kann wirklich niemand bezweifeln, spätesten ab etwa 1953 immer den Komponisten im Blick gehabt und trotzdem immer wieder die Notwendigkeit von Strichen im Werk verteidigt. Andererseits erinnere ich mich an Mutis Attila in Mailand. Noten- und Textgetreu, aber, vielleicht gerade deshalb, ziemlich langweilig und damit den Intentionen Verdis wohl kaum gerecht werdend.


    Ich denke nicht, dass man es an bestimmten Änderungen des Notentextes oder auch des Sprechtextes festmachen kann, schon gar nicht, ob man einem Werk dient oder eher sich selber. Problematisch, aber für eine Diskussion auch interessant, wird es meiner Meinung nach, wenn die Eingriffe überhand nehmen, wenn, wie in Hamburg im Thalia - Theater in der Medea plötzlich der Macbeth - Monolog zu hören ist oder eigene Texte („Ich heiße Medea und bringe meine beiden Kinder um. Ich heiße N.N. und bin schwanger und hoffe, dass ich mein Kind nicht umbringe.“) Aber muss man dass nicht auch akzeptieren, wenn man eine Fortschreibung des Kunstwerkes gutheißt? Oder wollen wir für alle Zeiten immer nur, falls überhaupt möglich, die originalgetreue Restaurierung. Welche Möglichkeiten bleiben den Künstlern dann eigentlich noch, sich selber einzubringen? Und wollen wir nicht den Künstler, der durchaus eigenständig an ein Kunstwerk herangeht, mit seiner Persönlichkeit, seinen Erfahrungen, auch seinen Neurosen, seinen Ängsten, seinen Zweifeln oder seinen Hoffnungen, seiner Freude, seiner Zuneigung? Hat der Künstler nicht oftmals erst den Abstand, anders als der Urheber oder auch das Genie, Dinge zu erkennen, die zusätzlich im Kunstwerk vorhanden sind? Kann man ihnen dann untersagen, gewisse Eingriffe vorzunehmen? Die natürlich im Rahmen bleiben müssen, womit es wieder sehr kompliziert wird. Werden solche Künstler, die sich Freiheiten erlauben, den Kunstwerken nicht sogar eher gerecht, da sie versuchen, es in seiner gesamten Bandbreite zu erfassen?


    Als alter Furtwängler- und Horowitz - Fan trafen mich die Bemerkungen von PianoForte 29 natürlich besonders. Aber auch unabhängig davon, würde ich jedem Künstler zugestehen, ein Kunstwerk neu für sich zu entdecken, auch wenn dabei Noten, Wiederholungen oder Anweisungen des Autoren verlustig gehen. Man sollte es nur von Einzelfall zu Einzelfall untersuchen, was diese Änderungen für das Werk bringen. Ein Sängerin, ein Sänger, der am Ende einer langen Laufbahn irgendeinen vorgeschriebenen hohen Ton nicht mehr singen kann, bestimmten Schwierigkeiten aus dem Wege geht, dafür aber eine ausdrucksstarke und erfüllende Interpretation liefert, würde ich doch deshalb nicht ausbuhen.


    :hello: Gustav

  • Lieber Holger ,


    lieber PianoForte !



    Wenn und wann immer es möglich ist, dann m u s s man einfach wissen, welchen Notentext ein Interpret verwendet ( hat ) .


    Bei Chopin kann man mit guten Gewissen nach der Ausgabe von Paderewsky und Mitarbeitern spoielen wie nach der Ausgabe des bedeutenden Chopin - Interpreten Ignaz Friedman .


    Ich hatte mehrfach gelegnehit beide auch die ausführliche mit zig Anmerkungen und Hinweisen versehene von Paderewsky in Händen zu haben .


    Dann gibt es die Autographensammler . Wer weiss , ob nicht Vladimir Horowitz persönlich im Laufe seines langen Künstlerlebens nicht mehrere Editoonen herangewzogen hat ? Ob er nicht die zugänglichen Wissenschaftlichen Quellen genau studiert hat ( ob wohl diese k e i n Garant für eine absolute "objektivität" der Chopin - Handschriften wie der von seinen Schülern vielelicht gefertigen Abschriften sein müssen ) ?


    Ich habe heute am frühen Abend drei prall gefüllte Kartons mit verschiedenen Aufnahmen aus ganz verschiedenen Jahren, unterschiedlichen Labels durchgelesen auf die Frage hin: Welche Notenausgabe hat V. H. denn verwendet ?


    Ich habe keine einzige verwetbare Fundstelle für unsere Diskussion hier gefunden .


    Möglicherweise hatte Horowitz seine eigenen Notentext erarbeitet , viielleichtb geändert ? Ich weiss es nicht . Und auch sein enger Freund Harold C. Schonberg schreibt nichts darüber !


    Ob die - auch von mir im Grunde favorisierten Henle - Ausgaben - "richtiger" sind als die von Friedman , Padererewsky , Moritz Rosenthal oder Josef Hofmann und Horowitz ist wohl nicht zu beantworten .


    Und wäre ich ein Pianist vom Range eines Horowitz , dann , da bin ich sicher, würde kein einziger zhörer im Konzert ausserhalb der absoluten Spitzenprofis erkennen, welche Edition ich gerade meiner Interpretation zu Grunde lege .


    Dasselbe kann man mit bestem Gewissen auf alle anderen bedeutenden Chopin- Spezialisten übertragen .


    Ich gehe aus meiner persönlichen , über mehrere Jahrzenhte gehenden Erfahrung davon aus, das alle grossen Pianisten sehr sorgfältig mit den Werken Chopins umgegangen sind und umgehen .


    Da , Du liebr Holger , die Edition Peters angesprochen hast ein Hinweis zu Beethoven : Wir alle wissen, dass Claudio Arrau seine berühmte Beethoven-Ausgabe bei Peters hat verlegen lassen .


    Es gab immer Pianisten, die diese abgelehnt haben, weil sie regelörecht Angst hatten, so in die Sicht von Arrau zwnagsweise eingebunden zu werden ( es wäre sehr schön gewesen , wenn einer dier Skeptiker dann mit einer anderen Ausgabe das interpretatorische Niveau von Maetro Arrau erreicht hätte . ) .


    Der "freieste" CHopin- Interpret, den ich je gehört habe ( CD ) war zweifelsfrei der grosse Josef Hofmann . Freiheit bei Hofmann hat niemals Willkür im Umgang mit Chopin bedeutet !


    Es sind über die rund 150 Jahre iNterpretatioonsgeschichte auch Fragen des Interpretations - S t i l e s der jeweiligen Zeit geweesen ( so bei Paderweswsky oder auch bei seinem Kritiker und Hofmann - Schüler Shura Cherkassky ) . Arthur Rubintsein spielte seine Maturken oder Nocturnes in den beiden mir beklannten Gesamtausgaben völlig anders .


    Dies gilt grundsätzlich für fast jedes Werk von Frédéric Chopin .


    W o finden wir den "exakten" Notentext , den etwa Samson Francois spielt ? Oder Vlado Perlemuter ? Dazwischen liegen auch musikästhetische Welten !


    Man mag ein sehr grosser Horowitz - Sketiker und Horowitz - Kritiker sein , aber man wir dihm schon zu Gute halten müssen, das er wusste , was er wie spielte . Auch wenn ich selbst angesichts von zwei heute erstmals gehörten Mitschnitten zweier seiner abgeblich überragenden Einspielungen , etwa aus seiner mittelren Schaffenszeit , eher den Eindruck bekam, das das keineswegs der Horowitz ist, wie er immer ( wohl zum Teil auch falsch ) beschrieben wird .


    Wenn ich die auch sehr unterschiedlichen Meinungen über das Spiel ( nicht den Menschen ! ) Horowitz lese , dann weiss ich, dass doch unendlich viel i n seinem Spiel sein muss , dass selbst die Nachwelt noch dermassen spaltet ( nicht unähnlich etwa Rachmaninov , Simon Barere , Weissenberg oder auch Martha Argerich ) .


    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von Gustav


    Als alter Furtwängler- und Horowitz - Fan trafen mich die Bemerkungen von PianoForte 29 natürlich besonders. Aber auch unabhängig davon, würde ich jedem Künstler zugestehen, ein Kunstwerk neu für sich zu entdecken, auch wenn dabei Noten, Wiederholungen oder Anweisungen des Autoren verlustig gehen. Man sollte es nur von Einzelfall zu Einzelfall untersuchen, was diese Änderungen für das Werk bringen.


    Lieber Gustav,


    danke für den sehr schönen Beitrag mit vielen erhellenden Beispielen, dem ich nur zustimmen kann! Das ist in der Tat das Grundproblem: Wie faßt man die Identität und zugleich Veränderlichkeit eines Kunstwerks? Roman Ingarden, auf den ich schon hingewiesen hatte, würde sagen: Die wandelbaren "Konkretisierungen" (wie die verschiedenen Aufführungen einer Oper) dürfen die Identität des "Aufbaus" nicht gefährden, wenn man etwa willkürlich die Reihenfolge der Szenen und Arien umstellen würde. Auch die Kürzungen besonders in der Oper sind da zweifellos eine Unsitte. (Gustav Mahler war einer der ersten, der sie abgeschafft hat.) Anders sieht es z.B. aus mit dem Weglassen von Expositionswiederholungen. Da gibt es selbst unter Musikwissenschaftlern keine eindeutige Meinung. Hier muß der Interpret von Fall zu Fall nach eigenem Gewissen unterscheiden. Die tiefergründige Frage ist natürlich: Wie sind solche Vortragsanweisungen zu verstehen? Gewiß nicht als "Befehl", dem man ohne eigenes Nachdenken über den Sinn einfach Folge leisten müßte. Meine Meinung: In der Regel sollte man sich an die Vorgaben des Komponisten halten. Wenn man davon abweicht, dann sollte man das sehr gut begründen können. Lazar Berman sagt sehr schön über seinen Lehrer Samuel Goldenweiser: Er verlangte von seinen Schülern das Handeln nach der Maxime: "Jeden Ton, den man spielt, muß man begründen können!"


    Beste Grüße
    Holger

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Da , Du liebr Holger , die Edition Peters angesprochen hast ein Hinweis zu Beethoven : Wir alle wissen, dass Claudio Arrau seine berühmte Beethoven-Ausgabe bei Peters hat verlegen lassen .


    Es gab immer Pianisten, die diese abgelehnt haben, weil sie regelörecht Angst hatten, so in die Sicht von Arrau zwnagsweise eingebunden zu werden ( es wäre sehr schön gewesen , wenn einer dier Skeptiker dann mit einer anderen Ausgabe das interpretatorische Niveau von Maetro Arrau erreicht hätte . ) .


    Der "freieste" CHopin- Interpret, den ich je gehört habe ( CD ) war zweifelsfrei der grosse Josef Hofmann . Freiheit bei Hofmann hat niemals Willkür im Umgang mit Chopin bedeutet !


    Lieber Frank,


    am Pariser Konservatorium wird noch heute für die Beethoven-Sonaten in der Regel die kommentierte Ausgabe von Cortot benutzt. Auch das empfinden manche als eine Belastung - so äußerte sich Helene Grimaux. Du hast völlig recht - "frei" heißt nicht "willlkürlich"! Interpretieren ist schließlich eine Kunst, und die zeigt sich darin, daß man seine Persönlichkeit einbringt, ohne den "Stil" des Werks zu verletzen, seine geistige Substanz zu mißachten. Der Notentext ist eine Abstraktion - auch das erkärt die verschiedenen Ausgaben. Der große Intepret versteht es "zwischen den Zeilen" zu lesen! Sonst bleibt der Notentext wirklich nur toter Buchstabe!


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Holger!


    Ich gebe dir uneingeschränkt recht, möchte aber noch einmal auf zwei deiner Sätze hinweisen:


    Zitat

    In der Regel sollte man sich an die Vorgaben des Komponisten halten. Wenn man davon abweicht, dann sollte man das sehr gut begründen können.


    Zitat

    Interpretieren ist schließlich eine Kunst, und die zeigt sich darin, daß man seine Persönlichkeit einbringt, ohne den "Stil" des Werks zu verletzen, seine geistige Substanz zu mißachten.


    Genau so sollte es sein, "aber die Verhältnisse, die sind nicht so". Leider. Nicht jeder Künstler hat das Verantwortungsbewusstsein und den Geschmack, nicht jedes Publikum ist überhaupt in der Lage, den Stil des Werkes zu erkennen, bzw. seine geistige Substanz und nicht jeder Kritiker ist überhaupt willens, dass zu tun. Von der Industrie ganz zu schweigen. Es wird also immer eitle Selbstdarsteller und "Vergewaltiger" geben. Hier hilft nur eine breitangelegte Bildung und auch Geschmacksbildung. (Das schützt dann auch noch gleich vor Selbstdarstellern in anderen Bereichen. :D )


    Und es wird die Grenzfälle und Grenzgänger geben, über die wir uns aber durchaus freuen sollten, weil sie den Erfahrungshorizont und die Diskussionen erweitern und bereichern.


    :hello: Gustav

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  • Zitat

    Original von Gustav
    Es wird also immer eitle Selbstdarsteller und "Vergewaltiger" geben. Hier hilft nur eine breitangelegte Bildung und auch Geschmacksbildung. (Das schützt dann auch noch gleich vor Selbstdarstellern in anderen Bereichen. :D )


    Und es wird die Grenzfälle und Grenzgänger geben, über die wir uns aber durchaus freuen sollten, weil sie den Erfahrungshorizont und die Diskussionen erweitern und bereichern.


    Lieber Gustav,


    das hast Du wieder treffend gesagt! Ein schönes Beispiel für solche Geschmacks- bzw Stilbildung gibt Alfred Cortot in seiner Meisterklasse:


    "La Sonate op. 58 "Le premier morceau a un caractere pour ainsi dire chevaleresque et noble, fier (ritterlich und nobel, edel), le Scherzo etant a un jeu de lutins mais de lutins aimables (ein schelmisches Spiel aber eines von den liebenswürdigen Neckereien), pas comme de le Scherzo de la Marche Funebre, et quant a l´Adagio, c´est un nocturne, c´est un veritable nocturne. Et alors le Finale est un finale heroique, chevaleresque."


    Beim Scherzo korrigiert er einen Studenten: " Beaucoup trop vite, beaucoup trop vite, c´est un jeu..." ("Viel zu schnell, viel zu schnell, das ist ein Spiel...") Die spielerische Leichtigkeit als Charakter des Scherzo soll nicht verloren gehen. Das hätte z.B. Marc Andre Hamelin hören sollen: Da wird dieses Scherzo technisch stupend heruntergespielt in einem irren Tempo, die einzelnen Töne wie Nähnadeln: Das ist eine seelenlose Klavieretüde, aber kein Scherzo! Matha Argerich dagegen spielt das noch rasender, aber mit einer atemberaubenden Leichtigkeit und impressionistischen Farbigkeit. Das hat dämonische Züge. Dagegen hätte wohl auch Cortot nichts einzuwenden gehabt!


    Im Finale weist Cortot darauf hin, daß man den Charakter eines erleichternden Kehraus-Finales wahren soll, nicht zu passioniert oder affektiert artikulieren soll, man solle das "streng" ("rigide") spielen, also eher "klassisch" als übertrieben "romantisch": "Vouz le passionnez un peu. Il ne faut pas le passionner. Ca doit rester absolument rigide..." Cortot weist außerdem darauf hin, daß sich beim späten Chopin der Charakter des Rubato geändert habe gegenüber seinen Frühwerken. Es ist weniger pointiert denn entspannt (beim 1. Satz).


    Besagter Marc Andre Hamelin gibt ein schönes Beispiel für mangelndes Stilgefühl in der Eröffnung des Presto-Finales: Das ist einfach viel zu klobig und lärmig Fortissimo in die Tasten gelangt! Hier lohnt ein Blick in den Notentext: Chopin notiert nicht etwa Fortissimo, sondern Forte und Crescendo. Zu Beginn des langsamen Satzes, des Largo, schreibt Chopin dagegen Fortissimo vor! Das hat er also sehr bewußt getan. Wer das ebenso klug und bewußt umsetzt, ist Emil Gilels in seiner Studioaufnahme bei der DGG.


    Meine Aufnahmen - das wäre der Grundstock für einen Intepretationsvergleich mit einigen Lücken - den ich aber im Moment wegen meines noch unfertigen Projektes bei der b-moll-Sonate nicht verfolgen kann:


    Martha Argerich
    Claudio Arrau
    Stefan Askenase
    Vladimir Ashkenazy
    Daniel Barenboim
    Idel Biret
    Alfred Cortot
    Samson Francois
    Emil Gilels
    Percy Grainger
    Marc Andre Hamelin
    Adam Harasiewicz
    Julius Katchen
    Wilhelm Kempff
    Jewgeny Kissin
    Dinu Lipatti
    Cecile Ousset
    Murray Perahia
    Vlado Perlemuter
    Maurizio Pollini
    Artur Rubinstein
    Alexis Weissenberg


    Beste Grüße
    Holger

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Lipatti wird ... auch mit dieser Sonate zunehmend krtischer gehört


    Lieber Frank,


    von mir aber nicht! :pfeif: Ich habe sie mir nach langer Zeit wieder einmal angehört. Hier meine Kritik der EMI-Aufnahme von Dinu Lipatti:


    "„Allegro maestoso“ ist der Kopfsatz der h-moll-Sonate überschrieben. Lipattis Zugang ist spielerisch leicht, elegant, klar in der Formulierung der Kontraste. Aber zweifellos ist das kein „maestoso“. Doch darf man hier den Blick auf das Ganze nicht verlieren: Die Größe dieser wie ich finde zu Recht so berühmten Aufnahme zeigt sich in ihrer herausragenden stilistischen Einheit. Der Seitenthemenkomplex ist ein wahres Wunder an Tonschönheit, Sinn für Belcanto, einem sehr intimen Lyrismus. In der Durchführung ist bei den meisten Interpreten ein Charaktergegensatz im Vergleich zur Exposition kaum auszumachen. Lipatti versteht es dagegen meisterhaft, die Kontraste zu schärfen trotz der sehr „kleinteiligen“ Gestaltung, welche diese Durchführung von den vergleichsweise großen Blöcken der b-moll-Sonate unterscheidet. Im Scherzo vermeidet Lipatti jede Zurschaustellung von Virtuosität, das ist klaviertechnisch sehr souverän, aber mit klassischer Zurückhaltung und Noblesse vorgetragen – er bemüht sich sichtlich, die von Chopin notierten großen Bögen hörbar zu machen. Sehr formvollendet-ausgewogen! Im Trio zeigt sich Lipattis Bemühen um Einheit des Stils: Zweifellos gibt dieser Musik ein Emil Gilels etwa mehr Bedeutungsschwere. Lipatti dagegen bleibt aristokratisch-reserviert, läßt die vornehme Eleganz des Scherzos im Trio nachklingen. Um so mehr wird durch solche Zurückhaltung das Largo zum Zentrum der Sonate. Lipattis stets beeindruckender Vortrag steigert sich hier zu einem Klavierspiel mit magischer Ausstrahlung, wie es wahrlich nur wenigen vergönnt ist. Was für ein wunderbarer Ton und Klang überhaupt, welch intime Hintersinnigkeit! Das ist keine naive Melodieseligkeit wie bei vielen anderen! Lipatti erfaßt dieses „Nocturne“ (Cortot) in seiner Vielschichtigkeit, seinen niemals groben sondern äußerst subtilen und deswegen umso schwieriger zu fassenden Charaktergegensätzen. Zudem werden die dramaturgischen Höhepunkte klug gesetzt. Auch im Finale hebt sich Lipattis Aufnahme ab von so vielen anderen, die an diesem Ort nur ein virtuoses Feuerwerk zu entfachen vermögen. Das hat im Ausdruck etwas Trotziges, Energisches, ist kein bloßer Klassizismus, sondern Ausdrucksmusik. Auch Lipatti eröffnet das Finale („Presto ma non tanto“) in einem Forte, das mehr dem Fortissimo zuneigt. Aber auch hier zeigt sich der Rumäne stilsicher: Der Ton bleibt immer schlank und die von Chopin notierten Keilakzente, welche die rhythmische Struktur unterstreichen, werden klar herausgemeißelt. Klaviertechnisch ist das mit einer beeindruckenden Souveränität und Leichtigkeit bewältigt.


    Fazit: Für mich ist diese zeitlose Aufnahme eine Sternstunde großen Klavierspiels!"


    Beste Grüße
    Holger

  • Zitat

    Original von Dr. Holger Kaletha...


    Das hätte z.B. Marc Andre Hamelin hören sollen: Da wird dieses Scherzo technisch stupend heruntergespielt in einem irren Tempo, die einzelnen Töne wie Nähnadeln: Das ist eine seelenlose Klavieretüde, aber kein Scherzo! Matha Argerich dagegen spielt das noch rasender, aber mit einer atemberaubenden Leichtigkeit und impressionistischen Farbigkeit. Das hat dämonische Züge. Dagegen hätte wohl auch Cortot nichts einzuwenden gehabt!
    ...
    Besagter Marc Andre Hamelin gibt ein schönes Beispiel für mangelndes Stilgefühl in der Eröffnung des Presto-Finales: Das ist einfach viel zu klobig und lärmig Fortissimo in die Tasten gelangt! Hier lohnt ein Blick in den Notentext: Chopin notiert nicht etwa Fortissimo, sondern Forte und Crescendo. Zu Beginn des langsamen Satzes, des Largo, schreibt Chopin dagegen Fortissimo vor! Das hat er also sehr bewußt getan. Wer das ebenso klug und bewußt umsetzt, ist Emil Gilels in seiner Studioaufnahme bei der DGG.


    Lieber Holger,


    du magst ja weiter über Hamelin meckern, ich bleibe dabei, dass mir seine Aufnahme sehr gut gefällt - und ich denke, ich stehe mit dieser Meinung nicht alleine.


    Vielleicht ist sie nicht die Beste - ich kenne nur sehr wenige und überhaupt: wer vermag das schon sicher zu beurteilen ? - aber keineswegs "ohne Stilgefühl" !


    Zum Glück sind die Geschmäcker ja verschieden !


    Viele Grüße,


    Bernd

  • Lieber Bernd,


    ich weiß ja, daß Du ein Hamelin-Fan bist! :D Die Chopin-Godowsky-Paraphrasen der Etüden von ihm sind ja auch wirklich toll! Daß diese Replik kommen mußte - ich habe es geahnt! Ich bleibe natürlich bei meiner Meinung! Die "offiziellen" Kritiken, die Hamelin bekommen hat, waren auch nicht so berauschend. Und wir haben ja mal das Experiment gemacht. Ich habe Hamelins Aufnahme der h-moll-Sonate an meinen verehrten Lehrer geschickt, der Konzertpianist ist und selber seit Jahren einen Chopin-Zyklus spielt - natürlich ohne meine Meinung vorher kundzutun, um ihn nicht zu beeinflussen. Als Antwort bekam ich per Post einen detaillierten, totalen Verriß mit dem Tenor: Hamelin mangelt es an jeglichem Stilgefühl! ("Da geht einer mit der Wünschelrute durch die Partitur...") Mein Rat: Höre Dir mal die fulminante Aufnahme von Martha Argerich an. Da tippe ich mal, daß Du danach die Hamelin-Aufnahme so schnell nicht wieder in den CD-Spieler einlegen wirst! :hello:


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Holger,


    Zitat

    Original von Dr. Holger Kaletha
    .. Ich bleibe natürlich bei meiner Meinung!


    Was natürlich dein gutes Recht ist ! Aber auch als "Fan" von Hamelin - ja, ich mit meinem laienhaften Verstand finde ihn tatsächlich eine der beeindruckendsten Klavierpersönlichkeiten der Gegenwart - bin nicht blind dafür, dass es vielleicht nicht die beste seiner Aufnahmen ist. Es gibt bessere ! Vielleicht liegen ihm si ausgefallene Komponisten wie Alkan. Medtner oder Godowsky mehr. Trotzdem mangelt es ihm meines Erachtens keineswegs an Stilgefühl. Es ist halt nicht der deine.



    Danke für den Tipp ! Das werde ich machen und dann berichten, ob deine Vermutung zutrifft.


    Viele Grüße,


    Bernd

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    Original von zatopek
    Trotzdem mangelt es ihm meines Erachtens keineswegs an Stilgefühl. Es ist halt nicht der deine.


    Ist das nun so erstaunlich, dass der Schüler - ich hoffe du nimmst mir diese Bezeichnung nicht übel - dieselben musikalischen Vorlieben, dasselbe Stilgefühl hat, wie sein Lehrer ? Umgekehrt würde es mich mehr wundern.


    Lieber Bernd,


    das würde ich auch nicht so generell sagen, daß Hamelin kein "Stilgefühl" hätte mit Blick auf Chopin. Da gibt es andere wie z.B. Samson Francois oder Pogorelich, über die man weit kontroverser denken kann: Ist das noch ein Chopin-"Stil" oder ist das keiner mehr? Ich habe mich da auch auf zwei konkrete Beispiele bezogen, das Scherzo und die Eröffnung des Finales. Außerdem reden wir hier insgeheim von zwei verschiedenen Aufnahmen: Die Studioaufnahme von Hamelin ist viel "homogener" und abgeklärter als dieser Konzertmitschnitt, den ich an meinen Lehrer geschickt habe. Das Problem, das ich mit Hamelins Aufnahme der Sonaten habe ist weniger, daß sie irgendwie stilistisch aus dem Rahmen fielen: mir ist das eher zu glatt, mir fehlt da ein unverwechselbares interpretatorisches Profil. Musiker, die solche Werke aufführen, sind oft besonders unduldsam. Das ist eine andere Perspektive, wenn man selbst Interpret ist. Man entscheidet sich für eine Variante, weil man sie für die schlüssigste hält. Dann liegt ein gewisser Rigorismus in der Natur der Sache. Mit meinen Lehrer und Freund sind wir durchaus nicht immer einer Meinung. Neulich hatten wir einen ziemlichen Disput über Lazar Berman...


    Ich habe übrigens in meiner Aufzählung doch glatt den Cziffra vergessen...


    Ganz bewußt habe ich Dir die Martha Argerich empfohlen. Sie hat - ebensowenig wie Hamelin - einen "intellektuellen" Zugang zu dieser Sonate, anders als Pollini, Perahia oder Gilels. Aber die Argerich besitzt - wenn sie in absoluter Hochform ist - einen unglaublich treffsicheren musikalischen Instinkt. Und die h-moll-Sonate ist für mich eine der besten Aufnahmen, die sie in ihrem Leben gemacht hat!


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Holger :



    darf ich fragen, welche der bedien Aufnahme der h - Moll - Klaviersonate durch Martha Argerich Du meinst ?


    Ich hoffe sehr, dasses die Interpretation der esrten Aufnahme durch sie für die EMI ist , die rund 30 Jahre aus rechtliche Gründen nicht veröffentlichet werden durfte . Dann aber eine echte Sensation wurde u d bis heute blieb . ( Dazu gehören auch ihre Interpretation der wenigen Mazurken , die sie auf dieser CD spielt . Eine pianistische Welt für sich . )


    Dagegen fällt ihr Aufnahme bei dedr DGG ab . Das haben selbst die damals direkt Beteiligten mehrfach zugegeben.


    Wer Martha Argerich bei Probenarbeite, etwa zu Schumann , erlebt hat, der wird nicht umhin können , sie an sich selbst zu messen . Dies tut sie auch selbst ( auch bei ihrem Bachspiel, das mir nicht entgegenkommt ) . Es wäre ja schrecklich, wenn sich jemand vom Rang einer Argerich nicht einen "intellektuellen Zugang" verschaffen würde . Sie hatte je einige Stunden bei Freidrich Gulda . Guldas inzwischen ja veröffentlichter Chopin ist durchaus interessant , aber doch nicht so spannend , so facettenreich wie der durch Martha Argerich .


    Bezüglich des "Chopin - Stils " bi ich , wie Du weisst , sehr vorsichtig . Daher oben mein Hinweis auf den kleinen Teil in dem sehr ausführlichen Artijel von Julia Spinola in der FAZ .


    Ivo POGORELICHs Aufnahme der b-Moll-Klaviersonate kommt einer restlosen Verstümmelung der Komposition gleich . Ganz anders der mitschnitt vom Chopinwettbewerb in Warschau . Das ist zumindest hochinteressantes Interpretieren . Ansonsten habe ich Pogorelich nie als besonders wichtigen Chopininterpreten wahrgenommen .


    Völlig anders ist mein Blick auf Samson FRANCOIS , einem erwiesenen bedeutenden Chopin-Interpreten . Es bleibt angesichts der desolaten Lage bei EMI dringend zu hoffen, dass die für 2010 geplante Veröffenmtlichung aller bei EMI aufgenommenen Chopinwerke bald veröffentlichen wird ( Thomas Pape und ich hatten schon 2009 auch hier darauf hingewiesen ) .


    Die sehr subjektive Sicht von S. Francois ist auch erklärbar aus einem doch sehr zerrissenen Inneren ( etwa wenn wir die sehr unterschiedliche Qualität der beiden Klavierkonzerte von Chopin hören ) .


    CZIFFRA ( EMI ; Box ) ist hier eine hervorragende Ergänzung , um sich ein Bild zu machen, wie Chopins Opus 58 gespielt wurde . Das besagt nicht über Werktreue , stilistische Hinwendung zu den beiden Hauptrichtungem, die Julia Spionila erwähnt hat und leider dann nicht weiter augearbeitet hat . Ein grosses Defizit ihres Aufsatzes in der FAZ .


    Einen wirklichen Höhepunkt stellt der Live - Mitschnitt eines Konzertes in Tokyo dar durch ALDO CICCOLONI , der noch vorzutsellen sein wird . Das ist bewgend und tief beeindruckend !
    Wie Ciccolini die h-Moll-Sonate spielt , das ist ganz grosse Kunst .



    Beste Grüsse


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Völlig anders ist mein Blick auf Samson FRANCOIS , einem erwiesenen bedeutenden Chopin-Interpreten . Es bleibt angesichts der desolaten Lage bei EMI dringend zu hoffen, dass die für 2010 geplante Veröffenmtlichung aller bei EMI aufgenommenen Chopinwerke bald veröffentlichen wird ( Thomas Pape und ich hatten schon 2009 auch hier darauf hingewiesen ) .


    Hallo Frank,


    meinst du die hier ?



    Gibt es seit Februar.


    Viele Grüße,


    Bernd

  • Lieber Bernd ,



    das wäre dann aber eine s e h r abgespeckte Ausgabe !


    Eben E M I - Typisch .


    Ich mus s später noch einmal nachsehen.


    Und müsstest bitte unter Aldo Ciccolini ( EMI ) nachsehen. Genaus so sollte die Edition sein ; etwa weniger Umfang !


    10 CDs würde den Fortfall von vielen Aufnahmen bedeuten .


    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Bernd :



    da fehlt ganz Wichtiges , das S. Francois bei EMi aufgenommen hat !


    Dies ist eine neue "Hülle" ujm die identische französische Ausgabe von 1999 und die deutsche aus 2001 .


    Kein Konzertmitschnitt !


    Entweder EMi hat kein Geld mehr für die angekündigte Grossedition ( was sehr gut möglich ist , aber einen echten Kuturverlust bedeuten würde ! ) oder die wollen schnell die alten Bestände abverkaufen .


    Das sind nur die Studioproduktionen, die es immer gab , zu einem guten Preis .


    Normalerweise reicht das .


    Wer Vollständigkeit, wie bei Ciccolini , anstrebt, der muss wohl weiter Geduld haben .


    Eine Weissenberg - Schumann - Edition sollte es ( zugesagt !!!!! ) schon 2005 geben . Passiert ist nichts . Einzelne Wiederveröffentlichungen über TOSHIBA - EMI Japan , Ltd , Tokyo .


    Das ist EMI . Traurig .



    Bei EMI - Produkten wundert mich inzwischen, das man sich die inzwischen nicht bei EMI Köln abholen kann .



    Beste Grüsse



    Frank


    PS.: Bevor die Preis e, wie in Frankreich bereits geschehen, in die Höhe gehen, sollte man sich eine Kauf überlegen. Wer weiss , wann es bei EMI gar nichts mehr gibt !

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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