Da möchte ich doch freundlich, aber bestimmt Widerspruch anmelden
Lieber Joseph II.,
….. wenn Du mich so verstanden hast, daß ich Stokowskis Qualitäten als Musiker und Dirigent angezweifelt hätte, so ist Dein Widerspruch durchaus berechtigt. Das ist aber keineswegs der Fall, ich schätze Stokowski sehr, aber mich stört bei ihm häufig, daß man - so kommt es mir vor - oft mehr Stokowski als den Komponisten hört. Er war ein eigenwilliger Künstler (man denke an die Orchesterbearbeitungen Bach'scher Orgelwerke), und ich erinnere mich an eine Tschaikowsky-Sinfonie (weiß aber nicht mehr welche), die mir doch sehr gewöhnungsbedürftig vorkam. Das ist aber ewig lange her.
Die DECCA-Aufnahme der Fünften von 1966 kenne ich nicht, deshalb habe ich auch explizit nicht darauf Bezug genommen. Ich glaube gerne, daß es eine große Aufnahme ist - aber, wie gesagt, Tchaikowsky & Stokowski = Staikowski - das hast Du treffend gesagt, und genau das schwebt bei mir immer im Hinterkopf.
Aber ich bin keineswegs ein Stokowski-Verächter! Ich habe z.B. eine Beethoven 9 von ihm, auch aus den 1960er Jahren, mit dem LSO, da ist er zu ganz großer Form aufgelaufen. Wenn ich es recht erinnere, war das eine der sog. "Phase-4"-Aufnahmen, die damals geradezu revolutionär klangen, aber das war nicht das Entscheidende, Stokowskis Dirigat war großartig, wie auch das Sängerquartett, dem, glaube ich, Helen Watts und Heather Harper angehörten. An die männlichen Solisten kann ich mich nicht erinnern. Es dürfte sich wohl um diese Aufnahme handeln:
aus der billigen "Weekend"-Serie. Die habe ich aber nicht, und meine LP mußte ich leider einmotten, aus Platzmangel.
Jetzt nenne ich noch eine Stokowski-Aufnahme, die ich ganz besonders schätze und allen anderen vorziehe:
Leopold Stokowski dirigiert das National Philharmonic Orchestra (Aufnahme: 6/1977, London).
Das ist natürlich kein repräsentatives Werk, aber ich bin immer wieder begeistert über diese Interpretation. Ich habe das kleine Werk nie in solcher Schönheit gehört. Und der Klang ist ausgezeichnet!
Dabei hatte ich mir die CD vor allem wegen Szell gekauft (Moldau & Sommernachtstraum-Auszüge). Die sind auch hörenswert, aber so richtig kostbar ist mir die CD vor allem wegen Stokowskis Bizet.
Mein Negativbeispiel mit Stokowksi wäre die RCA-CD mit der Schostakowitsch - Sinfonie Nr.11 .. die fand ich total daneben .
Lieber Wolfgang,
..... die Aufnahme kenne ich gar nicht, noch nicht einmal die Sinfonie :
Aber eine Rezension von "haydnfan" aus dem Jahr 2011 fiel mir spontan ein, weil ich die kürzlich bei Amazon gelesen habe. Hier ist sie:
"Kaufen Sie die Aufnahme,wenn möglich im 10er Pack bei Icon Emi,diese Aufnahme topt sogar Kondrashin,sie klingt,wie Schostakowitsch es wollte so erbärmlich grausam und unmenschlich,das ich oft schon allein über die ersten Takte entsetzt bin und sehr traurig ,-- für mich heute, aktuell denke ich an all die, rund um Fukushima,wie aber Schostakowitsch es hier schildert,sie haben ihr Leben dort verloren,ihre Haustiere sind jetzt an den Strahlen gestorben oder verhungert,was soll ich mit meinen freiheitsliebenden Katzen im Auffanglager?die Sinfonie,lange verachtet,als reines Parteimachwerk,hier 1958 mit dem genialen Stokowski,den ich auch lange verachtete,als Dirigent,zuckersüßer Leichtgewichte,nein,er war ein Meister,der dieses Meisterwerk schon 1958 als dieses erkannte und mit den Top Houston Sinfonie so dirigierte,--kein Bernstein und kein Mitropoulos haben dies Meisterwerk erkannt,nur er!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!Schostakowitsch versteckte sich hinter 1905 und schuf für mich eine Sinfonie des Mitleids und Mitleidens!!!!!Stokowski verehrte Shostakovitch und fand,er sei der größte Komponist des 20. Jahrhunderts!"
Die ist zwar sehr eigenwillig, ja stellenweise lustig geschrieben, aber da ist einer von dieser Aufnahme, die Du "total daneben" findest, richtig hin und weg! So unterschiedlich können Höreindrücke sein. Aber das ist auch gut so, sonst wäre das Leben zum Gähnen langweilig.
LG und schönen Feiertag,
Nemorino