TAMINO-Nominierung: Das weltbeste Orchester...

  • Stimmt schon, die Franzosen haben kaum ein wirklich gutes Konzertorchester, sieht man von Spezialistenensembles ab - im zeitgenössischen Bereich ist das Ensemble Intercontemporain wohl nach wie vor Spitze, ehe das Ensemble modern und verwandte Gruppierungen folgen.
    Aber die Franzosen haben unglaublich gute Opernorchester: Bastille, Montpellier und Lyon bieten einen Glanz und eine Klangkultur, die man bei Opernorchestern im englischsprachigen Raum etwa vermisst. Was in Covent Garden oder an der MET zusammengegeigt und -geblasen wird, lässt einem nämlich die Haare relativ oft zu Berge stehen.
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Aber die Franzosen haben unglaublich gute Opernorchester: Bastille, Montpellier und Lyon bieten einen Glanz und eine Klangkultur, die man bei Opernorchestern im englischsprachigen Raum etwa vermisst.


    Kann ich bestätigen für das Orchester der Pariser Oper (was angeblich eigentlich zwei Orchester sind). Nur die Dirigenten, die sie einladen sind nicht immer erste Sahne. Dagegen bin ich etwas verwundert, das Orchestre de Paris in Deiner Liste zu finden. Sind die wirklich so gut ? Zumindest die Götterdämmerung, die ich im Februar von ihnen gehört habe, war technisch ziemlich unsauber. Aber ich bin kein grosser Orchester-Konzertgänger.


    Beste Grüsse,


    Jürgen

  • Hallo Jürgen,
    könnte die (von mir nicht gehörte) "Götterdämmerung" nicht Eschenbach verschuldet haben? - Ich glaube zumindest, daß er der Dirigent war. Die wenigen Male, die ich das Mißvergnügen hatte, Orchester unter ihm spielen zu hören, waren diese Orchester in der misslichen Lage, sich sozusagen ohne Dirigenten auf einen gemeinsamen Puls einigen zu müssen. Und bei einer Riesenbesetzung wie dem "Ring" kann das schon auch zu technischen Problemen führen.
    :hello:

    ...

  • Warum irgendein Musikjournalist, der noch ernst genommen werden will, bei so einem Schwachsinn mitmacht frage ich mich allerdings. (wie war das neulich: Lang Lang einer der 16 (!) besten Pianisten :wacky: )
    Und was die Kriterien gewesen sein sollen ebenfalls. Wenn es um Vielseitigkeit geht, d.h. auch um Stücke außerhalb der deutsch-östereichischen Tradition von ca. Haydn bis Mahler (und selbst bei Mahler kann man gewiß streiten, ob da das Concertgebouw zB nicht besser ist) sind die Wiener Phil vermutlich eins der schlechtesten von den 10, ganz gewiß schlechter als Concertgebouw oder Berliner, ebenso wenn schiere Präzision und Virtuosität gefragt sind.
    Wenn es um charakteristischen Klang geht gehören sie vermutlich immerhin zu den Top 3 (mit Staatskapelle Dresden und St Petersburg, wobei ich nicht weiß, ob letztere noch so klingen wie früher...)


    Da aber wie beim Fußball, letzlich die Begeisterung bzw. Gewaltbereitschaft der lokalen Fans entscheidend ist, mag der erste Platz in Ordnung gehen...:D


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Die ganze Reihung ist - mit Verlaub gesagt - Unsinn.
    Denn die Qualität eines Orchesters hängt nun einmal nicht nur vom technischen Können, von Brillanz oder Schönklang ab, sondern vor allem (!!) davon, wer vorne steht, und was dieser dem Orchester vermitteln kann.


    Das fängt mit dem Nationalgefühl schon an: Höre man z. B. die Wiener Philharmoniker unter Mariss Jansons oder unter Nikolaus Harnoncourt bei den Neujahrskonzerten. Welten! Das liegt daran, daß Jansons erstens kein extrovertierter Dirigent ist, zweitens ein ganz anderes Nationalgefühl hat, nämlich ein slawisches, und demnach mit Strauß etc. nicht viel anfangen kann, und drittens, daß er kein guter Vermittler seiner musikalischen Vorstellungen ist.
    Unter Harnoncourt läuft aber jedes Orchester zur Weltspitze auf - einfach weil er musikalische Inhalte vermittelt, nicht nur Töne. Er erklärt die Musik, und er bringt Metaphern, um den Musikern den Inhalt auch partiell zu vermitteln. Da heißt es nicht, wie bei manchen Dirigenten "fis lauter", sondern etwa: "Das muß jetzt klingen wie eine Autohupe von 1900" oder "singt's flehend, hier müßt ihr gläubig sein!"


    Warum werden die Berliner Phil unter Karajan - oder jetzt unter Sir Simon - hochgelobt, nicht aber unter Abbado? Der erste war zwar nicht expressiv, konnte aber sozusagen mit einem Wink seine Vorstellungen rüberbringen - Karajan und das Orchester waren, schon durch die lange Dirigatzeit, aufeinander eingespielt. Abbado fehlte häufig die Fähigkeit, etwas zu vermitteln (das wechselte bei ihm allerdings etwas), und das Orchester wußte dann nicht, was er eigentlich will. Auch im Konzert! Rattle hingegen ist total wach, voll konzentriert, expressiv in Körpersprache und musikalischem Ausdruck - und trotz Sprachproblemen (zumindest anfänglich) weiß das Orchester, wo er hinwill.


    So ist schon der Journalisten-Test zum Vergessen.
    Und hier im Thread müßte die Frage nicht lauten "bestes Orchester", sondern "bester Dirigent" - und zwar bezogen auf die Breite seines Repertoires, und was er daraus und aus dem jeweiligen Orchester macht.


    Herzlichst
    tuonela

  • Zitat

    Original von tuonela


    Unter Harnoncourt läuft aber jedes Orchester zur Weltspitze auf


    Ö-ha.


    :wacky:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Jetzt muß ich aber doch eine Lanze für die von mir gar nicht so sehr geschätzten Wiiener Philharmoniker brechen: Es kommt drauf an, was sie spielen. Ich nenne sie immer ein "Brahms-Orchester": Wohlklang, weiche Übergänge, gute Balancen, ohne daß ein Dirigent viel dazu beitragen muß, breiter, klangvoller Streichersound. Ideal für Brahms, Richard Strauss, auch Berg.
    Nicht gut sind sie, wenn die Komposition klare Farben, scharfe Konturen und rhythmische Präzision verlangt, das "Sacre" etwa klingt nicht gar so gut, Schostakowitsch auch nicht.
    Wirklich schlecht finde ich den Klang bei den Franzosen, vor allem bei Debussy und Ravel, die beide viel zu schwer werden.
    Daß man Bach, Haydn, Mozart, Beethoven etc. mittlerweile anders spielt, trägt meiner Meinung nach dazu bei, die philharmonischen Leistungen in diesem Bereich allzu sehr zu verkleinern. Sie sind hier einfach ihrem Klangbild treu geblieben. Und es gibt nach wie vor Menschen, die das lieber haben als Beethovens 9. mit Kleinstbesetzung und quäkenden Naturhörnern.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    als Beethovens 9. mit Kleinstbesetzung und quäkenden Naturhörnern.


    Ich höre Beethovens Neunte am liebsten a la Rifkin, jede Stimme und jedes Instrument solistisch besetzt 8)

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  • Ich habe einen Konzertmitschnitt der Johannes-Passion mit Joshua Rifkin - ungewöhnlich für unsere klanggewalt-gewohnten Ohren, aber eine schlüssige und klanglich überzeugende Interpretation.


    Herzlichst
    tuonela

  • Zitat


    Original von tuonela
    Unter Harnoncourt läuft aber jedes Orchester zur Weltspitze auf


    Hallo tuonela,


    natürlich hast Du mit Deiner Bemerkung völlig recht, und wir lassen jedem anderen auch gerne seine launigen Meinungen, der vielleicht nur aufgrund irgendwelcher, endlich nicht überhasteteten Mozart-Tempi diesen Dirigenten nicht mehr so recht mag.


    Unter Harnoncourts Leitung habe ich die hier noch nicht genannten Münchner Philharmoniker, die Staatskapelle Dresden und die Wiener Symphoniker ( die letztgenannten live) mit Mozart-Symphonien auf internationalen Weltspitzenniveau spielen hören.


    Ansonsten bin auch ich der Meinung, dass man von kaum von dem besten Orchester sprechen kann, wenn erst einmal ein gewisses Niveau erreicht wurde.
    Manche Orchester konnten sich einen spezifischen Eigenklang bewahren, was ich ausserordentlich gut finde.
    Einem globalisierten Einheitsklang möchte ich mir gar nicht erst vorstellen...


    Wenn wir also ein gewisses Niveau voraussetzen, dann ist die klanglich-musikalische Qualität also in erster Linie vom Dirigenten und hoffentlich vorhandenen Eigenklang des Orchesters abhängig.
    Ein guter Dirigent wird übrigens nicht versuchen, diesen anzutasten.


    Wenn ich also auf das launig formulierte Thema des Threads eingehen und beantworte, welche Orchester für mich die weltbesten sind, dann kommt naturgemäss eine Liste meiner persönlichen Favoriten heraus:


    Concentus musicus Wien


    ( mit Abstand )


    ansonsten, ohne Wertung, aber m.E. auf Weltniveau:


    Freiburger Barockorchester
    Il giardino Armonico
    La Chapelle Royale
    Orchestra of the Age of Enlightenment
    Venice Baroque Orchestra
    Le Concert des Nations
    The English Concert ( nicht früher, jetzt durchaus)


    Berliner Philharmoniker
    Chamber Orchestra of Europe
    Wiener Philharmoniker
    Concertgebouw Orchestra
    Camerata Salzburg
    Camerata Bern ( in den letzten Jahren)
    Australian Chamber Orchestra
    Staatskapelle Dresden


    Amerikanische Orchester kenne ich nicht gut genug, vor allem nicht deren spezifische Klangeigenschaften.


    Für die Epoche der Renaissance hätte ich auch einige Favoriten, nur weiss ich nicht, ob die noch unter die Orchesterdefinition dieses Threads fallen.


    Im Übrigen stimme ich Alfred zu, dass es in solchen Fragen gewiss keine Olympiade geben kann.


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo Tuonela

    Zitat

    Die ganze Reihung ist - mit Verlaub gesagt - Unsinn.
    Denn die Qualität eines Orchesters hängt nun einmal nicht nur vom technischen Können, von Brillanz oder Schönklang ab, sondern vor allem (!!) davon, wer vorne steht, und was dieser dem Orchester vermitteln kann.


    Ich würde derartige Umfragen nicht einfach als Unsinn abtun. Natürlich sind sie auch Gedankenspielereien und Quelle für Zeitschriften-Artikel. An alle Idealisten, die meinen, künstlerische Produktion sei nicht messbar, muss aber die Forderung des Aufwachens ergehen. In unserer Welt der gnadenlosen Klassifizierung und Bewertung von Leistungen haben derartige Listen durchaus Auswirkungen (und daher auch Sinn, so sie einigermaßen glaubwürdig sind). Sie spiegeln nicht einfach nur die Meinung der Musikjournalisten wieder, sondern sind indirekt auch auch ein gewisser Spiegel der allgemeinen Meinung der Welt der Musikhörer (auch hier gibt es Meinungsbildung, und ernsthafte Musikjournalisten haben eine wichtige Funktion - auch wenn es JR nicht gefällt ;) ).
    Derartige Rankings werden sicher auch von Veranstaltungsmanagern und Plattenfirmen beachtet und können daher langfristig auch direkte Auswirkungen auf den Musikbetrieb haben.


    Um auf deinen zitierten Satz zurückzukommen. Die Qualität eines Orchesters hängt natürlich nicht vom aktuellen Dirigenten ab. Das wäre ja katastrophal. Die Qualität des Dirigenten bewirkt, wieviel das Orchester von seinem Potential herausholen kann. Was das Orchester nicht kann, vermag auch der beste Drigent nicht hervorzuzaubern. Deshalb sind ja gute Orchestererzieher als langfristige Chefdirigenten für ein Orchester sehr wertvoll.


    Ich sehe zwei grundsätzliche Vorteile, die die Wiener Philharmoniker im Kreis der Spitzenorchester haben. Zum Ersten verteidigen und pflegen sie nach wie vor einen eigenständigen Orchesterklang und zum anderen sind sie eben durch den grundsätzlichen Verzicht auf einen Chefdirigenten und ihre tägliche Praxis mit jeweils unterschiedlichen Dirigenten weniger vom Mann am Pult abhängig als andere Orchester.
    Diese beiden Eigenschaften haben auch ihre Schattenseiten, aber es zeigt sich doch, dass diese Qualitäten international nach wie vor beachtet und geschätzt werden (und zwar in höherem Masse als z.B. in diesem Forum). Die Marke "Wiener Philharmoniker" hat einen guten Ruf, und wenn sie als Virtuosentruppe wahrscheinlich wirklich nicht ganz vorne mitspielen, so stehen sie dennoch für etwas Eigenständiges und Unverwechselbares, was wiederum heute eine Eigenschaft ist, die sich ganz klar im Aufwind befindet.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Jetzt muß ich aber doch eine Lanze für die von mir gar nicht so sehr geschätzten Wiiener Philharmoniker brechen: Es kommt drauf an, was sie spielen. Ich nenne sie immer ein "Brahms-Orchester": Wohlklang, weiche Übergänge, gute Balancen, ohne daß ein Dirigent viel dazu beitragen muß, breiter, klangvoller Streichersound. Ideal für Brahms, Richard Strauss, auch Berg.
    Nicht gut sind sie, wenn die Komposition klare Farben, scharfe Konturen und rhythmische Präzision verlangt, das "Sacre" etwa klingt nicht gar so gut, Schostakowitsch auch nicht.
    Wirklich schlecht finde ich den Klang bei den Franzosen, vor allem bei Debussy und Ravel, die beide viel zu schwer werden.
    Daß man Bach, Haydn, Mozart, Beethoven etc. mittlerweile anders spielt, trägt meiner Meinung nach dazu bei, die philharmonischen Leistungen in diesem Bereich allzu sehr zu verkleinern. Sie sind hier einfach ihrem Klangbild treu geblieben. Und es gibt nach wie vor Menschen, die das lieber haben als Beethovens 9. mit Kleinstbesetzung und quäkenden Naturhörnern.


    :hello:


    Ich würde auch noch Bruckner zu ihren Stärken hinzurechnen, und die Wiener Klassik läuft nach wie vor auf sehr hohem Niveau, wenngleich die Modeströmungen zur Zeit in eine etwas andere Richtung weisen. Aber ich bin mir sicher, dass das nur eine Frage von wenigen Jahren ist, dass sich dieser Trend wiedereinmal ein wenig dreht, die Philharmoniker wieder näher am neuen Trend dranliegen und dann eines der wenigen Ensembles sein werden, die sich selbst nie Untreu gewesen sind.


    Man soll aber bitte nie vergessen, dass die Philharmoniker nicht nur ein vorzügliches Symphonieorchester sondern auch eine der absolut ersten Adressen auf dem Opernsektor sind. In dieser Kombination ist die Konkurrenz plötzlich ganz ganz klein...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Glockenton


    Ich vermute, dass hier ein kleines Missverständnis vorliegt. Die Umfrage dürfte sich lediglich auf die großen Symphonieorchester beziehen, die in der Lage sind, von der Besetzung her das gesamte symphonische Repertoir abzudecken. Da kommen in deiner Liste nur vier derartige Vertreter vor, die anderen dürften da gar nicht in Betracht gekommen sein.


    Es macht aber auch grundsätzlich überhaupt keinen Sinn, in einem Vergleich z.B. das Venice Baroque Orchestra mit dem Concertgebouw in einer Liste vereinigt zu haben. Diese Klangkörper sind in keiner Weise miteinander vergleichbar.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Mich würde mal interessieren, welche objektivierbaren Kriterien diesem Ranking zugrunde liegen. Haben alle teilnehmenden Journalisten dort dieselben CDs gehört bzw. dieselben Konzerte besucht oder wurden bloß allgemeine "Meinungen" (also geschmacKlliche Präferenzen, im schlimmsten Fall: Vorurteile) abgefragt? Das wäre dann ungefähr so, als ob bei "Stiftung Warentest" Elektrogeräte lediglich dem Markenímage entsprechend bewertet würden, ohne die Probanden einem eingehenden Test auf Herz und Nieren zu unterziehen. Sicher sind künstlerische Leistungen nur begrenzt objektivierbar (wenn das Handwerkliche stimmt, ist die Interpretation meist Geschmackssache), aber einfach nur ins Blaue hinein zu ranken schiene mir auch nicht seriös.

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Schon merkwürdig, dass es weder eines der Big-Five noch San Francisco oder Los Angeles in diese Top-10-Reihe geschafft haben... Die müssen ja unglaublich schlecht geworden sein!

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Zitat Theophilus

    Zitat

    Um auf deinen zitierten Satz zurückzukommen. Die Qualität eines Orchesters hängt natürlich nicht vom aktuellen Dirigenten ab. Das wäre ja katastrophal. Die Qualität des Dirigenten bewirkt, wieviel das Orchester von seinem Potential herausholen kann. Was das Orchester nicht kann, vermag auch der beste Drigent nicht hervorzuzaubern. Deshalb sind ja gute Orchestererzieher als langfristige Chefdirigenten für ein Orchester sehr wertvoll.


    Natürlich hängt die Qualität des Orchesters letztlich vom Dirigenten ab. Die Musiker, die heute von Orchestern aufgenommen werden, sind doch alle bestens ausgebildet von großen Hochschulen (mal abgesehen von Provinzorchestern natürlich).
    Es ist erwiesen und wird auch immer wieder betont, daß das Niveau der großen Orchester allesamt auf einem Level liegt. Nur: Was dann der Dirigent daraus macht - das macht dann die Unterschiede aus, die hier und in Medien bewertet werden.
    (Chef-)Dirigenten sind auch keine Orchester"erzieher", sondern ich würde sie Orchester"präger" nennen. Erzogen werden die Musiker vielleicht noch in der gesamten Disziplin, aber doch nicht in der Qualität.


    Sagt eine, die es wissen muß ... ;)


    Herzlichst
    tuonela :)


    PS: Klar kann man solche Umfragen zum "besten Orchester" spaßeshalber machen. Aber letztlich sieht man schon hier, daß es immer um Vorlieben geht - verbunden mit Aufnahmen, die man mit bestimmten Dirigenten gehört hat -, und nicht um wirkliche Qualität. Das geht ja eben auch nicht. ;) - Und dementsprechend ist auch die mediale Umfrage zu werten. Liebhaberquiz sozusagen. :yes:


  • Hallo Theophilus,


    mag sein, dass ich da was missverstanden habe - oder vielleicht doch nicht?
    Ich meine nämlich auch, gleich am Anfang des Threads Namen wie Capella Coloniensis, Concerto Köln, oder Boston Baroque gelesen zu haben.
    Dann darf ich doch -wie u.a. auch der Lullist- "meine" HIP-Orchester erwähnen, oder? ;)


    Ausserdem hoffte ich, durch meinen Absatz zwischen den auf historischen Instrumenten spielenden Orchestern und den anderen eine gewisse Trennung innerhalb der Liste angedeutet zu haben.


    Von mehr als den von mir erwähnten vier Symphonieorchestern kenne ich die klanglichen Resultate nicht gut genug, um sie aus meiner Sicht zu den weltbesten zu zählen.


    Wie seht Ihr eigentlich aktuell die Bamberger und die Wiener Symphoniker?
    Zu dem, was die im Moment machen, kann ich nicht viel sagen.
    Vielleicht gibt es hier ja Leute, die diese Orchester aus Konzerten oder Aufnahmen besser kennen.


    Gruss :hello:
    Glockenton


    PS.:

    Zitat


    Original von tuonela
    Klar kann man solche Umfragen zum "besten Orchester" spaßeshalber machen. Aber letztlich sieht man schon hier, daß es immer um Vorlieben geht - verbunden mit Aufnahmen, die man mit bestimmten Dirigenten gehört hat -, und nicht um wirkliche Qualität. Das geht ja eben auch nicht. ;) - Und dementsprechend ist auch die mediale Umfrage zu werten. Liebhaberquiz sozusagen. :yes:


    :yes: stimmt, mehr kann es nicht sein !

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo, Uranus!


    Zitat

    Original von Uranus
    Schon merkwürdig, dass es weder eines der Big-Five noch San Francisco oder Los Angeles in diese Top-10-Reihe geschafft haben... Die müssen ja unglaublich schlecht geworden sein!


    Merkwürdig?
    Würden in Deiner Top 10 der besten EUROPÄISCHEN Orchester etwa die New Yorker Philharmoniker oder das Chicago Symphony Orchestra vorkommen? :D
    Welche Note hattest Du früher in Erdkunde? :D


    Viele Grüße,
    Pius.

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  • servus Glockenton


    für mich werden die wiener symphoniker unter ihrem derzeitigen
    chefdirigenten fabio luisi eindeutig besser. habe sie heuer mit
    mozart (symphonie 38, (bassett)klarinettenkonzert, sehr gut);
    letztes jahr mit
    - bruckner 7 und lang (modern, da wollte meine frau flüchten ,-).
    - sibelius violinkonzert / nielsen 4 (ganz ausgezeichnet)
    gehört. ein kleiner abstand zu den philharmonikern besteht allerdings
    schon.


    für mich der direkte 'konkurrent' der symphoniker ist das RSO unter
    bertrand de billy. das RSO ist für mich genauso gut wie die symphoniker.


    das linzer bruckner orchester unter dennis russel davies (vormals RSO)
    höre ich erstmals am 11.11 (mozart linzer + bruckner 4).


    faun


    ps: RSO - Radio Symphonie Orchester Wien

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Uuupppsss...!!! Vertan, vertan...


    Vieleicht sollte ich dann einen Thread starten: Das beste außereuropäische Orchester...


    Im Ernst: Ich hatte die Thread-Überschrift gesehen und dachte, die zitierte "Hitparade" hätte unter dem gleichen Motto gestanden. Wer lesen kann, ist halt klar im Vorteil...

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Zitat

    Original von Glockenton


    Hallo tuonela,


    natürlich hast Du mit Deiner Bemerkung völlig recht, und wir lassen jedem anderen auch gerne seine launigen Meinungen, der vielleicht nur aufgrund irgendwelcher, endlich nicht überhasteteten Mozart-Tempi diesen Dirigenten nicht mehr so recht mag.


    Womit Nikolaus Harnoncourt zum weltbesten Dirigenten gekürt ist und sich daher ab sofort neben Lang-Lang eingereiht fühlen darf.


    Wirklich grandios!


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • du darfst gerne einen anderen Dirigenten küren - das bleibt dir überlassen. :D
    Und das ist dann genauso grandios. Allerdings wird es jenem wie auch Harnoncourt vollkommen egal sein. :)


    Kapiert? ;)


    HG
    tuonela

  • Ich halte Harnoncourt für einen ganz hervorragenden Dirigenten von überragender Intelligent, der auch dann konsequent ist, wenn er irrt. Ich habe es schon einmal gesagt: Mir ist ein brillanter Irrtum lieber als langweilige Richtigkeit.
    Der einzige Einwand, den ich gegen Harnoncourt als besten Dirigenten der Gegenwart habe, ist, daß mir sein Repertoire etwas arg klein scheint: Kein Wagner, kein Mahler, mit Ausnahme von zwei Bartók-Werken kein 20. Jahrhundert, nicht einmal die Klassiker dieser Periode.


    :hello:

    ...

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  • Wagner hat er sogar schon dirigiert - styriarte, ich glaube: 2003 oder 04, Isoldes Liebestod. Sogar Berio stand mal auf dem Programm, soweit ich weiß ... Klar, es ist nicht die ganze Bandbreite des spätromantischen bis avangardistischen Repertoires - aber dafür gehen wiederum die meisten anderen "klassischen" Dirigenten nicht so weit in der Zeit zurück wie er. ;)


    (Und Mahler würde ich auch nicht dirigieren ... :beatnik: )


    Übrigens war das Repertoire von Carlos Kleiber doch bei weitem eingeschränkter - aber er wurde, wohl weil geheimnisumweht, immer als einer der ganz Großen angesehen...


    Herzlichst
    tuonela :)


    *************************


    edit: es ließ mir keine Ruhe ...
    styriarte 1999, mit folgendem Programm:


    Mendelssohn - Ouverture "Die schöne Melusine"
    Wagner - Ouverture und Venusbergmusik aus "Tannhäuser"
    Vorspiel und Isoldes Liebestod aus "Tristan"


    ***************************


    edit 2:
    5.5.07, Wien, Konzerthaus: Berg, Violinkonzert mit den Wiener Phil und Gidon Kremer


    Was man so alles findet ... ;) :beatnik:

  • Hallo Tuonela,

    Zitat

    Übrigens war das Repertoire von Carlos Kleiber doch bei weitem eingeschränkter


    Ja, das ist auch mein Haupteinwand gegen Kleiber. 10-Werk-Dirigenten schätze ich nicht so besonders.
    Außerdem: Bei Kleiber stimmt es nicht ganz. Man vergißt immer wieder, daß er in seinen frühen Jahren eine ziemliche Bandbreite des Repertoires an den Tag legte, erst später reduzierte er gewaltig.


    Daß Harnoncourt in zwei Ausnahmefällen Wagner und Berg dirigiert(e), entkräftet mein Argument nicht wirklich. Vier Bruchstücke aus Wagner-Opern und Bergs Violinkonzert erweitern meiner Meinung nach sein Repertoire nur unwesentlich in die Richtung, die ich meine.


    Wenn man etwa Boulez betrachtet, dem man ein extrem kleines KLASSISCHES Repertoire nachsagt, so hat Boulez doch ziemlich viel "normales" Repertoire dirigiert und auch im Bereich der Romantik immer wieder Neugier auf Stücke gezeigt, die nicht im Repertoire verankert sind.


    Harnoncourt hingegen hat im romantischen Bereich das aufgeführt, was man erwartet - hervorragend aufgeführt, zweifellos.
    Aber zu einem wirklich bedeutenden Dirigenten einer bestimmten Epoche gehört für mich, daß er etwas für die Musikgeschichte tut, nicht nur für die Interpretationsgeschichte.
    Soll heißen: Er müsste Uraufführungen machen (das tat sogar der von mir eher nicht geschätzte Karajan) oder zumindest dem Repertoire vergessene Werke hinzugewinnen.
    Daß Harnoncourt das im Bereich der Alten Musik getan hat, glaube ich auch nicht wirklich: Monteverdis "Orfeo" war im (entlegeneren) Repertoire, "Poppea" und "Ulisse" sind nicht wirklich hinzugekommen. Den Bach-Kanon hat Harnoncourt ebenfalls nicht erweitert, bei Mozart und Beethoven ist das Repertoire gleichfalls unverändert geblieben. (Ich spreche vom Repertoire, nicht von Einzelaufführungen unter Harnoncourts Leitung.)


    Daß einige seiner Aufführungen exemplarisch sind und er, vor allem bei Bruckner, einen interessanten Weg einschlägt, ändert wenig an diesen Tatsachen.
    Für mich bleibt Harnoncourt ein großer Dirigent, ein bedeutender ist er für mich (zumindest vorerst) nicht.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    styriarte 1999, mit folgendem Programm:


    Mendelssohn - Ouverture "Die schöne Melusine"
    Wagner - Ouverture und Venusbergmusik aus "Tannhäuser"
    Vorspiel und Isoldes Liebestod aus "Tristan"


    Harnoncourt erzählte, dass er schon mehrmals versucht habe, sich mit Wagners Musik auseinanderzusetzen, aber von ihm immer wieder "abgeworfen" worden sei. Sein styriarte-Konzert machte aber Lust auf mehr. Vor allem der Tannhäuser-Auszug war schlicht und einfach phänomenal.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Es müssten ihm auch die "Meistersinger" liegen, und ein "Tristan" wäre sicher sehr spannend. In einem Interview in der (glaube ich) "Presse" sagte Harnoncourt einmal, Wagner sei ihm menschlich so unsympathisch, daß er sich nicht mit seiner Musik genauer befassen wolle.
    Aber vielleicht kommt's ja noch - zumal Harnoncourt im Alter ja eher dasRepertoire ausdehnt als einengt.


    :hello:

    ...

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