Von den Lebensdaten her hat er gerade noch mal die Kurve gekriegt… ein wahrer Komponist des 18. Jahrhunderts!
Geboren wurde Carl Ditters von Dittersdorf am 2. November 1739 in Wien. Er hatte einen jüngeren und einen ältern Bruder. Der Vater war k. u. k. Hof- und Theatersticker und stammte aus Danzig. Die drei Brüder erhielten eine etwas bessere Erziehung, als sie sonst bei Bürgern gewöhnlich ist, studierten bei den Jesuiten und erhielten zudem noch Privatunterricht in Religion und der französischen Sprache. Eine gute Ausgangsposition also. Als Siebenjähriger erlernte Carl Ditters das Violinspiel; er entwickelte sich rasch. Mit 12 Jahren wurde Carl Ditters Kammerknabe in der Hofhaltung des Prinzen von Sachsen-Hildburghausen. Sein dortiger Geigenlehrer Trani ermunterte ihn zur Komposition eigener Kadenzen und Kompositionsunterricht genoss er bei dem Opernkomponisten Giuseppe Bonno [1710-1788].
Seine Liebe zum Theater vermochte jedoch Bonno nicht zu prägen. Diese entfaltete sich verständlicher Weise erst, als Carl Ditters Pergolesis ‚La serva padrona’ kennen lernte. Das Theaterleben trieb Carl Ditters zu Leichtsinnigkeit und er sammelte offenbar leidenschaftlich gerne Spielschulden ein, so heißt es. Diesem Übel versuchte er zu entkommen, in dem er seine Sachen packte und nach Prag floh. Dort erwartete man ihn bereits – und brachte ihn stante pede nach Wien zurück. Prinz Josef Maria Friedrich Wilhelm sah großzügig über die Verfehlungen seines Deserteurs hinweg, löste aber sein Orchester auf und versorgte dessen Mitglieder, indem er sie sorgfältig woanders unterbrachte. So gelangte Carl Ditters zu einer Stelle im Wiener Hofopernorchester. Hier lernte er die damals wichtigste italienische Opernliteratur kennen und schätzen. Ditters bewog den Intendanten, ihm spielfreie Tage zu gewähren, in denen er Nebenverdienste erwirtschaften durfte. Im Jahre 1763 durfte er mit Christoph Willibald Gluck nach Bologna reisen, um der Uraufführung dessen Oper ‚Il trionfo di Celia’ beizuwohnen. Er nutzte die Gelegenheit, um sich dort als Violinvirtuose zu profilieren und sammelte damit große Erfolge ein.
1765 löste er nach einem Zerwürfnis mit dem Intendanten Graf Sporck Michael Haydn in dessen Funktion als Kapellmeister des Bischofs von Großwardein in Ungarn ab [M. Haydn war bereits 1762 ausgeschieden]. Er verstärkte das dortige Orchester auf 34 Musiker und führte auch die damals noch wenig gebräuchliche Clarinette ein. Als „Erneuerer“ setzte er die Wiener Methode ein, sitzend zu spielen. Jetzt erst begann Ditters, zu komponieren: Die erste Orchester- und Kammermusik entstand, ein [szenisch uraufgeführtes] Oratorium Isacco, ein paar Kantaten sowie erste Opern [Amore in musica]. Letztere komponierte er eigens für ein von ihm eröffnetes kleines Theater im Schloss – wie beneidenswert. Doch das Glück wollte nicht anhalten: Der Bischof bekam einen Rüffel von Maria Theresia wegen „zu weltlichen Verhaltens“ – und er musste die Kapelle 1769 schließen. Carl Ditters packte seine sieben Sachen und reiste umher. Für die Wintermonate quartierte er sich bei Fürstbischof von Breslau [Graf Schaffgotsch] ein. Aus dem Besuch wurden 26 Jahre… Der Fürstbischof fand Gefallen an dem gebildeten und vielgereisten Musiker. Die dortige zunächst aus neun Musikern bestehende Kapelle erweiterte Ditters wieder in alter Manier auf siebzehn. Auch das Theater durfte nicht leiden – schließlich war er davon besessen: So gründete er auch hier ein kleines solches und komponierte zwischen 1770 und 1777 elf opere buffe, darunter ‚Il viaggiatore americano’, ‚Il finto pazzo per amore’ und ‚L’Arcifanfano, re de’ matti’. Eine Berufung nach Wien lehnte Carl Ditters ab. 1771 heiratete er die ungarische Sängerin Nicolina Trink. 1773 wurde Ditters in den Adelsstand erhoben und durfte sich fortan Carl Ditters von Dittersdorf nennen. Er komponierte mit beispielloser Geschwindigkeit. In kürzester Zeit entstanden die Oratorien Esther [1773], Hiob [1786] und das Deutsche Singspiel Doktor und Apotheker [1786]. Mit diesem Singspiel stellte er sogar Mozarts Le Nozze di Figaro schnell in den Schatten der Publikumsgunst. Es entstanden weitere Opern, die Sinfonien nach Ovids Metamorphosen. Durch einer Aufführung des Doktor und Apotheker 1797 im Burgtheater zu Wien wurde das Singspiel durch die Uraufführung von Joseph Haydns Kaiserlied quasi geadelt. Joseph Haydn gehörte zum Freundeskreis von v. Dittersdorf, auf Schloss Esterháza führte Haydn auch Opern des Kollegen auf. Seine großzügig bemessene Freizeit nutze v. Dittersdorf für jede Menge Gastspiele, z.B. in Wien. 1789 reiste v. Dittersdorf nach Berlin, komponierte dort sechs Streichquintette [2 Violoncelli] für Friedrich Wilhelm II. von Preußen.
Neue Opern komponierte v. Dittersdorf, als 1793 das neue Hoftheater des Herzogs Friedrich August von Braunschweig in Oels eröffnet wurde. Nach dem Tode des Herzogs Ende Oktober 1795 wurde v. Dittersdorf mit einer jährlichen Pension von 353 Talern entlassen. Die Gicht lähmte v. Dittersdorf fast gänzlich, so dass er sich aus dem aktiven Leben mehr und mehr zurückzog. Er war Gast des Barons Ignaz von Stillfried auf Schloss Rothlhotta, wo er trotz seiner Erkrankung noch einige Opern komponierte, die ebenda aufgeführt wurden. Zwei Tage nach der Beendigung des Diktats seiner Autobiografie verstarb er am 24. Oktober 1799 auf Schloss Rothlhotta. Dittersdorf hinterließ neben unzählbaren Werken 5 Kinder: Philipp, Gotthard, Carl, Anna Maria sowie eine namentlich nicht bekannte zweite Tochter.
Stets bekannt geblieben ist eigentlich sein Deutsches Singspiel Doktor und Apotheker, wenn auch von anderen Werken [zu] sehr überschattet - das ist eben die späte Rache :P. Allmählich werden seine Werke jedoch wiederentdeckt – und das ist gut so.
Oratorien
Isacco figura del redentore, 1766
Davidde penitente, 1770
La Liberatrice del popolo giudaico nella Persia [Esther], 1773
Giobbe, 1786
Opern
Ein Stück mit kleinen Liedern, Großwardein 1767
Frau Sybilla trinkt keinen Wein, Großwardein 1767
Das Reich der Toten, ebenda 1767
Amore in Musica, ebenda 1767
Il viaggiatore Americano, Johannisberg, 1. Mai 1770
L’amore disprezzato, Johannisberg 1771
Il tutore e la pupilla, Johannisberg 1773
Il tribunale di Giove, ebenda 1774
Il finto per amore, ebenda 1770/1775 [?]
Il maniscalo, ebenda 1775
Lo sposo burlato, ditto
La Contadina fedele, Johannisberg 1776
La moda, ditto
Il barone di Rocca antica, Johannisberg vor 1776
L’Arcifanfano, ebenda 1777
Doktor und Apotheker, Wien 1786
Betrug durch Aberglauben, ditto
Democritto corretto, Wien 1787
Die Liebe im Narrenhause, ditto
Orpheus der Zweyte, Wien 1787 oder 1788
Hieronymus Knicker, Wien 1787
Das rothe Käppchen, ebenda 1788
Der Schiffspatron, ebenda 1789
Hockus-Pockus, ebenda 1790
Der Teufel ein Hydraulikus, Grätz 1790
Das Gespenst mit der Trommel, Oels 1794
Don Quixote der Zweyte, Oels 1795
Der Hauptmann von Bärenzahn, ditto
Der Schah von Schiras, dito
Die befreyten Gwelfen, dito
Ugolino, Oels 1796
Die lustigen Weiber von Windsor, dito
Der schöne Herbsttag, dito
Der Durchmarsch, dito
Der Ternengewinnst, Oels 1797
Der Mädchenmarkt, ditto
Die opera buffa, Wien 1798 [?]
Don Coribaldi, 1798
25000 Gulden oder: Im Dunkeln ist nicht gut munkeln, Oels 1799 [?]
Der reisende Schulmeister [?]
Offenbar geplant:
Die Hochzeit des Figaro [nur Textbuch erhalten]
Ferner Sinfonien, Divertimenti, Quartette, Quintette, Violin- und Violakonzerte, Lieder, Arien…