Die Klavierkonzerte von Brahms - Zwei Symphonien mit piano obbligato

  • Lieber Wulf,


    Zitat

    Original von Wulf
    Karajan/Weissenberg? Forget about it.


    Ausnahmsweise richtig. Kannst Du wirklich gleich wieder vergessen (so als hättest Du sie im Rahmen Deiner umfangreichen Vergleichsstudien zu Curzon/Szell nie gehört). Die Brahms'schen Klavierkonzerte gibt es nämlich gar nicht mit Karajan/Weissenberg ;).


    Loge

  • Lieber Loge,


    jedenfalls einer passt auf. Löblich. ;)


    Führt aber leider nicht an der Tatsache vorbei, daß man - die tatsächlich vorhandene - Einspielung von Karajan/Anda auch in die.....(die ich im Rahmen meiner umfangreichen Vergleichsstudien tatsächlich gehört habe, aber nach Curzon/Szell sind andere Namen eben wie Schall und Rauch :P )
    Nein, so hart möchte ich dann doch nicht urteilen. Zumal ich Anda als Pianisten sehr schätze.
    Aber ich kann nur empfehlen Curzon/Szell zu hören. Das ist schlicht und einfach überragend.


    :hello:
    Wulf

  • Hallo Wulf!



    Mußtest Du das ausgerechnet einen Tag schreiben, nachdem ich mir Fleisher/Szell bestellt habe? :motz: :motz:

  • Hallo Pius,


    kein Grund zur Veranlassung (zur Sorge :D ). Fleisher/Szell ist auch überragend, mir gefällt Curzon/Szell eben nur einen kleinen Tick besser - was natürlich auch Geschmackssache ist.....


    :hello:
    Wulf

  • Hallo wulf,


    es ist immer sehr schwierig in Worte zu fassen, was einen zu Begeisterungsstürmen für eine Interpretation hinreissen läßt.
    Bei mir ist es meist eine höhere Emotionalität und der damit einhergehende höhere Gänsehautfaktor.



    Aber mir ist nicht klar, was Du bei Curzon/Szell noch besser findest ?
    Warum ist die Aufnahme so unbekannt geblieben ?
    Vielleicht kannst Du das mit wenigen Worten mal erläutern und auch die Spielzeiten des KK Nr.1 posten.
    Denn wenn die Spielzeit des 1.Satzes 21Minuten dramatisch übersteigt, dann ist das "nix für Wolfgang".


    Ich kann ja Deine Begeisterung verstehen - mir passiert das auch öfter, das ich von einer Interpretation "hin und weg" bin.
    Aber mit Worten wie "alles andere für die Tonne" sollte man dann doch vorsichtiger umgehen.
    Du hast nach Pius Einwurf dieses Zitat ja relativiert und geschrieben, dass dies für Fleisher/Szell nicht gilt - OK.
    :D Dann bist du ja noch mal mit einem blauen Auzge davongekommen ! :D


    Wer kann den 1.Satz noch packender inzenieren als Fleisher/Szell ?
    :hello: Pius - Du wirst zufrieden sein !
    Deine Eindrücke würden mich auch interessieren, wenn Du Deine Fleisher/Szell-Brahms-CD´s hast !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Hallo wulf,
    Aber mir ist nicht klar, was Du bei Curzon/Szell noch besser findest ?


    Mir auch, Wolfgang. Sie ist es ja auch nur um ein Quäntchen. Ich glaube es liegt am Spiel von Curzon und es ist schwer zu beschrieben: ob es an der Phrasierung liegt? An der Anschlagsdynamik? Ich weiß es nicht. Geht halt einen Tick tiefer.


    Zitat


    Warum ist die Aufnahme so unbekannt geblieben ?


    1.Die Frage scheint Dir keien Ruhe zu lassen - Du stellst sie immer wieder gerne, wenn Aufnahmen oder Komponisten gelobt werden, die Dir unbekannt geblieben sind.
    Das ist doch kein Gütekriterium (<-- weil Du den fettdruck so liebst!!)
    2. irrst Du - die Aufnahme ist allg. nicht unbekannt geblieben - ganz im Ggt. Gut, "Legendary" kann jeder auf ein Cover packen, aber in diesem Fall stimmt es. Horch Dich mal um - und natürlich nicht unter den Leuten, die Rieu kennen, aber fragen: hä, wer ist Julia Fischer? Die kann nichts taugen, ist ja im Vgl. zu Rieu unbekannt. :pfeif:


    Zitat


    Aber mit Worten wie "alles andere für die Tonne" sollte man dann doch vorsichtiger umgehen.


    Warum, wenns doch stimmt? :D


    Zitat


    Du hast nach Pius Einwurf dieses Zitat ja relativiert und geschrieben, dass dies für Fleisher/Szell nicht gilt - OK.
    :D Dann bist du ja noch mal mit einem blauen Auzge davongekommen ! :D


    Zu gütig :O

    Zitat


    Wer kann den 1.Satz noch packender inzenieren als Fleisher/Szell ?


    Curzon/Szell. Für mich. Zumindest ebenbürtig.


    Zitat


    :hello: Pius - Du wirst zufrieden sein !


    Dem stimme ich zu.


    :hello:
    Wulf

  • Hallo!


    In den Jubel über die Fleisher/Szell-Aufnahme kann ich mittlerweile miteinstimmen! :jubel::jubel::jubel:


    Besonders das erste Konzert halte ich in dieser Interpretation für praktisch perfekt inszeniert. Dieses forsche, spannungsreiche, energiegeladene Spiel ist wohl kaum zu toppen und für das erste Konzert (sozusagen Brahms' "Sturm- und Drang-Werk" :D ) genau richtig.
    Ich werde die Aufnahme sicher früher oder später bei meinen Unverzichtbaren unterbringen, denn an meiner bisherigen Referenz (Gilels/Jochum) ist sie klar vorbeigezogen.
    Dies gilt mit Abstrichen auch für das zweite Konzert, wo das Scherzo dem energischen Pathos von Fleisher/Szell wohl am meisten entgegenkommt. Aber auch sonst gelang hier eine rundum sehr gute Aufnahme.


    Das hübsch bebilderte Booklet gibt einen interessanten Einblick in die Arbeiten und die Atmosphäre, die im Umfeld der Aufnahmen vorhanden waren.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo Pius,


    bevor Du einstellst, höre das erste Konzert nochmals mit Katchen oder Gelber und das zweite mit Zimerman.


    Wenn Du danach bei Fleisher bleibst, ist das sicher auch ok. Es ist eine sehr gelungene Aufnahme.


    Aber zu den Unsterblichen ?

  • Nach einer kleinen Pause will ich mich auch mal kurz zu den Brahms-Klavierkonzerten äußern.


    Persönlich favorisiere ich eindeutig das 2. Konzert, das mir musikalisch viel mehr gibt.


    Vom 1. Konzert lese ich immer nur die gepriesene Aufnahme Fleisher/Szell oder mit Curzon. Ich habe eine Aufnahme Serkin/Szell, aufgenommen 1968 mit dem Cleveland Orchestra. Wer hat die gleiche Einspielung und wie findet ihr sie? Ich meine, dass hier auch die Ecken und Kanten gut herausgearbeitet wurden.


    Vom 2. Konzert reicht mir eigentlich eine einzige Aufnahme, nämlich die mit Emil Gilels und dem Chicago Symphony unter Fritz Reiner aus dem Jahre 1958. Ich glaube, sie ist auch schon vergriffen. Die Satzlängen sind 15:54, 8:03, 11:57, 8:44. Eine bombastische Interpretation zu der Solist und Orchester/Dirigent gleichermaßen beitragen! Unschlagbar!


    Dazu liegt mir auch eine zweite Aufnahme mit Anton Rubinstein und dem NBC Symphony unter Toscanini vor (1940). Satzlängen: 16:15, 8:10, 11:12, 8:26. Abgesehen von der gewöhnungsbedürftigen Tonqualität erreicht diese Aufnahme nicht den Spannungsgehalt der anderen, ich war von der fulminanten Tschaikowsky-Einspielung auf gleicher CD (in Rekordzeit 29:43) begeistert, der Brahms enttäuschte mich dagegen.


    Mich würde eure Meinung zu diesen Aufnahmen interessieren.

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Hallo zusammen,


    noch fast ganz was anderes (dabei bitte nicht timmijus Frage im Beitrag hier drüber übersehen). Hoffe es passt hier hin, sonst trolle ich mich ganz schnell ins Klavierforum! ;)


    Vor etwa 4 Wochen hörte ich zufällig im Radio die letzten paar Minuten einer Fassung eines der Brahms Klavierkonzerte für 2 Klaviere (muss gestehen, dass ich nicht mal weiß, ob KK 1 oder KK 2). Ich glaube es war ein Freitag Abend, ich glaube es war ein Festival-Konzert und ich glaube es war live. Leider wurde ich daran gehindert die Abmoderation in Ruhe anzuhören... immer diese Kinder, die nicht schlafen wollen! ;)


    Einige Orchesterfans hier werden bestimmt die Nase darüber rümpfen, was mich denn an dieser Fassung interessiert, wo es doch so wunderbare Aufnahmen mit Orchester gibt! ;)
    Aber - ich fand diese letzten paar gehörten Takte sehr faszinierend. Weiß also von euch vielleicht jemand um was für eine Aufführung es sich handelte und wer spielte?


    Kennt jemand diese Fassung? Gibt es so etwas für beide Klavierkonzerte?
    Gibt es vielleicht sogar (empfehlenswerte?) Aufnahmen dieser reinen Klavierfassungen?


    Viele Grüße
    Frank

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  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo Frank,

    Zitat

    Kennt jemand diese Fassung? Gibt es so etwas für beide Klavierkonzerte?


    Für fast alle Konzerte, seien es Klavier, Violin, Cello oder Alphorn-Konzerte, gibt es Klavierreduktionen des Orchesterparts.


    Deshalb gibt es das selbstverständlich auch für beide Brahms- Klavierkonzerte.


    Ob es davon Aufnahmen gibt, ist mir leider nicht bekannt.


    timmiju


    Zitat

    Ich habe eine Aufnahme Serkin/Szell, aufgenommen 1968 mit dem Cleveland Orchestra. Wer hat die gleiche Einspielung und wie findet ihr sie?


    Mir hat diese Aufnahme auch immer sehr gut gefallen, im Grunde genommen genau so gut wie die Fleisher-Aufnahme.
    Ich mag Serkins ruppigen Stil.


    LG,
    Michael

  • Zitat

    Original von Frank1970
    Kennt jemand diese Fassung? Gibt es so etwas für beide Klavierkonzerte?
    Gibt es vielleicht sogar (empfehlenswerte?) Aufnahmen dieser reinen Klavierfassungen?


    Das Klavierduo Köhn/Matthies hat alle nur erdenklichen Klavierfassungen bei Naxos eingespielt. Ich war zu faul, die alle durchzusehen, das 1. Konzert ist hier (einmal 2 Klav., einmal 1 Klavier vierhändig):



    Aus der Reihe habe ich (da mich sekundäre Arrangements nicht groß interessieren) nur die Haydn-Variationen+ Klavierquintett, wo beide Fassungen Anspruch auf Authentizität erheben. Die sind ziemlich gut, ich würde auch bei den Konzerten bedenkenlos zugreifen.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Michael, Hallo Johannes,


    Danke für eure Antworten! :)
    Erstaunlich, dass es bei der Naxos-Reihe mit Brahms Klavierwerken für vier Hände schon 17 Ausgaben gibt. Habe ich bisher nicht mal auch nur geahnt, dass es da so viel gibt. Das Klavierkonzert Nr. 2 konnte ich dort aber auch nicht finden. Für dieses habe ich allerdings per Amazon Noten gefunden. Also ist die Reihe mit Volume 17 bestimmt noch nicht abgeschlossen...


    Auch von anderen Labels konnte ich keine Aufnahme des Klavierkonzert Nr. 2 für vier Hände finden. Habe aber bisher noch nicht sehr intensiv gesucht. Frage mich auch selbst ein wenig, welche Priorität es für mich hat eine solche Aufnahme zu erwerben. Vielleicht probe ich ja erst mal mit dem Klavierkonzert Nr 1. Von diesem habe ich auch noch die folgende Aufnahme gefunden, mit immerhin recht namhaften Interpreten. Zumindest kannte ich diese - im Gegensatz zu den Naxos Künstlern - schon vorher. Was aber nichts über die Qualität aussagen soll.


    Johannes Brahms (1833-1897)
    Klavierkonzert Nr. 1 (Version für Klavier 4-händig) + Tragische Ovuertüre op. 81 für Klavier 4-händig
    (Beide Werke in Arrangements von Brahms)
    Künstler: Cord Garben & Lilya Zilberstein, Klavier
    Label: HV , DDD, 01/02


    Viele Grüße
    Frank

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  • Zitat

    Original von Frank1970
    Erstaunlich, dass es bei der Naxos-Reihe mit Brahms Klavierwerken für vier Hände schon 17 Ausgaben gibt. Habe ich bisher nicht mal auch nur geahnt, dass es da so viel gibt. Das Klavierkonzert Nr. 2 konnte ich dort aber auch nicht finden. Für dieses habe ich allerdings per Amazon Noten gefunden. Also ist die Reihe mit Volume 17 bestimmt noch nicht abgeschlossen...


    Auch von anderen Labels konnte ich keine Aufnahme des Klavierkonzert Nr. 2 für vier Hände finden. Habe aber bisher noch nicht sehr intensiv gesucht. Frage mich auch selbst ein wenig, welche Priorität es für mich hat eine solche Aufnahme zu erwerben.


    Hallo Frank,


    auf der Homepage von Frau Matthies und Herrn Köhn findest Du eine übersichtliche Zusammenstellung des ganzen Naxos-Projekts. Daraus geht auch hervor, dass nur noch Vol. 18 aussteht, bei dem dann das zweite Klavierkonzert enthalten sein wird.


    Vom ersten Klavierkonzert gibt es übrigens auch eine Version für ein Klavier vierhändig, die in Vol. 9 dabei ist.
    Darf natürlich ebenfalls in keiner gutsortierten Tonträger-Sammlung fehlen... :D


    (Wie ich gerade sehe, handelt es sich auch bei der von Dir abgebildeten CD mit Zilberstein und Garben um die Version für ein Klavier vierhändig. Unterscheidet sich bestimmt gravierend von der Version für zwei Klaviere! Wir erwarten dann von Dir ausführliche Werk-, Bearbeitungs- und Interpretationsvergleiche! :D ;))



    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo zusammen,


    inzwischen kenne ich Vol. 9 des Klavierduos Köhn/Matthies mit dem Brahms Klavierkonzert Nr. 1 in der Fassung für Klavier zu vier Händen.



    Meine ersten Eindrücke dazu finden sich hier.


    Meine (Selbst-)Korrektur zur Entstehungsgeschichte kopiere ich auch direkt mal nach hier:


    Zitat

    Original von Frank1970
    Die Version des Brahms Klavierkonzert Nr. 1 in der Fassung für Klavier zu vier Händen ist nicht die Ursprungsversion.


    Die Entstehungsgeschichte war im groben folgende:
    Zuerst sollte das Werk eine Sonate für zwei Klaviere werden, dann eine Symphonie. Dann 1859 (oder schon 1858?) erschien es in der heute bekannten Fassung als Klavierkonzert. Schon 1864 gab es dann die Fassung für Klavier zu vier Händen und erst 1873 erschien die Version für zwei Klaviere.


    Wolfgangs Frage zu der Aufnahme:


    Zitat

    Original von teleton
    Hallo Frank,


    eine sehr interessante CD, die Du da vorstellst.


    Die Fassung des KK Nr.1 für 2 Klaviere interessiert mich dabei besonders.
    Wie lange dauert der 1.Satz ?
    20Minuten oder deutlich darüber ?


    Die Zeiten sind: 24:37 15:21 13:20
    Also deutlich langsamer, als Fleisher/Szell: 21:19 14:36 10:53 (eine Aufnahme, die ich persönlich nicht kenne)
    Die Zeiten für die Fassung mit zwei Klavieren kenne ich nicht (vielleicht kann hier jemand helfen? Ich glaube Alfred hat diese Aufnahme bereits)


    Allerdings glaube ich auch, dass der subjektive Eindruck der Geschwindigkeit bei den verschiedenen Fassungen voneinander abweicht. Also für mich dürfte die Köhn/Matthies-Interpretation nicht schneller sein!
    Der Klangschnipsel bei JPC gibt schon mal eine ungefähre Ahnung davon - ist leider viel zu kurz.


    Zitat

    Original von Zwielicht: Darf natürlich ebenfalls in keiner gutsortierten Tonträger-Sammlung fehlen... :D


    Die Ironie war nicht zu überhören! ;)
    Allerdings kann ich inzwischen die Bekanntschaft mit dieser Version nur jedem Liebhaber dieses Klavierkonzerts empfehlen! :yes:


    Viele Grüße
    Frank

    From harmony, from heavenly harmony
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  • Hallo Frank,


    Danke für die Spielzeitangabe bei Deiner Naxos-Aufnahme des Klavierkonzertes Nr.1 für 2 Klaviere mit Matthies/Köhn: 24:37 15:21 13:20.
    :) Eine Aufnahme, die Du sogar im Lieblings-KK-Thread aufführst - da muß ja etwas dran sein !

    Das KK Nr.1 interessiert mich ganz besonders, weil es auch mein Lieblingsklavierkonzert ist.
    Aber ich kann mir bei diesen Spielzeiten trotzdem nur schwer vorstellen, dass ich gefallen an dieser Interpretation finden werde und mich nur nochmal wiederholen:

    Zitat

    Irgendwann habe ich dann festgestellt, das mir Aufnahmen, bei denen der 1.Satz des KK Nr.1 20Minuten stark überschreitet, umso weniger liegen je länger er wird .....
    Serkin/Szell und Fleisher/Szell (beides SONY) wurden dann später auf CD meine Lieblinge

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Schon oft angesprochen, aber nie besprochen wurde hier ja im Vergangenen die Interpretation Pollinis mit den Wiener Philharmonikern unter Karl Böhm.



    Und schon gar nicht auch nur ansatzweise so gewürdigt, wie es diese Aufnahme verdient hat!



    Betrachtet man, was ja im vorangegangenen Beitrag ein wenig geschah, nur den ersten Satz, so erlaube ich mir nun einmal, das , was Böhm hier mit den Wiener Philharmonikern vollbringt, als die Refernz für hundert Jahre zu bezeichnen.


    Eine so unerhörte Wucht, Dramatik und Erhabenheit in der Orchesterbegleitung, die hier diesen nach Zurückstellung klingenden Namen keineswegs verdient, sucht ihresgleichen. Ohne den Solisten an die Wand zu spielen, erschafft Böhm hier eine wahrlich titanenhafte Größe, die den ersten Satz zu einem unbeschreiblichen Erlebnis macht.
    Vor kurzer Zeit hörte ich von einem jungen Pianisten einen dieses Konzert betreffenden und, wie ich finde, durchaus gelungenen Vergleich.
    Er zog das Bild eines Atompilzes heran.
    Wenn man - für diese ganz besondere Metapher - nun die zerstörerische Wirkung dieser menschenverachtenden Waffe außer acht lässt und sich mit der Begeisterung eines von seiner Entdeckung euphorisierten Atomphysikers der Entfesselung ungeheurer Energien hingibt, so erlebt man vermutlich dabei das, was ich beim hören dieser Aufnahme empfinde.


    Manchen mag das, vermutlich auch noch nach dem Hören, reichlich pathetisch und übertrieben erscheinen, doch bei mir tritt nun mal genau diese Wirkung ein - wie ich das sonst nur von Live-Erlebnissen kenne.



    Auch der zweite Satz ist in seiner ruhigen Schönheit wunderbar gespielt, lediglich beim III. bevorzuge ich Serkin mit Szell, was jedoch in der Gesamtbetrachtung der überragenden Qualität dieser Interpration keinen Abbruch tut.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Hallo novecento,


    die DG-Doppel-CD der Brahms-KK in der Pollini/Abbado-Aufnahme habe ich seit langem. Diese rechne ich wegen der ausgewalzten Spielzeiten schon gar nicht mehr meiner Sammlung zugehörig.
    Das der große Pollini die Werke meisterlich beherscht versteht sich von selbst, aber das Orchester bleibt "unter Durchschnitt" und langweilig.


    Daher sehr interessant Dein Hinweis auf die Böhm-Aufnahme des KK Nr.1 mit Pollini. Ich habe gerade mal einen Hörschnipsel vom Anfang des ersten Satzes angehört - nicht übel ! so soll es sein - und die Spielzeit des 1.Satzes mit 20:55 kommt mir auch sehr entgegen.



    8) Aaaber kann diese Aufnahme tatsächlich noch an Szells Aufnahmen mit Serkin und Fleisher kratzen ?


    :hello: Ich überlege mir die Aufnahme aufgrund Deiner Begeisterung zu bestellen, denn sie ist für 7,30Euro als Doppel-CD zu haben. Doch dann hätte ich wieder den Abbado beim KK Nr.2 - und das auch noch doppelt :faint:.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ach die Klavierkonzerte 1 und 2 von Brahms!
    Ich gebe gerne zu, dass ich meistens das 1. höre, es ist schon fast zur Dauerdudelei geworden, weil ich die verschiedenen Aufnahmen vergleiche.
    Meistens mit nem Eipott.


    Doch stimme ich Wolfgang aus Bonn völlig zu:
    Fleisher/Szell haben die paradigmatische Einspielung abgeliefert.
    Szell hat Brahms wie kaum ein anderer verinnerlicht, dabei unter Verwendung flüssiger Tempi immer die Gestalt der Werke im Vordergrund gehalten, beispielhaft; selbst nach mehr als 40 Jahren wirken die Aufnahmen absolut frisch.
    Da trifft übrigens auch auf die Sinfonien zu!


    Bei Durchsicht meiner eigenen Sammlung habe ich nun folgende Aufnahmen gefunden und mal fluchs knapp kommentiert. Einige sind es wert, dem Vergessenwerden zu entrinnen, andere nicht.


    Solomon (KK 1 mit Kubelik(1955) und 2. Dobrowen(1947)): Sehr schön, aber leider zu historisch, das erste gerät ihm prima, Dobrowens Begleitung im 2. ist zeitweise sensationell.
    Solomon war wohl ein Genie, dem die damalige Aufnahmetechnik heute diesen Status verwehrt.


    Curzon/Szell (KK 1). Das Orchester ist super, aber ich finde Curzon einfach zu maniriert (oder mariniert?? :D Wie eingelegt.), politisch korrekt heißt das heute "delikat".


    Serkin/Szell (kk1 und 2). Einfach super der 1. Satz des 1. KK, Ulrich Schreiber schrieb dazu mal was von "Alterswildheit", dabei war Serkin damals so um die 60. und hatte noch viele Jährchen vor sich, aber der Gesamteindruck spricht dann für mich eher für Fleisher/Szell. Das liegt vielleicht auch daran, dass im letzten Satz KK1 die Fingerchen des guten Rudolf doch nicht so donnern wollten.


    Zimermann/Rattle (KK 1) Ich finde diese Aufnahme langweilig, weil sie so steril ist! Was Rattle in den ersten Minuten trödelig und spannungslos abliefert, verstehe ich nicht. Auch die unendliche Langsamkeit des 2. Satzes gerät dauernd zum Stillstand. Wie ein ICE bei Streckensperrung!
    Dass Zimermann schopängt, dürfte klar sein. Auch ihn finde ich etwas zu "delikat", bei Lennie, soll er robuster gewesen sein. Die Aufnahmen kenne ich aber aber nicht.


    Backhaus/Schuricht (KK 2) Nicht schlecht, eher sogar gut, hey, sogar sehr gut! Aber es klingt wie durch Telefon!


    Richter/Leinsdorf (KK 2) Auch nicht schlecht, muss sogar sehr gut sein, denn Richter hielt es für totalen Mist. Doch, da ich nur ne LP habe, staubt es im Regal ein.


    Rubinstein/Krips/Leinsdorf (kk1 und 2). Der Rubinstein konnte alles und mit Leinsdorf sogar Richter locker besiegen. Ich finde, das der Gesamteindruck des Werkes mit Rubinstein perfekt herauskommt, auch wenn immer, wenns langsam wird, es arg schopängt.


    Klemperer/Anda (KK2) Fulminant: Eines der ersten Konzerte, die Klemperer nach seiner endgültigen Rückkehr 1954 nach Europa gab.
    Anda und Klemp bringen einen Drive rüber, der schier unglaublich ist. Und es klingt keinesfalls mistig.


    Klemperer/Ashkenazi (KK2): 10 Minuten langsamer als vorige Aufnahme. Ganz anders, verinnerlicht, teilweise starr und dennoch beeindruckend, aber eigentlich nicht konkurrenzfähig.


    Gilels/Jochum (Kk1 und 2). Warum habe ich mir die nur gekauft? Und dann auch noch als Doppel-LP und jüngst noch als Doppel-CD?
    Ach ja, ich hatte geglaubt, dass die CD Überspielung bei besserer Klangqualität, die Musik boosten würde.
    Oder war es meine Verehrung von Gilels?
    Ergebnis: Tiefst-Schnarch! Das liegt vor allem an der "biedermeierlichen" Begleitung, die ja auch schon Beethovens Violinkonzert mit Schneiderhan versaut hat (Ja, ich weiß, es soll Leute geben, die das gut finden).
    Ich werde nach obiger Empfehlung mal nach der Aufnahme Giles/Reiner Ausschau halten.


    Gould/Bernstein (KK1) Luschtig die Rede am Anfang. Was solls? But who is the Boss? Und so schockierend ist die Aufnahme keineswegs.


    Brendel/Schmidt Isserstedt (KK 1) Historisch auf Tonband vom NDR III mitgeschnitten. Es war die erste Aufnahme, die ich zu hören bekam. Und manchmal lege ich sie noch auf.


    Freire/Chailly. (KK1 und 2) eine schöne, vor allem auch klangschöne Einspielung, mir fehlt das "auf der Kante sitzen" der Serkin und Fleisher Versionen.
    Habe ich was vergessen? Sicherlich, genau:


    Buchbinder/Harnoncourt. Die kenne ich nicht gut genug. Liegt im CD Schrank und wurde 1-mal abgehört.


    Und Horowitz/SCHWIEGERVATER. Auch Telefonsound, sonst einfach nur super!


    So, das soll genügen.
    Gruß S.

  • Zitat

    Original von s.bummer
    Gould/Bernstein (KK1) Luschtig die Rede am Anfang. Was solls? But who is the Boss? Und so schockierend ist die Aufnahme keineswegs.


    Zumindest seit es das 1. Klavierkonzert mit Zimermann/Bernstein bzw. /Rattle gibt, dürften die breiten Tempi kein Skandal mehr sein; im 2. Satz sind sie sogar eher auf der zügigen Seite.


    Viele Grüße

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  • Zitat

    Original von s.bummer
    Zimermann/Rattle (KK 1) Ich finde diese Aufnahme langweilig, weil sie so steril ist! Was Rattle in den ersten Minuten trödelig und spannungslos abliefert, verstehe ich nicht. Auch die unendliche Langsamkeit des 2. Satzes gerät dauernd zum Stillstand. Wie ein ICE bei Streckensperrung!
    Dass Zimermann schopängt, dürfte klar sein. Auch ihn finde ich etwas zu "delikat", bei Lennie, soll er robuster gewesen sein. Die Aufnahmen kenne ich aber aber nicht.


    Endlich sagt das mal jemand! Ich stimme dir voll zu - die Rattle/Zimerman-Aufnahme finde ich überschätzt (sie wurde auch in diesem Forum hochgelobt) und über weite Strecken langweilig. Kenne von Bernstein/Zimerman nur das zweite Brahms-Konzert (ist noch erhältlich, bzw. downloadbar), und das ist in der Tat sehr zupackend und dramatisch gespielt, eine fulminante Aufnahme!


    Viele Grüße,
    Christian

  • Zitat

    Original von teleton



    8) Aaaber kann diese Aufnahme tatsächlich noch an Szells Aufnahmen mit Serkin und Fleisher kratzen ?


    Hallo teleton,


    da gibt es für nur eine Antwort: Ja, sie kann!


    Allerdings muss ich sagen, dass es sich da bei mir um eine subjektive und vielleicht auch ein Stück weit irrationale Begeisterung für genau diese Interpration handelt.


    Weiters kenne ich Szell/Fleisher nicht, was vielleicht meine Urteilsfähigkeit doch beschränkt, allerding ist mir Szell/Serkin wohlvertraut und steht für mich an zweiter Stelle nach Böhm.
    Ein direkter Vergleich ist etwas diffizil, gründet doch meine Präferenz für Böhm und Pollini hauptsächlich auf den ersten Satz, hier findet sich bei Szell schlichtweg ein ganz anderer Ansatz, der weniger die orchestrale Monumentalität in den Vordergrund stellt, die ich allerdings bei diesem Stück schon sehr genieße.
    Im zweiten Satz ist Böhm/Pollini wiederum für mich noch eine Spur besser, was die Herausarbeitung der entrückten Melodik angeht.
    Beim dritten hingegen liegt mir dann Szells Transparenz mehr, seine Interpretation erlaubt hier eine 'barockere' Deutung des von Bach inspierierten Satzes, die ich sehr schlüssig finde, eine Deutung allerdings, die bei Böhm im Hinblick auf interpretatorische Geschlossenheit freilich fehl am Platz gewesen wäre.


    Abschließend - und als Rat - kann ich wohl sagen, dass ich mir die Pollini-Böhm Aufnahme umgehend kaufen würde, hätte ich sie nicht schon - 'Wermutstropfen' Abbado hin oder her (den ich so übel nicht finde)


    DIESER 1. Satz ist mehr als 7,30 € wert.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Hallo Novescento,


    auf Grund Deiner Begeuisterung und des günstigen Preises hab ich mir die DG-Doppel-CD bestellt. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen.


    Die CD´s waren heute im Briefkasten und ich bin schon megagespannt auf das Hörerlebnis. Die sehr angemessenen Spielzeiten versprechen bei beiden KK schonmal eine mir entgegenkommende Interpretation.


    :) Erfreulicherweise stelle ich auch fest, das es beim KK Nr.2 gar nicht die gleiche Aufnahme DG, 1997, DDD mit Abbado/Pollini ist, die ich schon von den KK Nr.1 und 2 schon als Liveaufnahme mit den Berliner PH habe (und die ich insgesamt nicht ganz so überragend finde, obwohl auch diese gewiss nicht schlecht ist).
    Diese Liveaufnahme ist tatsächlich mal (wie viele sagen) DG-typisch klanglich nicht so gut geworden, wie die gewohnte Studioqualität.


    :hello: Von meinen Eindrücken der Studioaufnahme DG, 1977/80, ADD des KK Nr.1 mit Böhm und KK Nr.2 mit Abbado werde ich in Kürze berichten.
    Auch die willkommenen Zugaben Tragische Ouvertüre und Haydn-Variationen mit Böhm stehen nun auf dem Programm.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Es ist sehr positiv, wenn langlaufende Diskussionen durch neue Beiträge wieder aufgefrischt und aktualisiert werden. Nahezu alle großen Interpreten und Aufnahmen der Brahms-Klavierkonzerte wurden besprochen und diskutiert.
    Etwas erstaunt war ich , dass die beiden Aufnahmen, die für mich Refrenzcharakter haben, eher selten genannt wurden.
    Zum einen sind dies die Einspielungen der beiden Klavierkonzerte mit dem Solisten Julius Katchen unter Monteux und den Londoner Philharmonikern. Hier wird ein pianistisches Feuer entfacht das einfach phänomenal ist. Wer Brahms also feurig, temperamentvoll und majestätisch liebt, findet bei und durch Katchen eine Idealversion.
    Eine Alternative in Auffassung und Klang sind die Einspielungen von Gerhard Oppitz. Er betont zwar dort wo es unabdingbar ist auch das Mächtige, spielt aber weit differenzierter und arbeitet hervorragend die lyrischen Passagen heraus. Colin Davis und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks passen sich homogen an den Solisten an. So entstehen farbige, transparente, vielschichtige Aufnahmen aus einem Guß! Weniger ins Gewicht für mich fällt, dass selbstverständlich die Oppitz-Aufnahmen technisch weit besser sind.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Sagitt meint:


    Noch erstaunlicher eigentlich Monteux, der damals schon ziemlich uralt war und solche Funken aus dem Orchesterpart schlägt...


    Pianistisch war Bruno Leonardo Gelber Katchen absolut ebenbürtig!

  • Zitat

    8) Aaaber kann diese Aufnahme tatsächlich noch an Szells Aufnahmen mit Serkin und Fleisher kratzen ?


    :hello: Lieber Novescento, ja sie kann dran kratzen !


    Bei Szells Aufnahmen der KK schätze ich seine Detailarbeit, die trotzdem die große Wucht dieser großen Klavierkonzertpartituren hörbar macht und das die Werke straff und nicht überromantisiert interpretiert werden.
    Da gibt es vom pianistischen Standpunkt her Stellen die wiederum mit Fleisher noch überzeugender sind, andere wiederum bei Serkin besser.



    *** Böhm ist hier einfach der Wahnsinn beim KK Nr.1 DG, 1980, ADD - Orchestral höchst zupackend mit einer Wucht die es in sich hat und Pollini zieht brillant voll mit.
    8o Ein himmelweiter Unterschied zu Pollinis DG-Live-Aufnahme von 1998 mit den Berliner PH/Abbado (18 Jahre später), die mir viel zu überromantisiert erscheint (mich stellenweise deshalb nervt).


    Erfreulich auch beim KK Nr.2, das Pollini mit Abbado und den Wiener PH auch in der Aufnahme von 1977 grandios geraten ist und die Pollini/Abbado-DDD-Live-Aufnahme 20Jahre später von 1997 ebenfalls klar übertrifft. Abbado zeigt sich als fabelhafter Orchesterbegleiter. Dies sowohl vom zupackenden Gestus her, wie auch von der Klangquaität her. Diese die bei der 1997er-Live-Aufnahme nicht berauschend geraten.
    Pollini war in den 70er-Jahren wohl in seiner Bestform !?!


    Fazit:
    Die Pollini/Böhm/Abbado - DG-Aufnahmen von 1977/80 erreichen das TOP-Niveau der großen Szell-Aufnahmen mit Fleisher und Serkin durchaus.
    Ob einem die große "Detailwucht" Szells nun mehr zusagt oder die auf absolute orchestrale Wucht angelegte Sichtweise von Böhm bleibt letzendlich Geschmackssache.


    :] Ich habe jedenfalls eine neue Böhm-Lieblingsaufnahme !



    DG, 1977 (2.KK), 1980(1.KK), ADD


    .

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton


    Böhm ist hier einfach der Wahnsinn beim KK Nr.1 DG, 1980, ADD - Orchestral höchst zupackend mit einer Wucht die es in sich hat und Pollini zieht brillant voll mit.



    Wie gesagt... :D


    Zitat

    Original von teleton


    Erfreulich auch beim KK Nr.2, das Pollini mit Abbado und den Wiener PH auch in der Aufnahme von 1977 grandios geraten ist und die Pollini/Abbado-DDD-Live-Aufnahme 20Jahre später von 1997 ebenfalls klar übertrifft. Abbado zeigt sich als fabelhafter Orchesterbegleiter. Dies sowohl vom zupackenden Gestus her, wie auch von der Klangquaität her. Diese die bei der 1997er-Live-Aufnahme nicht berauschend geraten.
    Pollini war in den 70er-Jahren wohl in seiner Bestform !?!


    Mir war die Existenz einer zweiten Pollini-Aufnahme unter Abbado nicht bewusst, daher war ich schon etwas verwundert über die allzu schlechte Kritik. Zwar kommt die Abbado-Einspielung von Brahms II nicht an die Legende Richter/Leinsdorf heran, aber gerade im Orchester fand ich sie eigentlich immer ganz überzeugend und hätte sie an sich jedem als Alternative empfohlen.
    Abbado sucht hier ähnlich wie Böhm die Größe dieser Werke herauszuarbeiten, was er mit seinen wuchtigen Orchestereinsätzen auch ganz gut umsetzt. Die Koppelung mit Nr. I von Böhm ist deshalb sehr gut gelungen, wenngleich ich aus mir jetzt nicht mehr nachvollziehbaren Gründen die CD's einzeln aus der Galleria-Reihe kaufte - auch noch ohne die von teleton erwähnten Dreingaben :no:


    Jedenfalls vermitteln diese beiden Interpretationen meiner Ansicht nach sehr überzeugend - bei Böhm VÖLLIG überzeugend - jene Sicht auf diese Werke, die ja der Threadtitel bereits impliziert.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Eine weitere Einspielung des 1. Klavierkonzerts von Brahms meiner Sammlung hinzuzufügen, schien mir eigentlich angesichts der so vollständigen Zufriedenheit und Begeisterung mit meinen oben bereits erwähnten Aufnahmen Pollini-Böhm und Serkin-Szell eigentlich unnötig, doch verführte mich schließlich der Name des von mir hochgeschätzten Dirigenten Ferenc Fricsay dazu, mich einer weiteren Interpretation zu widmen.






    C. Hansen
    RIAS Symphonie Orchester
    Ferenc Fricsay


    Berlin; 19. April 1953



    Nun, auch hier ist es wiederum der erste Satz, und insbesondere der Orchesterpart, der diese Aufnahme unvermittelt an die Seite der beiden oben genannten treten ließ, wennauch mit geringem Abstand zu Böhms überragender Leistung.
    Der Edwin-Fischer-Schüler Hansen ist ebenfalls gut, doch es ist Fricsays Lesart, die mich sofort in ihren Bann zog.
    Er hat fast die monumentale Größe Böhms, belebt dies jedoch mit sehr akzentuierten, manchmal fast zornigen Einsätzen und den prägnantesten Pauken, die ich je in diesem Konzert hörte.


    Der zweite Satz ist sehr interessant, der Dirigent ist über weite Strecken sehr dezent, während Hansen, mit recht großer Tempovariation eine sehr freie Sichtweise eröffnet, in der die Musik in einem dranglosen ruhigen Fluss erscheint, um dann wieder zielgerichtet nach vorne zu stürmen. In den Tuttistellen kontrastiert Fricsay wieder mit den genannten heftigen Einbrüchen.


    Im dritten Satz fehlt mir ein wenig die lebhafte Präzision Szell, das Tempo ist hier etwas gemäßigter, doch Hansen sorgt pianistsich immer wieder durch seine freien Tempi für interessante Momente. Zudem arbeitet Fricsay innerhalb der Ruhe, die er dem Satz zugesteht, äußerst feine Nuancen der Bläser heraus, die hier wohl wie in kaum einer anderen Einspielung erfahrbar werden.
    Insgesamt entseht, auch durch den sparsam gesetzte Großorchestrale Akzente, ein Eindruck von gelassener Monumentalität im Orchester und lyrischer Freiheit beim Klavier.



    Die Klangqualität ist für das Aufnahmedatum tadellos und beeinträchtigt die Hörerfahrung meines Erachtens in keinster Weise.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Danke,
    ein wertvoller Tipp!
    Werde dem nachgehen. Conrad Hansen ist wie Richter Haaser ein leider zu unrecht vergessener Pianist.


    Ich muss allerdings gestehen: nach all den Szells und Böhms und so weiter höre ich inzwischen "zu zu gerne" (Kempowski, nach Helene Hegemanns Pubertätsabschreibprosa sollte man neuerdings seine Zitate kennzeichnen) Rubinstein mit Krips bzw. Leinsdorf.


    Gruß S.

  • Endlich habe ich SIE!


    Gilels/Reiner. von 1959 oder 1958.
    Ich muss sagen, dass diese Aufnahme, auch wenn sie auf LP ist, mir außerordentlich gefällt.
    Gieles und Reiner sind viel frischer und drängender drauf als die sonst so viel gelobte Kopplung Giles/Jochum.
    Fritz Reiner und sein CSO sind außerdem eine Welt für sich. Was für eine Aufnahme!
    Warum gibt es sie nicht als CD, wo doch jeder Sch... wieder veröffentlicht wird?


    Das 1. KK mit Gary Graffman und Charles Münch weiß auch zu überzeugen, wenngleich Graffman bei aller Finesse, doch die Wildheit seines Freundes Fleisher vermissen, dafür sich Kollege Münch gerade im 1. Satz ein paar Extravaganzen in den Bläsern einfallen läßt.
    Aber insgesamt wahrlich nicht schlecht.


    Gruß S.

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