Die Klavierkonzerte von Brahms - Zwei Symphonien mit piano obbligato

  • Hallo Brahms-Freunde,


    seit ich Brahms-Klavierkonzert Nr.1 kenne, steht es bei mir an der Spitze aller Klavierkonzerte überhaupt.
    Natürlich haben sich von den Brahms-Klavierkonzerten im Laufe der Jahre eine Menge Aufnahmen angesammelt.
    :angel: Szell ist der "Spiritur Rector" für die Brahms-Klavierkonzerte. Es gibt kaum einen Dirigenten, der diese mit so vielen unterschiedlichen Solisten aufgenommen hat.


    -----------------
    So fragte ich in diesem Thread schon im Februar und im August 2005 nach der CD-Qualität der Fleisher / Szell - Aufnahme, da meine LP-Version hoffnungslos miserabel ist. Nachdem eine positive Antwort von Johannes nun im November kam habe ich die SONY-Heritage Doppel-CD nun bei amazon (dort preiswerter als jpc) geordert und ----- "bin vom Hocker gefallen".
    Als die Doppel-CD letzte Woche eintrudelte wollte ich mit dem Kopfhörer nur mal kurz reinhören - ich bin dann doch sitzen geblieben und war überwältigt - die Hörsitzung endete erst mit dem Schluß des Konzertes Nr.1.
    Die CD-Klangqualität ist gut und hat mit der techn. Quailität der LP-Ausgabe von damals nichts gemein.


    :]Die SONY-CD ist sehr informativ aufgemacht und enthält viele Infos über die Entstehung der Aufnahme mit Fleisher:
    So erzählt Fleisher von seinem Schallplattengeschenk seiner Eltern als 12Jähriger - eine Aufnahme von 1947 der Klavierkonzerte mit Szell und Artur Schnabel. Diese hatte ihn damals geprägt und sein großer Wunsch war, einmal mit Szell eine Aufnahme der Brahms-Konzerte zu machen. Der Traum wurde 1959 wahr und es wurden noch weitere Projekte mit Szell geplant (Klavierkonzerte von Beethoven, Grieg, Schumann).
    Fleisher: "Das ist der Stoff aus dem Träume gemacht sind !"


    teleton: "Das ist der Stoff aus dem Traum-CD´s gemacht sind!"

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • So ist es!
    Nach dem Tipp im Forum habe ich sie mir auch bestellt und bin ebenso begeistert!


    Genau wie du, teleton, schwärme ich besonders für das d-moll-Konzert!
    Welche Wonne sogar für mich als Klimperpianist, den Anfang des Klavierparts im zweiten Satz aus der kleinen Eulenburg-Partitur anzuspielen!
    Ich liebe dieses Werk über alle Maßen.
    Gruß in meine alte Heimatstadt, wo am BG meine Liebe zur klassischen Musik geweckt wurde!

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

  • Hallo,
    Habe die Beiträge bislang nur überflogen, weil's schon so viele sind. Bin aber über Hinweise auf die Arrau/Giulini-Aufnahme gestolpert, die mir noch in meiner Sammlung fehlt. Sie soll großartig sein - besser als die etwas starre Nummer mit Haitink, die es ja nach wie vor am Markt gibt.
    Alle meine bisherigen Recherchen haben ergeben, dass es Arrau/Giulini nicht mehr gibt. Stimmt das? Oder gibt's um fünf Ecken doch noch Bezugsquellen?


    Grüße!
    Daniel

  • Sagitt meint:


    Eine gute Gelegenheit, nochmals auf die großartige Einspielung von Julius Katchen hinzuweisen, ist das Orchester unter Monteux. Damals schon Methusalem, entfacht bei den Londonern ein Feuer, das es eine Pracht ist. Feurig und transparent ( 3ter Satz).
    Katchen, absolut überlegen. Er kann richtig zulangen,verwischt aber gar nichts. Er setzt ungeheuer lyrisch ein, ist dann bei den Doppeltriller knüppelhart. Absolute Referenz für Brahms.
    Der Klang dieser alten Aufnahme ist noch erträglich. Ich habe eine Version mit beiden Konzerten und seiner zweiten Aufnahme von op. 24 und 35.

  • Zitat

    Original von Daniel Behrendt
    Bin aber über Hinweise auf die Arrau/Giulini-Aufnahme gestolpert, die mir noch in meiner Sammlung fehlt. Sie soll großartig sein - besser als die etwas starre Nummer mit Haitink, die es ja nach wie vor am Markt gibt.
    Alle meine bisherigen Recherchen haben ergeben, dass es Arrau/Giulini nicht mehr gibt. Stimmt das? Oder gibt's um fünf Ecken doch noch Bezugsquellen?


    Hallo Daniel,


    schon ein bisschen länger her Deine Anfrage, aber vielleicht suchst Du ja noch? Meinst Du diese hier?



    Die hatte ich mir auch erst im Zuge dieses Threads vor einer Weile zugelegt, sie ist in der Tat großartig! Erhältlich ist sie doch ganz normal bei amazon oder günstiger über deren marketplace. Das ist ein Japan-Import, falls Dich also die japanischen Schriftzeichen nicht stören…. ;)


    Gruß, Cosima

  • hallo Daniel und Cosima,


    diese letzte ausgabe von EMI selbst erstand ich weihnachten in teheran/iran bei einem fachhändler:


    :yes:


    aber mein pech, die zweite cd, also mit dem 2.konzert, hatte einen fabrik-fehler (beschädigung) ! ich musste sie zurückgeben X(


    gruß, siamak

    Siamak

  • Sagitt meint:


    Mehrfach habe ich nun Zimerman und Rattle gehört. Warum mehrfach ? Ich schätze Zimerman als Pianisten ausserordentlich und will mit die Aufnahme einfach schönhören. Aber so richtig klappt es nicht. Rattle hat das Konzert mit Andsnes intensiver gestaltet, ausserdem gibt es zB den dramatischen Zugriff von Monteux ( mit Katchen). Zimerman gibt dem Konzert eine schwerfällige Note, der Charakter eines ungestümten Jugendwerks ( Brahms 26) mit Provokationscharakter geht dabei ein wenig unter. Das Beiheft suggieriert, dies müsse eine ganz besondere Aufnahme sein- limited edition unterstreicht den Anspruch. Aber er wird nicht eingelöst. Gelber und Katchen haben sicher einen heftigeren Zugriff auf dieses Konzert, donnern kann Cliburn besser.
    Ich kenne nicht Zimermans erste Aufnahme. Enttäuschend wäre zuviel, aber nicht zufrieden. Wenn ich Zimerman mit den lyrischen Stellen hören ( schon bei seinen Solo-Aufnahmen der Brahms-Sonaten) bin ich ganz hin und weg. Aber das erste Konzert hat doch überiwegend einen grimmigen Charakter. Wo bleibt der ?

  • Hallo Forianer,


    für mich die besten Aufnahmen des 1. Klavierkonzertes:


    Arthur Rubinstein, Klavier
    Chicago Symphony Orchestra, Fritz Reiner
    (RCA, Stereo 1954)


    Rudolf Serkin, Klavier
    Cleveland Orchestra, George Szell
    (CBS, Stereo 1968)



    für mich die besten Aufnahmen des 2. Klavierkonzertes:


    Swjatoslaw Richter, Klavier
    Chicago Symphony Orchesta, Eriich Leinsdorf
    (RCA, Stereo 1960)


    Van Cliburn, Klavier
    Chicago Symphony Orchestra, Fritz Reiner
    (RCA, Stereo 1961)


    Herzliche Grüße
    LT :hello:

  • Die Aufnahme des 2 Klavierkonzertes mit Edwin Fischer und den Berlinern unter Furtwängler (1942) wurde ja hier schon von ThomasBernhard erwähnt.
    Für mich ist das schon seit langer Zeit eines der aufregendsten Tondukomente überhaupt. Fischer spielt zwar vor allem im ersten Satz viele falsche Töne (ein "objektives" Kriterium spricht also gegen ihn), aber er gestaltet diese Musik mit einer unglaublich mitreißenden Leidenschaft. Die von Furtwängler geleiteten Berliner stehen ihm in dieser Hinsicht kaum nach - schon das einleitende Hornsolo finde ich atemberaubend, und die Art, in der es dann später im Orchester zur Sache geht, sucht an Glut und Wucht ihresgleichen.

    Beeindruckender als in dieser Einspielung kann sich der Sieg des unbedingten Ausdruckswillens über ein paar technische Unzulänglichkeiten nicht manifestieren. Jedem Hörer, der emotionsbetonte Interpretationen schätzt, sei die Kombination Fischer/Furtwängler dringend ans Herz gelegt!


    Viele Grüße


    Bernd

  • Neu auf dem Markt ist folgende Aufnahme:


    Die beiden Klavierkonzerte mit Nelson Freire am Flügel, Richardo Chailly und dem Gewandhausorchester Leipzig. Laut Booklet Live-Mitschnitte, wobei es sich aber wie heute üblich um einen Zusammenschnitt von mehreren Konzerten handelt:



    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Caesar73,


    wie findest Du denn die Einspielung der beiden Brahms-Konzerte mit Freire und Chailly? Nachdem die letzten Freire-Aufnahmen sehr gut waren (Schumann-CD!), bin ich am überlegen, ob ich mir diese Aufnahme zulegen soll. Kannst Du etwas dazu sagen? In der FAZ am Wochenende wurde sie ja ganz gut besprochen.


    Viele Grüße,
    Christian

  • Zitat

    Original von Christian B.
    Hallo Caesar73,


    wie findest Du denn die Einspielung der beiden Brahms-Konzerte mit Freire und Chailly? Nachdem die letzten Freire-Aufnahmen sehr gut waren (Schumann-CD!), bin ich am überlegen, ob ich mir diese Aufnahme zulegen soll. Kannst Du etwas dazu sagen? In der FAZ am Wochenende wurde sie ja ganz gut besprochen.


    Viele Grüße,
    Christian


    Servus Namensvetter!


    Bin noch nicht zum Hören gekommen, werde aber einige Zeilen dazu schreiben, wenn ich das nachgeholt habe.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Vielleicht hat es Christian inzwischen geschafft, die Aufnahme zu hören... :D ;)


    Mit dem 1. Klavierkonzert kann ich, warum auch immer, nichts anfangen. Lediglich das Finale gefällt mir. Naja, ist halt so.


    Vom 2. Klavierkonzert besitze ich die Aufnahmen mit Katsaris/Inbal, Oppitz/Davis, Gilels/Jochum, Zimerman/Bernstein und Backhaus/Böhm. Richter/Leinsdorf sollte ich auch im Besitz haben, aber die finde ich nicht... :motz:


    Meine liebste Aufnahme des Konzerts ist diese:



    Zum Zeitpunkt der Aufnahme (April 1967) war Backhaus 83 Jahre alt, und Karl Böhm zählte "jugendliche" 72. Man könnte also meinen, das Resultat des Treffens wird eine betuliche, altbackene Aufnahme sein, aber ganz im Gegenteil.


    Was mir sofort auffiel, war die "einige Wellenlänge" zwischen Backhaus und Böhm. Man merkt beiden an, daß sie nicht zum ersten Mal miteinander das Werk einspielten. Zumindest eine weitere Aufnahme aus dem Jahr 1939 existiert noch (ein Hörvergleich wäre sehr interessant).



    Natürlich agieren Karl Böhm und die Wiener Philharmoniker sehr klangschön, aber erstaunlicher ist der einerseits zupackende, fast jugendlich-frische, andererseits wunderbar lyrische bis liebreizend-beschwingte Grundtenor, der sich durch alle vier Sätze zieht.
    Backhaus und Böhm bilden in dieser Aufnahme eine vortreffliche Symbiose. Gilels und Jochum, zweifelsfrei zwei herausragende Künstler, agieren imo viel "strenger".


    Unter den vier wunderbaren Sätzen ragt imo das Finale hervor, das ich mir anmutiger und freudvoller (im Sinne von Freude am gemeinsamen Spielen) nicht vorstellen kann.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Original von Norbert
    Vielleicht hat es Christian inzwischen geschafft, die Aufnahme zu hören... :D;)


    Melde gehorsamst selbiges ist der Fall :D Aber manche Dinge müssen eben reifen, allzulange werdet ihr allerdings auf meinen Kommentar nicht mehr warten müssen. :D


    Soviel schon vorab: Mir gefällt die Aufnahme!


    Übrigens: Habe ich das schon mal gesagt? Backhaus und Böhm höre ich ausgesprochen gern- ich bin immer wieder verblüfft was die beiden alten Knaben da aus dem Ärmel schütteln.
    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Wenn's mich einmal gepackt hat... ;)


    Das 2. Klavierkonzert hatte ich bestimmt schon seit zwei, drei Jahren nicht mehr gehört. Aber einmal von den Schönheiten der Musik gepackt, hörte ich mir die zweite sehr schöne Aufnahme des Werkes an:



    Was ich oben als "strenger" beschrieb, könnte man mit "distanzierter", "klassizistischer" oder "zurückhaltender" beschreiben (auch wenn letztere Beschreibung stark Richtung "distanzierter" geht).


    Bei Emil Gilels bewundere ich die Leichtigkeit, mit der er den Klavierpart ausfüllt. Sein Spiel ist von großer Virtuosität gekennzeichnet, die er wunderbar in den ebenfalls sehr virtuosen Orchesterklang einfügt.


    Es verwundert nicht, daß Gilels unbedingt Jochum als Partner für die Einspielung des Konzerts haben wollte, denn beide harmonieren sehr gut miteinander.


    Der große Unterschied zwischen Gilels/Jochum und Backhaus/Böhm ist imo der, daß letzte mehr in dem Konzert, in der Musik "drin" sind, während bei den Erstgenannten, wie oben beschrieben, ein bißchen mehr Distanz zur Musik herrscht.


    Es dürfte also eine reine Gefühls- oder Stimmungsangelegenheit sein, ob man der einen oder anderen Aufnahme den Vorzug gibt. Missen möchte ich beide nicht, wenngleich ich Bakchaus/Böhm präferiere.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    danke für deine Ausführungen, den Backhaus habe ich mir schon mal auf die Liste gesetzt.


    Zitat

    Richter/Leinsdorf sollte ich auch im Besitz haben, aber die finde ich nicht...


    Dann solltest du mal eine Fahndung aufgeben, denn das lohnt sich wirklich. :jubel:



    Gruß, Peter.

  • Kennt jemand folgende Aufnahme:


    Karin Lechner (Klavier)
    Berliner Symphoniker, Eduardo Marturet
    (KK 1&2)


    War in einer günstigen Brahms-Box.


    Ich habe wenig Vergleichsmaterial (nur einmal die Gould-Bernstein-Aufnahme geschenkt bekommen, aber leider habe ich ein Problem mit Konzertmitschnitten...), aber besonders das KK1 hat mich gleich sehr angesprochen, und das ist bestimmt ein gutes Zeichen. Eure Meinungen würden mich interessieren.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Das hast du schön gesagt. :]


    Ich hatte mir die Aufnahme auch schon fast mal gekauft, es aber dann doch bleiben lassen. Kann mir vielleicht jemand beschreiben, was ich da genau verpasse und warum es sich lohnen würde, die Sachen zu kaufen?



    Gruß, Peter.

  • Zitat

    Original von petemonova
    Kann mir vielleicht jemand beschreiben, was ich da genau verpasse und warum es sich lohnen würde, die Sachen zu kaufen?


    Zum Beispiel weil die "tragische Ouvertüre" mit Böhm sehr überzeugend ist.
    Von den Klavierkonzerten dieser Einspielung ist mir leider nicht allzuviel in Erinnerung geblieben.


    :D :untertauch:

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Nein, das reicht leider nicht.
    Die Tragische Ouvertüre ist jetzt nicht gerade das Werk, das ich noch in der ultimativen Einspielung brauche. Dafür gebe ich nicht viel Geld aus.


    Andere Meinungen vielleicht?



    Gruß, Peter.

  • Hallo petemonova,


    im Gegensatz zu Dir würde ich für die Brahms: Tragische Ouvertüre schon einige Umwege und Geld investieren, wenn ich davon nicht schon die Ultimative Aufnahme hätte:


    Das ist für mich eindeutig die Szell-Aufnahme mit dem Cleveland Orchestra (SONY).


    Und damit wir wieder zum Thema zurückkommen - den
    Brahms-Klavierkonzerten können wir gleich bei Szell bleiben.
    Ich wiederhole gerne mein Statement in diesem Thread vom 12.12.2005, da ich diesen Hinweis für die Tamino-Neulinge für wichtig halte:
    Die Fleisher/Szell-Aufnahme (CBS/SONY) übertrifft für meine Begriffe alles bisher dagewesene und ist einfach perfekt.


    -----------------------


    :hello: Was haltet ihr eigendlich, wenn bekannt, von der Rubinstein/Boston SO/Reiner-Aufnahme auf RCA ?
    Mit dieser Aufnahme hatte ich die Brahms-Klavierkonzerte auf LP kennengelernt. Es hat lange gedauert und zahlreiche Aufnahmen erfordert, bis ich eine Aufnahme gefunden habe, die diese übertrifft.
    Die Erste, die dies geschafft hat, war die Serkin/Szell-Aufnahme (SONY)und dann 2005 die o.g.Fleisher/Szell auf CD, da diese vorher auf LP (CBS) absolut desolat war.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hi!


    Also ich verehre Karl Böhm grundsätzlich und auch dass klangfarbige spiel pollinis sagt mir sehr zu.
    Grundsätzlich würde ich diese aufnahme jedem weiterempfehlen, sofern er nicht etwas gegen böhm, abbado, pollini oder die wiener philharmoniker hat :D


    LG florian


    :hello:

    Gustav Mahler: "Das Wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten."

  • Hallo,


    in der letzten Wochen mussten sich meine fünf Einspielungen des d-Moll-Konzertes dem Hörvergleich stellen. Folgendes ist dabei herausgekommen:


    Am Anfang hörte ich meine neueste Aufnahme mit Rubinstein/Mehta.


    Das war für mich die pure Enttäuschung. Gerade von Rubinstein habe ich bei Brahms einiges erwartet, aber das ganze Konzert ist fahl, schwung- und energielos, völlig lethargisch interpretiert, besonders auch von der Orchesterbegleitung. Ich hoffe, dass mich wenigstens die Balladen mit Katchen ansprechen, die ich noch nicht gehört habe, sodass sich die CD wenigstens ein bisschen lohnt.



    Dann kam Gilels/Jochum an die Reihe und das hat dann mein Brahms-Bild wieder ein wenig gerade gerückt. Eine schöne Einspielung, aber leider auch etwas zu harmlos.


    Weitaus besser erging es mir dann mit Fleisher/Szell.
    Sehr lebendig, energisch und mit Biss. Da liege ich mit teleton auf einer Wellenlänge. Packender geht es nicht. Das sieht man auch an den mit Abstand schnellsten Spielzeiten (s.u.).



    Nummer 4 war eine echte Überraschung für mich. Barenboim/Barbirolli haben hier eine echte Alternative eingespielt. So gut hatte ich das nicht mehr in Erinnerung. Auch, wenn die Tempi eher langsam sind, ist doch eine merkliche Spannung vorhanden, die es nie langweilig werden lässt.


    Zum Schluss kam dann noch Zimerman/Rattle an die Reihe.
    Und hier kann ich das bestätigen, was woanders schon einmal geschrieben wurde: Es wirkt alles unfassbar perfekt. Der Klang ist sehr gut durchhörbar, man fühlt sich richtig wohl in der Aufnahme.
    Die Frage ist nur: Reicht das? Ich denke, das würde auf das B-Dur-Konzert vielleicht besser passen. Hier erwartet man eher Leidenschaft und Temperament. Das geht den beiden aber hier ein bisschen ab.
    Trotzdem eine wirklich wunderbare Aufnahme, die ich allen empfehlen kann, die es halt etwas zurückhaltender wollen.



    Und hier das subjektive Ranking:


    1. Fleisher/Szell
    2a. Barenboim/Barbirolli
    2b. Zimerman/Rattle
    4. Gilels/Jochum
    5. Rubinstein/Mehta


    Zum Schluss noch die Spielzeiten der einzelnen Sätze.


    Rubinstein___22:59___14:32___12:34
    Gilels_______24:15___14:49___12:39
    Barenboim___23:32___15:44___12:50
    Fleisher_____21:19___14:36___10:53
    Zimerman___23:27___15:45___12:09


    :hello:



    Gruß, Peter.

  • Hallo Peter,


    es freut mich und wundert mich nicht, dass Du mit Fleisher/Szell auf gleicher Wellenlänge liegst, wie ich.


    Allerdings bin ich andererseits froh mir die Rubinstein/Metha-Aufnahme nie auf CD gekauft zu haben. Das hatte ich immer vor, denn unter dem fantastischen Rubinstein habe ich die beiden Konzerte kennnengelernt.
    :yes: Nur waren es bei mir die RCA-Aufnahmen mit Fritz Reiner / Boston SO (KK Nr.1) und Josef Krips (KK Nr.2) und diese waren für meinen Einstieg damals als Jugendlicher ideal und ich habe diese über viele Jahre hochgeschätzt.
    Irgendwann habe ich dann festgestellt, das mir Aufnahmen, bei denen der 1.Satz des KK Nr.1 20Minuten stark überschreitet, umso weniger liegen je länger er wird .....
    Serkin/Szell und Fleisher/Szell (beides SONY) wurden dann später auf CD meine Lieblinge.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo,


    Ich habe vor kurzem die Aufnahme des 2. KK von Backhaus/Schuricht gehoert (aus einer Bibliothek). Leider habe ich bis jetzt kaum Vergleiche (besitze noch keine Aufnahme), aber mir ist sie wirklich gut vorgekommen, und habe auch irgendwo (amazon?) Kommentare gesehen, dass sie um einiges besser als Backhaus/Boehm sein soll. Vom Klang ist sie natuerlich nicht auf neuestem Stand.



    Kennt die hier jemand? Sie wurde im Thread noch nicht erwaehnt.


    Viele Gruesse,


    Flo

  • Ich kenne bisher lediglich die Aufnahme mit Pollini und den Berliner Philharmoniker unter Abbodo und bin damit sehr zufrieden, allerding fehlt mir da ja auch der Vergleich.



  • Liebe BrahmsfreundInnen


    Keine anderen Klavierkonzerte habe ich so oft im Live-Konzert gehört, wie die beiden von Brahms: Ich erinnere mich u.a.
    an Nr.1 mit Zimerman in Basel
    an Nr.1 mit Grimaud in Zürich
    an Nr.1 mit Leonskaja in Bern
    an Nr.2 mit Leonskaja in Bern, Basel und Gstaad
    an Nr.2 mit Buchbinder in Zürich.


    Am nachhaltigsten hat mich die Grimaud beeindruckt: Sie konnte im 2. Satz eine Atmosphäre hervorzaubern, die mir nicht weniger als neuen Lebensmut geschenkt hat.


    Es folgen Zimerman (technisch wie immer ohne den kleinsten Patzer, unglaublich!) und Leonskaya. Alle haben die beträchtlichen technischen Hürden auch in der live-Situation bravourös gemeistert. Ein Brahms-Konzert durchzustehen ist ein „Maraton-Lauf“!
    Auch Buchbinder spielte souverän, aber er liess mich kalt, mit seiner doch eher routinierten, vielleicht etwas gar pauschalen Deutung (die ich mir einen Tag darauf noch einmal anhörte, ohne zu erwärmen). Er spielte das Konzert in jener Woche 3 mal: Eine gigantische Leistung, und unmöglich, jedesmal eine Jahrhundertinterpretation abzuliefern.


    An Aufnahmen besitze ich den unvermeidlichen Richter mit dem zweiten, und das erste mit Grimaud/Sanderling, bei dem mich der (wirklich)
    langsame Satz immer zu Tränen rührt.
    Eine Perle sondergleichen ist eine alte Videoaufnahme mit Zimerman/Bernstein/Wiener, die ich hüte, wie einen kostbaren Schatz:
    Für mich ist dies die bewundernswürdigste Aufnahme eines Klavierkonzertes überhaupt.


    Ein herzlicher Gruss von
    Walter

  • Von der Zunahme der Fehlfunktionen einzelner Körperteile mal abgesehen, woran merkt man, dass man alt wird?


    Immer mehr Lieblingsaufnahmen sind nicht nur vom Markt verschwunden, sie kommen nicht einmal mehr in schon älteren Tamino-Threads vor.


    Während ich die Zymerman-Bernstein Aufnahmen sehr hoch schätze und, zumal in der Kopplung mit dem Violinkonzert mit Gidon Kremer, wie ich sie habe, jedem rückhaltlos empfehlen kann, gibt es zwei Aufnahmen, die ich von Anbeginn an heiß liebe, und die mir Brahms erst als spröde erscheinen ließen, als ich begann mich durch das Kammermusikwerk zu wühlen.


    Die eine ist immerhin schon mehrfach genannt worden: Leon Fleishers Aufnahme des Ersten Klavierkonzerts mit George Szell. Dem hier Gesagten brauche ich deshalb nur wenig hinzufügen.


    Die für mich aber heute noch gültige Sternstunde für das Zweite Konzert, die ich so oft gehört habe, dass sie total verrauscht ist (damals war leider Nassabspielen große Mode), ist die Aufnahme von Arthur Rubinstein mit Eugene Ormandy und dem Philadelphia Orchestra. Hier haben sich wirklich zwei interpretatorische Genies auf höchstem Niveau gefunden. Allein wie Rubinstein den langsamen Satz angeht, und wie einfühlsam Ormandy ihn dabei begleitet.... Das sind Momente, in denen Musik eine lebendige Seele entwickelt, die einen mit in dem Himmel steigen lässt.


    Man vergebe mir bitte diese für mich eher untypisch hypertrophe Charakterisierung, aber weniger erschiene mir unangemessen.


    Schade, dass BMG sich so sehr mit Wiederauflagen großer Einspielungen zurück hält, aber diese Aufnahme wäre eine, die ähnlich wie die Callas-TOSCA, eigentlich nie vom Markt verschwinden dürfte. Überhaupt ist das fast totale Verschwinden Ormandys vom Markt eine Affenschade.


    Womit ich keine Affen beleidigen möchte. Mit ihnen weiß ich, dass die nackten Affen viel schlimmer sein können.


    :hello: Rideamus

  • Ich lese hier immer nur Fleisher/Szell, Fleisher/Szell und nochmals Fleisher/Szell.


    Meine neue Referenz - und ich bin als Szell-Phobiker sehr erstaunt - ist


    Curzon/Szell


    Kürzlich gehört, kann ich sagen:Alles andere ist für die Tonne.


    Karajan/Weissenberg? Forget about it. Bernstein? Ne. Fleisher/Szell? Fast genau so gut, fast.


    Listen to Clifford Curzon und Szell.


    Präzision, Transparenz, Dramatik, richtige Tempi: hier stimmt einfach ALLES.



    :hello:
    Wulf

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose