Neben die Sinfonien, Klaviersonaten und Quartetten treten im Oeuvre Haydns eine Reihe von etwa 30-40 (bei einem guten Dutzend ist die Autorschaft umstritten) Trios für Klavier, Violine und Violoncello. Allerdings sind sie "aus Gründen, die nichts mit ihrem musikalischen Wert zu tun haben, am wenigsten bekannt", schreibt Charles Rosen, der diesen Werken in "Der Klassische Stil" ein ganzes Unterkapitel widmet. Er gibt auch gleich eine mögliche Erklärung für diesen geringen Bekanntheitsgrad: Sie seien eher "Werke für Soloklavier und Solovioline mit Begleitung eines Cellos" als Klaviertrios im Sinne des 19. Jhds. Das Cello verdoppelt hauptsächlich den Klavierbass und ein großer Teil der Violinstimme geht parallel mit dem Diskant des Klaviers; "erweiterte Klaviersonaten" träfe es vielleicht noch besser. Vermutlich liegt das u.a. am Klangcharakter der zeitgenössischen Hammerklaviere, die baßschwach waren und zwar ein durchdringendes, aber wenig tragendes Diskantregister besaßen. Findet man sich mit dieser Dominanz des Klaviers ab, so wird man vielleicht wie Rosen zu dem Schluß kommen, dass diese Werke, von denen viele spät, etwa zur Zeit der "Londoner Sinfonien" entstanden, interessanter sind als die meisten Klaviersonaten Haydns. Sie weisen teilweise einen extrovertiert-virtuosen Klavierstil auf, der von den pianistischen Fähigkeiten der Widmungsträgerinnen (oder anderer Amateure) zeugt (nach Rosen sind sie pianistisch weitaus brillanter geschrieben als die Solosonaten).
Verglichen mit z.B. den Streichquartetten zeigen sie sich oft lockerer strukturiert, entspannter, besitzen improvisatorische Züge; manche sind nur zweisätzig. Des öfteren stehen breit angelegte Variationssätze (meist Moll/Dur-Doppelvariationen) an Stelle der Hauptsätze und viele Finalsätze sind Menuette oder lebhafte "Deutsche Tänze".
Sie sind gewiß zur "Unterhaltung" komponiert, aber eben für die Privatsphäre, zur Hausmusik ziemlich fähiger Amateurmusiker. Sie richten sich also mindestens ebenso, wenn nicht hauptsächlich, an die Ausführenden selbst wie an das Publikum einer privaten Soiree. Von Salonmusik mit trivialem Beiklang kann daher keine Rede sein, aber der private Charakter dürfte zusätzlich zu den bereits genannten Faktoren für die relative Obskurität der Stück beitragen.
Zu einzelnen Werken und Einspielungen äußere ich mich vielleicht später noch. Anspieltips jenseits des populären G-Dur-Trios (Nr. 25) mit dem "Zigeunerrondo" wären z.B. Nr. 13 c-moll (mit einem der besagten Variationssätze zu Beginn) und die letzte Dreiergruppe Nr. 27-29.
Es gibt eine ganze Reihe früher Werke, größtenteils zweifelhafter Autorschaft, die ich in folgender Übersicht (der Übersichtlichkeit wegen...) weglasse, was nicht heißen soll, dass sich nicht einiges Hörenswerte darunter befände. Ebenfalls gebe ich nur die Hoboken-Nummern (Hob. XV) an (da mir die Basis und Gebräuchlichkeit anderer Nummern nicht klar ist); die Kompositionsdaten sind meistens "bis"-Daten, d.h. die Werke wurden auf jeden Fall vorher komponiert. Die Gruppierung in Dreiergruppen entspricht der Veröffentlichung:
5 G-Dur (-1784)
6 F-Dur (1784/85)
7 D-Dur
8 B-Dur
9 A-Dur (1785)
2 F-Dur [c1767-71]
10 Es-Dur
11 Es-Dur (-1789)
12 e-moll
13 c-moll
14 As-Dur (-1790)
(die folgenden drei Stücke sind für Flöte, Cello und Klavier)
15 D-Dur (-1790)
16 G-Dur
17 F-Dur
18 A-Dur (-1794) Maria Therese v. Eszterhazy gewidmet
19 g-moll
20 B-Dur
21 C-Dur (-1795) Maria v. Eszterhazy gewidmet
22 Es-Dur
23 d-moll
24 D-Dur (1795) Rebecca Schroeter gewidmet
25 G-Dur "Rondo all'ongarese" (in the Gipsies' style)
26 fis-moll
27 C-Dur (1797) Teresa Jansen gewidmet
28 E-Dur
29 Es-Dur
30 Es-Dur (1797)
31 es-moll (1795)
32 G-Dur (1794)