Die Violinkonzerte von Johann Sebastian Bach

  • Jetzt habe ich gerade nochmals die Violinkonzerte in a-moll und E-Dur in der Einspielung mit Alice Harnoncourt an der Violine und dem CMW unter der Leitung von N. Harnoncourt gehört. Das »Klangrede«-Konzept ist hier zwar durchaus durchhörbar präsent, aber noch erheblich moderater umgesetzt als in den Bandenburgischen oder den Aufnahmen der Händelkonzerte aus den 1970er/80ern. Richtig erinnert habe ich die Tendenz zu einer gewissen Langsamkeit und »Verschlepptheit«, die insbesondere in den Kopfsätzen für mein Gefühl störend aufstößt. Was ich über Tongebung und Spiel von Alice Harnoncourt schrieb, habe ich bestätigt gefunden. Insgesamt eine moderat eigenwillige Interpretation, die ich in Zukunft wieder öfter hören werde. :]
    Herzliche Grüße,
    Medard


    p.s.: ach ja, hier vielleicht noch das Schaubild:


  • Zitat

    Original von Carola
    Aber fehlt da nicht eines der Violinkonzerte? Nämlich BWV 1043, das Konzert für zwei Violinen? Und seid wann ist BWV 1052 ein Violinkonzert? Im Bachwerkeverzeichnis steht es als Cembalokonzert.


    Mit Gruß von Carola


    Liebe Carola,
    wahrscheinlich hatte Frau Huggett keine Lust, sich eine zweite Geigerin einzuladen ... oder was auch immer. Es ist ja keine Pflicht, BWV 1043 mit einzuspielen.
    BWV 1052 und 1056 sind wie schon erwähnt, Rekonstruktionen der verschollenen Erstfassungen.
    Ich habe die CD bei einem Amazon-Marketplace Anbieter für knapp über $ 10 plus Porto gefunden - am Dienstag wurde sie versandt. Ich bin gespannt. Sonnerie pflegen in letzter Zeit einen wunderbar entspannten und doch lebendigen Interpretationsstil.

  • Zitat

    Original von miguel54


    Es ist ja keine Pflicht, BWV 1043 mit einzuspielen.


    .


    Das stimmt natürlich. Nur ist es eben ein besonders schönes Konzert.


    Aber wie auch immer, die CD ist schon auf meinem Amazon-Martkplatz-Wunschzettel. Seit ich die Fontana-CD habe, steht Monica Huggett mit ihrem Ensemble Sonnerie sowieso ganz oben auf meiner Liste.


    Ich bin gespannt auf Deinen Bericht! Die Hörproben bei JPC klingen jedenfalls sehr vielversprechend - seitdem ich den Kopfhörer an meinen Laptop anschließe, höre ich auch richtig was bei diesen Hörproben.


    Mit Gruß von Carola

  • Zitat

    Original von Carola
    Nur ist es eben ein besonders schönes Konzert.


    Genau!


    Und deshalb empfehle ich die da:



    Frischer Wind, Temperament und Sentiment in richtiger Dosierung und erstklassige Instrumentalisten – hiP sowieso, aber auch sehr korrekt. Ich habe auch lange nach einer wirklich guten Einspielung von BWV 1043 gesucht, jetzt hab ich sie. :yes:


    Und die restliche Programmzusammenstellung besteht nicht nur aus Zugaben. Drei CDs der Reihe "Concerts avec plusieurs Instruments" sind bereits erschienen – auf die folgenden bin ich auch sehr gespannt.

  • Mit Deinen Lobeshymnen presst Du einem noch die letzten Groschen aus dem Geldsack ! *rummotz* :motz: :motz: :motz:

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hab ich Dir das schon mal gesagt Hildebrandt? Du machst mich arm!!!!!!! :D :stumm:



    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Gutenn Tag



    Kann das wirklich bestätigen, mit das Beste, was vom Instrumnentalschaffen Bachs eingespielt wurde :jubel: :jubel:
    Auch die Rekonstruktionen von Werken für Oboe bzw. Oboe d’amore sind einzigartig. :jubel: :jubel:


    So wirds wohl im Kaffee Zimmermann geklungen haqben ?
    :hahahaha:
    Was wird das Ensemble als nächstes noch von Bach einspielen ?



    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Mit Deinen Lobeshymnen presst Du einem noch die letzten Groschen aus dem Geldsack !



    Zitat

    Hab ich Dir das schon mal gesagt Hildebrandt? Du machst mich arm!!!!!!!



    Naja, schließlich lebe ich von den 3 %, die mir jpc dann immer überweist. :D


    Aber es stimmt schon: Von Menuhin, Oistrach, Schneiderhan, Kremer über Huggett, Harnoncourt, Leonhardt, Standage & Co habe ich mir alle angehört.
    Manze kenne ich nicht damit, das könnte auch noch was sein, Huggetts neue Aufnahme auch.
    Aber besser als Café Zimmermann? Sehr schwierig. :yes:

  • Hier bin ich mit Hildebrandt 100000%ig einer Meinung.


    Höre mich gerade durch alle Versionen von BWV 1043, die ich habe.
    Code für die Bestzung: solo1/solo2-ripieno1/ripieno2-viola-cello-violone


    1 - Michael Sand & Lisa Weiss, Arcangeli Baroque Strings (1994)
    Music & Arts CD 819
    In einer Kirche in Kalifornien aufgenommen - als ob es im Café Zimmermann so geklungen haben könnte! Das Cembalo hört man überhaupt nicht! Ich habe das Gefühl, bei einem Konzert im Petersdom in der letzten Reihe zu sitzen .... Spielerisch sehr gut, die Zeitschrift Alte Musik Aktuell (jetzt Toccata) hat sie über alle Maßen gelobt. Überaus souverän, sehr flott, damals die schnellste von allen, aber nicht gehetzt, irgendwie mit geballter Kraft, leider geht die Transparenz der solistischen Besetzung (1/1-1/1-1-1-1) durch die hallige Akustik flöten. Schade. Zeiten: 3:23/5:02/4:32


    2 - Gunnar Letzbor & Daniel Sepec, Ars Antiqua Austria (1995)
    Symphonia SY 94134
    In einer Kirche in Bologna aufgenommen, aber nach dem Foto zu urteilen in einem Seitenraum, mit vier Mikrofonen. Ein fülliger und trotzdem irgendwie kerniger Klang (Besezung 1/1-2/2-1-1-1), sehr innig gespielt, in den schnellen Sätzen mit viel Emphase - das könnte die Aufnahme mit viel Gefühl sein, die Pius sucht! Zeiten: 3:35/6:27/4:34


    3 - Pablo Valetti & Amandine Beyer, Café Zimmermann (2003)
    alpha 048
    Nicht zu toppen: Kraft, Eleganz, Virtuosität, Swing (!), Transparenz (die beste Aufnahmetechnik von allen!) - man hört wirklich alles!!! Der schnellste 3. Satz - fulminant, in einem Zug. Besetzung: 1/1-3/2-2-2-1; Zeiten: 3:26/5:57/4:03
    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:


    4 - Andrew Manze & Rachel Podger, Academy of Ancient Music (1996)
    Harmonia Mundi France HMU 907155
    Direkt nach Café Zimmermann gehört fällt Manze etwas ab - alles hört sich so an, als ob es ihnen längst nicht so leicht von der Hand geht wie den jungen Franzosen. Aufnahmetechnisch sind die Soloviolinen deutlich vor Ripieno und Continuo gestellt, was die Transparenz verringert und den Ensembleklang andickt, aber bei 2 x 4 Ripieno-Violinen(!) bleibt ihm keine andere Wahl. Die Tiefenstaffelung hier - Solisten vorne, der Rest als Begleiter deutlich dahinter, Cembalo deshalb zu leise - gefällt mir im direkten Vergleich mit den Zimmermännern überhaupt nicht. Die verflochtenen Solostimmen direkt in der Gruppe und aus ihr heraus, das ist es doch ... Manze lässt sich am meisten Zeit für den Mittelsatz, sehr innig gespielt. Fazit: Erstklassige Solisten, fragwürdiges Ensemblekonzept. Besetzung: 1/1-4/4-2-2-1; Zeiten: 3:23/6:23/4:24

    5 - Jaap Schröder & Christopher Hirons, Academy of Ancient Music, Christopher
    Hogwood (1981) Decca/L'Oiseau Lyre (habe die Original-CD nicht mehr, sie wurden auf den CDs mit den Cembalokonzerten, die ja Bearbeitungen der Violinkonzerte einschließen, hinzugefügt - aber nicht in der Doppelbox mit den Cembalokonzerten!)
    Die einzige Aufnahme mit einer Orgel (!) anstelle eines Cembalos - ob er das heute auch noch so machen würde? Das nimmt dem Continuo irgendwie die rhythmische Kontur, obwohl die Farbe sich gut mischt - Doppelaccompganement wäre hier vielleicht angesagt gewesen, wenn schon .... Spielerisch ist nichts auszusetzen, Schröder hat ein bißchen intonatorische Probleme bei den Doppelgriffen. Hogwood liefert immer die besten "Mainstream"-Aufnahmen. Besetzung: 1/1-3/2-2-2-1; Zeiten: 3:51/6:40/4:51


    - 6 Elizabeth Wallfisch & Alison Bury, Orchestra of the Age of Enlightenment (1993?)
    Virgin Veritas (habe nur eine billige 4er Box Wiederveröffentlichung)
    Nicht schlecht, nicht besser oder schlechter als die meisten anderen. Cembalo hört man nicht so gut. Die Geigerinnen spielen eine Nummer expressiver/agogischer als die anderen. Keine genaue Besetzung in Heft dieser Box, wahrscheinlich ähnlich wie bei Hogwood. Zeiten: 3:49/6:24/4:41


    Resumée: Ich habe noch einmal bei Rampe nachgelesen - es gab nachweislich in Leipzig Konzerte, in denen wie bei Manze so viele Violinen eingesetzt wurden. Bei einer Tonträgeraufnahme hat man dann das Problem, dass die Solisten - erst recht, wenn dann noch eine hallige Kirchenakustik dazukommt - nicht mehr als solche wahrzunehmen sind - allerdings sind sie auch kompositorisch sehr eng mit allen Stimmen verflochten. Letzterer Punkt könnte Hogwood zum Verwenden einer Orgel bewogen haben, denn hier liegt ein Bezug zum Concerto Grosso Corellischer Prägung vor - aber fusioniert mit deutlichen Elementen des Solistenkonzert - ein echtes Concerto con molti stromenti! Gerade im Doppelkonzert sind die Dynamikabstufungen sehr subtil, Bach schreibt sozusagen in drei Lautstärkestufen, indem er vom Grundklang aus piano und forte vorschreibt und zusätzlich in den Solistenstimmen mit Solo und Tutti differenziert. Das es auch mit so vielen Streichern geht, wenn die Aufnahmetechniker gut sind und die Gruppe gut eingespielt, zeigt Café Zimmermann - Sieger in allen Disziplinen!


  • Diese CD kam heute morgen zum Frühstück mit der während unseres Urlaubs gelangerten Post, und ich ziehe den Hut vor Frau Huggett! Erstklassig!
    Ganz anders als Café Zimmermann, aber ebenso gut. Solistische Besetzung, aber das hätte ich bei dem kraftvollen Klang nie vermutet. Mehr morgen ...

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  • Lieber Miguel,


    Ich kenne diese Aufnahme zwar noch nicht, aber ich schätze Monica Huggett über alles. Ihre (wohl schon 20-jährige) Einspielung der Violinsonaten Bachs finde ich unübertroffen. Sie ist nach meinem bescheidenen Dafürhalten mit grossem Abstand die feinfühligste Barockgeigerin.


    Ich grüsse Dich freundlich
    Walter

  • Zitat

    Original von miguel54


    Diese CD kam heute morgen zum Frühstück mit der während unseres Urlaubs gelangerten Post, und ich ziehe den Hut vor Frau Huggett! Erstklassig!
    Ganz anders als Café Zimmermann, aber ebenso gut. Solistische Besetzung, aber das hätte ich bei dem kraftvollen Klang nie vermutet. Mehr morgen ...


    Lieber Miguel,


    diese CD habe ich mir vor einigen Wochen gekauft- und ich höre sie mit zunehmender Begeisterung. Du hast Recht: Das hier solistisch musiziert wird, ist mir beim ersten Hören überhaupt nicht aufgefallen. Wie sind denn Deine Eindrücke?


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Ich habe mir heute abend noch einmal das Konzert BWV 1041 angehört - die solistische Besetzung bringt die Klangbalance wieder ins Lot, weil drei Bassinstrumente - Cembalo, Cello und Violone - vier höheren - Bratsche, zwei Violinen und Solistin - gegenüberstehen. Wäre es ein etwas kräftigeres Cembalo mit 16' Register, wie es Bach in Leipzig benutzt hat, wäre das Gravitätische im Fondamento, auf das er so viel Wert legte, noch ausgeprägter. Das gibt dem Ensemble die Fülle, nicht die üblicherweise vergrößerte Masse von Streichern. Zudem ist die Sologeige dann primus inter pares, und nicht vor dem Ensemble - barocke Konzerte sind Kammermusik - so sagen wir heute - der Begriff "Orchester" bezieht sich im Barock auf die angestellten Musiker als Gruppe, nicht auf eine Besetzungsform. Nach heutigen Maßstäben ist im Barock alles "Kammermusik" ... Eine solche transparente Besetzung ermöglicht das lockere, schnelle Spiel, wie wir es auf dieser CD hören können. Die Solostimme taucht aus dem Ensemble auf und wieder in es hinein - genauso sieht auch das Notenbild aus, der Solopart mit den anderen Stimmen verwoben.
    Außerdem sind bei BWV 1041 die originalen Stimmensätze erhalten: je eine Stimme für die Violinen und Bratsche, zwei unbezifferte b.c. (also Cello und Violone) - die Solostimme, der Cembalist hat eine bezifferte Stimme gehabt oder aus der Partitur gespielt.
    Eine Besetzung mit verdoppelten Violinen kann ich mir nur in den Cembalokonzerten vorstellen, und auch nur dann, wenn das Cembalo entsprechend kräftig ist, eines mit 16' Register, hier werden eigentlich immer noch oft nicht optimale Instrumente eingesetzt, meist aus praktischen und Bequemlichkeitsgründen, denn die Cembali mit 16' sind groß, schwer, und teuer - und werden erst in den letzten Jahren wieder häufiger nachgebaut,denn sowas geht nur auf Nachfrage.


    Ich kann mir die Bachschen Violinkonzerte anders nicht mehr vorstellen - jede größere Besetzung ignoriert eigentlich die Faktur dieser Stücke.


    Monica Huggets Aufnahme mit Sonnerie und die von Café Zimmermann setzen dies optimal um.

  • Die große Bedeutung der Stimmengewichtung bei diesen Konzerten war mir nie so bewusst, bis ich diese Huggett-Aufnahm kennenlernte. Ich dachte immer, es müsse so klingen, wie Manze, Podger und die Academy of Ancient Music es dargestellt haben. Tatsache ist aber, dass die solistische Besetzung und der starke Bass entscheidend den Höreindruck prägen.


    Sehr überzeugend - genau so, wie Du es dargestellt hast. Ich glaube, Café Zimmermann sollte ich auch noch kennen lernen in diesen Konzerten - benutzen die denn ein stärkeres Cembalo?


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Zitat

    Original von Ulrich Kudoweh
    Ich glaube, Café Zimmermann sollte ich auch noch kennen lernen in diesen Konzerten - benutzen die denn ein stärkeres Cembalo?


    Liebe Grüße, Ulrich


    Bisher hat CZ erst zwei der Violinkonzerte eingespielt (a-moll fehlt).
    Beim Doppelkonzert (in Folge II) sitzt Céline Frisch an einem flämischen Cembalo nach Ruckers-Vorbildern, beim E-Dur (Folge I) ist nicht ganz klar, ob das einzige angegebene Instrument "Clavecin allemand de Philippe Humeau", das bei BWV 1052 Solist ist, auch beim Violinkonzert im B. c. eingesetzt wird – es wird aber wohl so sein.
    Also auch nicht ganz vorbildgerecht... :wacky:

  • Die Aufnahmen von Café Zimmermann, auch wegen der hervorragenden Aufnahmetechnik, teilweise optimal, was die Transparenz angeht - man kann wirklich jeden kleinsten Piep aus den Noten hörend nachvollziehen - außer dem Cembalo.
    Die verwendeten Cembali wechseln:
    Vol. 1: Flämischer Typus nach Ruckers aus der Werkstatt Marc Ducornet
    Vol. 2: Deutsches Cembalo von Philippe Humeau (das halte ich für eine wenig aussagekräftige Bezeichnung!)
    Vol. 3: Italienische Cembali von Emile Jobin nach Vorbildern des 17. u. 18. Jhdts.


    Ich habe wahrhaftig nichts dagegen, wenn Cembalobauer sich nur an bestimmte Modelle anlehnen, aber etwas genauer könnten es die ansonsten so ausführlichen Booklets von alpha schon angeben. Ich nehme aber nicht an, daß der deutsche Typ von Vol. 2 ein 16' Register hat - die zweimanualigen nach Mietke haben immer zwei 8' und ein 4' Register.
    Vom Klang der Aufnahme her kann ich nicht beurteilen, welcher Typus hier gespielt wird - zu leise ist es allemal - im Cembalokonzert geht es, aber im Violinkonzert ist es viel zu sehr im Hintergund, bei Sonnerie hört man es besser. Da spielt allerdings auch die Mikrofonplatzierung und die hallige Kirchenakustik eine Rolle - auch so eine Konvention, das in einer Kirche aufzunehmen. Die Akustik ist zwar schön, aber zu hallig. Das geht auf Kosten der Durchhörbarkeit. Gute preiswert zu mietende Kammermusiksäle scheinen rar zu sein.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    ..... beim E-Dur (Folge I) ist nicht ganz klar, ob das einzige angegebene Instrument "Clavecin allemand de Philippe Humeau", das bei BWV 1052 Solist ist, auch beim Violinkonzert im B. c. eingesetzt wird – es wird aber wohl so sein.
    Also auch nicht ganz vorbildgerecht... :wacky:


    Da sind wir uns einig - konnte im Internet nichts genaueres über Humeaus "deutsche" Cembali finden.
    Höre gerade BWV 1042 von Café Zimmermann - in den Ecksätzen ist das Cembalo eher zu ahnen als zu hören. Im Cembalokonzert, wie gesagt, geht es - aber auch hier wäre mehr Power angebracht. Wovor haben diese Musiker Angst? Das ist wie mit den Drummern im Jazz, auch selten in realistischer Lautstärke abgebildet.

  • Hallo Michael und Hildebrandt,


    herzlichen Dank für die sehr guten Beschreibungen! Jetzt habe ich doch eine Vorstellung, worauf ich mich bei Café Zimmermann einstellen muss: dass ich diese Aufnahmen nämlich erstmal zurückstellen kann ...


    Merssi namal und liebe Grüße, Ulrich

  • Guten Abend


    Zitat

    Original von miguel54


    Huggett hat die Bach-Violinkonzerte jetzt mit ihrem eigenen Ensemble Sonnerie neu aufgenommen - sobald sie bei mir eingetroffen sind, werde ich bericht erstatten.



    Zwischenzeitlich bin ich auch -dem Forum sei Dank :yes:- im Besitz dieser Aufnahme.
    Bemerkenswert auf dieser CD das Cembalokonzert f-moll (BWV 1056) als Violinkonzert, diese selten als Violinkonzert gespielte Version hörte ich erstmals auf dieser



    CD mit dem Ensemble Europa Galante.


    Das Concerto BWV 1056 ist überhaupt interessant, das Allegro scheint schon immer ein Violinsatz gewesen zu sein, für das Largo und Presto werden Vorläufer von einem oder zweierverschiedener Oboenkonzerte diskutiert. Der 1. und 3. Satz könnten ursprünglich auch Köthner Kantaten eingeleitet haben, der 2. Satz sogar einer Weimarer Kantate entstammen. Er ist als Sinfonia in der Kantate BWV 156 zu hören.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Abend


    Zitat

    Original von miguel54
    Ich kann mir die Bachschen Violinkonzerte anders nicht mehr vorstellen - jede größere Besetzung ignoriert eigentlich die Faktur dieser Stücke.


    Wobei ich mir vorstellen kann, dass Bach mit seinem Collegium Musicum bei Freiluft-Veranstaltungen im "Zimmermannschen Biergarten" zu Leipzig schon aus akustischen Gründen durchaus eine größere Streicherbesetzung bevorzugte.


    Als für mich gelungenes Beispiel mit einer größeren Streicherbesetzung von BWV 1052 will ich diese



    Einspielung mit der Akademie für Alte Musik Berlin ins Spiel bringen.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • Verdoppelt oder verdreifacht man die Ripieno-Streicher, wird die Solovioline im Verhältnis natürlich immer leiser - ich bin da skeptisch. Von den CD-Aufnahmen her kann man das nicht beurteilen - da werden u.U. Stützmikrofone für die Solisten eingesetzt. Wäre eine Versuchsreihe wert. Wenn man die Noten ansieht, ist das eindeutig Kammermusik, in der die Stimmen von Solo und Ripieno sehr innig verwoben sind.


    Ich bin gespannt, wie die Cembalokonzerte am 14. September im doch recht großen Aufnahmesaal des DLF in Köln in solistischer Besetzung klingen ...

  • Neu auf meinem Siegertreppchen – und gleich Platz 1:



    Dieselbe Solistin wie beim Café Zimmermann, aber mit ihrem eigenen Ensemble.
    Besetzung: Solovioline, 2 Violinen, 1 Viola, 1 Vcello, 1 Violon, 1 Cembalo.


    Wesentlich expressiver, rhythmisch noch pointierter und mit wesentlich größerer Geste als auf der CZ-Aufnahme. Manchmal spielt sie den Zuhörer regelrecht schwindlig.


    Und vor allem mit einem Continuo-Cembalo, das man nicht nur deutlich hört (sogar mit Lautenzug im 2. Satz von BWV 1056), sondern das auch noch Zeit für allerlei Ausflüge findet. Anna Fontana – so heißt die Dame am Clavicymbel – sollte man sich merken.


    Derzeit 10 von 10 möglichen Punkten. :yes:

  • Ich wollte mir Mme. Beyer's Opus heute bei Dussmann in Berlin kaufen, aber leider konnten sie das laut Computer vorhandene Exemplar nicht finden ... :( :(

  • Ja, das kommt bei uns leider häufiger vor. Wir haben teilweise sehr undisziplinierte Kunden, die angehörte CDs dann ganz woanders wieder einsortieren. Und die CD ward nie mehr gesehen...
    Es kann natürlich auch andere Gründe haben.



    LG, Peter.

  • Guten Abend



    Inzwischen besitze ich diese Einspielung ebenfalls und habe sie mir heute unterwegs mal angehört: exzellent :jubel: :jubel:


    Wer könnte im "Zimmermannischen Caffe-Hauß" damals die Violine gespielt haben; Johann Sebastian ?
    Neben Cembalist und Organist war er auch ein vorzüglicher Geiger, seinen ersten Geigenunterricht könnte er von seinem Vater Ambrosius, einem seiner Gesellen oder von Cousin seines Vaters, dem Eisenacher Hof- und Stadtorganisten Johan Christoph Bach, der wohl ein viruoser Geiger war, erhalten haben.
    C.P.E. Bach schrieb über das Geigenspiel seines Vaters:


    "In seiner Jugend bis zum ziemlich herannahenden Alter spielte er die Violine rein u. durchdringend u. hielt dadurch das Orchester in einer größeren Ordnung, als er mit dem Flügel hätte ausrichten können. Er verstand die Möglichkeiten aller Geigeninstrumente vollkommen"


    Sein älterster Sohn Wilhelm Friedemann sollte auch das Geigenspiel gut beherrscht haben, immerhin schickte ihn sein Vater für ein Dreivierteljahr zu Johann Gottfried Graum nach Merseburg zur Fortsetzung seiner Geigenausbildung. Ebenfalls im Leipziger "collegium musicum" spielte zu Bachs Zeiten sein "Lehrling" Johann Schneider.
    Denkbar auch sonstige Viruosen. In einer Anzeige der Leipziger "Collegia Musica" in Lorenz Mitzlers "Neu eröffneter Musikalischer Bibliothek" von 1739 war zu lesen:


    "Nachricht von den Musikalischen Concerten zu Leipzig.


    Die beyden öffentlichen Musikalischen Concer-
    ten, oder Zusammenkünffte, so hier wöchendlich
    gehalten, sind noch in beständigen Flor.
    Eines dirigirt der Hochfürstl. Weissenfelsische
    Capell-Meister und Musik-Direktor in der Tho-
    mass und Nikels-Kirchen allhier, Herr Johann
    Sebastian Bach, und wird ausser der Messe
    alle Wochen einmahl, auf dem Zimmermanni-
    schen Caffe-Hauß in der Cather- Strasse Frey-
    tags Abends von 8 biß 10 Uhr, in der Messe
    aber die Woche zweymahl, Dienstags und
    Freytags zu eben dieser Zeit gehalte.
    [....]
    Die Glieder, so diese Musikalischen Concer-
    ten ausmachen, bestehen mehrentheils aus dem
    allhier Herrn Studierenden, und sind immer gute
    Musici unter ihnen, so daß öffters, wie bekandt,
    nach der Zeit berühmte Virtuosen aus ihnen er-
    wachsen. Es ist jedem Musico verrgönnt, sich in
    diesen Musikalischen Concerten öffentlich hören
    zu lassen, und sind auch mehrentheils solche Zuhö-
    rer vorhanden, die den Werht eines geschick-
    ten Musici zu beurteilen wissen. "


    Da wäre man gerne mal dabei gewesen :yes:


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag


    auf díeser



    CD des Freiburger Barock Orchester ist u.a. ein Konzert für drei Violinen, Streicher und Bc., basierend auf dem Cembalokonzert für 3 Claviere BWV 1064 eingespielt.
    Neben den drei Sologeigen werden aufgrund einer Rekonstruktion (z.B. auch in der NBA publiziert) zwei weitere Ripienogeigen spielen lassen. Manche Autoren vermuten, dass das Violinkonzert auf eine Fassung aus Köthner Zeit eines Kammerkonzerts für drei Sologeigen, Cello und Bc. zurückgeht.
    Gibt es davon eine Einspielung ?
    Beim einer Rekonstruktion des Konzert für drei Soloviolinen, 2 Violinen, Viola und Bc. nach dem Konzert für drei Claviere BWV 1063, soll es sich um ein verschollenes Konzert aus Bachs Weimarer Zeit um 1714 handeln.
    Gibts hiervon eine Einspielung ?


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Damit es nicht im Massenthread "Was höre ich ... ?" untergeht, gebe ich bekannt, daß diese hochinteressante Aufnahme seit heute auch Teil meiner Sammlung ist: Gerade erklingt also bei mir:


    Johann Sebastian Bach (1685-1750)
    Violinkonzerte BWV 1041, 1042, 1052, 1056
    Amandine Beyer (Violine & Leitung), Gli Incogniti
    ZigZag 2007



    Während ich bei meinen jüngsten Entdeckungen (Biber, Schmelzer u. a.) mit den historischen Interpretationen überhaupt keine Schwierigkeiten habe - im Gegenteil! -, erlebe ich die Bach-Violinkonzerte hier zunächst als ungewohnt kammermusikalisch (habe sie halt schon seit vielen Jahren im Ohr, aber eben anders), und ich muß sagen, daß mir das, was Frau Beyer mit ihren "Unbekannten" hier präsentiert, gar wohlgefällt!


    Und doch: Ich bemerke, daß ich bei diesen doch relativ bekannten Werken ganz andere Hörgewohnheiten ins Spiel bringe ... und mich beispielsweise frage, ob ich das nicht auch schon "fetziger" gehört habe, fülliger, kräftiger. Muß mal vergleichshören.


    Übrigens: Es fällt mir in diesem Genre (Barockviolinmusik) ziemlich schwer, meine Eindrücke zu formulieren; bei Mahler-Symphonie-Aufnahmen täte ich mir da etwas leichter. Immerhin: Hildebrandts Begeisterung für das klar herausgearbeitete Continuo-Cembalo kann ich gut nachvollziehen!


    Wenn mir mehr dazu einfällt, melde ich mich; einstweilen vielen Dank für den guten Tip!


  • Ich habe inzwischen einige Aufnahmen in solistischer Besetzung, und keine klingt fülliger oder fetziger als diese! Großorchestrale Mißdeutungen :baeh01: sucht man in meinen Regalen allerdings vergebens ... Bachs Konzerte sind immer "Kammermusik", die solistische Besetzung die Regel - bei dieser Kompositionsweise erscheint sie mir auch unerlässlich für eine optimale Darstellung, von aufnahmetechnischen Unterschieden mal abgesehen, die sich dann in kaum hörbaren Cembali u.a. zeigen.


    Im Vergleich zu dieser Aufnahme ist Huggetts in der Tat etwas behäbig. Wenn jemand keine Angst vor flotten Tempi hat, kann er hier wirklich eine Sicht auf Bach kennenlernen, die von Wimmerjahn & Co. :stumm: meilenweit entfernt ist. Respekt & Hut ab, Mme. Beyer!

  • Zitat

    Original von Bernhard
    Beim einer Rekonstruktion des Konzert für drei Soloviolinen, 2 Violinen, Viola und Bc. nach dem Konzert für drei Claviere BWV 1063, soll es sich um ein verschollenes Konzert aus Bachs Weimarer Zeit um 1714 handeln.
    Gibts hiervon eine Einspielung ?


    Beim Erscheinen von Rampes und Sackmanns Handbuch über Bachs Orchestermusik im Jahre 2000 gab es noch keine Notenausgabe einer solchen Rekonstruktion, Rampe hatte eine angekündigt, ob sie mitlerweile erschienen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Einspielungen einer Rekonstruktion der Erstfassung BWV 1063a kenne ich nicht - nicht einmal von Max Pommer, der 3 LPs mit Rekonstruktionen einspielte, gibt es eine - der hatte auch nur 1064a dabei, das auch Hogwood mit der AAM und die Arcangeli Baroque Strings neben dem FBO aufgenommen haben.

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