Wenn der Mist überlebt - die überschätztesten Komponisten der Musikgeschichte

  • Hallo hallo ihr lieben Leute


    Hab ich mirs doch gedacht, dass es hier mal wieder richtig zur Sache geht. :yes:
    Edwin möchte also nicht, dass ich Messiaen mit Schillings und Egk in einem Atemzug nenne, aber er macht es selbst mit Stauss und Brahms... :D
    Ah, mir fällt gerade noch eine Name ein, den ich meiner Liste gerne ergänze:
    Adams mit seinem gähnend langweiligen Doctor Atomic (der von der Kritik unverständlicherweise hochgejubelt wurde) + A Flowering Tree…


    Natürlich muss ich jetzt damit leben, dass hier Schönberg :jubel:, Mahler :jubel:und Nono :jubel: unqualifiziert verhacktstückt werden (die Kalauer mit den 12 Tönen: + den Nono-Namen: Gääähn). Ficht mich aber nicht an. ....


    Was an der z.B. plakativen Coda von Bruckner 3 (vierter Satz) oder dem peinlichem Choral in der S 5 (letzter Satz) besonders originell sein soll., bleibt wohl das Rätsel von reingefleischten Brücknerhörer.. ?(


    Als Sinfonien sind ja Mathis + Harmonie noch einigermaßen akzeptabel, aber als Oper: viel zu viele orchestralen Leer- und Durststrecken. Vor allem in der Harmonie...


    Naja und erst Orff......


    :hello:

  • Ich frage mal ganz schüchtern an, was es eigentlich mit dem Thread- Titel auf sich hat?????


    Der lädt doch zu Aburteilungen solcher Art geradezu ein, oder?


    Man sollte das Ganze vielleicht aus diplomatischen Gründen ein bisschen unpolemischer umtaufen um den rein subjektiven Aspekt der Werturteile einzelner Mitglieder besser herauszustreichen. Als Mist im Pauschalurteil bezeichne ich selbst meine verhasstesten Komponisten nicht, so "mistig" ich sie auch rein privat finden mag.


    Abgesehen davon lebt und leibt ein Forum von kontroversen Werturteilen - das solltem man bitte bei aller Empörung nie vergessen ;)
    Deshalb kann ich Flotans Einwand auch schlecht nachvollziehen.
    Die Einen zausen an Puccini, oder Strauss die anderen an Bellini und allem was Belcanto ist, wieder Andere sogar an Göttern wie Mozart oder Beethoven oder Wagner.
    Was die Toleranz anderer Mitglieder solchen subjektiven Geschmäckern gegenüber mit Kuschen zu tun hat, verstehe ich nicht ?(


    F.Q.


    P.S. Ich sag hier nicht, was ich im Bezug auf meine privaten Cd-Regale aus-mistig finde- das wissen ja eh schon Alle :D

  • Zitat

    Original von Amfortas08




    Was an der z.B. plakativen Coda von Bruckner 3 (vierter Satz) oder dem peinlichem Choral in der S 5 (letzter Satz) besonders originell sein soll., bleibt wohl das Rätsel von reingefleischten Brücknerhörer.. ?(


    Na ich kopiere das mal rüber in die einschlägigen Threads, dann können wir uns da ein wenig differenzierter unterhalten :D :D


    Übrigens: "peinlich"- sehr präzise Bechreibung! Muss ich mir merken :D :D


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • @ wulf Nicht nur deswegen - ein befreundeter Komponist sagte mir mal, Webern und Berg: die werden als Komponisten überleben. Schönberg wird in ein, zwei Jahrhunderten vermutlich nur noch als wichtiger Schriftenverfasser und Theoretiker bekannt sein, als Komponist zu fehlerhaft.ich dachte Du würdest dich auf deine eigenen Ohren verlassen.. also ich finde, das kannst Du doch besser :)


    :hello:

  • Nein, kann ich nicht, da ich Schönberg kaum kenne. Das, was ich kenne, sprach mich wesentlich weniger an als das, was ich von Berg oder gar von Webern vernahm.

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  • Hallo Amfortas,
    ich hätte von Dir gerne Erklärungen nachgereicht, und zwar nicht in Form alberner Werturteile aus irgendwelchen Darmwindungen heraus (denn von "Bauch" kann da keine Rede mehr sein), sondern ganz konkret festgemacht:


    ad Orff
    1) Auf welche Werke Orffs beziehst Du Dich? Denn zwischen "Carmina" und "Prometheus" ist halt ein Unterschied.
    2) Was genau wirfst Du Orff vor?


    ad Messiaen
    1) Auf welche Werke Messiaens beziehst Du Dich?
    2) Worin besteht Dein Kritikpunkt konkret?


    ad Hindemith (den ich nicht einmal mag)
    1) Welche harmonischen Hunger- und Durststrecken in der "Harmonie" meinst Du?
    2) Erkläre bitte, welcher Harmonik Hindemith sich hätte befleißigen müssen, um Deiner Verurteilung zu entgehen.


    Zitat

    , aber er macht es selbst mit Stauss und Brahms...


    Nicht nur. Ich bin noch viel schlimmer: Verdi ist für mich ein Handwerker, dessen beste Werke nicht an Wagners "Amerikanischen Festmarsch" heranreichen, und der ist nun wirklich nicht sehr gut; Puccini ist für mich ein Filmkomponist, der das Pech hatte, für den Film zu früh geboren zu sein - der Film hatte dadurch allerdings das Glück, nicht von dieser Musik betroffen zu werden. Und weil wir schon dabei sind: Rein musikalisch halte ich nichts von Cage (der aber eine interessante Philosophie vertritt), sehr wenig von Nono, fast gar nichts von Zimmermann und und und...
    ...und jedes dieser Urteile habe ich in den entsprechenden Threads begründet - subjektiv, sicherlich, aber so, daß meine Überlegungen nachvollziehbar sind. Darf ich Dich bitten, es zumindest in den oben genannten Punkten gleich zu tun?


    :hello:


    PS.: Was sind eigentlich "reingefleischte Brücknerhörer" - ein Schreibfehler oder ein mir unverständlich gebliebener Kalauer?

    ...

  • Ich finde, daß man hier sehr schön den Graben zwischen den Vertretern der verschiedenen Richtungen sehen kann - und wie sehr Aggressionen Lauf gelassen wird. Zudem möchte ich etwas in Erinnerung rufen: Es wird in diesem Thread nicht etwa nach Vorlieben oder gar Abneigungen gesucht - sondern nach "überbewerteten" Komponisten. Ich beispielsweise schätze werder Berg, noch Webern , noch Schönberg - nein icht möchte nichts von ihnen hören. ABER - ES FIELE MIR NICHT IM TRAUM EIN, SIE ALS ÜBERSCHÄÖTZT ZU BEZEICHNEN.


    Persönlich kenne ich eher UNTERSCHÄTZTE Komponisten, als überschätzte.


    Den reisserisch aufgemachten Titel hat Edwin seinerzeit nach einer mißglückten musikalischen Begegnung mit Liszt gewählt. Immerhin hat er Euch heute - nach einigen Jahren Pause - und einer zwischenzeitlichen Themenentgleisung - wieder angelockt.


    Schauen wir uns das Beispiel Listz mal an:


    Ist er heute ÜBERSCHÄTZT ?
    Hat sein "Mist" (Edwins Diktion) überlebt ?


    Ich glaube beide Fragen sind eher mit NEIN zu beantworten.
    Man kennst selbstverständlich heute namentlich, aber sind seine Werke geschätzt ? Sind sie einem breiterem (Klassik- !!)-Publikum bekannt - oder gar "lieb und wert" `? Ich glaube, daß man diese Fragen mit NEIN beantworten kann.
    Liszt war ein strahlender Virtuose des 19. Jahrhunderts, der auch komponierte - aber heute ist er zwar nicht direkt vergessen, jedoch in die Bedeutungslosigkeit versunken - Im Gegensatz beispielsweise zu dem weiter im Thread gebeutelten Johannes Brahms.......


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Vorbemerkung: Die pikierten Reaktionen sind nachvollziehbar, aber FQ hat hier völlig recht, daß die Pointe des threads nicht zuletzt in solchen Postings wie dem von Amfortas besteht. Kann man gerne oben nachlesen. Insofern bitte ich, wenn Unmut, dann konkreter zu bekunden bzw. den angegriffenen Komponisten konkret zu verteidigen oder den thead zu ignorieren ;)


    Also Egk und Schillings werden so gut wie gar nicht mehr gespielt, die sind überhaupt nicht hoch genug geschätzt, um als überschätzt gelten zu können. Vielleicht waren sie vor 50 Jahren mal überschätzt.


    Orff wird als One-hit-Wonder wahrgenommen. Nach Aussagen vieler Kenner (ich kenne im wesentlichen auch nur den Hit) tut man ihm damit unrecht. Wie auch immer das zu beurteilen sein mag, ist aber klar, daß er sehr verzerrt wahrgenommen und damit vermutlich auch nicht adäquat eingeschätzt wird, ob über- oder unter- ist da beinahe zweitrangig...


    Hindemith wird heute vielleicht sogar wieder eher unterschätzt. Mir scheint er (besonders gemessen am Werkumfang) nicht sehr präsent zu sein, von einer Handvoll Werke abgesehen. Die Rezeption ist aber auf alle Fälle interessant, weil sie zeigt, daß es einem "Gemäßigten" nach wenigen Jahrzehnten eher schlechter gehen kann als dem Avantgardisten (was der junge Hindemith ja sogar gewesen ist)


    Glass: Wird der so hoch geschätzt? Falls ja, bin ich geneigt, Dir zuzustimmen. Überflüssiges Gedudel.


    Tan Dun: keine Ahnung (scheint mir aber wieder nicht hoch genug geschätzt, um in Frage zu kommen)


    Messiaen und Britten: wiederum bin ich mir nicht sicher, wie hoch die außerhalb des Forums überhaupt geschätzt werden... aber Überschätzung ist hier vielleicht nicht auszuschließen. Wenn man z.B. die Bekanntheit von Dutilleux und Messiaen vergleicht...? Aber ich wage hier kein Urteil. Bei Britten ebensowenig, da seine wichtigen Werke anscheinend alles Opern sind und mir unbekannt. Was ich sonst kenne, gefällt mir zwar gut, aber


    Bei Bruckner würde ich keinen Teil des Oeuvres isolieren (oder wenn, höchstens die Werke vor der 3. Sinfonie), aber ich halte ihn tatsächlich auch für tendenziell überschätzt. Was aber teilweise oder hauptsächlich an dem Kult, zu dem einige Brucknerianer neigen, liegen mag, die mit extrem übertriebenen Einschätzungen vorpreschen, die jeder nüchternen Einordnung widerstehen.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Amfortas08


    Natürlich muss ich jetzt damit leben, dass hier Schönberg :jubel:, Mahler :jubel:und Nono :jubel: unqualifiziert verhacktstückt werden (die Kalauer mit den 12 Tönen: + den Nono-Namen: Gääähn).
    :hello:


    Richtig erkannt. :jubel: :jubel: :jubel:


    Warum tat ich das bloß??( ?( ?(


    :hello: :hello: :hello: Jacques Rideamus

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  • Überschätzung und Unterschätzung - es stellt sich für mich die Frage, ob so etwas überhaupt möglich ist.
    Angenommen, eine breite Schicht an Profimusikern (Top-Dirigenten, Top-Pianisten, Top-Violonisten etc.) ist grundsätzlich in der Lage, jegliche Form von klassischer Musik zumindest soweit zu verstehen, dass Gefallen am Werk gefunden werden kann.
    So kann bei musikalisch "gleichwertigen" Komponisten sich die Gunst nur dann auf eine Auswahl verlagern, wenn außermusikalische (z. B. gesellschaftliche) Gründe dazu beitragen. Diese "Hubbel" der Wahrnehmung werden aber mit jedem Jahrzehnt, das seit dem Tod des Komponisten vergeht, (und mit jeder Generation) nach und nach immer weiter ausgebügelt, denn die Person an sich gerät in Vergessenheit und nur das schriftlich Hinterlassene, v. a. also die Kompositionen, können noch das Werturteil beeinflussen.
    Die breite Masse der Klassikhörer, die nun noch in der Lage wäre, Komponisten zu über- oder unterschätzen, wird von der musizierenden Gruppe nun ebenfalls beeinflusst (denn nur durch diese bekommen sie die Werke zu Gehör) und übernimmt ihr Urteil zumindest dann, wenn versucht wird, "objektiv" zu beurteilen (z. B. in Sätzen wie "Ich mag zwar kein Bach, aber ich weiß, dass er eines der größten Genies der Musikgeschichte war" -> keine Unterschätzung).
    Meistens werden auch eher einzelne Werke überschätzt (Capriccio Italien, kleine Nachtmusik, etc.) als Komponisten (zumindest ist mir keiner bekannt, der beim Publikum äußerst beliebt ist, bei den Interpreten aber an unterster Stelle steht).


    Insofern denke ich, dass die Beliebtheit der genannten Komponisten wohl in den meisten Fällen von den Verfassern verzerrt wahrgenommen wird. Liszt ist nicht überschätzt, er hatte gute Ideen und einen großen Einfluss auf die Musikgeschichte, das ist auch von vielen das einzige, was man ihm zugesteht.
    Die Werke werden, wie Alfred schon sagt, kaum aufgeführt, bis auf einige wenige Ausnahmen.
    Bruckner wird lediglich von einer kleinen Fangemeinde sehr hoch bewertet, es gibt aber auch viele, die die Musik gar nicht ertragen können, von daher gleicht sich das wieder aus.
    Die meisten der von Amfortas genannten Komponisten werden sowieso nicht sonderlich oft aufgeführt. Messiaen hat einige Hammer hinterlassen (z. B. Quatuor pour la fin du temps) das seine ohnehin schon nicht allzu große Wahrnehmung in der Öffentlichkeit (und deswegen könnte man ihn ebenso als Messiaen-Fan als unterschätzt bezeichnen) auf jeden Fall rechtfertigt.
    Für Schönberg gilt ähnliches wie für Liszt, ein großer Teil seiner Zwölftonwerke wird kaum aufgeführt (z. B. 4. Quartett). Die guten Werke sind zurecht bekannt.
    So könnte man wohl mit allen der hier genannten Komponisten fortfahren... (ich weiß, dass einige diese Meinung nicht teilen. Es gibt natürlich auch Ausnahmen bei den unterschätzten Komponisten: die, deren Werke schlicht und einfach noch nicht entdeckt worden sind!)

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Wieso gerade der Name Franz Liszt hier so oft fällt, verwundert mich doch einigermaßen. Alles, was ich von ihm bisher kenne - zugegebenermaßen nicht sehr viel -, hat in mir eher das Verlangen, noch mehr kennenzulernen, hervorgerufen. Allein die vielgeschmähten "Les Préludes" (was danach für Schindluder mit diesem Werk getrieben wurde, ist zweitrangig) sichern ihm doch seinen Platz unter den Komponisten, die man keinesfalls unterschätzen und die man kennen sollte.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo Amfortas,
    ich hätte von Dir gerne Erklärungen nachgereicht, und zwar nicht in Form alberner Werturteile aus irgendwelchen Darmwindungen heraus (denn von "Bauch" kann da keine Rede mehr sein), sondern ganz konkret festgemacht:


    :hahahaha::hahahaha::hahahaha: Immer für einen trefflichen Scherz zu haben, der liebe Edwin. Frag doch mal einen Eisbären, wie es um die innere Beschaffenheit eines aktiven Vulkans bestellt ist..... :rolleyes:


    Zitat


    PS.: Was sind eigentlich "reingefleischte Brücknerhörer" - ein Schreibfehler oder ein mir unverständlich gebliebener Kalauer?


    Vielleicht haben die sich das Fleisch der musikalischen Struktur Bruckners reingezogen?? Keine Ahnung.

  • Hallo,


    Es ist schon so spät, aber dieser Thead fesselt mich doch sehr...und so gebe ich auch meinen unbedeutenden Senf hinzu. Alles wurde schon mehr oder minder genannt...


    1.) Richard Strauss
    Sicher, es gibt das ein oder andere Glanzstück in seinem Oevre und sein Orchestrierungs-Vermögen steht - so meine ich - ausser Frage, aber wenn ich mir so ansehe wie überrepresentiert (man schaue nur mal auf den Spielplan der Deutschen Oper Berlin) Strauss im Kulturleben ist und wie viele tolle Komponisten seiner Generation einfach von den Spielplänen gefegt wurden, dann komme ich zu dem klaren Urteil: Überbewertet


    2.) Franz Liszt
    Ich gebe zu durchaus ein Liszt-Freund zu sein und gestehe freimütig in der ein oder anderen Stunde hohlem Passagenwerk und eingängigen Melodien durchaus was abgewinnen zu können. Ich sehe Liszt sehr ambivalent : Auf der einen seite ist da der sehr gebildete, geniale und originelle Anarchist der sich sehr viele Gedanken über die Zukunft der Musik macht und auch einige Neuheiten auf die Wege leitet. Andererseits ist er der gefeierte, brilliante Salonlöwe, der mit seinen Opernparaphrasen und funkelnden Bravourstückchen die Frauen zur Ohnmacht treibt. Beides - das gelehrte, originelle sowie das unterhaltsam-nichtsagende verbindet sich in vielen Werken zu einer obskuren Mischung. Lauschen wir in die zahlenmäßig unterlegenen symphonischen Werke, so hören wir einen recht untalentierten Orchestrierer, der sich besonders schwer tut klangliche "Tiefe" zu vermitteln. (Was komisch ist, da er ja auf dem Klavier gerade dies ständig zu erreichen versuchte)


    3.) Felix Mendelssohn Bartholdy
    Hurra, hurra, das Mendelssohn-Jahr ist da. Ich mag Mendelssohn sehr aber muss doch feststellen, dass er eigentlich nichts neues auf den Weg gebracht hat. Fast jedes seiner Werke spricht mich so unmittelbar in seiner Melodik und seinem Verve an, dass es schwer fällt ihn derartig zu "degradieren". Ich denke Mendelssohn ist als (Wieder)Urafführer vieler Werke wichtig - aber Kompositionshistorisch nimmt er doch wohl eher den Platz eines - wenn auch zu einer eigenen Tonsprache findenden - Epigonen ein.


    4.) Giacomo Puccini
    Ich denke, ich muss nicht viele Worte dazu verlieren. Wiederum gestehe ich ein, diesen Komponisten hin und wieder zu mögen - ich ergötze mich gerne mal am Kitsch einer Tosca oder Turandot. Aber da ist auch schon der Haken: Das alles ist Kitsch - reine Show. Die leute sollen von süffigen Streicherkantinelen und schmalzigen Tenor-Arien auf eine populäre art berührt werden. Das ist eine "Kunst", die Puccini exzellent versteht - Massentauglich zu schreiben. Als Unwissender könnte man meinen, Puccini sei ein ganz wichtiger und wegweisender Komponist, wenn man auf die Opernspielpläne schaut.
    Hmm...ja...eigentlich ist er schon wegweisend, wenn man in richtung Popkultur denkt, oder? ^^


    Diese vier fallen mit besonders überbewertet auf - abgesehen von Liszt hauptsächlich wegen ihrer häufigen nennungen auf den Spielplänen. Liszt wird ja nun nicht (mehr) derart häufig gegeben, was sicher auch mit Zeitgeschmack zusammenhängt...


    LG
    Raphael

  • Lieber Barbirroli,


    ich wünsche Dir, dass Du einmal ein Programm für ein Provinzorchester zusammenstellen müßtest, welches aus finanziellen Zwängen auf hohe Einspielergebisse angewiesen ist , weil es sonst nicht überleben kann. Da würdest Du dann hautnah den Konflikt zwischen Publikumsgeschmack, eigenen, musikalischen Favoriten, künstlerischem Anspruch des Dirigenten und des Orchesters und den auch hier im Forum sich darstellenden verschiedenen musikalischen Richtungen und Prioritäten erleben. Das heißt nicht, ein populistisches Programm zu konzipieren, sondern mit hoher Sensibiltät einen Programm-Mix zu finden, der den künstlerischen Anspruch und den momentanen Geschmack des Publukums erfüllt. Bei dieser heklen Aufgabenstellung gehören die diskutierten Ohrwümer und die mit Fragezeichen versehenen Komponisten einfach zum Standardreptoire. Ich wirke bei der Programmgestaltung nun fast 50 Jahre mit und kann durch Computerstatistik nachweisen, dass ein Mozart, Liszt, Paganini usw. halt wesentlich mehr zieht als ein Schnittke oder Hartmann. Das Heilbronner Sinfonie Orchester hat über 1.500 Abonnenten und im Schnitt 1.800 Besucher pro Konzert und damit die besucherstärkste Konzertreihe in Baden-Württemberg. Wir wissen also wovon wir sprechen und arbeiten mit unseren Programmkonzepten seit 60 Jahren erfolgreich in der Diaspora.
    Noch einmal: Wer gibt uns das Recht, unsere eigene Meinung zum ausschlaggebenden Maßstab zu erheben? V0X POPULI - die Meinung derer, für die wir Musik machen muß größtes Gewicht haben.
    Herzlichst Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Schönen guten Morgen


    Zitat

    Original von Rappy
    Überschätzung und Unterschätzung - es stellt sich für mich die Frage, ob so etwas überhaupt möglich ist.
    Angenommen, eine breite Schicht an Profimusikern (Top-Dirigenten, Top-Pianisten, Top-Violonisten etc.) ist grundsätzlich in der Lage, jegliche Form von klassischer Musik zumindest soweit zu verstehen, dass Gefallen am Werk gefunden werden kann.
    So kann bei musikalisch "gleichwertigen" Komponisten sich die Gunst nur dann auf eine Auswahl verlagern, wenn außermusikalische (z. B. gesellschaftliche) Gründe dazu beitragen. Diese "Hubbel" der Wahrnehmung werden aber mit jedem Jahrzehnt, das seit dem Tod des Komponisten vergeht, (und mit jeder Generation) nach und nach immer weiter ausgebügelt, denn die Person an sich gerät in Vergessenheit und nur das schriftlich Hinterlassene, v. a. also die Kompositionen, können noch das Werturteil beeinflussen.
    Die breite Masse der Klassikhörer, die nun noch in der Lage wäre, Komponisten zu über- oder unterschätzen, wird von der musizierenden Gruppe nun ebenfalls beeinflusst (denn nur durch diese bekommen sie die Werke zu Gehör) und übernimmt ihr Urteil zumindest dann, wenn versucht wird, "objektiv" zu beurteilen (z. B. in Sätzen wie "Ich mag zwar kein Bach, aber ich weiß, dass er eines der größten Genies der Musikgeschichte war" -> keine Unterschätzung).
    Meistens werden auch eher einzelne Werke überschätzt (Capriccio Italien, kleine Nachtmusik, etc.) als Komponisten (zumindest ist mir keiner bekannt, der beim Publikum äußerst beliebt ist, bei den Interpreten aber an unterster Stelle steht).


    Meine volle Zustimmung.


    Ich glaube, die großen Komponisten die sehr viel geschrieben haben (die B's die M's, H's usw), haben bestimmt bis zu 95% geniale Musik geschrieben. Der Rest ist eben nur Mittelmaß oder Mist, aber daher nicht zu unterschätzen.
    Bei den Meistern die weniger geschrieben, haben daher auch nur wenige Meisterwerke geschrieben und gehören meiner Meinung doch nicht als überschätzt.



    Zitat

    Original von JR
    Bei Bruckner würde ich keinen Teil des Oeuvres isolieren (oder wenn, höchstens die Werke vor der 3. Sinfonie), aber ich halte ihn tatsächlich auch für tendenziell überschätzt. Was aber teilweise oder hauptsächlich an dem Kult, zu dem einige Brucknerianer neigen, liegen mag, die mit extrem übertriebenen Einschätzungen vorpreschen, die jeder nüchternen Einordnung widerstehen.


    Was heißt hier Kult. Ich weiß, ich hätte doch ein anderes Avatar benutzen sollen. Ich mag die Sinfonien von Haydn, Beethoven, Brahms, Mozart, Mahler, usw wirklich sehr und höre sie sehr oft. Übrigens habe ich Haydn hier im Forum so richtig kennengelernt, danke. Früher hätte ich gesagt, Haydn wäre überschätzt, was für einen Quatsch, man lernt ja jeden Tag dazu. Bei Schosta-Sinfonien habe ich so meine Probleme, würde aber nie behaupten er wäre überschätzt. Irgendwann finde ich zu Ihm.


    Aber Bruckner,:jubel: :jubel: :jubel: :jubel: : ich bitte Sie, was soll da Kult sein? Es ist doch ein Unterschied im Konzert zu sitzen eine Haydn oder Mozart oder sonst eine Sinfonie oder eine von Bruckner. Ich gehe ins Konzert um etwas zu erleben, um Teil zu haben von der Kunst, die mich berühren soll. Z.B habe ich vor etlichen Jahren in Baden-Baden bei Bruckners Fünften kurz vor dem Coda des letzten Satzes angefangen zu weinen. Vor Freude, Berührung, Emotionen, ich weiß es nicht einmal, man taucht einfach in andere Sphären ein. Was heißt das? Es hat mich einfach berührt. Das ist Bruckner.


    bis bald
    gruß
    roman

  • Guten Morgen,


    ich möchte gerne die folgenden Herren von Ihrem Sockel stoßen:


    1. Franz Liszt
    Ist ja auch schon oft genannt worden. Ich habe die Musik von Liszt schon seit frühester Jugend als leer empfunden. Erst durch einen Klavierabend mit Jorge Bolet habe ich einige Klavierstücke schätzen gelernt. Aber sobald ein Orchester mit ins Spiel kommt empfinde ich leeres Getöse.


    2. Giuseppe Verdi
    Das Meiste von Verdi ist für mich unerträgliche Hmm-Ta-Ta Musik. Il Trovatore, da bekomme ich eine Allergie. Wobei ich einschränken muss, dass ich Don Carlo, Macbeth und Falstaff hören kann.


    3. Pjotr Iljitsch Tchaikowski
    Tchaikowski empfinde ich überwiegend als billige Musik, die Richtung Salonmusik geht. Okay, die 6. Symphonie spricht mich an, die 5. vielleicht auch noch ... aber sonst?


    Ich wüßte sonst noch einige Namen, bin aber vorsichtig, da ich z.B. Schostakowitsch noch vor wenigen Jahren sicher auch unter der Kategorie "Mist" einsortiert hätte, ihn nun aber sehr schätze.


    Bei den drei Genannten ist meine Abneigung jedoch über die Jahre konstant.


    LG
    calaf

    Without deviation from the norm, progress is not possible.
    (Frank Zappa)

  • Liszt:
    war maßstabsetzend für das moderne Klavierspiel und hat einige unverzichtbare und wertvolle Werke für sein Instrument wie die h-moll-Sonate geschrieben.
    Vieles von Liszt, auch sein 2.Klavierkonzert, ist für mich alles andere als Mist, sondern damals zukunftsweisende Musik, welche m.E. wichtiger und stilbildender ist, als man gemeinhin denkt.


    Puccini:
    Ok, man kann darüber streiten, ob er teilweise kitschig geschrieben hat, da würde ich nicht direkt widersprechen.


    In jedem Falle war er aber eine Klasse für sich und vieles, was er geschrieben hat, ist sehr meisterhaft komponiert.
    Eine Tosca oder Turandot würde ich nicht einfach als Kitsch abtun, mir fällt beim Selberspielen schon recht gut auf, welcher Komponist ein Laberhannes ohne Substanz ist und welcher wirkliche große Inspirationen hat.


    Und Puccini hatte sehr große Inspirationen, jedenfalls für mich.


    Verdi:
    Ich bin zwar kein Verdi- Fan, aber "Die Macht des Schicksals", "Don Carlo(s)" , "Othello", "Falstaff" u.a., nun ja, das sind Meisterwerke, die Hmm-Ta-Ta-Musik kommt aus der italienischen "Banda" -Tradition und ist auch nicht mein Ding, aber ich komme damit schon klar.
    Alleine seine Overture zu "Die Macht des Schicksals" ist ein derartig kraftvolles Meisterwerk für mich, daß ich persönlich nur den Kopf schütteln kann, wenn jemand sich traut, einen Komponisten wie Ihn herabzuqualifizieren.


    Tschaikowsky:
    Ist auch nicht immer mein Ding, aber ich würde Ihn niemals billig nennen.


    Russen, ich sagte es schon andernorts, bevorzugen dicke, lange Romane, Kurzerzählungen sind nicht so genau Ihre Sache.
    Das schlägt sich auch bei russischen Komponisten und ganz besonders bei Tschaikowsky nieder.


    Ich habe kein Problem damit, wenn Tschaikowsky jemandem deshalb geschmacklich nicht gefällt, aber billig ist er wirklich nicht.


    Okok, ich gebe zu, daß ich immer das Bedürfnis hatte, beim Spielen seines Klaviertrios mindesten ein Drittel, wenn nicht noch mehr, zu kürzen, da dieses Werk für mich unerträgliche Längen besitzt.


    Aber es ist halt trotzdem nicht billig, es ist ein Meisterwerk.
    Allerdings unter anderen ästhetischen Gesichtspunkten in einer anderen Zeit und in einem anderen kulturellen Umfeld als unserem heutigen glattgebügelten Kulturellen Umfeld entstanden.
    :angel:



    Bruckner spricht mich überhaupt nicht an.
    Das heißt aber nicht, daß er überschätzt ist, im Gegenteil ist er sehr genial und wird auch umfassend immer wieder deswegen gewürdigt-absolut zu Recht!


    Mein persönlicher Geschmack ist eine Sache, einen persönlich vielleicht nicht gemochten Komponisten trotzdem objektiv einzuordnen eine andere Sache.


    Ich tue mich auch schwer damit, den orginellen und wichtigen Komponisten Mendelssohn als reinen Epigonen verstehen zu sollen.
    Er ist und war einer der bekanntesten und wichtigsten Komponisten des frühen 19.Jhdts, dies schafft kein bloßer Epigone.


    Im Gegenteil gab es ziemlich viele Epigonen, welche nach Mendelssohns Tod seinen Stil weiterentwickelten.



    Mehr ein anderes mal,
    Gruß,
    Michael

  • Wenn wir uns hier diejeneigen genauer ansehen, denen "Mist" unterstellt wird, dann werden wir festsrtellen, daß die meisten von ihnen im 19 Jahrhundert lebten, manche auch ein wenig ins 20. hineinreichend.


    Das 19. Jahrhundert hate aber zu vielen ästhetischen Fragen eine ganz andere Einstellung als wir. Interessant wäre, liesse man kompetente Musikfreunde dieses Zeitalters UNSERE Favoriten beurteilen - ich glaube, da bliebe kein Stein auf dem andern.
    Man fühlte sich damals der Tradition verbunden - ohne sich jedoch allzusehr mit historischen Details zu belasten.
    Süsslicher Schönklang war ebenso akzeptiert, wie bombastisches Auftrumpfen, manches was heute als "Kitsch" bezeichnet würde, war damal Ausdruck innigster Gefühle, volkstümliches war keine Schande, ebensowenig wie kriegerisch, nationales. Was damals als Schmel empfunden wurde, gilt heute als schmlalzig. Mit anderen Worten: Das was uns hier überliefert wurde ist kein "Mist" - sondern lediglich inkompatibel zum durchschnittlichen Publikumsgeschmack des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts.


    Wenngleich ich - auch wenn ich die Meinung oft nicht teile - gelegentlich verstehen kann, warum gewisse Komponisten abgelehnt werden - bei Verdi hört mein Verständnis auf: Für mich ist er der großartigste Opernkomponist schlechthin - er vermochte über den Belcanto hinauszuwachsen und trotzdem den (für mich) unangenehmen Klängen des Verismo zu entgehen....
    Bei Verdi können selbst die gruseligsten, mörderischesten Szenen, wunderbar klingen - ohne daß ihr düsterer Charakter auch nur eine Sekunde in Frage gestellt wird. Verdi war einfach ein musikalisches Genie und ein Theatermacher in einer Person. Er wusste um Publikumswirksamkeit absolut Bescheid - zumindest in seinen späteren Jahren...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Johannes,
    Hindemith ist zweifellos ein Problemfall. Was in Konzerten von Zeit zu Zeit auftaucht, sind die "Mathis-Sinfonie" und die "Metamorphosen". Und damit geht's dem Hindemith so wie dem Orff mit den "Carmina". Diese Werke sind alle nicht schlecht, aber gemessen an anderen Werken des Komponisten von leichter Konsumierbarkeit. Damit überschatten sie andere Werke des Komponisten.
    Völlig klar: Wenn man als Dirigent schon 20. Jahrhundert ansetzt, soll es wenigstens halbwegs erfolgsversprechend sein. Also eher "Mathis-Sinfonie" als "Sinfonie in Es" und eher "Metamorphosen" als "Nobilissima Visione" oder "Sinfonische Tänze"; und natürlich eher "Carmina burana" als, um beim konzertant aufführbaren Orff zu bleiben, "Trionfo di Afrodite" oder "Temporum fine comedia" (die ginge auch konzertant).


    Die Abneigung Amfortas' gegen Britten und Messiaen ist logisch, wenn man weiß, welche fetzigen Komponisten Amfortas sonst schätzt. Wer einem melodieseligen Reißer wie "Intolleranza" verfallen ist, kann für sprödes Zeug à la "Death in Venice" kein Ohr haben.


    O.k., Ironie beiseite: Amfortas blendet jegliche Musik aus seinem Kosmos aus, die klangsinnlich ist: Also Britten, Messiaen, später Stockhausen etc. An sich ist das ziemlich konsequent - auf der anderen Seite blende ich ja auch Komponisten aus, die klanglich subjektiv für mich nichts hergeben, also etwa Brahms, Nono, Zimmermann (einer der schlechtesten Instrumentierer, die mir jemals unterkamen, man sehe sich allein das Vorspiel zu den "Soldaten" an), weil ich eben eine Schwäche für sinnliche, gleichsam haptische Klänge habe.


    Nun aber zu Deinem Vergleich Messiaen-Dutilleux. Dutilleux ist zweifellos ein Meister seines Fachs, und etwas wie die Erste Sinfonie muß man schreiben können. Das schafft nicht jeder. Dennoch halte ich ihn im Vergleich zu Messiaen für den geringeren Komponisten.
    Weshalb?
    Nun: Dutilleux unterlaufen hin und wieder Irrtümer im Vokabular. Der Bigband-Sound im Finale seiner Zweiten Sinfonie scheint mir ebenso fehl am Platz wie die Kinderstimmen in "The Shadows of Time". Auch in den sonst ausgezeichneten "Metaboles" (die ich für Dutilleux' Hauptwerk halte) gibt es eine Stelle, die mich immer wieder ob ihrer klanglichen Unsicherheit verblüfft: Am Ende eines Satzes (ich habe jetzt nicht präsent, welcher es ist) spielen die Streicher eine zunehmende akkordische Verdichtung, die in eine reine Oktave mündet. Das funktioniert nicht. Die Verdichtung zielt auf diese Oktave nicht hin. Allenfalls auf ein unsisono, eher aber auf einen Tritonus.
    Solche Stellen gibt es bei Dutilleux immer wieder - nicht aber bei Messiaen, dem man sicherlich einiges vorwerfen kann, nicht aber, daß seine Harmonien nicht ausgehört wären und daß sein Vokabular unsicher wäre. Womit ich wieder bei meinem persönlichen Geschmack bin: Sicherheit im Vokabular und Aushören der Harmonie sind für mich auf so wichtigem Platz angesiedelt, daß Messiaen im direkten Vergleich den Vorzug vor Dutilleux bekommt.
    Daß ich für einen Takt von Dutilleux den ganzen Zimmermann (und fast den ganzen Nono) hergäbe, steht auf einem anderen Blatt...
    :hello:

    ...

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  • Cäcilia Weber (Mutter von Aloisia und Constanze Weber) wohnte in Wien zunächst in einer kleinen Wohnung am Kohlmarkt (1010 Wien) und übersiedelte nach dem Tod ihres Mannes ins nahe Haus "Auge Gottes" am Peter - heute 1010 Wien Milchgasse 2 (Nähe Petersplatz)


    Dort vermietet sie Zimmer "an junge Männer", die Familie war stets knapp bei Kasse
    Der erste Untermieter war Wolfgang Amadeus Mozart, nach seinem Streit mit Ercbischof Graf Colloredo....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Cäcilia Weber (Mutter von Aloisia und Constanze Weber) wohnte in Wien zunächst in einer kleinen Wohnung am Kohlmarkt (1010 Wien) und übersiedelte nach dem Tod ihres Mannes ins nahe Haus "Auge Gottes" am Peter - heute 1010 Wien Milchgasse 2 (Nähe Petersplatz)


    Dort vermietet sie Zimmer "an junge Männer", die Familie war stets knapp bei Kasse
    Der erste Untermieter war Wolfgang Amadeus Mozart, nach seinem Streit mit Ercbischof Graf Colloredo....


    Und deswegen ist Mozart überschätzt? ?(

  • :hahahaha: ...herrlich!



    Hallo Michael,


    Danke für deinen langen Beitrag. Irgendwie fühle ich mich besonders von deinen Worten angepflaumt (ohne das persönlich übelzunehmen) und sehe mich daher im Zugzwang! ;)


    Es ist sehr löblich, dass du fast allen hier kritisierten Komponisten die Ehre zu retten versuchst und ich habe ja selbst bei jeden meiner Punkte versucht objektiv zu bleiben und jeweils auch meine gelegentliche Freude an den Krandidaten zum ausdruck gebracht.


    Ich würde dir fast überall bei deinen Fingerzeigen recht geben, aber gerade du, der sich stets für Raritäten interessiert und einsetzt müsstest doch zugestehen, dass es ungerecht und damit meine ich auch "überbewertet" ist wenn Mendelssohns "Italienische", "Schottische", das Violinkonzert und Hebriden sowie Puccinis Opern jede Saison bis zum erbrechen gespielt werden, während andere - durchaus auch großartige Komponisten oder Werke - ein jämmerliches Schattendasein in Archiven fristen und nicht einmal davon träumen brauchen jemals wieder gespielt zu werden.


    Das mag schlicht daran liegen, weil es bequem ist die populären Reisser zu spielen.
    Man ist doch auf der sicheren Seite: Jeder Sänger und jeder Orchestermusika kann Tosca warscheinlich im Schlaf und das Haus ist garantiert voll und am Ende begeistert. Wenn man was Unbekanntes machen will, muss man alles von der Pike auf organisieren und einstudieren - das Haus ist warschelich nach der 3. Vorstellung nur noch halbvoll und die Begeisterung hält sich im allgemeinen eher im Rahmen.


    Vielleicht ist also der Kulturbetrieb einfach nur aus bequemlichkeit Festgefahren - aber daraus resultiert bei ganz vielen doch sicher die Meinung: "Aha! Puccini wird aber oft gespielt und der Verdi und Strauss - DAS sind wichtige Komponisten, alle Namen die wir nicht kennen, sind unwichtig und eines Besuchs daher unwürdig."


    Ich finde Überbewertung liegt bei vielen Komponisten darin begründet, dass sie ZU oft gespielt werden, im Vergleich zu einem großen Heer durchaus auch "Spielplan-berechtigter" Komponisten. Wieso spielt man nicht einfach MAL nicht die "Schottische" sondern IRGENDwas anderes, exotischeres?! Ist das alles zu schlecht?


    Sehr nervig finde ich auch die Tatsache, dass von "berühmten und bedeutsamen" Komponisten alles, wirklich ALLES gespielt wird...selbst das noch so unbedeutende und belanglose Früh- oder Gelegenheitswerk von Komponist XY wird irgendwann man im Konzert aufgeführt oder im Radio gesendet, weil es ja von XY ist. Das mag ja bei Frühwerken musikwissenschaftlich vielleicht noch interessant sein, aber dem unkundigen Hörer wird doch hier, allein durch den großen Namen, die Bagatelle in x-moll als Bedeutsam suggeriert, wenn nicht weiter erläutert.


    Dies als nächtliche Denkanstösse - Gute Nacht,
    Raphael

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Lieber Johannes,
    Hindemith ist zweifellos ein Problemfall. Was in Konzerten von Zeit zu Zeit auftaucht, sind die "Mathis-Sinfonie" und die "Metamorphosen". Und damit geht's dem Hindemith so wie dem Orff mit den "Carmina". Diese Werke sind alle nicht schlecht, aber gemessen an anderen Werken des Komponisten von leichter Konsumierbarkeit. Damit überschatten sie andere Werke des Komponisten.
    Völlig klar: Wenn man als Dirigent schon 20. Jahrhundert ansetzt, soll es wenigstens halbwegs erfolgsversprechend sein. Also eher "Mathis-Sinfonie" als "Sinfonie in Es" und eher "Metamorphosen" als "Nobilissima Visione" oder "Sinfonische Tänze"; und natürlich eher "Carmina burana" als, um beim konzertant aufführbaren Orff zu bleiben, "Trionfo di Afrodite" oder "Temporum fine comedia" (die ginge auch konzertant).


    Erstaunlicherweise ist Nobilissima Visione das erste Werk, das ich von Hindemith vernahm und von dem, was ich bisher kenne, berührt es mich am meisten. Wenn auch - erhlich gesagt - nicht immer angenehm. Ja, desöfteren fühle ich mich danach etwas benommen, klein, traurig. Aufbauend ist diese Musik in meinen Ohren wahrlich nicht, die Ballettszene über das Leben des Franz Assisi enthält eine leidensgeprägte Spiritualität, die durchaus anstrengend ist. Aber was für große Musik. Im Vergleich dazu kann ich mir die Popularität der Metamorphosen kaum erklären - das ist musikgewordene, gepflegte Langeweile erster Güte. Die Pitsburgh Symphony, die Konzertmusik op. 50, das Violakonzert, die frühen Werke (Morgenstern-Lieder etc.), all das ist in meinen Ohren spannender als die blöden Weber-Metarmorphosen. Waltons Hindemith-Variationen sind spannender.
    Die Popularität ist mir wirklich unerklärlich.


    Zitat


    O.k., Ironie beiseite: Amfortas blendet jegliche Musik aus seinem Kosmos aus, die klangsinnlich ist: Also Britten, Messiaen, später Stockhausen etc. An sich ist das ziemlich konsequent - auf der anderen Seite blende ich ja auch Komponisten aus, die klanglich subjektiv für mich nichts hergeben, also etwa Brahms, Nono, Zimmermann (einer der schlechtesten Instrumentierer, die mir jemals unterkamen, man sehe sich allein das Vorspiel zu den "Soldaten" an), weil ich eben eine Schwäche für sinnliche, gleichsam haptische Klänge habe.


    Na, auch nicht ganz. Wenn ein Komponist klangsinnlich ist, dann doch Debussy. Und den scheint Amfortas ja auch zu schätzen, wenn auch nicht so wie seine Lieblinge, aber er schätzt ihn zumindest. Da hast Du Dir, lieber Edwin, zuviel Gedanken gemacht und zuviel zugestanden- ich glaube, das Ganze wächst in einem viel kleineren Garten.


    :hello:
    Wulf

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  • Lieber Calav,


    ich sage Gott sei Dank! Alle unsere Einwendugen und berechtigte oder unberechtigte Kritik wird es nicht schaffen, Komponisten wie Liszt, Verdi oder Tschaikowski vom Sockel zu stoßen. Sie haben durch ihre überwiegend genialen Kompositionen einen bleibenden Platz im musikalischen Olymp und erfreuen weltweit Millionen von Musikfreunden mit ihren Werken. Nun bin ich gar nicht naiv populistisch oder komponistenhörig. Vor nicht allzu langer Zeit schrieb ich einen Verriß über Verdis "I Masnadieri". Es ist halt nur ein Durchgangswerk auf dem Weg von Verdi zum Operndramatiker. Enthält aber teilweise beedruckende Melodien und sängerische Paradenummern.
    Übrigens ist Mist der Humus auf dem Neues wächst.
    Oder wie Gustav Mahler formulierte"Tradition ist nicht Anbetung der Asche, sondern Bewahrung des Feuers".
    Herzlichst
    Operus
    :hello:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Original von operus
    Alle unsere Einwendugen und berechtigte oder unberechtigte Kritik wird es nicht schaffen, Komponisten wie Liszt, Verdi oder Tschaikowski vom Sockel zu stoßen. Sie haben durch ihre überwiegend genialen Kompositionen einen bleibenden Platz im musikalischen Olymp und erfreuen weltweit Millionen von Musikfreunden mit ihren Werken.


    Lieber operus,


    diesen Thread sollte man nicht als so gewichtig nehmen, dass man hier allgemein gültige Aussagen erwartet. Was hier steht, sagt meistens mehr über den Autor des Beitrages und seine Verfassung als über die genannten Komponisten und ihre Werke aus. Gerade so vorzügliche Beiträge wie die von Edwin machen es deutlich: da werden präzis Erwartungen und enttäuschte Erwartungen geäußert, ohne dass damit ein Stab über den Komponisten gebrochen wird - auch wenn man auf diese Art und Weise mehr über Komponisten und Werk erfährt.


    Die interessante Frage - und sie ist meist befriedigend nur für die Vergangenheit zu beantworten - ist ja, nicht dass, sondern warum Komponisten überschätzt wurden.


    Meines Erachtens sind Bach, Mozart und Beethoven bei weitem überschätzt ... Bevor nun jemand vom Glauben abfällt: ... als das, was sie in der heutigen Rezeption über ihre bewundernswerten Kompositionen hinaus darstellen. Aussagen wie "Bach hat kein schlechtes Werk geschrieben" (nicht nur Ulrich Schreiber verbreitet diese Mär), machen deutlich, dass unser Werturteil so an die genannten gebunden ist, dass wir ihnen gegenüber blind sind, so blind, dass wir ihnen vieles zuschreiben, was ihnen nicht gebührt. Auf der anderen Seite macht die ungestüme Genie-Verehrung uns vor allem blind vor dem Werk der vielen Zurückgesetzten, wie dem so schmerzlich unterschätzten Ritter Gluck, Komponisten wie Kraus, Weber und so vielen anderen.


    Wenn wir dann mühevoll das Beiwerk beiseite hauen, das Jahrhunderte von Verehrungen über sie wachsen ließen, finden wir tatsächlich Künstler, die man nicht überschätzen, die man von Herzen schätzen kann. Man erkennt, was sie erwarben und weiter gaben - und vor allem uns gaben: Nicht die Schwaden gezündeter Weihrauchstäbchen und ihren penetranten Geruch, der uns in den Kleidern bleibt, sondern diese herausfordernde Auseinandersetzung von Empfindung und Verstand, die uns unseren Platz in der Welt immer wieder neu bestimmen lässt. Nicht das in Betongießen ewiger Werte, sondern die dem Werk ewig wieder neu abzugewinnenden Werte, nicht der Besitz, sondern der Zugewinn.


    Liebe Grüße Peter

  • Lieber Peter,


    diesen gewichtigen und klugen Worten kann ich nur von Herzen beipflichten.


    Ich frage mich ja ohnehin immer wieder, warum diese Threads so großen Anklang finden und man sich - da nehme ich ich überhaupt nicht aus - so gerne provozieren lässt, während andere Threads über tatsächlich unterchätzte Komponisten wie Deiner über Gluck und Metastasio so gar nicht zum Kommentieren enregen wollen, obwohl es sich da eigentlich mehr lohnt.


    Vielleicht sollten wir noch einen Metathread über überschätzte Threads einrichten, aber der gehört wohl eher in die Reihe derer, die ich hier nicht lesen möchte.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Zitat

    Original von pbrixius


    diesen Thread sollte man nicht als so gewichtig nehmen, dass man hier allgemein gültige Aussagen erwartet. Was hier steht, sagt meistens mehr über den Autor des Beitrages und seine Verfassung als über die genannten Komponisten & ihre Werke aus. Gerade so vorzügliche Beiträge wie die von Edwin machen es deutlich: da werden präzis Erwartungen und enttäuschte Erwartungen geäußert, ohne dass damit ein Stab über den Komponisten gebrochen wird - auch wenn man auf diese Art und Weise mehr über Komponisten und Werk erfährt.


    Das ist m.E. der einzige "tiefere" Sinn solcher Lästerthreads (der flache Sinn, daß Lästern eben Spaß macht, ist ja auch nicht verwerflich, solange man nicht übertreibt). Über die Kritik anderer und deren enttäuschte Erwartungen stellt man die eigenen Erwartungen bzw. die in Jahrzehnten des Hörens zementierten Vorurteile und Bewertungsschemata in Frage und gewinnt so im Idealfall selbst einen neuen Blick sowohl auf die jeweiligen Komponisten und Werke als auch auf die eigenen Präferenzen. Wenn man liest, wie z.B. Strawinsky Verdi Wagner bei weitem vorzieht und versucht zu verstehen, warum, dann hat man eher eine Chance zu erkennen, was an Verdi großartig ist (auch wenn die eigenen Vorlieben davon nicht endgültig erschüttert werden) als wenn man weiterhin rum-ta-ta-Begleitung verspottet usw. Ähnliches gilt vielleicht für Tschaikowsky, der nicht nur von Strawinsky, sondern auch Mahler hoch geschätzt wurde. Andererseits ist dessen Kitschnähe wie sie Adorno etwas überpointiert herausgestellt hat, eben auch etwas, das man nicht einfach so vom Tisch wischen kann, sondern für das man vielleicht ein Gespür entwickeln sollte.


    Zitat


    Die interessante Frage - und sie ist meist befriedigend nur für die Vergangenheit zu beantworten - ist ja, nicht dass, sondern warum Komponisten überschätzt wurden.


    Meines Erachtens sind Bach, Mozart und Beethoven bei weitem überschätzt ... Bevor nun jemand vom Glauben abfällt: ... als das, was sie in der heutigen Rezeption über ihre bewundernswerten Kompositionen hinaus darstellen. Aussagen wie "Bach hat kein schlechtes Werk geschrieben" (nicht nur Ulrich Schreiber verbreitet diese Mär), machen deutlich, dass unser Werturteil so an die genannten gebunden ist, dass wir ihnen gegenüber blind sind, so blind, dass wir ihnen vieles zuschreiben, was ihnen nicht gebührt.


    Nicht zuletzt Werke wie die Toccata & Fuge d-moll, die wenn überhaupt, dann höchstens im Arrangement von ihnen stammen. Ich weiß nicht mehr, ob hier oder anderswo, aber es wurde schon im Brustton der Überzeugung verkündet, das Stück *müsse* einfach von Bach sein, weil sonst niemand etwas so Grandioses hätte schreiben können...


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich hab mal geschrieben, dass ich noch nie ein langweiliges/schlechtes Werk von Bach gehört habe, und das stimmt tatsächlich. ;)
    Es liegt natürlich auch einfach am Zeitstil, aber diese kompositorische Sicherheit eines Bachs ist schon außergewöhnlich und m. E. nicht überschätzt.
    Und kann man über Beethovens und Mozarts Spätwerk wirklich in zu hohen Tönen reden?


    Melodischer Einfallsreichtum ist aber beispielsweise etwas, wodurch ein Komponist unglaublich viel profitieren kann. Gerade die Komponisten, die darin überzeugen, sind aber oft Opfer der Kritik. Siehe dieser Thread: Verdi, Tschaikowski, etc. - ja, auch Liszt eigentlich.
    Warum? Wahrscheinlich, weil man es nicht akzeptieren will, dass jemand für etwas, das er nun mal einfach besitzt und nichts für tun musste, mehr Zuspruch erhält als ein anderer, der hart an sich Arbeit und dadurch ebenso (auf andere Weise) überzeugende Ergebnisse liefert.
    Kopfarbeit wird heutzutage meistens höher bewertet als Bauchgefühl...

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

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