Orlando di Lasso gilt als bedeutendster Komponist seiner Epoche und ganz gewiss war er der kommerziell erfolgreichste, was einerseits die europaweit verbreiteten Abschriften siener Werke angeht, zum anderen die immense Rührigkeit, die eigenen Opera in den Druck zu befördern.
Genaues Geburtsjahr und Datum lassen sich nicht ermitteln, was nahelegt, das der Komponist aus bescheidenen Verhältnissen stammt, wussten doch Angebörige der "Oberschicht" darum im allgemeinen besser bescheid. Übereinstimmend jedoch benennen die Quellen Mons im Hennegau, wo er zwischen 1530 und 1532 auf die Welt gekommen sien dürfte, als den Ort siener Geburt. In Mons ist er auch bis zu seinem 13. Lebensjahr als Chorist nachweisbar, ja er wurde sogar wegen seiner "hellen, lieblichen Stimm" zweimal entführt und von seinen Eltern zurückgeholt. Nach der dritten Entführung im Jahr 1544 bleib er in den Diensten des Entführers
Ferrante Gonzaga in Palermo. Von da aus lernte er im Gefolge seines Dienstherren ganz Italien kennen und es gelingt ihm, Beziehungen zu knüpfen, die ihm über die Zeit am Hofe des Gonzaga hinaus nützlich sein würden.
In dieser Zeit hat er auch shcon durch erste Kompositionen von sich reden gemacht. Bemerkenswert ist, daß Orando offensichtlich als Komponist als Autididakt zu gelten hat, was bei einem Meister seines Formates und seiner großartigen Beherrschung der satztechnischen Materie schon bemerkenswert ist. Im Jahr 1551 war sein Ruhm bereits derart in "aller Munde", daß er als Kapellmeister an der Lateran-Basilika angestellt wurde, neben dem Amt in S. Pietro in Vaticano, die zweitwichtighste Position, die in der ewigen Stadt zu vergeben war.
Anders als bei Bach, dem es unangenehm war "aus einem Cantorem ein Cappellmeister zu werden", war Orlando, der auf seinen Reisen im Gefolge des Gonzaga vor allem mit weltlicher Musik, den Verzauberungen der Commedia dell arte fasziniert war, quasi über Nacht dazu gezwungen, "ernste" Musik zu komponieren.
Zur gleichen Zeit wirkte Palestrina in Rom. Gewiss, als Kollegen hatte man miteinander zu tun, zu sagen hatte man sich vermutlich nicht viel.
1554 kündigte er sienen Dienst, kehrte kurz in seine Vaterstadt zurück und begab sich auf eine Reise nach Engalnd an den Hof
Queen Marys, der Katholischen, wo er aller Wahrshceinlichkeit nach auch die Gentlenmen der Kappelle, Thomas Tallis und Christopher Tye kennenlernte.
1555 ist Orlando in Antwerpen als Musiklehrer UND freischaffender Komponist nachweisbar. Hier begann auch seine verlegerische Karriere und die in Antwerpen erschienenen Drucke überwiegend weltlicher Werke begründeten seinen europäischen Ruhm.
Ab 1557 ist Orlando in den Diensten Herzog Albrechts V. von Bayern in München nachgewiesen, erst als Tenorist, dann als Kapellmeister.
In dieser gut bezahlten und ehrenvollen Stellung verblieb er bis zu seinem Tode.
Im Jahr 1563 erhält der die Leitung der herzoglichen Hofkapelle, die unter seiner Ägide zum bedeutendsten Klangkörper der
damaligen Zeit wird.
1570 wird der Meister, dessen Ruhm den aller Zeitgenossen weit überstrahlte, von Kaiser Maximilian II in den erblichen Adelsstand erhoben.
Nach einem Schlaganfall im Jahr 1591 wurde er zunehmend depressiv, und , wie seine Frau Regina in einem Brief mitteilt, "ganz tamisch im Kopf". Am 14. Juni 1594 starb Orlando, nur wenige tage nach der Drucklegung der "Lagrimae di St. Pietro", dem Werk, das er in der Vorrede als seinen "Schwanengesang" bezeichnet.
FAZIT:
Der vielseitige Musiker Orlando, (darin unterscheidet er sich von seinen Kollegen Palestrina und Tallis) wurde schon zu Lebzeiten "Princeps Musicorum" (Fürst der Musik) genannt. Seine Bedeutung liegt vor allem auf dem Gebiet der weltlichen Musik, deren erster Großmeister er ist. In seinem gesitlichen Schaffen sind es vor allem die Motetten, die seine unverwechselbare Handschrift tragen. Von sich zuspitzender Chromatik "Prophetiae Sibyllarum" (1574) wird bis zum Exzess Gebrauch gemacht.
Die "Bußpsalmen" sind in der wohl eindrucksvollsten Prachthandschrift der Epoche mit den Bildern des Malers Hans Mielich auf uns gekommen. Die genialen "Lagrime di San Pietro" (1594) sind ein Werk voller düsterer Glut in schon rembrandtsches Helldunkel getaucht. Unmittelbar nach seinem Tode waren es seine Schüler wie z.B. L. Lechner,
die seinen Ansatz aufgriffen und in ein schon als barock zu benennendes Musizieren überführten.
Die Werke des Meisters auf Tonträger sind reich dokumentiert und ich beschränke mich deshalb auf 3 Einspielungen, denen Referenzcharakter zukommt:
Der "weltliche" Lasso, hier zum kennenlernen in der erfrischenden Interpretation der "Singphoniker" zu einem kleinen Preis:
An dieser CD des Hilliard-Ensemble kommt niemand vorbei, der auch die streng düstere Seite des Meisters kennenlernen möchte:
Die "Lagrime" unter Herreweghe, eine von derzeit 3 verfügbaren Einspielungen
des letzten Werkes von Lasso: