Lieben Sie Brahms? - Die Sinfonien

  • Der Vinyl-Markt schlägt schon so einige Kapriolen, 6 LP für fast € 500. Wer's braucht.


    Na ja, es ist immerhin direct-to-disc und one-point-recording, d.h. ein außergewöhnlicher Aufwand bei der Einspielung. Diektschnittplatten haben auch in Analogzeiten zumindest das Doppelte einer Vollpreisplatte gekostet (oft das Dreifache!). Wenn jemand eine Anlage im sechsstelligen Bereich zu Hause stehen hat, wird ihn dieser Preis auch nicht sonderlich schrecken...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo,
    ich überlege gerade, mir zu meiner GA von Szell (eine) weitere anzuschaffen, weil ich den Verdacht habe, dass mit Szell nicht alles zu diesem Thema gesagt ist, auch wenn die Aufnahme sehr gut ist. Ich habe noch einzelne Sinfonien in anderen Aufnahmen, die teilweise erheblich von Szells Lesart abweichen. Ich interessiere mich aber nicht für weitere einzelne Aufnahmen, sondern bin auf der Suche nach GA von möglichst homogener Interpretation und Qualität. Mono-Aufnahmen interessieren mich dabei wie immer grundsätzlich nicht.


    Ich hatte überlegt, hierzu einen eigenen Thread aufzumachen, weil dieser hier von Alfred ursprünglich ja eine andere Intention hatte. Andererseits wird mein Thema aber doch in einigen Postings zumindest "gestreift", sodass es meiner Meinung nach doch hierhin passt.


    Darum frage ich hier: Welche GA haltet Ihr für empfehlenswert / überragend / must-haves und welche besonderen Qualitäten haben sie? Die Zahl der verfügbaren GA ist ja enorm und es scheint mir schwierig, sich da zu entscheiden.

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Lieber Uranus - Du kanst ruhig einen neuen Thread starten, denn dieser ist schon 303 Beiträge lang und verworren.
    Die Posting hier lösche ich dann,
    Nimm bitte eine prägnanten Titel
    LG
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Freilich sind es oft gerade Mono-Aufnahmen, die einen "neuen" Blick auf die Werke ermöglichen (natürlich nicht wegen Mono, sondern wegen der Interpreten). Evtl. findet man auf Youtube z.B. Furtwänglers oder Toscaninis Brahms-Aufnahmen.


    For something completely different (in modernem Klang): Giulini/Wiener Philharmoniker (DG oder Newton, bzw. die ersten beiden Sinfonien alternativ einige Jahre vorher mit dem LA Philharmonic). Sehr breit, sehr klangschön, aber dennoch kraftvoll. (Mir oft zu langsam...)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Tatsächlich ist seit meinem Posting vom Januar 2017 noch nichts passiert, d.h. ich habe noch keine neue GA erstanden. Der Grund dafür ist in erster Linie, dass ich in letzter Zeit leider weit weniger Zeit zum Musik hören habe als ich gerne hätte und noch ein dicker Stapel ungehörter CDs auf mich wartet.
    Trotzdem ist mir jetzt nach Brahms und ich habe den kompletten Thread zum wiederholten Mal durchgelesen. Dabei kommt einem der Eindruck, dass es gerade von Brahms besonders viele empfehlenswerte GA gibt - ich schwanke jetzt zwischen Karajan, Dohnanyi, Mackerras und Klemperer. Wahrscheinlich werden es später mal alle 4 sein, weil es ja durchaus sehr unterschiedliche Lesarten zu geben scheint, die mich aber alle interessieren könnten.


    Ich denke, meine erste Neuanschaffung wird HvK werden. In den Postings werden recht unterschiedliche Beurteilungen darüber geäußert, ob denn nun der 70er besser ist oder der 80er oder beide gleich sind oder beide gleich gut, aber doch unterschiedlich.


    Das letzte Posting von Teleton hierzu verstehe ich so, dass er den 80er nach anfänglicher Skepsis sogar leicht besser beurteilt als den 70er. Ist das so? Und wie sehen das die anderen, die beide GA kennen und beurteilen können?

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Lieber Uranus,


    da Du konkret nach den beiden Symphonien-Zyklen unter Karajan aus den 70er und 80er Jahren fragst (es gibt noch einen aus den 60ern sowie einen auf Video festgehaltenen aus den frühen 70ern):



    Meine Empfehlung geht eindeutig Richtung der späten digitalen Einspielung aus Karajans letzten Jahren. Den 70er-Zyklus finde ich sogar vergleichsweise am wenigsten überzeugend von allen seinen Brahms-Aufnahmen. Mir kommt der Ansatz dort zu leichtgewichtig vor. Ich habe daher nur den 80er-Zyklus abgebildet, besitze selbst die linke Ausgabe. In irgendeiner Neuauflage wurde aus Platzgründen (!) einfach die Vierte aus den späten 70ern verwendet - ein Unding. Ich bin mir nicht sicher, ob in der rechten Auflage dieser Unsinn ebenfalls zu Tage tritt.


    51fvmAYsF1L.jpg


    Am allerbesten empfinde ich indes die Tokioer Aufnahme der Ersten von 1988, die bei DG Japan erschienen ist (letztes Konzert in Japan). Aber auch dazu gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Norbert nannte sie kürzlich "klangfett", Glockenton war hingegen überaus angetan. Dieser (klanglich sehr gute) Mitschnitt geht noch weiter als die letzte Studioeinspielung und stellt für mich eine der besten Interpretationen überhaupt dar.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Vielen Dank, Joseph II. Auch in der rechts abgebildeten Ausgabe in Deinem Post ist zum Glück schon die 80er Vierte enthalten, so lese ich es jedenfalls bei Amazon.
    Damit habe ich schonmal mein erstes Votum für die 80er... ;)

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Ich stimme Joseph zu: Die digitale Gesamtaufnahme ist der früheren in meinen Ohren definitiv vorzuziehen.


    Ich habe große Schwierigkeiten mit einigen Karajan-Aufnahmen, vornehmlich aus den 70ern, in denen er seinem "Klangideal", dem großflächigen, ästhetischen "Schönklang" zu sehr frönte. Die Brahms GA aus den 70ern gehört aus meinem Gedächtnis auch dazu.


    Unter den vier genannten Alternativen wäre Karajan nicht meine erste Wahl, aber in den 80ern klingt vieles bei ihm nicht mehr so "gleißend" wie stellenweise in den beiden Jahrzehnten zuvor.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Die 4. von 1978 ist in der Duo-Ausgabe mit Karajan vor einer großen Fensterwand drin. Keine Ahnung, warum. Ich selbst besitze nur die. Ich habe unter den drei offiziellen DG-Zyklen schon für jeden positive und weniger positive Kommentare gelesen.


    Wand/NDR studio ist auch sehr preiswert und zwar klanglich etwas "trocken", aber sehr transparent und schlüssig. Dagegen ist Karajan vermutlich in allen seinen Aufnahmen eher die "volle romantische Packung".

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    (Bob Dylan)

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  • Hallo Uranus,


    ebenfalls zustimmen kann ich Norbert bezüglioch seines Eindrückes, dass die Digitale - GA aus den 80ern (DG) der früheren aus den 70ern vorzuziehen ist … und mit Josef und Glockentomn bin ich im Einvernehmen, das gerade die ganz späten Aufnahmen LIVE aus Tokyo 1988 und auch London 1988 der Sinfonie Nr.1 der absolute Hammer sind. Eine Int, die mich wegen ihrer unglaublichen Dramatik noch mehr packt und auch klanglich (trotz des Alters) eine klarere Orchesterabbildung hat, als die DG-Aufnahmen.
    Anders als bei Karajans spätem Bruckner spüre ich hier keine Altersmilde, sondern das Gegenteil von geglättet, da alle Ecken und KaNten mit einer Emotion rüber kommen, die fast unerreicht bleibt.
    :hello: In diesem Zusamnenhang möchte ich Norbert noch einmal bitten den Eindruck zu überprüfen, denn was der grosse Brahms - Diribgent - Karajan hier abliefert würde ich nihct als "fett" bezeichenen, sondern als "tief empfunden".


    Es gibt ja von Karajan noch einen dritten DG-Zyklus aus den 60er Jahren, der wiederum auch dem 70er-Zyklus vorzuziehen ist, weil hier vieels auch nicht als "glatt" bezeichent weden kann. Die Sinfonie Nr.1 ist schon wirklich grosse Klasse.


    :!: Aber noch besser als die Brahms-DG-Aufnahmen finde ich seine Decca-Aufnahmen von 1960 mit den Wiener PH.
    Mit welcher frische, unglaubliche Dramatik wo angebracht und dort auch Besessenheit und fern geglicher Glätte Karajan agiert ist schon ganz grosse Klasse = meine Favoriten für Karajan:


    - leider gibt es auf Decca mit den Wienern nur die Sinfonien Nr.1 und 3 -


    51qZvGzUGZL._SL300_SX466_.jpg
    Decca, 1959/60, ADD




    Decca, 1960, ADD


    Die Dvorak 8 gehört hier nebenbei auch zu den Besten (neben Dohnanyi Decca)) . So langsame stelle ich fest, dass diese verfügbaren Decca-Ausgaben auch spärlicher werden. Meine Decca-Ovation-Ausgabe der Brahms 3/Dvorak 8 ist schon gar nicht mehr gelistet … hier in der Orginals - Version.



    Im Prinzip habe ich erst sehr spät zu Karajan s Brahms gefunden, weil die GA mit Klemperer (EMI) Solti Decca), Szell (SONY) , Bernstein (SONY) mich immer voll zufriedengestellt haben. Aber Karajan bot mir dann ein Brahms-Niveau, dass man keinesfalls verkennen sollte …

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Wenn von Einzelaufnahmen der Brahms-Sinfonien hier die Rede ist, so dürfen diese in der Aufzählung der Ersten auf keinen Fall fehlen:



    Karl Böhm und die Berliner Philharmoniker (Aufnahme: 1960, Jesus-Christus-Kirche, Berlin)


    und:
    71DX5vP8wGL._SX522_.jpg
    Herbert von Karajan und die Wiener Philharmoniker (Aufnahme: 1960, Wien, Sofiensäle).


    Kein Mensch würde auf die Idee verfallen, Karl Böhm etwas als "Brahms-Papst" zu bezeichnen, aber er hat sich immer wieder mit den Werken des Hamburgers befasst, und es gibt von ihm m.E. keine schönere Brahms-Interpretation als die oben gezeigte. Sie übertrifft seine spätere im Rahmen der Wiener GA aus den späten 70ern und ist auch klanglich, trotz ihres Alters, durchaus konkurrenzfähig.


    Die im gleichen Jahr entstandene Karajan-Ausgabe stelle ich ebenfalls über alle späteren Versionen aus Berlin (1964, 1977, 1983).


    Von den Gesamtausgaben steht neben der von Otto Klemperer diese mir nach wie vor am höchsten:
    oder in dieser Ausgabe:
    George Szell mit dem Cleveland Orchestra (Aufnahmen: 1960er Jahre).
    Szells Vierte stelle ich sogar noch einen Kick über die berühmte Einzelaufnahme von Carlos Kleiber (DGG). Szell war berühmt für seine Präzision, hier kann man sie förmlich spüren.


    Die Klavierkonzerte sind mir besonders in dieser Version lieb und teuer:

    Leon Fleisher (Klavier) und das Cleveland Orchestra, Dirigent: George Szell (Aufnahmen: Nr. 1 2/1958; Nr. 2 10/1962, STEREO).
    Ich besaß diese Aufnahmen bereits auf LP, war aber über die Klangqualität enttäuscht. Die Überspielung auf CD ist überraschend gut gelungen.


    Und mein Lieblings-Violinkonzert sieht so aus:

    Henryk Szeryng (Violine) und das London Symphony Orchestra, Dirigent: Pierre Monteux (Aufnahme: 1958, STEREO).


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Aber noch besser als die Brahms-DG-Aufnahmen finde ich seine Decca-Aufnahmen von 1960 mit den Wiener PH.


    Lieber Wolfgang,


    ich habe etwas länger an meinem vorigen Eintrag gesessen und musste nun feststellen, dass wir hier mal wieder 100 %ig übereinstimmen!


    Du hast übrigens die Erste aus der "emotion"-Serie abgebildet, genau die habe ich. Leider konnte ich sie bei amazon in dieser Form nicht finden und habe stattdessen die Ovation-Ausgabe gewählt.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • ... rate ich aber eindringlich dazu:



    Klanglich und interpretatorisch der Studioeinspielung deutlich überlegen. Letztere hat mich, obwohl großer Bewunderer dieses Dirigenten, nicht überzeugt. Sie klingt zu steril (sehr nach Studio eben) und leidet unter staubtrockener Akustik. Wand selbst ging wohl auch daher in seinen letzten Jahren bekanntlich dazu über, lieber mehrere Live-Konzerte mitschneiden zu lassen und dann das Beste daraus später zu veröffentlichen. Mit Wand live in den 80ern und 90ern tätigt man eigentlich nie einen Fehlgriff, insbesondere bei den Komponisten Beethoven, Schubert, Schumann, Brahms und Bruckner. (Der späte dritte Zyklus auf RCA ist klanglich diesem ebenfalls unterlegen und nicht ganz so überzeugend.)

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    – Luís de Camões


  • :hello: In diesem Zusamnenhang möchte ich Norbert noch einmal bitten den Eindruck zu überprüfen, denn was der grosse Brahms - Diribgent - Karajan hier abliefert würde ich nihct als "fett" bezeichenen, sondern als "tief empfunden".


    Lieber Wolfgang,


    ich hatte diese Aufnahme gerade vor ein paar Tagen gehört und kann an ihr wenig außergewöhnlich positives finden. Ich mag Karajans seltene Live-Aufnahmen und ziehe sie den Studio-Aufnahmen vor (bei Bruckners und Mahlers 9. ibs.), aber bei der Aufnahme aus Tokio ist mir Karajans "Pinselstrich" wesentlich zu breit. Die Klangkultur des Orchesters ist perfekt, kein Wunder, Karajan hatte sie über Jahrzehnte hinweg kultiviert, aber wenn ich eine relativ langsame Aufnahme der 1. Sinfonie hören möchte, dann lieber eine mit Franz Konwitschny. Da höre ich "Größe", bei Karajan nicht.





    Bei den Decca-Aufnahmen sind wir dahingehend einer Meinung, dass sie Karajans "beste" Brahms Aufnahmen darstellen. Es dominiert noch nicht der "Schönklang". Bei der 2. und 4. Sinfonie bedienen wir uns dann bei der ehemaligen EMI und erhalten somit eine sehr gute Empfehlung aus den Endfünfzigern und Anfangssechzigern.


    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zwei Einzelaufnahmen vom Klavierkonzert Nr. 2 , die ich zu den besten zähle, die es zu kaufen gibt, möchte ich hier noch unbedingt vorstellen:



    Hans Richter-Haaser (Klavier) und die Berliner Philharmoniker, Dirigent: Herbert von Karajan (Aufnahme: 1958, Berlin, STEREO)


    und:


    81E6om5VJ7L._SX569_.jpg
    Géza Anda (Klavier) und die Berliner Philharmoniker, Dirigent: Ferenc Fricsay (Aufnahme: 5/1960, Jesus-Christus-Kirche, Berlin).
    Ich halte diese in allen Belangen, mit Ausnahme der Klangtechnik, für die bessere Variante als die spätere Einspielung Andas mit Karajan (1968).


    Und was das Konzert Nr. 1 betrifft, so ist diese Einzelausgabe nach wie vor mein Favorit:


    81ez7g5Ln2L._SL300_.jpg


    Artur Rubinstein (Klavier) und das Chicago Symphony Orchestra, Dirigent: Fritz Reiner (Aufnahme: 1954, Chicago).


    LG Nemorino

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  • Bei den Decca-Aufnahmen sind wir dahingehend einer Meinung, dass sie Karajans "beste" Brahms Aufnahmen darstellen. Es dominiert noch nicht der "Schönklang". Bei der 2. und 4. Sinfonie bedienen wir uns dann bei der ehemaligen EMI und erhalten somit eine sehr gute Empfehlung aus den Endfünfzigern und Anfangssechzigern.



    Na sowas, lieber Norbert!


    Vielen Dank. Dann gibt es ja noch einen Quasi-Zyklus früher Aufnahmen mit den Wiener Philharmonikern und dem Philharmonia Orchestra. Sind letztere auch schon in Stereo? Ich würde es hoffen. Hast Du evtl. die genauen Aufnahmejahre parat?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph, ich habe. ;)


    Ja, es sind Stereo-Aufnahmen, eine der ersten der EMI. Die 2. Sinfonie entstand am 24. und 25.05.1955, die 4. am 26.05. Es hatte damals übrigens einen kleinen "Aufnahme Marathon" gegeben, denn Schuberts 8. (7.) wurde am 18. und 19.05.1955 aufgezeichnet.


    Interessant am Rande: Schumanns 4. (mit den Berliner Philharmonikern) entstand am 25. und 26.04.1957, ist aber noch eine Mono-Aufnahme.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Vielen Dank für Eure Antworten. Da es mir wirklich um eine GA geht und nicht um die Zusammenstellung unterschiedlicher Aufnahmen einzelner Sinfonien, läuft es für mich auf die Digital-Aufnahme hinaus.


    Lieber Norbert,


    hiermit


    Unter den vier genannten Alternativen wäre Karajan nicht meine erste Wahl, aber in den 80ern klingt vieles bei ihm nicht mehr so "gleißend" wie stellenweise in den beiden Jahrzehnten zuvor.


    hast Du mich jetzt aber natürlich neugierig gemacht - welche der 4 wäre Dein Favorit?

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Hallo Uranus, hallo zusammen,
    aus älteren Tagen empfehle ich diese zwei Zyklen, 1x Sanderling, 1x Bernstein:



    Bei dem Phantasiepreis kann man nur den Kopf schütteln, mir ging's um die Box. Andere Ausgaben, auch Einzel-CDs, sind verfügbar.

    Ein Klassiker - einst mein Einstand mit Lenny, und Beginn einer innigen Liebe.


    Wer Gardiner mag, kommt an seinem Zyklus nicht vorbei. Stellvertretend die Erste:


    Aus der jüngeren und jüngsten Zeit kommen zwei GA, an denen niemand vorbeikommt, der sich für aktuelles Repertoire hinsichtlich Brahms interessiert, wenn ich die hervorragenden Rezensionen in Gramophone zugrunde lege:

    R-10951107-1507067714-1486.jpeg.jpg

    Die Bostoner Aufnahme hatte ich damals direkt beim BSO bestellt, weil sie noch nirgends sonst verfügbar war.
    Und obwohl ich Barenboim nicht soo mag, will ich diese Einspielung noch zeigen:



    Bei dem Preis kann man nichts falsch machen. Eigentlich ist das unverschämt billig. Vielleicht zeitgemäß. Aber verhältnismäßig wenig Geld. Lediglich gegen Barbirolli im Vergleich eines langsamen Satzes gab's Abzüge in der B-Note. Der Rest sei fulminant.
    Beste Grüße
    Accuphan

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Sanderling/Dresden (es gibt auch noch ein oder zwei andere mit dem Berliner Orchester, Capriccio und Hänssler Profil), ist einzeln gebraucht spottbillig. Sehr gut in einer traditionellen, meist eher "warmen" Art. Die 3. ist mir zu langsam (deren Kopfsatz ist mir meistens eher zu langsam). (Bernstein/Wien ist überall zu langsam, allerdings immerhin diesbezüglich konsistent...)




    Ich bin kein solcher Experte, aber Gombert hat sich irgendwo im Forum mal dazu geäußert, wie enttäuschend viele Brahms-Aufnahmen bzgl. der Durchhörbarkeit und der rhythmischen Genauigkeit wären. Es gibt eine Tendenz zur breit-romantischen Soße, in der die Details eher untergehen. Bei der 1. ist das noch eher zu verschmerzen als bei der 3. oder 4., aber... (Karajan ist hier keine Ausnahme, das soll andere Qualitäten dieser Interpretationen nicht leugnen, aber diesbezüglich ist selbst die digitale Aufnahme nicht überzeugend.) Und manch detailreiche Aufnahmen wie z.B. Giulini/Wiener sind so langsam, da geht dann einiges andere verloren.


    Nun kenn ich die von Joseph verlinkten Wand-Aufnahmen nicht, aber die positive Seite des trockenen Klangs der NDR-Studioaufnahme ist eben die große Transparenz, dazu rasche Tempi und ein eher nüchterner Zugang. Mag sein, dass das recht ähnlich dem Szell, den Du schon hast, ist. (mit Szell habe ich nur die frühe, nicht so gut klingende Aufnahme der 3. Sinf., nicht die Stereo-Aufnahmen).


    Die Menge an Aufnahmen ist kaum überschaubar. Ich bin hier eher schon übersättigt. Im gmg-Forum schätzt zB. jemand sehr Kundiges Kempes und Kertesz' Aufnahmen sehr hoch ein, aber bei diesem Repertoire herrscht bei mir Kaufstopp.

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  • Lieber Uranus, ich ahnte deine Nachfrage... ;)


    Von den vier genannten Karajan, Dohnanyi, Mackerras und Klemperer würde ich unterm Strich zu Herrn von Dohnanyi greifen. Er interpretiert einen -im positiven- ausgewogenen Brahms, verfügt über ein hervorragendes Orchester, es ist eine Digitalaufnahme und, abgesehen von der 1. Sinfonie, beachtet er die Wiederholung der Exopsition (mir nicht ganz unwichtig). Klemperer ist "kassizistisch streng", aber er klangtechnisch natürlich v.D unterlegen, Karajan sehe ich mit einer gewissen Ambivalenz und mit Mackerras bin ich, warum auch immer, nie richtig warm geworden.


    Mackerras hat die Sinfonien mit einer kleineren Besetzung des Kammerorchesters eingespielt und damit das Plus einer großen Transparenz. Die Tempi sind flüssig, ich meine mich sogar daran zu erinnern, dass er in der deutschen Orchesteraufstellung spielen ließ (was den Beginn des Finales der 1. Sinfonie in einem ganz anderen "Hörlicht" erscheinen lässt), aber mir fehlt dort die Wärme.


    Und deswegen, als sehr guter Kompromiss, von Dohnanyi.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Vielen Dank für Deine schnelle Reaktion.


    Jetzt habe ich noch eine weitere Frage:


    Von Dohnanyi hat den Zyklus ja zweimal aufgenommen. Hier abgebildet ist immer die Aufnahme mit "seinem" Cleveland-Orchestra. Kennt jemand die spätere Aufnahme mit dem Philharmonia und kann die beiden GA vergleichen?


    Ich weiß - Fragen über Fragen...

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Ach ja, da war ja noch was...


    Stimmt, es gibt noch eine zweite Gesamtaufnahme:



    Die Aufnahmen entstanden 2007 (2 und 4) bzw. 2009 (1 und 3), und ich kenne sie nicht nur, ich besitze sie auch. ;)


    Die Tempi sind bei der späteren GA etwas langsamer, aber aus meinem Gedächtnis heraus unterscheiden sich die Interpretationsansätze beider Zyklen nicht eklatant. Mal schauen, mit etwas Zeit, vielleicht schaffe ich es demnächst, mal vergleichend reinzuhören...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


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  • Es stimmt schon, gerade bei Brahms gibt es eine solche Unmenge an wirklich sehr guten bis herausragenden Zyklen der Symphonien, dass man schnell den Überblick verliert. Es wurden etliche davon nochmal aufgezählt, die Reihe ließe sich noch lange fortsetzen. Letztlich sind es dann für mich Details, die diese oder jene Aufnahme nochmal besonders hervorheben. Letztens höre ich mir etwa in zahlreichen Interpretationen die Coda des Kopfsatzes der 4. Symphonie an. Am meisten überzeugte mich Bernstein mit den Wiener Philharmonikern, da er das Tempo zuletzt stark zurücknimmt und die wuchtigen Paukenschläge umso monumentaler spielen lässt. Große Klasse. Ähnlich macht es kurioserweise Mrawinski - trotz völlig anderem Ansatz insgesamt. Hier sind mir viele Dirigenten zu rasch und verfehlen den Effekt.

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    – Luís de Camões

  • "Der ganz große Aha-Effekt, der alles Dagewesene vergessen macht, bleibt insgesamt vielleicht aus."


    Folgendes hat nun auch nichts mit meinen über die Jahre entwickelten Brahms-Favoriten Klemperer (EMI), Solti (Decca) oder Bernstein (SONY) zu tun, aber einen klarer Aha-Effekt stellt sich dem Vergleichshörer in jeder Beziehung bei Doratis - Brahms- Zyklus ein, wenn er diesen erstmals hört.


    Bei vielen Brahms-Zyklen, die man neu hört, bleibt (wie oben von 2016 zitiert) der Aha - Effekt aus. Erst nach vielen Jahren war dann der Dorati-Brahms-Zyklus (NEWTON) der , der bei mir einen klaren und wirklichen Aha-Effekt auslöste.


    Der letzte Brahms-Neuzugang mit Aha-Effekt war dann der mit James Levine / Wiener PH (DG) und gleich anschliessend der ältere mit dem Chicago SO (RCA):
    Hier gibt es auch was die von Johannes angesprochene "Durchhörbarkeit und der rhythmischen Genauigkeit" nichts auszusetzten.
    :!: Was mir Levine aber letztendlich sosympatisch macht, ist bei seiner Interpretation die deutliche Erkennbarkeit seines Vorbildes und Lehrers George Szell, den ich bei Brahms übrigens (genau wie nemorino) ganz oben angesiedelt sehe.
    :angel: Für mich ist das letztes Jahr der erfreulichste Brahms - Neuzugang der letzten Jahrzehnte gewesen.
    Auch Klangtechnisch sind diese DG-Aufnahmen von 1996 erstklassig.



    DG, 1992, 1994, DDD



    Nicht weniger begeistert bin ich von den noch mit den mit jugendlicherem Elan versprühenden Aufnahmen aus Chicagio:
    klangtechnisch ebenfalls ohne jeden Einwand.



    RCA, 1975-78, ADD



    Die von Norbert angesprochene GA mit Dohnanyi / Cleveland Orchstra habe ich auch. Aber nur einmal verglichen mit Szell und dem gleichen Orchester sind mir diese trotz aller Detailakribie einfach zu normal und wirken trotz der Perfektion auf mich zu konservativ … der Zyklus gehört zu denen, die ich an erster Stelle absetzen würde … der megastaubtrockene davor ist schon aus meiner Sammlung entfernt = Wand / NDR SO (RCA-Studio) …

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • Vorgestern schrieb ich "Die Tempi sind bei der späteren GA etwas langsamer, aber aus meinem Gedächtnis heraus unterscheiden sich die Interpretationsansätze beider Zyklen nicht eklatant."


    Das ist so weit richtig.


    Ich hatte mir heute die 2. Sinfonie aus beiden GAen angehört und das Ergebnis ist an Eindeutigkeit nicht zu überbieten.


    Die Tempi im Vergleich:
    19'58'', 09'01'', 04'59' und 09'01'' Cleveland
    21'22'', 09'05'', 04'59'' und 09'55''* London
    *mit Applaus, effektive Spielzeit ca, 9'30''


    Die 2. Sinfonie hatte ich deswegen gewählt, weil sie vielleicht meine liebste der vier Sinfonien darstellt und weil ich es durchaus mag, wenn der Kopfsatz etwas breiter im Tempo genommen wird. Bei zwei favorisierten Aufnahmen (Abbado, 1971, Berlin) und Riccardo Muti (Philadelphia) ist es mit 21'46'' und 21'07'' (jeweils mit Wiederholung) definitiv so.


    Vorteil von Dohnanyi II also? Nein, nicht ansatzweise. Die Aufnahme aus London ist mit Sicherheit eine gute, gediegene, klassizistische. Das Publikum hat zum Ende starken Beifall gezollt, aber der Hörvergleich der beiden Aufnahmen hatte sich alleine schon deswegen gelohnt, weil ich fast schon vergessen hatte, wie gut die frühere aus Cleveland ist. Sie ist nicht nur gut, sie ist hervorragend.


    Das Orchester spielt fantastisch, ist in allen Gruppen herausragend gut besetzt, CvD legt Wert auf ein durchsichtiges Orchesterspiel, disponiert die Tempi sorgfältig, mit viel Temperament und Frische in den Sätzen 2-4 und mit Zeit und Wärme im Kopfsatz. Der zweite Satz ist nicht zu schwerblütig gespielt, der dritte gerät wunderbar lyrisch und das Finale vermittelt Spielfreude pur.


    Im direkten Vergleich wirkt der Konzertmitschnitt aus London um einiges schwerfälliger (auch wenn in den Binnensätzen die Tempi so gut wie identisch sind), und das Orchester agiert weniger elegant und brillant. Okay, die Pauken sind in London prägnanter eingefangen worden, aber es ergeht trotzdem ein eindeutiges Kaufvotum pro Cleveland.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    nochmals vielen Dank für Deine Mühe. Damit steht Dohnanyi/Cleveland zusammen mit Karajan DDD jetzt ganz oben auf meiner Brahms-to-do-Liste. :)

    Herzliche Grüße
    Uranus

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