Als Einleitung ein kleiner Abriss der Vorgeschichte dieses Hauptwerks des Dadaismus:
Paul Scheerbart (1863 - 1915) veröffentlichte bereits in den 1890er Jahren Romane, in denen Gedichte in erfundenen exotischen Sprachen eingestreut waren (z.B. Kikakoku Ekoralaps). Akzente finden sich, aber unsystematisch, somit ist fraglich, ob sie wirklich Aussagen über Betonungen zulassen. Allerdings ist es klar, dass ein stummes Lesen dieser Lautgedichte weniger zufriedenstellend ist, als ein richtiger Vortrag.
Hugo Ball (1886 - 1927) glaubte 1916 mit seinem Gedicht "Karawane" eine ganz neuartige Dichtkunst erfunden zu haben (neben Scheerbart waren George, Lasker-Schüler und Morgenstern im deutschsprachigen Bereich vor ihm). Schon der Beginn (Jolifanto bambla) zeigt aber ein Spiel mit verbogenen "richtigen" Wörtern, das mir bei den älteren nicht aufgefallen wäre. Dadurch erreicht er in Verbindung mit Lautmalerischem eine große Suggestionskraft.
Raoul Hausmann (1886 - 1970) führt uns schon direkt zu Schwitters, als er (von ihm oder Schwitters überliefert) für das Hauptthema des ersten Satzes der Ursonate verantwortlich ist: Auf einem gemeinsamen Spaziergang war er von der geheimnisvollen Poesie der Buchstabenkombinationen auf Güterwaggons so ergriffen, dass er in der ihm eigenen Aussprache ein paar davon zum Vortrag brachte (aus "FMS" wurde "fümms" oder "fümmes", etc.) Schwitters war begeistert und spann das in endlosen Variationen aus, nicht nur den Rest des Spaziergangs, sondern ca. 2 Jahre lang (Überarbeitungen mitgezählt sogar 10 Jahre ...) Hausmann selbst verfertigte ein Plakatgedicht (mit aufgeklebten Buchstaben) aus diesem Material (fms etc.)
Rudolf Blümner (1873 - 1945), ebenfalls ein Freund von Schwitters (und von Nebel), bekannt als Vortragskünstler, veröffentlichte 1921 "Ango laina", in diesem Lautgedicht perfektionierte er den musikalischen Aspekt der Lautdichtung durch konsequente Setzung von Akzenten.
Über die Ursonate selbst gibt es freilich viel zu sagen. CD-Empfehlungen, Buchempfehlungen (auch für ihre Vorläufer) sollen noch folgen. Hat jemand von Euch eine Aufführung erlebt?