Brittens War Requiem ist die letzte Komposition Brittens in einer "Großform".
Das Werk wurde am 30.05.1962 anlässlich der Eröffnung der neu erbauten, im Krieg durch deutsche Bombenangriffe zerstörten Kathedrale von Coventry uraufgeführt.
Das Werk dauert ca. 90 Minuten. Textgrundlage sind lateinische Texte der Missa pro Defunctis und Gedichte des im 1. Weltkrieg gefallenen englischen Dichters Wilfred Owen. Das Requiem ist geschrieben für Sopran, Tenor und Bariton sowie Chor, Knabenchor, Sinfonie- und Kammerorchester. Diese verschiedenen Klangkörper werden von Britten differenziert eingesetzt, um so verschiedene musikalische Aussage- und Stimmungsebenen zu schaffen. So werden zB die lateinischen, liturgischen Texte von Sopran, Chören und Sinfonieorchester vorgetragen, während Owens Texte von Tenor und Bariton, begleitet vom kleinen Orchester, gesungen werden.
Ich besitze seit kurzem folgende Aufnahme, die von Britten selbst eingespielt wurde:
Die Solisten sind Galina Vishnevskaya, Peter Pears und Dietrich Fischer-Dieskau. Dabei handelt es sich um die Besetzung, die Britten auch für die Uraufführung vorgesehen hatte, um die Versöhnung der ehemaligen Kriegsgegner zu thematisieren. Vishnevskaya erhielt allerdings seinerzeit keine Ausreisegenehmigung und wurde in der Uraufführung durch eine englische Sängerin ersetzt.
Die Doppel CD enthält außer dem Requem übrigens sehr interessante Mitschnitte von den Proben. Ein recht informatives, bebildertes booklet mit Übersetzung der englischen (IMO teils nicht sehr gelungen, aber Gedichte sind halt problematisch zu übersetzen) und lateinischen Texte, sowie einigen wissenswerten Informationen gehört dazu.
Die erste Begegnung mit dem Werk hat mich tief beeindruckt. Es ist mir in letzter Zeit selten passiert, daß eine Musik bereits beim ersten Hören so "den Nerv getroffen" hat. Dazu mag sicher auch der Text der Gedichte von Owen beigetragen haben. Aber Britten hat sie eben genial vertont. Bewundernswert auch die Collage von musikalischen und textlichen Passagen aus der Messe und den og Gedichten.
Allerdings muss ich sagen, daß dieses Requiem für mich nichts tröstliches hat. Die schroffe und düstere Musik und der Text vermitteln mir den Eindruck von Hoffnungs- und Trostlosigkeit. Die am Schluss einkehrende "Ruhe" ist die Stille über den Gräbern, über einer toten Welt, in der lediglich die Toten eine Art Frieden schließen können, weil sie tot sind - ohne Hoffnung für die Überlebenden.