Franz Schubert - - - Gedanken zum Schubertlied und seinen Interpreten

  • Zitat

    Original von CRC
    Genau die beiden "Trümmer" ergeben mit den Zyklen zusammen den Schuber mit den 21 CDs.


    Es waren ja noch mehr LPs. Vol 1 und 2 enthielten beide, wenn ich mich nicht irre, 11 LPs. Die Winterreise war 2 LPs, Die schöne Müllerin gab es in 1 LP, aber auch in 2 LP-Versionen (ich habe die 2 Versionen NIE gesehen; es war vielleicht eine Fabel). Schwanengesang weiß ich nicht mehr genau, aber ich dachte, daß es auch 1 LP war. Also zusammen gibt das 26 LPs.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von tastenwolf
    die größte Schwierigkeit liegt beim Sänger (hätte ich jetzt bei(m) der SängerIn schreiben sollen?), sich mit dem Text zu identifizieren, um ihn glaubhaft vorzutragen. Der Sänger muß zu 100% hinter dem stehen, was er singt - er muß es auch annähernd zu 100% verstehen und erfassen können.
    und bereits das halte ich für unmöglich.


    Hallo Wolfgang,


    Damit bin ich gar nicht einverstanden.
    Wie Du auch über FiDi urteilen willst, ein gutes Textverständnis kannst Du ihm nicht abnehmen.
    Für mich zählen, um weniger bekannten Lieder zu nennen, sein "Abschied (von der Erde)", "Den Wanderer an der Mond" und "Den Kreuzzug" z.B. zu den Juwelen der Liedkunst.
    Und wenn ich mal Ellens 3. Gesang, das bekannte "Ave Maria" nehme...
    Dieses Lied war für mich komplett tot. Bis ich im Musikladen kam und eine neue LP hörte mit der Ausführung von Gundula Janowitz + Irwin Gage. Gänsehaut bekam ich. Plötzlich lebte der Text.


    Vielleicht hast Du nicht die guten Aufnahmen gehört. 8o ;)


    LG, Paul

  • Tja, das Kunstlied scheint ja hier iene Art Schattendasein zu führen, ien uralter Thread wieder aufgenommen.
    Ich oute mich als ganz grosse Lied-Liebhaberin und da wir hier bei Schubert sind: die Verbindung von Schubert und Goethe finde ich geradezu unwiderstehlich. Das fängt beim Gretchen am Spinnrade an und hört beim Musensohn noch lange nciht auf. Nähe des Geliebten und Nur wer die Sehnsucht kennt, Ganymed und Wanderers Nachtlied, ein Juwel nach dem Anderen. :jubel: :jubel: :jubel:
    An Aufnahmen habe ich Frauen-Cds mit Elly Ameling (wundervoll!), Arleen Auger(genauso wundervoll), Rita Streich (dito) Barbara Hendricks(nciht mein Geschmacjk, ich mag diese Stimmfarbe nciht), Schwarzkopf(auch nciht mein Geschmack, da mag ich die Stimme, aber nciht die Interpretation) und die komplette Frauenlieder-Cassette 4 Cd mit Janowitz.(überwiegend sehr schön) ausserdem vereinzelt Lieder auf Misch-Cds mit Margaret Price,(eine der besten Liedsängerinnen, die ich je gehört habe) Jessye Norman usw. Diverse Wintereisen, Hans Hotter Bryn Terfel Ian Bostridge und andere Männersachen zähle ich mal nciht alle noch auf. Mit Schubert bin ich jedenfalls reich bestückt
    Ein unbekanntes Kleinod ist ein sehr langes Lied namens "Der Winterabend". Ich weiss nichtmal ob es davon iene Aufnahme gibt, habe niemals ieen gehört. Eine chinesische Freundin und klavierspielende Schubertfanatikerin hat mir die Noten vorgelegt und wir haben das gemeinsam einstudiert und sofort geliebt.


    Für mich ist Liedgesang im übrigen KAMMERmusik par excellence und in diesem intimen Medium zeigt sich erst die wahre Qualität eines Sängers.
    Opernarien schmettern und in eine Inszenierung eingebunden sein, ist oft viele lecihter als mit einem Lied ohne jedes Hilfsmittel und nackt und bloss eine Atmosphäre erzeugen zu müssen. Und was die Zusammenarbeit mit dem Pianisten angeht, stellt ein Lied ebenfalls ganz andere Ansprüche als eine Arie. Im Lied wird ein Begleiter zum echten Partner, eben Kammermusik! :yes:
    Ich kann nur sagen: Verachtet mir die Lieder nciht!!!!!


    Fairy Queen

  • Sagitt meint:


    Irgendwo gab es mal einen thread, am meisten gehört, und ich schrieb dazu:die Winterreise. Eindeutig am meisten gehört. Für mich zeigt sich die Qualität eines Sängers bei seinem Umgang mit dem Lied. Auf äußerst beschränktem Raum eine Geschichte erzählen, die Stimme in der vollen Dynamik benutzen ( leise zu singen ist so unvergleichlich schwerer , die wenigsten können das perfekt,Fischer-Dieskau gehörte dazu)
    Komponisten, denen ich nicht so nahe stehe, haben aber Lieder komponiert, die ich sehr schätze, wie Mahler.
    Der grösste Liedersänger wird immer Fischer-Dieskau bleiben ( schon wegen seines enzyklopädischen Anspruchs, alles aufzunehmen), aber Protschka und Blochwitz haben sehr schöne Aufnahmen gemacht, Quasthoff ebenfalls sehr berührende ( Atlas, vier ernste Gesänge, überhaupt die letzten Lieder aus dem Schwangengesang),Goerne singt überzeugend Lied.


    Liederabende scheinen eine aussterbende Spezies zu sein. Wir haben in Bremen solche höchstselten.


    Ob die Freunde des Liedgesangs dazu aussterben ?

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Ein unbekanntes Kleinod ist ein sehr langes Lied namens "Der Winterabend". Ich weiss nichtmal ob es davon iene Aufnahme gibt, habe niemals ieen gehört. Eine chinesische Freundin und klavierspielende Schubertfanatikerin hat mir die Noten vorgelegt und wir haben das gemeinsam einstudiert und sofort geliebt.


    Liebe Titania,


    Ich googlete zuerst und schaute dann sofort meine Janowitz- und Dieskauboxen nach. Denn beide Sänger haben es jedenfalls aufgenommen. Leider ist die Aufnahme von Janowitz nicht in die 4-CD Box.
    Dagegen steht es auf CD 9 in Volume 2 (Track 12) der DGG Dieskau-Schubertboxen (mit Gerald Moore als Begleiter).
    Es ist tatsächlich (ungewöhnlich) lang für ein Lied, denn 6'59 Minuten.
    Die Deutschnummer ist 938 und der Dichter ist Karl Gottfried Ritter von Leitner.


    LG, Paul

  • Lieber Musicophil, danke!!!!! auc hfür die Deutsch-Verzeichnis -Nummer. Nein inder Janowitz Box ist es nciht, sonst hätte ich es ja
    Hast du das Lied schonmal gehört?
    Es erzeugt wirklich eine Stimmung, die zu einem einsamen "gemütlcih" melancholischen Winterabend einlädt. Da es hier momentan nur 13 Grad kalt ist und immerfort regnet, kann man das fast schon wieder singen :(


    Lieber Sagitt, ich glaube nciht , dass Liederabende und Lied-Liebhaber aussterben. E war schon immer ein kleiner exclusiver Kreis und der wird es wohl auch bleiben, aber z.B. an unserer Oper hier in Lille gibt es übers Jahr verteilt viele Liedkonzerte. Eine Reihe jedenMittwochnachmittazg 18 Uhr widmet sich z.B. nur der kleinen Form(Kammermusik/Lied) und ist trotzdem gut besucht. Da habe ich bereits so interessante Liedkomponisten wie Canteloupe, Mompou, Pablo Casals als Liedkomponist etc kennengelernt. Es gab neulich einen katalanischen Liederabend, der faszinierend war! Und deutsches Lied steht GANZ hoch im Kurs! Von Winterreise bis Mörike Lieder hatten wir schon Alles hier.
    Ein Kleinod ist auch der Franzose Henri Duparc. Dem muss ich unbedingt mal einen Thread widmen. Seine Vertonung von Baudelaires "L'Invitation au voyage" oder sein "Chanson triste" und vor allem "Soupir"-extraordinaire! :jubel: :jubel: :jubel:


    F.Q.

  • Liebe Fairy,


    Ich würde Dir ja liebend gerne ein wenig Hitze abgeben: hier herrscht derzeit Alarmstufe 1. Entweder ist es oberhalb der Alpen heiß oder unterhalb. Hier sind derzeit 32 am Tag und es ist irre feucht. Klima (+ Hexenschuss) lassen grüßen.


    Und nun zum Lied: ich kann mir auch nicht vorstellen, daß die Liedgattung ausstirbt, dazu ist sie viel zu bedeutend. Zuerst würde wohl die Oper aussterben, wenn überhaupt was ausstirbt. (lach)


    LG Michael :hello:

  • Hallo, liebe Schubertianer,


    ich mag Schuberts Lieder und betrachte die Texte aus dem Kontext der Romantik heraus, ebenso wie ich romantische Gedichte auch nicht nach heutigen Lyrik-Maßstäben messe.
    Wobei allerdings nicht jeder Liedtext bei Schubert die Qualität eines romantischen Gedichtes hat...
    Mit dem betont schlicht-innigen Zugriff auf seine Lieder, wie ihn z.B. Schlusnus gepflegt hat (schade, bei dem schönen Timbre!), konnte ich nie viel anfangen.
    Meine Lieblingsaufnahmen im Schubert-Gesang gehören allerdings auch zu den ganz alten - es sind die mit Karl Erb. Er hat diese Lieder gerade nicht volkstümlich-schlicht oder opernhaft pathetisch gesungen, wie einige seiner Zeitgenossen; bei ihm höre ich auch die Abgründigkeit und Ironie ("Der Einsame", "An die Laute") der Romantik heraus.
    Mein Favorit in den Zyklen ist Peter Pears, mit ihm habe ich außerdem "Die Sterne", "Nachtviolen" und "Auflösung", die ich in seiner Interpretation ebenfalls sehr gern mag.
    Bei den heutigen Sängern schätze ich eigentlich Lothar Odinius, aber wohl eher bei Britten-Liedern. Ich habe die Schiller-Lieder mit ihm und finde seine "Leichenfantasie" sehr gut gesungen, aber gerade das rein Lyrische klingt bei ihm in meinen Ohren manchmal etwas maniriert.


    lg petra


  • Ein wahres Kleinod von noch nicht so abgesungenen Schubertliedern. :jubel: :angel: :jubel:


    Der Tenor Markus Schäfer hat sich auch als exzellenter Ensemblesänger bekanntgemacht, z.B. mit mehrstimmigen Schubertliedern bei den Klosterfestspielen in Maulbronn. :jubel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hat jemand die Winterreise mit Julius Patzak (damals angeblich fast 70 Jahre alt) & Jörg Demus am Klavier auf CD gehört?
    Die Meinung dazu würde mich interessieren!



    Ich liebe sie, interpretiert wie ein Volkslied, schlicht, berührend, natürlich, wahr - sozusagen der Antipode von DFD.


    Gesangspädagogen hätten ca. 10.000 Details zu bemängeln, aber ist das wichtig?


    Klaus

    "Play, man, play!" (M. Davis)
    "We play energy!" (J. Coltrane)

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  • Im Winterreise-Thread wird Ihnen geholfen: Patzak ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo!


    Ich habe überlegt, wo ich diese Frage am besten unterbringen könnte und die Sucheergebnisse lassen mir diesen Thread wohl am "passendsten" erscheinen.


    Die verhältnismäßig günstige 40-CD-Box mit sämtlichen Liedern Schuberts von Hyperion war im Forum wohl immer nur mal hier und da am Rande erwähnt worden. Meist waren es Einzelfolgen der ursprünglichen Reihe, die lobend erwähnt wurden.
    Wie sieht es denn nun mit der Gesamtbox aus? Die Aufnahmen wurden für diese Box neu zusammengestellt (in chronologischer Reihenfolge) und ein dickes Buch beigelegt. Insbesondere zu dem Buch habe ich eine Frage: Es wird gesagt, dass ein Vorwort von Johnson (dem Projektleiter und Begleiter) und die Liedertexte mit Übersetzung enthalte. Ist da noch mehr drin? Z.B. sind die kundigen Boolet-Texte und Werkeinführungen der Einzel-CDs auch dabei?
    Danke für Infos.


    Gruß
    Karsten

  • Zitat

    Original von Karsten
    Die verhältnismäßig günstige 40-CD-Box mit sämtlichen Liedern Schuberts von Hyperion war im Forum wohl immer nur mal hier und da am Rande erwähnt worden. Meist waren es Einzelfolgen der ursprünglichen Reihe, die lobend erwähnt wurden.


    Johnson hat eine Menge Sänger "rekrutiert". Und nicht jeder ist ein Liedsänger "par excellence".
    Ich hörte diese CDs im Laden, aber habe dann abgelehnt. Die Ausführung wechselte dann auch.


    LG, Paul

  • Salü,


    megahip ist diese:



    Johannette Semprenonvibrato Zomer, Sopran
    Arthur Schoonderword, Fortepiano nach Walter (Poletti & Tuinman)


      Lieder
      Suleika op. 14
      Suleikas zweiter Gesang op. 31
      Ellens erster Gesang op. 52 N° 1
      Ellens zweiter Gesang op. 52 N° 2
      Ellens dritter Gesang op. 52 N° 6
      Gretchen am Spinnrade op. 2
      Mignon's Gesang
      Lied der Mignon op. 62 N° 2
      Lied der Mignon op. 62 N° 4
      Lied der Mignon op. 62 N° 3


      Klavierwerke
      Fantasie c-moll D2E
      Menuet A-Dur D334
      Adagio G-Dur D178
      Menuet a-moll D277A


    Die Werkauswahl gefällt mir sehr gut, durch das Einstreuen der unbekannten Klavierminiaturen wird das zu einem sehr angenehmen Lauschen.


    Schubert-Lieder von einer Frau gesungen sind für mich nur im Spemprenonvibratomodus erträglich, wie ich hiermit feststelle. :yes: Und mit Johannette Zomer, einer holländischen Sopranistin, die mir bisher gänzlich unbekannt war, gelingt dies äußerst gut!


    Aufgenommen wurde im Januar 2003 in La Chaux-de-Fonds (Schweiz)


    Bei dem Begleitinstrument handelt es sich um ein kraftvoll und kernig tönendes, aber durchaus auch lyrisches.


    Sehr zu empfehlen!


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Ulli

    „Vielleicht werden Stockhausen und Boulez für uns mal so sein wie Brahms und Beethoven, aber zum Glück lebe ich dann nicht mehr.“
    (David Oistrach)

  • "Nacht und Träume"


    Dies ist eines dieser Schubertlieder, in denen ein zentrales Begleitmotiv derart elementar geraten ist, dass es sich fast einer reinen Akkordisierung annähert: Zugrunde liegen langsam hin und her pendelnde Sechzehntel, die gebrochene Akkorde ergeben. Und das von Takt 1 bis zum Schlussakkord! Eine derart einfache Begleitung ist nicht nur dazu geeignet die nächtliche Stille zu evozieren, sie tritt auch soweit zurück, dass die Aufmerksamkeit auf einen anderen Aspekt gelenkt werden kann. Hier interessiert vor allem die Harmonik (dazu unten mehr). Zunächst aber der Text des zugrunde liegenden Gedichtes:


    Heilge Nacht, du sinkest nieder;
    Nieder wallen auch die Träume,
    Wie dein Mondlicht durch die Bäume,
    Durch der Menschen stille Brust.
    Die belauschen sie mit Lust,
    Rufen, wenn der Tag erwacht:
    Kehre wieder heilge Nacht!
    Holde Träume kehret wieder!


    Typisch romantisch ist die Flucht vor der Realität in die Traumwelt. Typisch romantisch ist auch die Anrufung der Nacht. Beides wird hier verknüpft.


    Was ich aber außergewöhnlich finde, ist das Reimschema. Die Verse 2 bis 6 ergeben einfache Paarreime, der erste und der letzte Vers ergeben allerdings einen das gesamte Gedicht umspannenden umarmenden Reim.


    Und nun Schubert:


    Die acht Verse werden zu insgesamt 5 Vorder- und Nachsätzen (Doppelversen) gruppiert. Nach dem 2. Doppelvers lässt sich eine Zäsur ausmachen. Der Grund dafür ist die Phrasierung. Sie ist in aller Regel zweitaktig, nur die Nachsätze des 2. und 5. Doppelverses erlauben noch einen Extraschlusston und erzeugen so eine mehr oder weniger deutliche Schlusswirkung. (Darüberhinaus ist auch der erste Vers um einen Takt verlängert. Diese Eigenschaft halte ich allerdings für weniger bedeutsam. Es klingt so, als würde sich die regelmäßige Phrasierung durch den sich zunächst etwas Zeit nehmenden ersten Vers erst allmählich ergeben.)


    Das Lied steht in H-Dur. Der erste Doppelvers endet auf der Dominante, der zweite auf der Tonika. Danach ereignet sich eine überraschende Rückung nach G-Dur (evt. auch C-Dur, je nach Sichtweise). Da der Vers 5 wiederholt wird, ergeben sich bis Vers 7 zwei weitere Doppelverse mit etwas anderer Motivik in der Gesangsstimme (charakteristisch ist hier der punktierte Auftakt). Der dritte Doppelvers (also der zweimal erklingende Vers 5) bewegt sich im oben bereits erwähnten G-Dur (bzw. C-Dur), im nächsten Doppelvers wird allmählich nach H-Dur zurück moduliert. Der letzte Vers wird ebenfalls wiederholt und stellt somit einen eigenen Doppelvers dar. Hier ist die Musik bereits wieder in H-Dur angekommen, wo sie auch bis zum Schluss bleibt.


    Das Verblüffende ist, dass das ungewöhnliche Reimschema des Gedichts durch die Harmonik gut nachgezeichnet wird. Die Ausgangs- und Zieltonart H-Dur bildet eine Art Klammer, die den Rest des Liedes umfasst. Der Vers, in dem diese Tonart verlassen wird, lautet: "Die [die Menschen] belauschen sie [die Träume] mit Lust". Das ist der Moment im Gedicht, wo der Fokus von Nacht und Träumen kurzzeitig zu den Menschen übergeht. Und sinnreich erfolgt zu den Worten "rufen wenn der Tag erwacht: kehre wieder, heilge Nacht!" die Rückmodulation nach H-Dur. Genau in dem Moment, in dem der sich mit dem ersten Vers reimende Schlussvers ertönt, ist auch die bereits dort erklungene Ausgangstonart H-Dur wieder erreicht.


    Die Harmonik zeigt, was sich der Romantiker wünscht (Holde Träume, kehret wieder!). Ein für mein Gefühl recht interessantes Wort-Ton-Verhältnis.


    Tharon.

    2 Mal editiert, zuletzt von Tharon ()

  • Lieber Johannes Roehl,
    Hampson und Holzmair haben nur gemeinsame Anfangsbuchstaben, ansonsten trennen sie Welten voneinander. Hampson höre ich schon seit ein paar Jahren immer mal wieder live und kann diese Kritik absolut nicht nachvollziehen.
    Leuten, die sich mit dem Kunstlied näher befassen wollen, sollte man anraten sich um Tickets zu bemühen, wenn in der näheren Umgegend sich folgende Herren ankündigen:
    Bostridge, Elsner, Goerne, Güra, Hampson, Holl, Kaufmann, Prégardien, Quasthoff.
    Wer es live nicht einrichten kann, es gibt jede Menge CD´s.
    Die Vorgenannten sind alle eine Garantie, dass auf hohem Niveau musiziert wird.
    Aus dem zweiten Glied ist Johannes Kalpers zu nennen, der zwar für meinen ganz persönlichen Geschmack zuviel "trallala" macht, aber mich sehr mit seinen Schubert-Liedern beeindruckt; diese Aufnahme gibt es aktuell (habe gerade nachgesehen) für unter 6.- Euro - ein fast geschenkter Kunstgenuss.

  • Lieber Liedfreund Tharon,
    bis vor wenigen Tagen wusste ich noch nichts von der Existenz dieses Forums. Als ich es anklickte, war ich, als einer, der sich seit über vierzig Jahren mit dem Kunstlied beschäftigt, sofort in seinen Bann gezogen. Und Ihre Anmerkungen zu "Nacht und Träume" haben mich dazu bewogen, hier mitzumachen. Ich fand sie bemerkenswert, weil hier jemand sich offensichtlich nicht nur hörend, sondern auch analysierend auf ein Schubertlied eingelassen hat.
    Sie haben ja recht. Das Gedicht von M. von Collin ist in seiner Thematik, seiner Sprache und seinem Gehalt typisch romantisch. Allerdings würde ein Vertreter der Romantik nicht von einer "Flucht vor der Realität in eine Traumwelt" sprechen. Für Novalis, die Gebrüder Schlegel, Eichendorff oder Tieck etwa ist die Nacht ein Medium der Entgrenzung. Sie finden dort Erlösung von ihrem zentralen Leiden: der Individuation.
    In Ihrer Analyse haben Sie so ganz nebenbei übrigens ein Wesensmerkmal des Schubertliedes aufgezeigt. Der Musikwissenschaftler Thrasybulos Georgiades hat es in seinem Buch "Schubert. Musik und Lyrik" (Göttingen 1967) auf die Formel gebracht: Verwandlung sprachlich-lyrischer Struktur in musikalische Struktur.
    Schubert setzt nicht nur die sprachliche Struktur des Gedichts in eine musikalische um, wie Sie sehr schön gezeigt haben, er realisiert auch den Gehalt kompositorisch. Die ungewöhnlich weit ausgreifenden Phrasen der Gesangsstimme sind die musikalische Entsprechung eben jenes Entgrenzungserlebnisses bei Collin, in das der Hörer durch die Musik fast magisch einbezogen wird. Der Viervierteltakt würde regelrecht gesprengt, wäre da nicht die - für Schubert ungewöhnlich einfache - pochende Sechzehntelbewegung der Begleitung, die wie eine Art regelmäßiger Herzschlag wirkt, der das Ganze trägt und zusammenhält. Er vermeidet die für romantische Musik elementare Gefahr: den Verlust der Form.
    Man könnte noch mehr hier anführen, was die These einer Umwandlung von lyrischer in musikalische Strukur belegt. Zum Beispiel die Tatsache, dass der Abwärtsbewegung im Gehalt der ersten Verse (Niedersinken der Nacht, Niederwallen der Träume) die sich wiederholende Abwärtsbewegung der Singstimme entspricht. Ich will das das hier nicht fortsetzen, um der Gefahr zu entgehen, Sie zu langweilen.
    Eines aber noch (da es hier ja um die Interpretation des Schubertliedes geht). Von den vielen Interpretationen, die ich mir nach dem Lesen Ihres Artikels noch einmal angehört habe ( Greindl, Souzay, Prey, Fischer-Dieskau, Prégardien, Bostridge, B. Hendricks, Salara Walker, M. Shirai), hat mich die von Fischer-Dieskau / Alfred Brendel am meisten angesprochen. Sie atmet die entgrenzende Weite dieses wunderbaren Adagio-Liedes am ausgeprägtesten und intensivsten, während viele andere einfach nur schön singen.
    Sollten Sie das anders sehen, widersprechen Sie mir. Ich würde mich freuen.
    Helmut Hofmann

  • Dem hochinteressanten :jubel: Dialog der Herren Tharon und Helmut Hofmann möchte ich nur ganz nebenbei hinzufügen, dass mich dieses Zitat hier


    Zitat


    Original von Helmut Hofmann
    ...hat mich die von Fischer-Dieskau / Alfred Brendel am meisten angesprochen


    erstaunt und erfreut hat.
    Brendels Zusammenarbeit mit Fischer-Dieskau fällt schon in dessen stimmliche Reifephase, um es einmal so zu sagen.
    Immer wieder las ich hier im Forum, dass einige Taminos vor allem den dunkler klingenden, weniger deklamatorisch singenden jungen Fischer-Dieskau mögen, und nicht so sehr späten FiDi.
    Bei mir ist das eigentlich nicht so, unter anderem auch deshalb, weil ich erstens Fischer-Dieskaus sprachlichen und kleindynamisch-detailierten Zugang schätze und zweitens für mich der Gesamteindruck aus Stimme und Klavier besonders wichtig ist.
    Brendels Art und Weise, Schuberts Lieder zu begleiten, ist aus meiner Sicht unerreicht gut.
    Schön zu lesen, wenn andere Forumsmitglieder, selbst wenn es nur auf ein Lied bezogen war, es ähnlich empfinden.


    :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Da es in diesem Thread auch ( und eigentlich primär ) um die Interpreten des Schubertliedes geht, möchte ich einen solchen zur Diskussion stellen, der es nach meiner Meinung verdient hat: Christoph Prégardien.
    (Hoffentlich ist das hier nicht schon geschehen und ich hab´s übersehen.)


    Zwei Erfahrungen haben mich dazu bewogen.


    Die erste Erfahrung.
    Ich hatte die CD "Between Life an Death" (Challenge Classics, zwei CDs mit Prégardien und M. Gees)) in den Player geschoben und hörte nur mit halbem Ohr hin. Beim fünften Lied horchte ich auf: Schuberts "Auflösung" (Text von Mayrhofer). Christoph Prégardien sang, begleitet von Michael Gees. So hatte ich dieses Lied zuvor noch nie gehört, so voller Emphase und bis ins äußerste gesteigerter innerer Dynamik.
    Das ist ohnehin ein außergewöhnliches Lied, bei dem Schubert (1824) wohl innerlich sehr ergriffen war von der Stimmung des Abschieds von seinem Freund Mayrhofer und dies mit wirklich ekstatischen Klängen, fast kühnen Modulationen und weit ausgreifenden Melodiebögen zum Ausdruck brachte. Die Interpretation von Prégardien drückte für mich den Geist dieses Liedes ohne jede Einschränkung aus. Sie hat mich beeindruckt.


    Die zweite Erfahrung.
    Ich wollte am Beipiel von Schuberts Erlkönig aufzeigen, dass Fischer-Dieskau eine einmalige Ausnahmeerscheinung unter den Liedinterpreten ist (gedacht für den Thread "Fischer-Dieskau" hier im Forum).
    Also hörte ich mir, mit Gérard Souzay beginnend, eine Aufnahme nach der anderen an und konzentrierte mich dabei auf diesen wegen der vielen "i"s giftig klingenden, locken wollenden Sirengesang: "Du liebes Kind, komm, geh mit mir!"
    Es lief ganz meiner Überzeugung gemäß, bis ich bei der Interpretation von Christoph Prégardien angelangt war, der wieder von Michael Gees begleitet wird (Schubert, Lieder von Abschied und Reise, Virgin Classics).


    Und in diesem Augenblick brach ich ab. Ich konnte nicht guten Gewissens mehr behaupten, dass das, was ich da hörte, weniger gut sei als das, was ich von Fischer-Dieskau kannte.
    Michael Gees ist für mich übrigens ein Liedbegleiter von ebenfalls herausragender Qualität. Er ist aber nicht der einzige Pianist, mit dem Prégardien zusammenarbeitet.
    Eine etwas andere interpretatorische Intention verfolgt dieser mit Andreas Staier. Beide zusammen haben übrigens bei Teldec alle Mayrhofer-Lieder herausgebracht. Das oben erwähnte Lied "Auflösung" klingt dort nicht ganz so hymnisch-ekstatisch wie in der Aufnahme mit Michael Gees.


    Meine These also: Christoph Prégardien ist ein herausragender Schubert-Interpret.
    Und nun würde ich mich sehr freuen, wenn ich die Meinung meiner Mit-Forianer dazu hören könnte.

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  • Nun, diese These vertrete ich schon seit vielen Jahren und auch auf vielen Seiten dieses Forums.
    Prégardien habe ich bisher etwa zwanzig Mal in Liederabenden mit unterschiedlichen Programmen gehört, denn er ist fast ständiger Gast bei den SCHWETZINGER FESTSPIELEN und bei der SCHUBERTIADE in Schwarzenberg (Bregenzerwald).


    Aber für dieses Jahr bin ich besonders gespannt, weil er am 24. Mai 2010 in Schwetzingen zusammen mit seinem Sohn Julian Prégardien (Jahrgang 1984) auftritt.
    Die beiden werden von Michael Gees begleitet und singen Lieder von Mozart, Beethoven, Schubert, Schreker, Brahms und Schumann.


    Ein relativ "buntes" Programm diesmal. Ansonsten liegt bei den meisten Konzerten der Schwerpunkt eher bei Schubert und Schumann.
    Ja, Christoph Prégardien ist ein ganz vorzüglicher Schubert-Interpret.


    Wenn Prégardien Schumann singt, finde ich die Kerner-Lieder (op 35) besonders reizvoll - wenn er im letzten Lied (Alte Laute) endet: "... weckt mich ein Engel nur". Dies im Konzertsaal zu erleben, ist eine Sternstunde kultivierten Gesangs.


    Und noch eine Empfehlung zu Prégardien:
    Es gibt eine interessante DVD (39,95) - Schott Master Class Gesang
    Hier lässt sich in vielen Beispielen sehen, wie Prégardien singen lehrt.

  • Mir gefällt Pregardien auch sehr gut!
    Die CD "Lieder von Abschied und Reise" ist durchweg empfehlenswert und man kann einige sehr bekannte Lieder, falls gewünscht, mit anderen berühmten Interpretationen vergleichen. (Die Mayrhofer-Kollektion bei Teldec vielleicht etwas düster und mit ziemlich vielen eher unbekannten Stücken. Die erwähnte Challenge-Kollektion ist mir nicht bekannt.)
    Habe die neulich auch schon mal positiv erwähnt, finde mich nun aber im Gewirr der vielen ähnlichen Lieder-Threads nicht mehr zurecht.


    ("Auflösung" habe ich zuerst mit einer beeindruckenden, wenn auch vielleicht ein wenige übertreibenden Brigitte Fassbaender auf dem Recital bei Hyperion kennengelernt.)


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Michael Gees komponiert auch selbst Lieder.
    Auf der CD "Follow Goethe" (WDR-Produktion / cpo) finden sich zwei Vertonungen von Goethe-Gedichten: "Gegenwart" und "Gesang der Geister". Der Sänger ist Christoph Prégardien.


    Besonders das Lied "Gegenwart" hat mich regelrecht begeistert, als ich zum ersten Mal hörte. Es ist eigentlich ein recht konservativer Lied-Stil, an dem sich Gees mit dieser Vertonung orientiert. Aber gerade das ist das Fesselnde daran.
    Das Lied hat einen ganz eigenen Schwung, an dem die Klavierbegleitung einen wesentlichen Anteil hat. Die Feier der "herrlichen Sonne", die sich im Goethe-Text ereignet, scheint mir auf eine höchst gelungene Weise musikalisch umgesetzt. Es ist wahrlich ein Preis-Lied.


    Ich wüsste gar gerne, was meine Mit-Forianer von den beiden Gees-Liedern halten.

  • GEGENWART habe ich von den beiden Interpreten schon vor vielen Jahren live im Konzertsaal gehört, das klang in der Tat recht gut.
    Wie auf der CD auch, boten sie das Lied "Zur Rosenzeit" von Grieg, das ich bis dato noch nicht kannte und das mir ausgezeichnet gefiel.

  • Auch auf die Gefahr hin, offene Türen einzurennen: Was mich bei Christoph Prégardien immer wieder aufs neue beeindruckt, das ist seine Fähigkeit, die jeweils richtige Blance zu finden zwischen dem Anspruch, den das Wort im Lied nun einmal zu Recht erhebt, und der Wahrung der gesanglichen Linie.
    Das ist gerade bei Schubert besonders wichtig, da seine Lieder in herausragender Weise von der in sich geschlossenen Melodie geprägt sind.


    Aber auch bei Hugo Wolf (pardon, dass ich auf diesen hier an falschem Ort im Forum zu sprechen komme) ist diese Balance ein durchaus heikles Problem, ist doch bei ihm die Gefahr einer Überbetonung des Wortes in besonderer Weise gegeben.


    Aufgefallen ist mir das wieder einmal, als ich beim neuerlichen Anhören der oben erwähnten CD "Follow Goethe" auf das Lied "Frühling übers Jahr" stieß.
    Ich hatte es gerade in der Sparte "Hugo Wolf" hier im Forum vorgestellt, und dabei saß mir ständig die Interpretation durch Fischer-Dieskau im Ohr, wie sie auf der Orfeo d´Or-CD mit dem Live-Mitschnitt des Liederabends in der Bayerischen Staatsoper vom 24.7.1977 (mit Svjatoslav Richter am Flügel) zu hören ist.


    Und jetzt stecke ich wieder einmal in dem mir inzwischen sattsam bekannten Dilemma.
    Fischer-Dieskau macht bei diesem Auftritt mit Svjatoslav Richter das, was ihm ja schon so oft vorgeworfen wurde: Er akzentuiert bestimmte Stellen des Goetheschen Textes besonders deutlich, indem er einzelne Silben heraushebt und ihnen einen spezifischen Klang verleiht:
    "Safran" wird besonders dunkel gelautet (mit Blick auf die "gewaltge Glut", die er entfaltet;
    "Smaragden keimt es" erhält einen lieblichen Ton;
    das Wort "naseweis" (im Zusammnehang mit dem Stolzieren der Primeln) bekommt einen deutlich schelmischen Klang, usw.
    (In der älteren Aufnahme der Wolf-Lieder mit G. Moore macht er das übrigens nicht!)


    Prégardien hält sich von all dem fern. Er artikuliert klar und deutlich, lässt aber das einzelne Wort durchgehend in der Einbindung, die Wiolf ihm durch die melodische Linie mitgegeben hat (bei "naseweis" macht die Melodie ja einen leichten Hüpfer!).


    Mein Dilemma: Ich finde beide (!) Interpretationen großartig.
    Vor allem weiß ich nicht, was gegen eine solche artikulatorische Akzentuierung einzuwenden ist, wie Fischer-Dieskau sie bei dem erwähnten Liederabend vornimmt (und späterhin weiter praktiziert hat!).
    "Naseweis" klingt doch bei ihm auf eine überaus reizvolle Weise schelmisch.
    Und so ist das ja von Goethe ja auch gemeint!

  • Lieber Liedenthusiast,
    das alles scheint mir persönlich etwas zu "erbsenzählerisch".
    Ich sitze im Konzert (oder habe zuhause meine Kopfhörer auf) und erfreue mich an einer gepflegten Stimme, am Pianisten, am Zusammenspiel der beiden und am Text.


    Und das ist bei mindestens 90 Prozent meines Musikhörens so, weil ich immer eine kritische Auswahl (nach meinen Kriterien) treffe.
    Es ist schön, eine Vielzahl hervorragender Interpreten zu haben, es ist wunderbar, dass jeder Sänger die Texte anders interpretiert.
    Das Wichtigste ist eine gepflegte Stimme, damit der Sänger auch das ausdrücken kann, was er ausdrücken möchte.
    Ein Dilemma ist das doch nicht, wenn zwei Sachen gut sind - man sollte das ganz einfach und schlicht genießen, zumal es sich bei den vorgenannten Beispielen um zwei unterschiedliche Stimmlagen handelt.

  • Lieber Siegfried,
    da hast Du mit "dürren" Worten eine - scheinbar nichts sagende - CD vorgestellt. Ohne spektakuläres Coverbild...
    Normalerweise hätte ich den Beitrag einfach übergangen. Aber vor einigen Monaten schon, habe ich mir bei "jpc" einen Merkzettel mit diesen Liedern ausgedruckt, denn die kurzen Hörproben haben mir recht gut gefallen, mal was anderes, dachte ich...


    In den Detailinformationen zur CD heißt es:
    "Liederabend nach Franz Schubert für Musicbanda und einen verschwundenen Sänger"


    Und eine Kritik (Auszug) drückt es so aus:
    "Franuis Schubert-Interpretationen sind ein Befreiungsschlag. Sie befreien die Lieder des jungen Komponisten aus der fast zweihundertjährigen Gefangenschaft, in der sie von wechselnden Kennern mit unfroher Strenge bewacht wurden."


    "unfrohe Strenge", da sind wohl die "Staubis" gemeint...
    Mein ganz persönlicher Kommentar:
    Es ist bestimmt kein Mangel, wenn man auch die klassischen Interpretationen kennt.


    Diese CD ist im Mai 2007 erschienen.
    Ich pflichte siegfried absolut bei: Die Interpreten müssen nicht immer Sänger sein.
    Allein der Preis von 19,99 hielt mich vom Sofortkauf zurück. Inzwischen hatte ich auch ein Angebot von 16.- Euro entdeckt.
    Als Kompromiss habe ich mir nun zur Ergänzung meiner Musikliste vier Stücke für 3,96 heruntergeladen:
    Im Abendrot
    Im Frühling
    Ständchen
    Abschied (Über die Berge... es gibt ja einige Abschiede von Schubert)


    Die Interpretation des letztgenannten Stückes halte ich für besonders gut gelungen.

  • Einen Augenblick lang musste ich über den Gedanken lachen, der mir kam, als ich Deinen an mich gerichteten Beitrag las, lieber "hart".


    Ich stellte mir vor, dass ich mir auch einen so schicken Code-Namen zulege, wie er anscheinend auf Internetforen zum guten Ton gehört. Und der würde "Erbsenzähler" lauten.
    Ich würde ihn mit Stolz tragen.


    Aber jetzt im Ernst und zum Punkt. Das stille Genießen, das Du hier propagierst, ist ja eine schöne Sache, wenn es sich nicht hinterher, wenn man mit dem stillen Genießer gerne reden möchte, als stummes Genießen herausstellt.
    Wenn ich mich nicht mit dem heutzutage üblichen "super" zufrieden geben, sondern mit dem Menschen, mit dem ich gemeinsam etwa einen Liederabend gehört habe, ein Gespräch darüber führen möchte, dann müsste ich, als Grundlage dafür, ein möglichst differenziertes und sprachlich elaboriertes Urteil abgeben. Andernfalls bliebe nur das kümmerliche (und eigentlich unerträgliche!) "super".


    Das aber heißt: Ich muss nicht nur genossen, sondern auch bewusst und analytisch gehört haben. Das eine schließt ja das andere keineswegs aus. So etwas behaupten nur die stummen Genießer.


    Auf den Punkt gebracht und präzise formuliert:
    Kommunikation über Kunst hat deren bewusste Rezeption zur Voraussetzung.
    Und wenn für das besagte differenzierte und elaborierte Urteil ein Erbsenzählen erforderlich sein sollte, weil Erbsen nun mal eine Rolle spielten (um in der Metapher zu bleiben), dann muss eben auch gezählt werden.


    Ein Beispiel: Chailly braucht für seine Neuaufnahme der Bachschen Matthäuspassion nur die Hälfte der Zeit, die Karl Richter ehedem benötigte. Gar gern wüsste ich, wie er das begründet.
    Und das könnte er garantiert in höchst ausführlicher und sachlich begründeter Weise.
    Ich wüsste diese Begründung gerne, weil mir z.B. sein Einleitungschor wie ein "Aufspielen zum Tanz" vorkommt und nicht wie ein Gang zur Passion.
    Leider bin ich für ihn kein potentieller Gesprächspartner.


    Sprechen über Kunst und Kunsterfahrung ist doch etwas so Schönes. Es macht den vorangegangenen Genusss doch nur noch genussvoller.
    Aus diesem Grund habe ich mich mit Begeisterung auf dieses Forum gestürzt.
    Und jetzt frage ich mich schon seit zwei, drei Wochen (nicht erst nach der Lektüre Deines Beitrags, lieber "hart"), ob ich da nicht fehl am Platze bin.

  • Lieber HH,
    um hinten zu beginnen, bleib da und zähl weiter Erbsen (das war von mir ja keineswegs abwertend gemeint). Hofmanns Erzählungen sind immer lesenswert. Die Vielfalt der Ansichten macht eine Diskussion erst lebendig.
    Es ist nicht mein Stil, ein ernstzunehmendes Kunstwerk, gleich welcher Art, einfach mit "super" zu bewerten und dann kommt nichts mehr. Den Begriff verwende ich eigentlich nur an der Tankstelle.


    Dass sich Genießer von künstlerischen Darbietungen verdächtig machen, weiß ich natürlich längst, ich habe einfach Freude an einer künstlerischen Darbietung, die auf meiner Wellenlänge liegt, wenn zum Beispiel jemand so singt, wie ich es tun würde, wenn ich es könnte...


    Noch nie habe ich das perfekte Kunstwerk gesucht. Perfektion verlange ich von meinem Auto - nicht von einer künstlerischen Darbietung.


    Ein Beispiel:
    Da gab es mal einen Tenor (übrigens aus Deiner Gegend), der sang an der Frankfurter Oper- Ernst Kozub, sein Name.
    Der war nicht immer ganz sattelfest, aber wenn der den Kalaf oder Des Grieux (ich hab in leider nur in diesen Rollen live erlebt) sang, dann wackelte das Theater, dann war was los; der hat mich immer erfreut, den hab ich genossen...
    Wolfgang Windgassen war dagegen ein ganz anderer Typ:
    Immer gut vorbereitet, ordentlich gesungen... aber mir fehlte das expressive Element.


    Nun bin ich aber weit weg vom Liedgesang geraten, aber man kann vielleicht herauslesen, dass mich primär die Stmme interessiert und fasziniert.


    Natürlich kann, soll und darf man Dinge hinterfragen, ich persönlich tue das jedoch nur bei sehr auffälligen Auffälligkeiten, wie zum Beispiel bei der Winterreise in der Interpretation von René Kollo. Von meinen mehr als fünfzig Interpretationen ist er mit Abstand der schnellste Wanderer...


    Ich hinterfrage auch Henschels szenischen Schwanengesang (wär was für Dich, weil er Juan Rulfos Roman "Pedro Páramo" mit ins Spiel bringt).


    Und ich sehe Ian Bostridges Winterreise kritisch, besonders die, die er auf DVD eingespielt hat.


    Aber mit wem kann man darüber schon diskutieren?

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