ZitatAlles anzeigenOriginal von petra
Nachdem ich dank Harald und Waldi mir nun auch ein Bild von der mir bis dahin unbekannten Antonietta Stella machen kann, bin ich heute bei Theophilus und seinen "Geburtstagskindern" über einen Sänger gestolpert, den ich bisher ebenfalls nicht kenne, dessen Aufnahmen ich aber gern kennenlernen würde.
Luis Lima(geb. 1948 ) hätte ich von seiner fragilen Gestalt her als prädestiniert für einen tenore di grazia angesehen, habe aber beim Suchen im Forum und in Musikliteratur erfahren, dass er ein sehr guter Don José und Don Carlos gewesen sein soll und auch den Turiddu und den Cavaradossi gesungen hat.
Zu Anfang meiner Reise in die Welt der Oper habe ich zwar vorwiegend die sehr historischen Aufnahmen der Schellack-Zeit gehört, aber doch die meisten Sänger der Pavarotti-Domingo-Generation und der folgenden irgendwann einmal mitbekommen. Luis Lima ist mir bisher auch in den Medien nicht untergekommen.
War er ein Tipp für Kenner? Hat er sich vorzeitig zurückgezogen?
In gespannter Erwartung
Petra
Liebe Petra!
Luis Lima hat in Wien sehr oft und gerne gesungen, er zählte zu den Publikumslieblingen und ist gerade jetzt wieder anlässlich der Cavalleria-Serie in den Stehplatzdiskussionen sehr präsent, denn wir erinnern uns noch gerne an seinen tollen Turridu. Ich identifiziere ihn aber in erster Linie mit dem Don Jose, den er auf eine unvergleichliche Art und Weise verkörpert und "verseelt" (Fairy ) hat, und die gemeinsamen Auftritte mit Agnes Baltsa als Carmen zählen zu meinen persönlichen Sternstunden. Zwischen den beiden sprühten die Funken und flogen die Fetzen, dass einem wirklich angst und bange werden konnte. Lima zählte zu den Sängern, die an beiden Enden brennen, er sang immer ohne "Sicherheitsnetz", verausgabte sich auf der Bühne total und riskierte daher immer stimmliche Einbrüche, die es auch regelmäßig gab. So erinnere ich mich an manche "Carmen", wo der Schluss mehr Sprechgesang als wirklich ausgesungen war, an manche "Lucia", wo am Ende nur mehr heiße Luft kam u.ä. Und dabei wären wir auch schon beim Phänomen Luis Lima: Ich kenne eigentlich niemanden, der ihn nur wegen seiner Stimme geliebt hätte (Da gab es einiges zu bekritteln, und Puristen, die nur seine Tonträger kennen, verstehen den Jubel wahrscheinlich nicht, mit dem jeder Lima-Auftritt endete) Er war ein Vollblutschauspieler wie es seit ihm nur auf Villazon zutrifft, beide würden auch auf jeder Sprechtheaterbühne Karriere machen, er gab in jeder Vorstellung sein Herzblut und riss einen einfach mit, ob man wollte oder nicht. Nicht selten trat er mit Gipshand (Cavalleria) oder anderen Blessuren auf, weil er sich bei den Proben dank seines körperlichen Totaleinsatzes wieder einmal verletzt hatte. Sein Hobby war übrigens das Zureiten von Mustangs auf seiner Hazienda in Argentinien, wo er er sich momentan ganz der Pferdezucht widmet. Komischerweise existiert keine einzige DVD (Carmen kenne ich allerdings nicht), wo Lima eine ähnliche Wirkung wie bei seinen Live-Auftritten hervorruft. Als Don Carlo z.B. finde ich ihn äußerst steif, distanziert - ich musste dreimal hinschauen, ob er es wirklich ist. Und ganz bestimmt zählt er nicht zu den Sängern, von denen ich CDs besitzen will, denn rein von der Stimme her hat er mich nie soooooo begeistert.
Zu seinem Sängerberuf hatte Lima ein sehr distanziertes Verhältnis, verhielt sich in Interviews oft sehr undiplomatisch, und seine "Außenwirkung" war ihm immer herzlich gleichgültig. Das war wahrscheinlich auch mit ein Grund, warum ihm die ganz große Karriere verwehrt blieb - er war einfach nicht bereit sich anzupassen. Außerdem war/ist er ein Familienmensch und hatte immer seine ganze Kinderschar (Ich glaube, bei seinen letzten Auftritten in Wien waren es sechs) dabei.
Das war ein nostalgischer Rückblick von
Severina