SCHOSTAKOWITSCH - Was macht seinen Reiz aus ?


  • Die Symphonien habe ich immer erst später live gehört. Kennengelernt habe ich sie zunächst von CD. Besonders beeindruckt - und immer noch überwältigt - war ich von der Dreizehnten (mit Bass und Männerchor) und Vierten aus dieser Box, wohl auch wegen der hervorragenden Klangqualität. Die Vierzehnte habe ich übrigens immer noch nicht zur Gänze gehört. Aus irgend einem Grund hat sie mich noch nicht so interessiert.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Diese Box besitze ich auch. Und alles, was ich mir sonst an Synfonien gekauft habe, vergammelt im Regal. Wer diese Box besitzt, hat m.E. alles, was er braucht. Für mich absolut unübertroffen, vor allem die 5. habe ich noch nie (als Konserve) besser gehört.

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • ...das Wort fiel schon: "Wahrhaftigkeit".


    Hallo zusammen.
    Spätestens seit den letzten DDR-Tagen ist mir DSCH etwas wie ein ständiger Begleiter, den mir auch der Musikunterricht nicht verleiden konnte.
    So viel ist in seine Musik hinein interpretierbar- oder so wenig, was zu Mißverständnissen führt.


    Möglicherweise mag es überraschen-vielleicht mich selbst- dass ich seine Musik viel eher mit Haydn in Verbindung bringe als mit Mahler.
    Was ganz sicher von der genannten "Wahrhaftigkeit" herrührt.
    Da ist natürlich die Trauer, das Grübeln. Auch das Politische, was eine Diskussion für sich wert wäre, wie Musik politisch sein kann.
    Da ist aber auch eben das zutiefst Emotionale, das nichts auslässt.
    Der Humor und der Witz, der manchmal gar ins Alberne umschlägt.
    "Die Hornisse" ist ein Beispiel, viel mehr aber noch solche "Bagatellen" wie seine Bearbeitungen von Scarlatti- Sonaten für Blasorchester.
    Manchmal reines Spiel mit dem Klang und manchmal Ablehnung von Klang, immer auf der Suche zur allgemeinen Aussage.
    Hier besonders bemerkenswert die Präludien und Fugen, die nicht vom Klavierklang leben, sondern von der Struktur und der Emotion hinter den Gefühlen.
    Betrifft eben auch die Mißverständnisse: kaum einer sonst wird so oft mißverstanden wie er und Haydn.
    Eben in der Gänze der Aussage. Und keiner wie Haydn und er verlangen den Interpreten, der nicht reduziert, auf dass wir als Zuhörer nicht eingeengt werden.


    Was ich meine: ohne DSCH hätte ich kein Abbild des Reichtums meines Lebens in Musik; ohne ihn wäre ich arm.


    Herzliche Grüße,
    Mike

  • Ich würde ihn auch nicht so sehr mit Mahler in einer Linie sehen. Mahler ist für mich jemand, der zitierte und sich klug zeigte. shostakovich aber war sehr direkt auf den Effekt aus, auf die Emotion auf das musikalische Bild, jedenfalls höre ich ihn so.

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Die GA unter Vasily Petrenko rückt an.


    Gute Nachricht auf die ich schon lange warte, da ich von dem Zyklus keine Einzel-CD´s kaufen wollte. Nur der Preis sollte erst mal halbiert werden ... ;) mehr habe ich für die ausgezeichnete Ashkenazy-GA (Decca) auch nicht bezahlt - und Barshai (Brillant) war seinerzeit für 19,90€ zu haben.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Heute ist Schostakowitschs Geburtstag, zu dem ich aus meiner Sammlung heute die Streichquartette ausgewählt habe, in die ich immer wieder mal gerne hineinhöre:





    Heute ist sein 109. Geburtstag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,
    :hello: eine Jubiläumserinnerung an Schostakowitsch ist mir immer willkommen.
    :huh: Aber da erinnerst Du an eine der "schwächsten" GA der Streichquartette , die überhaupt auf dem CD-Markt zu finden ist.
    Das ist typisch Brillant, bei denen man mehr als bei allen anderen CD-Labeln so krasse Unterschiede zwischen Spitzenaufnahmen und Entbehrlichkeiten erleben kann ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Tut mir leid, lieber Wolfgang,


    ich habe nur diese Quartettaufnahmen von Schostakowitsch und bin bisher immer gut damit gefahren.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich habe bei Classics Today einen Bericht von David Hurwitz über diese Interpretation des Rubio-Quartetts gefunden und den ersten Teil kopiert:


    "When it comes to this music, how the quartet plays technically is just as important as what it does interpretively, and I very much like the way that the Rubio Quartet plays. Unlike so many groups in this music, they never hack or slash their way through the more violent moments, always maintaining excellent balances, smooth legato, and a warm tone. Combine this with lively tempos throughout, and the result achieves all of the necessary intensity without ugliness or distortion, realizing the composer’s intentions far more effectively than many a more rough and edgy approach. The result may well appeal to Shostakovich fans who respect rather than love these pieces (and I know that there are many), finding concentrated listening to four strings perpetually in extremis something of an ordeal (at least as compared to the symphonies, with their wider range of contrasts)."


    http://www.classicstoday.com/review/review-11666/


    Ich habe auch versucht, das zu übersetzen und es an manchen Stellen etwas freier übersetzt:


    "Wenn es um diese Musik geht, wie das Quartett sie technisch spielt, ist das ebenso wichtig wie ihr Interpretationsansatz, und ich mag die Art sehr, wie das Rubio-Quartett spielt. Im Gegensatz zu so vielen Gruppen in dieser Musik, spielen sie niemals abgehackt oder bahnen sich mit Gewalt ihren Weg durch die grelleren Sequenzen, halten immer eine exzellente Balance, spielen ein gleichmäßiges Legato und einen warmen Ton. Da sie das mit durchweg lebhaften Tempi kombinieren, erreichen sie die notwendige Intensität ohne dass ihr Spiel hässlich und entstellt wirkt und verwirklichen so die Absichten des Komponisten viel weitgehender als viele andere Gruppen mit einer groberen un exzentrischeren Annährerung.
    Das Ergebnis mag vor allem den Schostakowitsch-Fans gefallen, die diese Stücke mehr respektieren als lieben (und ich weiß, dass das viele sind), die das andauernde Hören von vier Streichern im Extremfall für eine Art Qual halten (mindestens so stark wie im Vergleich zu den Symphonien mit ihren noch größeren dynamischen Kontrasten)."


    Ich finde, das klingt dorch gar nicht so negativ. :D


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo!


    Hinsichtlich der Streichquartette Schostakowitschs ist das Brodsky-Quartett für mich Referenz:



    Aber auch das Mandelring-Quartett ist nicht zu verachten.


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • ich habe nur diese Quartettaufnahmen von Schostakowitsch und bin bisher immer gut damit gefahren.


    Du wirst lachen, lieber Willi,
    mir ging es lange Zeit genau so ... bis ich mal Vergleiche mit anderen Aufnahmen gemacht hatte. Ausserdem sind die Kammersinfonien-Fassungen aus ganz anderem Holz geschnitzt !


    ;) Was die Kritik angeht, so könnte ich ebenfalls zahlreich Kritiken posten, die genau das Gegenteil von positiv zu dieser Rubio-GA aussagen.
    Aber es steht etwas wahres darin: Nämlich die Aussage im letzten Satz des Zitates, dass Hörern dieses ständige "4fach-Geschrumme" auf die Dauer auf den Geist gehen kann. Mir geht es bei Streichquartetten genau so, sodass ich ursprünglich auch nur diese eine Rubio-GA haben wollte.
    Ich habe auf CD auch nur diese GA, aber die Anderen als Downloads auf FP. Da die Rubio-Aufnahmen keiner haben will, habe ich sie immer noch.


    Ich höre die Streichquartetette ohenhin lieber in den von Schostakowitsch autorisierten Barshai-Fassungen als Kammersinfonien für Streichorchester (Nr.3,4,8,10 liegen aber leider nur in brauchbaren Aufnahmen vor) - das sind unter wenigen anderen die DG-Aufnahmen mit dem Chamber Orchestra of Europe .
    Und nicht in den unmöglichen Aufnahmen mit dem italienischen Orchestre Sinfonica de Guiseppe Verdi ... auf welchem Label ...?... natürlich bietet "sowas" nur Brillant an. Diese habe ich schnellsten wieder "entsorgt".

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Ausserdem sind die Kammersinfonien-Fassungen aus ganz anderem Holz geschnitzt !


    Ik wees et nich, lieber Namenskollege (das war jetzt nicht Dein Dialekt und meiner schon gleich gar nicht ...).


    Streichquartette sind halt nun mal für vier Instrumente gedacht und ich glaube nicht, dass die Orchestrierung eindrucksvoller im Sinne von "besser" sein kann. Und selbst wenn - die anderen waren zuerst da, der Komponist hat zuerst an sie gedacht.


    Ich denke also, dass man obiges Zitat so apodiktisch nicht formulieren kann. Wenn Du das andere Holz wertneutral meinst, bin ich aber bei Dir: Der Effekt ist ein anderer, die Beleuchtung eine andere.


    Ich habe jüngst im Konzert eine (neue) Streichorchester-Version des ohnehin sehr orchestral gedachten Grieg-Quartetts in g-Moll gehört. Das hatte schon was.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat

    Streichquartette sind halt nun mal für vier Instrumente gedacht und ich glaube nicht, dass die Orchestrierung eindrucksvoller im Sinne von "besser" sein kann.


    Es geht ja hier um die Schostakowitsch-Streichquartette und gerade diese sind einer grösseren Besetzung geradezu auf den Leib geschrieben. Natürlich meine ich das gem deiner Wort wertneutral für beide Fassungen. Da ich aber ohnehin nicht der SQ-Fan bin, kommen mir diese Kammerorchester-Fassungen nun sehr entgegen und klar "ohne wenn und aber" = ich finde sie deutlich besser und eindrucksvoller !
    Es gibt im Gegenzug auch sehr viele Klassikhörer, die eben die originalen SQ-fassungen überzeugender finden .. jedem das Seine was gefällt !


    Auch Schostakowitsch hat das positiv gesehen und diese Kammersinfonien (von Barshai) sogar mit den entsprechenden Opuszahlen der SQ belegt und ein "a" hinzugefügt !
    Sicher waren die SQ zuerst da (das hat für mich keine Aussage) - denn überlege mal wie viele Komponisten ihre Erstwerke überarbeitet haben - um etwas aus ihrer Sicht "besseres" daraus zu machen.



    Es gibt noch eine atemberaubende Fassung, des TOP-Streichquartettes Nr.8 als Kammersinfonie für Streichorchester mit Pauken op.110a von Saulis Sondereckis, der Dirigent beim "leningrader" Orchester der St.Petersburg Camerata ist, die ich sehr gerne mit Hörspass höre.


    - leider ist diese SONY-CD derzeit nicht verfügbar -
    SONY, 1994, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Auch Schostakowitsch hat das positiv gesehen und diese Kammersinfonien (von Barshai) sogar mit den entsprechenden Opuszahlen der SQ belegt und ein "a" hinzugefügt !


    Auch wenn Du mich nicht so ganz überzeugen kannst, weil ich den Höreindruck habe, dass die originale Kammermusik eine andere Schärfe und Radikalität besitzt als die zwangsläufig weicheren Orchestrierungen, kann man sich diesem quasi formalen Beweis nicht verschließen! :)


    Wir haben da eben nicht exakt die gleiche Hörsozialisation. In jüngeren Jahren hätte ich Dir Recht gegeben. Du bist halt jünger geblieben ... :P


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Als Schostakowitsch 1960 während eines Aufenthalts im noch immer deutlich zerstörten Dresden weilte, schrieb er sein 8. Streichquartett. Offiziell ist es dem Andenken an die Opfer des Faschismus gewidmet (was den sowjetischen wohl mit einbezog), inoffiziell sollte es sein eigenes Requiem werden, denn Schostakowitsch spielte mit dem Gedanken, den Freitod zu suchen. Dies wurde Gott-sei-Dank verhindert. Schostakowitsch arrangierte sich mit dem System, trat sogar der Partei bei und schrieb noch einige bedeutende Werke. Rudolf Barshai hat das 8. Quartett für ein Kammerensemble eingerichtet, weitere Quartette folgten.
    Die vorliegende Aufnahme ist IMO interpretatorisch und aufnahmetechnisch kaum zu toppen. Das geht echt unter die Haut und der Unterschied zur Quartettversion fällt durch die spärliche Besetzung (über die sich das Booklets leider nicht auslässt) teils kaum auf.

  • Offiziell ist es dem Andenken an die Opfer des Faschismus gewidmet (was den sowjetischen wohl mit einbezog)


    Das, lieber lutgra, kann ich mir so nicht vorstellen. Das Gedenken an die Opfer des Hitlerfaschiusmus war in der Sowjetunion und ist jetzt auch in Russland ein die Gesellschaft einigendes Element. Eine Vermischung dieser Toten mit den Opfern von Stalinistischen Verbrechen hat es dort nach meinem Eindruck nie gegeben. Selbst bei den Regimekritikern kenne ich so etwas nicht. Es gab kaum eine sowjetische Familie, die keine Opfer zu beklagen hatten. Schätzungen gehen ja von bis zu vierzig Millionen Toten aus, die es in der Folge des Überfalls Deutschlands auf die Sowjetunion gab. Das ist eine unvorstellbare Zahl. Ich habe den Eindruck, dass Schostakowitsch in seiner musikalischen Erinnerung an diese Zeit stets ganz eindeutig ist. Kausalitäten zwischen beiden Opfergruppen sind meines Wissens nach vornehmlich eine westliche Sicht, die den Historikerstreit um Ernst Noltes "kausalen Nexus" bestimmten. Bitte korrigiere mich, wenn Du es anders in Erfahrung gebracht hast.


    Es grüßt Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold


    wie schon erwähnt gibt es wohl eine offizielle Widmung und eine "private". Laut Booklet hat Schostakowitsch seinem Freund Lev Lebedinsky folgendes nach der Rückkehr aus Dresden gesagt: "Die Widmung an die Opfer des Faschismus sei eine "Täuschung", obwohl, da er sich selbst als Opfer eines faschistischen Regimes sah, schon eine geeignete Widmung. In Wahrheit ... sei das Quartett sein Abschied von der Welt. Den Beitritt zur Partei empfände er als moralischen wie physischen Tod." Nun wissen alle, dass es mit den Aussagen von Dimitri und den Überlieferungen durch verschiedene Zeitgenossen (Solomon Volkov etc) so eine Sache ist. Aber ich glaube nicht, dass ein so sensibler Mensch wie Schostakowitsch jetzt zwischen den einen und den anderen Toten groß unterschieden hat. Denn er hat ja auch die Zerstörungen in Dresden gesehen. Dass die Opfer, die das sowjetische Volk durch den hinterhältigen Überfall Hitler-Deutschlands erleiden musste, unvorstellbar waren, stellt (hoffentlich) niemand in Frage. Und sie sind auch durch nichts relativierbar.


    Es grüßt
    lutgra


    P.S. Mein Jüngster wartet gerade auf seinen Zulassungsbescheid von der Humboldt-Universität. Ich werde also vermutlich demnächst öfter in der Stadt sein. Vielleicht sehen wir uns mal im Café Hohenstein. :hello:

  • Ich hatte letztens etwas von der Doppelbödigkeit von Schostakowitschs Werken gesprochen und dabei gar nicht einmal die im Kontext aufgetauchten Sinfonien gemeint, sondern eher seine Kammermusik, die ich deutlich besser kenne.


    Der Kollege ChKöhn machte mich auf einen Webartikel von sich zu dem Thema aufmerksam


    https://christiankoehn.de/?p=171


    den ich mit Spannung gelesen habe. Von Shostakowitschs "Autobiografie" abgesehen, dessen eigentliche Qualität ich nicht beurteilen kann, finde ich die Idee des Dissidenten interessant. Irgendwie habe ich bei Schostakowitschs Werken die für mich häufig leicht verdauliche Oberfläche und den darunter brodelnden Sarkasmus. - etwas vereinfachend platt formuliert - eigentlich so interpretiert. Leider bin ich wohl nicht frei davon, dem Künstler gerne edlere Motive unterstellen zu wollen :) Mir fehlt die Zeit (und vielleicht auch die sprachliche Fähigkeit), hier textuell tiefer darauf einzugehen, was man wahrscheinlich sollte.


    Dieser einigen seiner Werke anhaftende Charakter ist nicht durchgehend zu finden. Die Präludien und Fugen Op. 87 sind von dieser Form der Zerrissenheit, wie ich finde , weitgehend verschont und intimer im Charakter.


    Mittlerweile glaube ich allerdings auch nicht mehr, dass Schostakowitsch nun bewusst hingegangen ist und oberflächlich verherrlichende Musik geschrieben hat, die eigentlich ganz anders gemeint war ... Je länger ich drüber nachdenke, desto unwahrscheinlicher finde ich das.


    Ich denke nun eher, dass Schostakowitsch selbst so eine zerrissene Person war. Es ist also keine bewusste Doppelbödigkeit, kein Januskopf, sondern eher jemand, den das Scheitern an bestimmten Stellen in produktive seelischen Tiefen geführt hat. Das zumindest vermeine ich ich immer stärker herauszuhören.


    Wenn überhaupt, kann ich sowas bei Schubert häufig nachempfinden.


    Mich würde der Eindruck anderer Taminos, die gerne Schostakowitsch hören, interessieren. :hello:

  • Für mich ist Schostakowitsch schlicht keine Musik, die gerne höre/die mir sympathisch ist. Darum ignoriere ich ihn vollständig, was CDs oder Konzerte betrifft.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Für mich ist Schostakowitsch schlicht keine Musik, die gerne höre/die mir sympathisch ist. Darum ignoriere ich ihn vollständig, was CDs oder Konzerte betrifft.

    Lieber hasiewicz, da verpasst du ja das halbe Leben! ^^

    Aber mal im ernst, ich habe mehr Aufnahmen von Shostakovich als von Beethoven

    1983 kam ich das erstemal mit Shostakovich in Berührung, da war es um mich geschehen! (Symphony Nr.7)


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Für mich ist Schostakowitsch schlicht keine Musik, die gerne höre/die mir sympathisch ist. Darum ignoriere ich ihn vollständig, was CDs oder Konzerte betrifft.

    Lieber Christian, da entgeht Dir wirklich was. Ich habe mich anfangs tatsächlich ein wenig schwer getan mit diesem Komponisten, der Zugang kam dann über die 5. Sinfonie, einmal in der Aufnahme von Jascha Horenstein und dann live in Jena mit den Jenaer Philharmonikern unter Nick Milton. Immer wieder fesselnd: die Sinfonie Nr. 11 , gefolgt von Nr. 7 und dann Nr. 4. Bei den Aufnahmen der Sinfonien versuche ich zumeist, mich über sowjetisch/sowjetische Aufnahmen einzuhören (also sowjetischer Dirigent und sowjetisches Orchester), zum einen des anderen Orchesterklanges wegen, zum anderen weil die sowjetischen oder heute russischen Dirigenten ein anderes auch biographisches Verständnis von Schostakowitsch haben als westliche Interpreten. Sowjetische Dirogenten und westliche Orchester sind auch fein, da finden sich immerhin unter den Jüngeren noch Kiatenko oder Bychkov drunter. Womit ich jetzt nichts gegen Schosta 10/Karajan oder Schosta 8/Previn gesagt haben will.


    Die Faszination bei Schostakowitsch ist die Erzählung in der Musik. Sie ist ungemein assoziativ und ruft Bilder hervor. Nicht immer schöne wie das Klezmer-Motiv im Finalsatz des 2. Klaviertrios. Doch es ist schon so, dass die Musik oftmals mit Geschichten hinterlegt ist, zum einen die erzählten zum Anderen die Entstehungs- und Aufführungshintergründe (Urauführung von Babi-Yar zB). Manchmal muss man das Ideologische ausblenden, um eine Kantate wie "Lied von den Wäldern" hemmungslos schön zu finden.


    Wäre da noch das 1. Violinkonzert ( hasiewicz : müsste in Deiner neuen Oistrach Bo enthalten sein. Oistrach war der Widmungsträger des Konzertes, bei mir gibt's das allerdings in der UA-Bestzung unter Yevgeni Mravinsky auf einer alten 25 cm-LP von Telefunken), das für mich zu en packendsten Werken der Violinliteratur zählt. Auch hier gibt es diesen Gegensatz von Melancholie und äußerst eruptiver Geste.


    Und wo wir gerade bei Melancholie sind: die 24 Präludien und Fugen zählen auch zu meinen Herzstücken von Schostakowitsch.


    Für mich einer der ganz, ganz Großen


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Mich würde der Eindruck anderer Taminos, die gerne Schostakowitsch hören, interessieren. :hello:

    Ich habe diese Geschichte mit dem ironischen Triumphgetöse, um den Auftraggeber zu täuschen, nie geglaubt. Die 5. endet triumphal, fertig. Er experimentiert herum in seinen Sinfonien mit Formverläufen und Ausdrucksnuancen bzw. mit seinem tonalen Material, mit Schärfen der Dissonanzen und der Instrumentierung und Kontrasten. Manchmal hingegen wird das Programm ganz makellos klar verständlich, womöglich im Sinne des sozialistischen Realismus, umgesetzt, wie in der 11. Sinfonie. Oder die Innerlichkeit der 14.

  • Ich habe diese Geschichte mit dem ironischen Triumphgetöse, um den Auftraggeber zu täuschen, nie geglaubt. Die 5. endet triumphal, fertig. Er experimentiert herum in seinen Sinfonien mit Formverläufen und Ausdrucksnuancen bzw. mit seinem tonalen Material, mit Schärfen der Dissonanzen und der Instrumentierung und Kontrasten. Manchmal hingegen wird das Programm ganz makellos klar verständlich, womöglich im Sinne des sozialistischen Realismus, umgesetzt, wie in der 11. Sinfonie. Oder die Innerlichkeit der 14.

    Schön beschrieben. Lieber Thomas Pape: Es ist nicht so dass ich glaube, dass es sich nicht formal um großartige Musik handeln kann. Sie steht allerdings mit ihrer Ausdruckswelt aus dem Herzen der UdSSR für einen Alptraum an menschlicher Gesellschaft, den ich beim Hören nicht beiseite schieben kann. Da atme ich lieber die klare Bergluft einer Bruckner-Symphonie oder bringe meine Gehirnzellen mit Bach zum Tanzen. Bei Schostakowitsch wird mir dagegen grau und bleiern zumute - als ob ich die Serie "Tschernobyl" schauen würde (auch ein Meisterwerk - auch unendlich deprimierend).

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Ah, Du kannst also auch nicht unbeschwert die filmischen Leistungen von Eisenstein und Vertov schlürfen, sehe ich das richtig?

    ^^

    Kenne ich zu wenig, offen gestanden.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Für mich ist Schostakowitsch schlicht keine Musik, die gerne höre/die mir sympathisch ist. Darum ignoriere ich ihn vollständig, was CDs oder Konzerte betrifft.

    Lieber Christian,


    da kann man mal wieder sehen wie unterschiedlich die musikalischen Wahrnehmungen sind.

    Als Antwort auf Dein Zitat, kann ich mich vollumfänglich Thomas Papes Beitrag 52 anschliessen.


    Als ich zum ersten mal Schostakowitsch hörte gab es in den späten 70ern noch keine CDs.

    Es war damals zwei Melodiya/Eurodisc - LPs mit Kondraschin mit den Sinfonien Nr. 1 und 9. Ich war, obwohl ich noch gar nicht so viel Klassik kannte (meine Anfänge waren Beethoven, Brahms, Tschaikowsky) haben mich diese Sinfonien so vom Hocker gehauen, dass es nur wenige Tage dauerte bis ich mir die restlichen Sinfonien mit einer Auswahl aus Swetlanow, Roshdestwensky und Kondraschin zugelegt habe ... die Fünfte (damals mit Kondraschin) hat mich dann vollends so Begeistert, dass cih es fast nicht für möglich halten konnte, dass es so wahnsinnige Musik geben kann ...

    Wie ich heute weis hab ich schon damals direkt die "Richtigen" gewählt, denn vieles was an Schostakowitsch heute dirigiert wird, ist oft sehr ordentlich, aber solche eine direkten packenden Zugriff, wie die drei genannten Dirigenten, findet man nur eingeschränkt.


    Bei ist es genau wie bei Fiesco.

    Ich hatte eigentlich immer die meisten Aufnahmen von Beethoven. Aber alleine meine zahlreichen Sinfonien-GA führen dazu, dass ich die meisten CDs in meiner Sammlung von Schostakowitsch sind.


    Das :angel: VC Nr.1 empfinde ich als einen der tiefgehensten Werke der Konzertliteratur ... das ist mein absolutes Lieblings - VC. Obwohl ich absolut kein MONO-Fan bin gehört tatsächlich die von Thomas genannte Aufnahmen mit Oistrach/Mrawinsky zu den Wichtigsten ... ansonsten in Stereo mit Oistrach/Roshdestwensky und VC Nr.2 Oistrach/Swetlanow (BBC Music, 1962; 1968).


    :) :angel: Schostakowitsch gehört heute nach wie vor zu meinen drei Lieblingskomponisten ........



    :hello: Ich denke, wenn Du dich zumindest mit den hier genannten Werken von den Anderen und mir beschäftigst, wirst Du sehen und erkennen, was Du verpassen würdest ......


    mir geht es allerdings mit vielen Sinfonien von Mahler so, denn an den "Longschinken" kann ich auch nur ab und zu mal gefallen finden ... bei mir dann nach wie vor immer noch am liebsten mit Solti (Decca), der übrignes auch als Dirigent bei Schostakowitsch voll punkten kann.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • :hello: Ich denke, wenn Du dich zumindest mit den hier genannten Werken von den Anderen und mir beschäftigst, wirst Du sehen und erkennen, was Du verpassen würdest ......


    mir geht es allerdings mit vielen Sinfonien von Mahler so, denn an den "Longschinken" kann ich auch nur ab und zu mal gefallen finden ... bei mir dann nach wie vor immer noch am liebsten mit Solti (Decca), der übrignes auch als Dirigent bei Schostakowitsch voll punkten kann.

    Lieber teleton ,

    ich muss gestehen, mir geht es ähnlich wie hasiewicz, Shostakovich hat auch bei mir einen schweren Stand. Russische Komponistinnen und Komponisten liegen mir zum Großteil leider einfach (noch) nicht, eines meiner persönlichen "Hassstücke" ist beispielsweise Galina Ustwolskajas grauenhafte Sinfonie Nr. 3 "Jesus, Messias, errette uns!". Tchaikovsky war da lange die einzige echte Ausnahme, auch wenn ich einige seiner berühmten Stücke oft als zu kitschig (Violinkonzert, 1. Klavierkonzert) oder zu übertrieben pompös (4. Sinfonie) empfinde. Dennoch hatte er es bei mir von den Russen noch am Einfachsten, insbesondere der "Blumenwalzer", die Ouvertüre 1812 und die 5. und 6. Sinfonie waren unter den ersten Stücken, die ich regelmäßig hörte, als ich zur Klassik gelangte.


    Ich versuche diesen Umstand aber zu ändern, was mir bei Prokofiev etwa schon zum Teil gelungen ist. Und auch von Shostakovich mag ich mittlerweile nicht nur den berühmten Walzer Nr. 2, die Gadfly-Romanze oder seine Cellokonzerte, seine 10. Sinfonie ist die, zu der ich bislang den besten Zugang habe, danach folgen die 5. und die 7. Alle anderen Sinfonien haben sich mir leider noch nicht wirklich erschlossen, ich hoffe, dass Petrenkos GA, die noch auf dem Ungehört-Stapel liegt, mir dabei weiterhelfen kann ;)

    Die 10. Sinfonie gefällt mir aber wirklich sehr, sehr gut, da bin ich froh, dass ich vor einigen Jahren schon einmal verstärkt Shostakovich gehört habe und mir dieses tolle Stück erschließen konnte. Lustigerweise habe ich den Weg zu der 10. über das D-Es-C-H-Motiv gefunden, ich bin also über die Musiktheorie bzw. die Geschichte auf diese Sinfonie gekommen ^^


    Ansonsten kann ich mir aber leider nicht erklären, warum es Shosti und Prokofiev so schwer bei mir haben, zumal Carl Nielsen, der in der 5. und 6. Sinfonie ja gewissermaßen ein dänischer Proto-Shostakovich ist, zu meinen Lieblingskomponisten gehört und ich insbesondere dessen 5. Sinfonie sehr hoch schätze.


    Liebe Grüße

    Amdir

  • Bis etwa 2005 habe ich um Schostakowitsch auch einen großen Bogen gemacht. Maßgebend für diese Abneigung war irgendwann einmal die Übertragung eines Klavierkonzertes mit furchtbar schrägen Tönen im TV, in den 80-ern. Im Abspann erfuhr ich dann, daß er das schräge Ding komponiert hat, und er kam auf meine Negativliste. Bis ca. 1995 war Musik des 20. Jahrhunderts bei mir maximal durch Puccini oder die Veristen erlaubt, es kam bei mir nicht an, zumal ich bis dato nur auf Oper stand. Strauss, Mahler, selbst Bruckner waren tabu.

    Als ich mich von dieser Sparte langsam verabschieden mußte und am Sinfonischen Geschmack fand, war der Zugang über die "Alpensinfonie" gelungen, es folgten weitere seiner sinfonischen Dichtungen. Irgendwann erlebte ich im Konzertsaal meinen ersten Mahler, mit der 1. und gleich danach die Auferstehung. Plötzlich fand ich daran nichts mehr "Schräges".

    Dann erlebte ich mehrfach Bruckner im heimischen Konzertsaal, es gastierte sehr oft das "Festival junger Künstler" aus Bayreuth in Gera, mit Bruckner (der ja gar nichts schräges hat) und auch Mahler. Die hatten ihren Schrecken verloren, ich wurde neugierig auf Musik des 20. Jahrhunderts. Unser Orchester spielte dann die 5. und später die 7. von Schostakowitsch (dank Gabriel Feltz), und das war auf einmal nicht mehr schmerzend für die Ohren. Ich habe dann gezielt nach Schostakowitsch gesucht, im Gewandhaus unter Bychkow, hörte ich seine 7., mitreißend, aufwühlend. Bis heute gefallen mir nicht alle, aber die 5., 7. und 10. finde ich großartig. Für den Rest habe ich hoffentlich noch Zeit genug.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose