Anna Netrebko - Einzigartig oder nur Marketing?

  • [quote]Original von severina


    Im letzten Bild atmete ich zunächst richtig auf angesichts der grauen Wand im Hintergrund - endlich weg von diesen kitschigen Bonbonfarben - aber die Freude währte nur kurz, denn dann ging die Sonne auf.....Doppelt ärgerlich, denn gerade in dieser Szene waren AN &RV großartig, was Ausdruck, Intensität des Spiels usw. betrifft, aber dieses grässliche Orange tötete jede Poesie.



    genau so sehe ich das auch.
    lg yago


  • Lieber Edwin,
    Also bei Eva Lind wurde defintiv versucht, sie auf die Erotikschiene zu hieven, nur scheiterte es schlicht und einfach daran, dass bei ihr die Diskrepanz zwischen Stimme und Aussehen zu groß war, und zwar auf seiten der Stimme!!! Schau bitte einmal im Archiv nach, was und wie damals über sie berichtet wurde!!
    Gegen den letzten Satz habe ich nichts einzuwenden, ich habe nie behauptet, ihre Popularität beruhe NUR auf ihrer Stimme, aber eben zu einem großen Teil.
    Und ein letztes Mal zu deinem Lieblingssujet, den gespreizten Beinen: Hätte sie das als Adina oder als Juliette oder als Mimi getan, würde ich es auch als vordergründige Effekthascherei, als Ablenkungsmanöver auffassen und ablehnen, aber ich sage es noch einmal und zum letzten Mal: Sowohl als Violetta als auch als Manon war es ein absolut rollenadäquates Verhalten, es fällt schlicht und einfach in die Rubrik "Schauspielkunst" und hat absolut nichts mit einem Hang zum Exhibitionisms oder gar Pornografie zu tun. Und wenn Miah Persson sich einer naturalistischen Darstellung auf der Bühne verweigert, wird der Kreis der Regisseure, die mit ihr arbeiten wollen, wahrscheinlich recht klein sein. Gerade du als Anhänger des Regietheaters müsstest solche Äußerungen doch eher mit Befremden zur Kenntnis nehmen.
    Als Villazon in einem schon länger zurückliegenden Interview meinte, er hätte den Romeo (ich glaube in LA) gerne nackt gespielt, aber das sei ihm nicht erlaubt worden, ging auch kein Aufschrei durch das Land, dass er jetzt als Erotikstar Karriere machen wolle.
    So, für heute geht mir langsam die Puste aus! (Nö, die Argumente nicht! :D :D :D)
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von Siegfried
    [quote]Original von yago
    dieser berliner schluss war ja zum davonrennen.da kann man eigentlich nur die sagen:"augen zu u. durch."
    lg yago


    Das Schlussbild erinnerte mich an Karl May: Winnetou trägt seine Schwester Ntscho-Tschi der Abendsonne entgegen in die ewigen Jagdgründe.
    Aber gesungen war der Schlussakt grossartig.
    Frage am Rande: Wie hat Ännchen ihre Haarpracht unter der Kurzhaarperücke verstaut ?[/quote]


    Hallo Siegfried,
    AN trägt ihre Haare momentan in etwa nackenlang, das geht sich also locker aus!
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Wenn Du schreibst: "dieses von ihrem Management gezielt aufgebaute Image eines Erotikstars", ist es richtiger.


    Übrigens: Ich sah diese "Manon" nicht, ...


    servus edwin


    wenn du sie nicht gesehen und wohl auch nicht gehört hast, wie ist es
    mit seriösem, nicht vom management gekauften journalismus vereinbar,
    folgenden artikel zu schreiben?


    das bühnentraumpaar in zeiten der krise


    Zitat

    Villazón in der Stimm-, Netrebko in der Beziehungskrise – wenn das nicht nach gegenseitiger Trostspende verlangt . . .


    du bedienst thematisch als journalist genauso die klischees wie die
    bild zeitung - rein die sprache ist besser.


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Liebe Severina, deinem Hilferuf muss ich natuerlich Folge leisten.
    Wenn Edwin tatsaechlich meint, dass Anna nun keine Rollen mehr singen darf, in denen gespreizte Beine zur Grundausstattung gehoeren, dann fehlen mir auch die Worte. :boese2:
    Aber ich nehme an, er will sie einfach eine Weile auf Eis legen und in Poulencs Karmeliterinnen und der PucciniSuor Angelica bunkern, bis der Rummel abgeklungen ist.Bis ein neues singendes Kurvenwunder am Horizont auftaucht(nee, nicht ich...... :no: :D) und Anna sich derweil im Kloster aufs Wesentliche konzentrieren kann: ihren verbesserungsbeduerftigen Gesang. Sprich Sprachkurs bei Edwin plus Intonationsuebungen.
    Also zeitweilige Gehirnwaesche fuer Anna und dann wieder gelaeutert auf die Menschheit loslassen. So hab ich 's verstanden.
    Danach ist sie dann von neuen Sexy-Sing-Sternchen so verdeckt, dass keiner mehr an ihre Kurven denkt und sie unbescholten Beine, Arme und Sonstiges spreizen darf. Beim Singen versteht sich.
    Fairy Queen :angel:

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  • Hallo Faun,

    Zitat

    wenn du sie nicht gesehen und wohl auch nicht gehört hast, wie ist es mit seriösem, nicht vom management gekauften journalismus vereinbar, folgenden artikel zu schreiben?


    Ich habe immer versucht, die Privatperson Edwin Baumgartner, als die ich im Forum bin, von dem Berufsmenschen gleicher Person auseinanderzuhalten. Deshalb habe ich weder Werbung für die "Wiener Zeitung" gemacht (ich glaube, es ist soeben das erste Mal, daß ich von mir aus dieses Blatt nenne), noch habe ich gezielt meine Informationen als Argumentationshilfe benützt.


    Was Du nun machst, ist, mit Verlaub, eine in meinen Augen unzulässige Vermischung. Wenn Dich an einem Zeitungsartikel von mir etwas stört, steht es Dir frei, an das Blatt einen Leserbrief zu schreiben, der, so er sprachlich nicht aus dem Rahmen fällt und mit nachvollziehbarem Absender versehen ist, möglicherweise auch abgedruckt wird.


    Für ein Tamino-Tribunal über Zeitungsartikel von mir stehe ich ebenso wenig zur Verfügung wie irgendein anderes Forumsmitglied für ein Tribunal über seine beruflichen Leistungen zur Verfügung stünde.


    Was Du eben gemacht hast (als erster Taminoianer übrigens - was mich bei Dir als sonst fairem Diskussionsteilnehmer umso mehr befremdet), war ursprünglich einer der Gründe, weshalb ich nicht mit meinem richtigen Namen aufscheinen wollte. Ich habe damals Alfred nachgegeben, weil ich es als Höflichkeit empfunden habe, mich, gerade als Neuling, nach den Wünschen des Forumsbetreibers zu richten. Bis jetzt habe ich es nicht bereut - aber jetzt weiß ich, daß ich meine Vorbehalte zurecht hatte.



    Da die Sache aber nun einmal aufgebracht ist: Dieser Artikel ist keineswegs eine Kritik der Berliner Aufführung, sondern eine Zusammenfassung von Meldungen, diversen Telefongesprächen mit meinen Informanten, diversen Gesprächen mit Mitarbeitern der Wiener Staatsoper usw. usw.


    Die gesamte Kolumne ist als Tritsch-Tratsch-Kolumne angelegt, weshalb sie durch das Layout der Printausgabe deutlich abgesetzt ist.



    Ich bitte Dich um Verständnis, wenn ich aus den genannten Gründen zu einer weiteren Diskussion bezüglich Deines Statements nicht bereit bin.


    :hello:

    ...

  • Es wäre tatsächlich ein Verlust, wenn Netrebko sich von Edwin in Sachen Repertoireauswahl beraten liesse. Dann hätte ich sie zu meinem Pech nicht in (einer) ihrer besten Partien gehört. Im Ernst : Nachdem ich mir heute meine Berliner Manon-Aufzeichnung angesehen habe, kann ich an ihr vokal so gut wie nichts aussetzen. Gut, ein Beckmesser würde diese oder jene Intonationstruebung (ich betone : -truebung) kritisieren, ein Anderer ihre Diktion (kann ich nicht beurteilen), doch in diesem Fach ist sie goldrichtig eingesetzt und kann die Vorzuege ihrer Stimme, die Schönheit ihres Timbres richtig zur Geltung bringen. Ich persönlich vermisse ein Wenig die "Kopfigkeit" der Höhen, also die Vermischung mit der Kopfstimme, die frueher bei ihrer Micaela (1997) und ihrer Cellini-Teresa (1999) so ideal waren, doch die Partien, die sie heute singt, liegen in einer anderen Liga.
    Nicht betonen muss ich wohl, dass ich sie als Figur vollkommen glaubhaft fand, und als Darstellerin muss sie fuer jeden Regisseur eine Freude sein.


    Villazón ist ein anderer Fall. Womit soll ich ihn vergleichen? Mit stilistisch hervorragenden Des Grieux-Interpreten wie Simoneau, Vanzo oder Kraus? Mit sich selber, wie er kuerzlich in der Met-Gala in Bohème- und Manon-Ausschnitten erbärmlich "crackte"? Oder mit sich selber in Hochform? Stilistisch ist er natuerlich mehr ein Latino- als ein francophoner Des Grieux, will heissen, mehr Emphase als Stil, mehr "Vollgas" als voix mixte. Die Traumerzählung fand ich sehr gut, während er in der St. Sulpice-Szene zu kämpfen hatte, sehr halsig und offen sang und beim letzten Ah,fuyez ein Wenig "crackte". Trotz aller Einwände : welch eine Stimme, welch eine Leidenschaft des Ausdrucks!
    Wenn ich gegen ihn stilistisch etwas einzuwenden habe, was soll ich dann erst zu Alagna sagen? Der war frueher mal ein ausgezeichneter Des Grieux, aber Radamés und Otello vertragen sich schlecht mit Massenet, so dass bei seinem Wiener Des Grieux eine Mischung aus Nicht (mehr) Können und Verismo herauskam.


    Zur Inszenierung möchte ich mich nur so weit äussern, dass sie offensichtlich von Netrebko und Villazón lebt. Ansonsten ist es schwierig etwas nur via TV zu beurteilen.


    Das war's fuer's Erste. Ich kämpfe mit mir, ob ich auf Edwins Lieblingsthema eingehe und etwas zu Elina Garanca, Anu Tali und Eva Lind beisteuere. Man sollte Edwins Gegenpartei nicht ganz allein lassen!


    Gruesse aus Helsinki


    Mikko

  • Hallo Edwin,


    ich weiß nicht, worüber ich mehr enttäuscht und irgendwie traurig bin - über Deinen Artikel oder über die Andeutungen betreffend AN & RV, die Du darin machst.


    Naja, das Leben ist kein Picknick....


    :(
    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

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  • Liebe Austria,
    auch ich bin etwas traurig, daß auch Du, trotz meiner, wie ich glaube halbwegs verständlichen, Erklärung an Fauns Adresse, mit mir über eine berufliche Entscheidung diskutieren oder eine Rechtfertigung von mir erreichen willst.


    Sei bitte nicht böse - ich werde es nicht machen. Wenn Du mit Artikelinhalten nicht einverstanden bist, empfehle ich auch Dir den Weg über den Leserbrief.
    :hello:

    ...

  • Nur zu Mikko, der Edwin verträgt's schon, der ist zäh!!
    Weißt du eigentlich, ob es von der offensichtlich großartigen "Boheme" in St.Petersburg eine Aufzeichnung gibt? Radio oder so? Also, dafür gäbe ich ein Königreich! :]
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von severina
    Nur zu Mikko, der Edwin verträgt's schon, der ist zäh!!
    Weißt du eigentlich, ob es von der offensichtlich großartigen "Boheme" in St.Petersburg eine Aufzeichnung gibt? Radio oder so? Also, dafür gäbe ich ein Königreich! :]
    lg Severina :hello:


    Liebe Severina,


    falls Du Zugang zu meiner Mailaddresse hast, schreibe mir doch. Ich antworte dann darauf.


    Nun zu Edwin (keine Angst, ich gehe nicht auf Deinen Artikel ein). Falls Du schon einmal Opernuebertragungen auf Arte gesehen hast, ist Dir sicherlich das Logo eines Opernmagazins aufgefallen, mit dem solche Sendungen beginnen und enden. "Das ... präsentiert" oder so ähnlich. Meine Frage an Dich als Journalisten und kritschem Forumsteilnehmer, ob eine solches Magazin noch unabhängig ueber eine solchermassen beworbene Auffuehrung berichten kann oder ob es zu Gefälligkeits-Rezensionen kommt (soll es ja auch geben, oder?)


    Noch ganz kurz zu Anu Tali und Elina Garanca. Im vergangenen Jahr gab es bei uns in Savonlinna "Carmen" unter der Leitung von Anu Tali. In der Tat war die gesamte Werbung fuer dieses Festival auf die Tatsache einer dirigierenden Frau ausgerichtet. Also auch hier "Sex (= Geschlecht) sells". Und bei Elina Garanca sollten wir abwarten, was kommt. Seit sie Exclusivkuenstlerin der DG und seit Neueustem beim selben Management wie Netrebko ist (sie hat bisher einen grossen Verschleiss an Agenten), hat sich ihre Präsentation sehr verändert, was man z.B. an ihrer Website ablesen kann.


    Bei Deiner Bezeichnung Netrebkos als "halbwegs passabel singender Kuenstlerin" (aus dem Gedächtnis zitiert) musste ich ein Wenig schmunzeln. Bei Einem, der einen Briten als Avatar benutzt, kommt dieses Kompliment einem Ritterschlag gleich. Also sollten Austria, Severina und dieser Mikko doch eigentlich zufrieden sein!?


    Gute Nacht


    Mikko

  • Freut mich, dass ich zu eurem Amuesement beitrage! :yes: :beatnik:


    Lieber Mikko, und es freut mich erst recht, dass du dich auf eine stimmliche Manon- Diskussion mit mir einlaesst. Noch eine Frage: ich habe in der Szene am Hof(3.Akt) die Netreko als stilistisch unpassend empfunden(saengerisch). Sie hat meiner Ansicht nach aus dem Massenet, der ganz absichtlich auf barocke Muster in ihrer grossen Arie zurueckgreift und das auch mit richtig taenzerischen Phrasierungen, Pausen und Verzierungen gesungen haben will, einen romantischen Verdi hgemacht. Das ist das Einzige was ich wirklich zu bemaengeln habe. Sie hat weder die Pausen, noch die Vorschlaege, noch die Phrasierungen eingehalten, sondern so gesungen als sei Manon am Pariser Hofe beim Menuett eher eine Amelia(heisst die so?) auf dem Verdi Maskenball.
    Ich finde, man muss im frz. Repertoire einfach ein bisschen andere Regeln anerkennen als im italiensichen oder russischen.
    Die Aussprache war nicht gut, aber das kann ich eher verzeihen als musikalische "Schlamperei."
    Ansonsten voll mit Dir konform. Edwin muss unbedingt gehindert werden, sie im Kloster zu seinen Privatzwecken einzubunkern!!!!!!
    Fairy Queen :angel:


  • 8o 8o 8o 8o 8o 8o Ich bin geschockt! Und das noch dazu in einem Kloster!! 8o 8o 8o 8o 8o


    lg Severina :hello:

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  • Hallo Mikko,
    ich wollte dir eben eine PN schicken wegen der Boheme, aber du hast deine PN-Funktion nicht aktiviert, das klappt also nicht, und e-mail-adresse hast du auch keine angeben. (Was ich verstehe, das würde ich auch nicht!)
    lg Severina :hello:

  • Hallo Fairy Queen,

    Zitat

    Edwin muss unbedingt gehindert werden, sie im Kloster zu seinen Privatzwecken einzubunkern!!!!!!


    :O Touché.... :O
    Ich wollte schon immer meine "Vocalise in Mikrointervallen" von einem dunkelgetönten, aber leichten Sopran gesungen hören. Dieses Werk ist für Netrebko in Intonation und Diktion sozusagen maßgeschneidert.


    Das Kloster ist natürlich nur ein Gebäude.


    Nachher der Aufführung gibt's Bliny, Kaviar und Vöslauer (statt Wodka). Dazu geigt der André Rieu ein Duo mit der Vanessa Mae.


    Menschenskind - hab' ich zuviel Stilton gegessen, dass ich solche Alpträume habe...? :hahahaha:


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von severina
    Hallo Mikko,
    ich wollte dir eben eine PN schicken wegen der Boheme, aber du hast deine PN-Funktion nicht aktiviert, das klappt also nicht, und e-mail-adresse hast du auch keine angeben. (Was ich verstehe, das würde ich auch nicht!)
    lg Severina :hello:


    Hallo Severina,
    mein Deutsch reicht wahrscheinlich nicht aus, um alle diese Funktionen zu verstehen. Jetzt aber habe ich ein Wenig verändert. Versuche es also noch einmal.
    Gruesse von
    Mikko

  • Hallo Mikko,

    Zitat

    Meine Frage an Dich als Journalisten und kritschem Forumsteilnehmer, ob eine solches Magazin noch unabhängig ueber eine solchermassen beworbene Auffuehrung berichten kann oder ob es zu Gefälligkeits-Rezensionen kommt (soll es ja auch geben, oder?)


    Oh weh, die Gretchenfrage....
    Ich antworte Dir auf der Basis von österreichischem Journalistenrecht und weitgehend internationalem Ehrenkodex. Bitte ein wenig Geduld, ich muß weiter ausholen.


    Die Theorie: Niemand, nicht einmal ein Abteilungsleiter oder ein Chefredakteur, darf dem Journalisten eine Meinung vorschreiben. Kritiken sind Meinungsäußerungen. Ergo...


    Das klingt jetzt einfach, ist es aber in der Realität nicht. Der Hund bei der Sache ist die Grenze zwischen Meinung und Bericht. Ein Vorgesetzter kann einen Bericht in einer bestimmten Sache verlangen.


    Ein Beispiel: Sagen wir, in Helsinki wird ein neues Opernhaus gebaut. Mein Chefredakteur ist Finnland-Fan, ergo gibt er bei mir einen Bericht in Auftrag, der sich mit diesem Opernhaus befaßt. Ich habe die finanzielle Gebarung zu beschreiben, eventuell ein Interview mit dem Architekten zu führen, die Organisationsstruktur zu erklären etc. etc. Ich sollte aber in diesem Bericht nicht äußern, ob mir dieses Haus gefällt. Das wäre eine Meinungsäußerung, die in einem Bericht nichts zu suchen hat.


    Ebenso kann mir der Chefredakteur den Auftrag geben, eine Kritik über einen Auftritt von Anna Netrebko zu schreiben. Ich muß es machen - aber ich äußere gewisse Vorbehalte. Angenommen, mein Chef ist Netrebko-Fan und ist absolut nicht meiner Meinung, hat er nur eine Möglichkeiten: Er kann die Kritik nicht erscheinen lassen. Er kann mich nicht zwingen, meine Meinung seiner eigenen anzupassen.


    Ich spreche jetzt einmal von mir: Ich habe das Glück, einen Chefredakteur zu haben, der im Umgang mit diesen Dingen von einer landesweit bekannten Sauberkeit ist. Aber ich habe auch schon einen anderen Chefredakteur erlebt...


    In der Nicht-"Wiener-Zeitung"-Realität ist es meiner Meinung nach natürlich wesentlich haariger - da geht es um den Zwang des Faktischen.


    Kurzer Szenenwechsel - inklusive der deutlichen Feststellung, daß es sich im Folgenden, wie schon auch oben, ausschließlich um meine persönliche Meinung handelt und ich keine bestimmte Zeitung oder Rundfunkanstalt meine.


    Bei Werbeeinschaltungen geht es naturgemäß immer um Geld - meistens um sehr viel Geld. Oder um Gegengeschäfte. ("Ich sponsere Deine Sendung, dafür bekomme ich bei Dir einen Werbeauftritt.") Das gegenseitige Interesse ist natürlich sehr groß, das betreffende Ereignis als die Sensation schlechthin darzustellen.


    Szenenwechsel - zurück zum Kritiker.


    Der Kritiker (oder Redakteur) hat mit den Geschäftsinteressen des Blattes absolut nichts zu tun, er ist nur seinem Gewissen verpflichtet. Und was geschieht, wenn nun das beworbene Ereignis keine Sensation war, sondern ein Flop?


    Nun: Der Kritiker hat natürlich auch hier das Recht (neben der moralischen Verpflichtung), seine - subjektive - Wahrheit darzustellen. Auch dann, wenn es der Werbestrategie von Chefredaktion und Geschäftsführung zuwiderläuft. Aber der Markt für Journalisten, zumal Kulturjournalisten, ist in Österreich eng begrenzt...


    Fall "Wiener Zeitung": Der derzeitige Chefredakteur würde (wahrscheinlich leicht zähneknirschend) die wenig werbewirksame Meinung hinnehmen - aber eine gewisse Kompensation verlangen, also ein Interview mit einer maßgeblichen Person der Gegenseite, damit sich die in einem entsprechenden Licht darstellen kann. (Wenn sich die Gegenseite dann im Interview unvorteilhaft darstellt, ist das quasi Eigenverschulden, das Interview würde dennoch erscheinen.)


    Daß bei einigen anderen Medien der einzelne Journalist meiner Meinung nach nicht immer so geschützt agieren kann, ist eine andere Sache - wie gesagt: Der Markt ist begrenzt.


    Wenn ich, um auf Deine Frage zurückzukommen, also für die "Wiener Zeitung" antworte: Für dieses Blatt garantiere ich Dir, daß es kein einziges Mal eine Gefälligkeitsrezension im Auftrag der Chefredaktion oder der Kulturabteilung gegeben hat.


    :hello:

    ...

  • Lieber Edwin,


    Dank fuer Deine ausfuehrliche Antwort. Ich möchte das Thema nicht ausweiten, denn es erforderte wohl einen eigenen thread. Es kam mir nur im Zusammenhang mit der Manon in den Sinn.


    Mikko

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  • Hallo Mikko,
    es funktioniert leider immer noch nicht, vielleicht kann ja irgendein MOD helfen und uns einen Tipp geben! Ich kriege immer die Meldung "Teilnehmer will keine persönlichen Nachrichten empfangen." :(


    Edwin, bin ich froh, dasss ich keine Journalistin geworden bin, eine Zeitlang habe ich nämlich mit diesem Gedanken gespielt. Aber ich wäre wohl bald brotlos gewesen...... ;)
    lg Severina :hello:

  • Liebe Severina,

    Zitat

    Edwin, bin ich froh, dasss ich keine Journalistin geworden bin, eine Zeitlang habe ich nämlich mit diesem Gedanken gespielt. Aber ich wäre wohl bald brotlos gewesen......


    Ich wär's vor noch gar nicht langer Zeit auch einmal geworden, freiwillig - dann wechselte der Chefredakteur, und mit einem Mal macht's wieder Freude. Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken; im Idealfall ist der Kopf aber auch der Qualitätsnachweis.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Liebe Severina,


    Ich wär's vor noch gar nicht langer Zeit auch einmal geworden, freiwillig - dann wechselte der Chefredakteur, und mit einem Mal macht's wieder Freude. Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken; im Idealfall ist der Kopf aber auch der Qualitätsnachweis.


    :hello:


    Lieber Edwin,
    Ich fürchte, dass kein Chefredakter mit meinen Artikeln glücklich gewesen wäre, weil meine Vorstellungen von journalistischer Ethik mit der journalistischen Praxis leider überhaupt nicht kompatibel sind. Mein Schlüsselerlebnis war die Berichterstattung über den OPEC-Anschlag, da wurde mir teilweise speiübel und ich wusste: "Das kannst du nicht!" Ich begreife bis heute nicht, wie ein Reporter gestrickt ist, der einem Menschen, der um das Leben eines Angehörigen zittert, ein Mikro unter die Nase halten und fragen kann, wie er sich fühlt.
    Ich wäre aber auch als "Seitenblickereporter" ungeeignet, weil ich der völlig anachronistischen Ansicht bin, dass auch ein Promi ein Recht auf eine Privatsphäre hat und dieses schöne Schlagwort von einer "Person des öffentlichen Interesses" nur ein Alibi für Schmuddeljournalismus ist. Öffentliches Interesse ist meiner Meinung nach nur hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit eines Menschen legitim, nicht aber im privaten Bereich. Die Sensationsgier von Menschen zu befriedigen, die offensichtlich ein so ödes Leben führen, dass sie sich an Katastrophen und Skandalen aus der Welt der "Schönen und Reichen" aufgeilen müssen - nein, das wäre nicht meines. Daran - nämlich an die Respektierung der Privatsphäre - habe ich mich auch in meiner stürmischsten Zeit als Opernfan immer gehalten, jenseits des Bühnentürls begann für mich die Tabu-Zone, die ich nie überschritten habe. Mir wäre es nie im Traum eingefallen, einen Sänger auf der Straße oder in einem Lokal anzuquatschen oder um ein Autogramm zu bitten. Oh, jetzt sind wir aber sehr OT, ich hoffe, die MODs schlafen schon alle! ;) :D
    lg Severina :hello:

  • Liebe Severina,
    zwischen dem von Dir Beschriebenem und dem von Edwin Betriebenem gibt es durchaus einen Unterschied. Journalisten suchen sich schon aus, was sie tun. In dubio wechseln sie zu PR-Agenturen. Die von Dir beschriebenen Schranzen haben mit gutem Journalismus nichts zu tun.


    Den von Faun angemerkten Beitrag fand ich übrigens ausgesprochen gelungen. Das hat mit Verbiegen nichts zu tun. Dieses feinsinnige Geplauder muß man erst einmal hinkriegen. Und die Sprache schließlich schließt eine gewisse Tratsch-Klientel schlichtweg vom Verständnis aus.


    So sehr Edwin Anna hier bei Tamino auch belästern mag: publizistisch ist sie bei ihm gut aufgehoben. Das ehrt ihn außerordentlich.


    Mehr Journalisten von Edwins Ethik bitteschön: der Blätterwald hat's dringend nötig.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Lieber Thomas,
    hier liegt glaube ich ein grundlegendes Missverständnis vor, denn mein Beitrag hat mit Edwins Artikel nicht das geringste zu tun - schon einmal deshalb, weil ich ihn gar nicht kenne und daher auch nicht beurteilen kann. Ich habe mich zunächst auf Edwins Replik zu Mikkos Frage bezogen und dann sehr allgemein meine persönliche Sicht zum Thema Journalismus dargelegt - wieder ausgehend von Edwins Antwort an mich. Das von mir aufgeworfene Problem ist eines, das mich immer beschäftigt hat, eben weil ich - aus Spaß am Schreiben - einmal Journalistin werden wollte, aber recht bald eingesehen habe, dass ich da nicht glücklich werden würde. Keineswegs ist das jetzt eine versteckte Abrechnung mit Edwin, weil er sich untersteht AN am Zeugs zu flicken, sondern eben meine generelle Einstellung zu Berichterstattungen im Stile der Berliner Morgenpost, die ja heute bereits Thema im Forum war. Diese Meinung musst du natürlich nicht teilen, aber bitte interpretiere nicht etwas hinein, was nicht drin steht. (Ich hoffe, Edwin tut das auch nicht! Auf diese Idee hast erst du mich gebracht :( )
    lg Severina :hello:

  • Liebe Severina.


    Nur ganz kurz, weil es wirklich "ot" ist: Wenn ich Deine Beiträge so lese, wird in mir der Eindruck geweckt, dass die journalistische Welt von Schmierenschreibern bevölkert ist, die permanent an die niedersten Instinkte ihrer Leser appellieren und diese gleichsam zu Voyeuren (von mir aus auch: sensationslüsternen Gaffern) erziehen.
    Dem ist nicht so. Das schreibe ich jetzt natürlich, weil ich selbst Journalist bin - und entsprechend viele Kollegen samt deren Arbeitsweise und ethischer Einstellung kenne. Also mal abgesehen davon, dass ich derartige Werturteile auf mich selbst nicht gern angelegt sehe, denke ich, dass sie in ihrer Pauschalität nicht richtig sein können.
    Ich will jetzt gar nicht erst eine Diskussion beginnen, inwieweit Journalisten nur Spiegelbilder der Gesellschaft sind/liefern oder deren Erzieher sein sollten; das wäre zwar gewiss interessant, aber dann doch wohl ein eigenes Thread-Thema.
    Wie Thomas schon schrieb, wird man sich als Journalist ein Betätigungsfeld suchen, das einem liegt, denn nur dort kann man so gut sein, dass man sich gegen Mitbewerber durchsetzen kann. (Nebenbei bemerkt, da wäre für Dich bestimmt irgendwo eine Nische gewesen.)


    Kurz zu Mikko: Wenn eine Publikation sich wegen der Präsentation eines Ereignisses wie einer Opernaufführung ihrer kritischen Haltung dazu enthalten würde, schösse sie sich damit ein veritables Eigentor. Ich bin überzeugt, dass Leser ein sehr feines Sensorium dafür haben, ob ehrlich mit ihnen umgegangen wird.
    In diesem Fall ist es auch kein Problem, dieses Engagement zu begründen: Wir wollte Ihnen ermöglichen, sich ein Bild von der Aufführung zu machen, indem sie diese selbst anschauen können - was sie davon letztlich zu halten haben, können Sie dann bei uns nachlesen ;).


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Lieber Mikko, und es freut mich erst recht, dass du dich auf eine stimmliche Manon- Diskussion mit mir einlaesst. Noch eine Frage: ich habe in der Szene am Hof(3.Akt) die Netreko als stilistisch unpassend empfunden(saengerisch). Sie hat meiner Ansicht nach aus dem Massenet, der ganz absichtlich auf barocke Muster in ihrer grossen Arie zurueckgreift und das auch mit richtig taenzerischen Phrasierungen, Pausen und Verzierungen gesungen haben will, einen romantischen Verdi hgemacht. Das ist das Einzige was ich wirklich zu bemaengeln habe. Sie hat weder die Pausen, noch die Vorschlaege, noch die Phrasierungen eingehalten, sondern so gesungen als sei Manon am Pariser Hofe beim Menuett eher eine Amelia(heisst die so?) auf dem Verdi Maskenball.
    Ich finde, man muss im frz. Repertoire einfach ein bisschen andere Regeln anerkennen als im italiensichen oder russischen.
    Fairy Queen :angel:


    Liebe Fairy Queen,


    vielleicht ist es das, was Juergen Kesting an Netrebko und Villazón in puncto Stil bemängelte. Aber wo sind die Franzosen? Ich bin schon sehr gespannt, wie Dessay Manon singen wird (wenn ich mich nicht irre, noch diesen Sommer in Spanien, mit Villazón als Partner!)


    Doch zurueck zu Deinem Eindruck. Inn willkuerlicher Reihenfolge versuche ich hier einige (mögliche) Antworten.


    1. Du fuehrst häufig (auch als Manon) Beverly Sills an. Wenn dies der Mass-Stab ist, kann Netrebko damit nicht konkurrieren, da sie mehr eine Lyrische mit Koloratur als eine Koloratursängerin ist.
    2. Netrebko ist schlampig vorbereitet.
    3. Der Dirigent hat dies nicht von ihr abverlangt.
    4. Bereits Massenet hat das Barock aus der Sicht seines Jahrhunderts zitiert. Dann käme es nicht darauf an, diese Passagen wie im Barock zu singen.
    5. Und der Regisseur wiederum verlegt das Stück in ie 50er Jahre. Ist es da noch wichtig, wie im Barock zu singen? Wäre dieser Gesangsstil in diesem Kontext nicht unpassend?


    Wie gesagt, dies sind nur Spekulationen, ins Unreine geschrieben. Im Zweifelsfall neige ich zu Antworten 1 und 2.


    Die Antworten zu meiner Journalismusfrage zeigen mir, dass es durchaus Wert wäre, in einem eigenen thread darueber zu diskutieren. Meine Frage zielte im Uebrigen mehr darauf ab, wie weit die Meinung verbreitet ist, dass es sich bei diesen (ich beziehe mich jetzt nur auf die deutschsprachigen wie Opernglas, Orpheus, Merker) Magazinen um "seriöse" Organe handelt im Sinne der von Edwin und lohengrins angesprochenen Ethik.


    Gruesse aus Helsinki


    Mikko

  • Zitat

    Original von severina
    Hallo Mikko,
    es funktioniert leider immer noch nicht, vielleicht kann ja irgendein MOD helfen und uns einen Tipp geben! Ich kriege immer die Meldung "Teilnehmer will keine persönlichen Nachrichten empfangen." :(
    lg Severina :hello:


    Ich bin tatsächlich auf das Erbarmen eines der Moderatoren angewiesen. Es geht mir wie Tamino. Immer, wenn ich irgendwo eindringen will, schallt mir ein "Zurueck" entgegen.
    Also, lieber Moderator, ich hätte gerne eine private Nachricht von Severina empfangen. Was muss ich tun?


    Mikko

  • Zitat

    Original von severina
    Mir wäre es nie im Traum eingefallen, einen Sänger auf der Straße oder in einem Lokal anzuquatschen oder um ein Autogramm zu bitten.


    Hallo severina,


    kleines Beispiel: es gibt einen Künstler, eine Künstlerin, die Du sehr schätzt und von dem/von der Du regelmässig die Konzerte besuchst. Irgendwann passierts zum erstenmal: Du stehst diesem Menschen zufällig auf der Strasse gegenüber - was machst Du? Seit diesem "ersten Mal" passiert es mit schöner Regelmässigkeit immer wieder - man begegnet sich zufällig, ohne, dass Du es wirklich darauf anlegst...


    LG

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