Salome, die Tochter der Herodias, Prinzessin von Judäa.

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    bei Karajan / Behrens kann ich Dir voll zustimmen, bei Welitsch nicht.


    Wir können ja gerne in einen passenden Thread wechseln - aber mich würde schon interessieren, wieso Welitsch eine gute Salomé sein soll. Möglicherweise war sie darstellerisch stark, was die sängerische Schwäche ausgegelichen hat. Aber wenn hier gesagt wird, sie sei überhaupt die Salomé der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts gewesen, dann ist doch mehr als ein Fragezeichen erlaubt.


    Catherine Malfitano habe ich mit der Salomé live gesehen und gehört - und die war wirklich beeindruckend. Da war in der Darstellung ein hoher Identifikationsgrad mit der Rolle spürbar, der sich auch auf die gesangliche Ausgestaltung übertragen hat.

  • Ich denke auch, dass man das Thema, wer nun die beste und schlechteste Salome ist, hier nicht abwürgen sollte. Deshalb habe ich die Diskussion hierher verpflanzt und bitte um Fortsetzung - möglichst mit Begründungen. J.R.II


    Ich habe mir nämlich zum Beispiel überlegt, ob ich die Karajan - SALOME mit der - m. E. wohl aus der Rückschau ihrer schnell negativen Entwicklung - zu schlecht beurteilten Hildegard Behrens in den kürzlich gestarteten Thread mit den verrissenen Lieblingsaufnahmen einsortieren soll. Aber soo doll mag ich sie nun wieder auch nicht.


    Meine subjektiv beste Salome war Anja Silja live in Frankfurt und ist Caherine Malfitano - beidemale übrigens unter Christoph von Dohnanyi. Danach käme wohl Teresa Stratas in der Böhm-Aufnahme und der Inszenierung von Götz Friedrich. Von Ljuba Welitsch kenne ich nur den Schlussgesang auf einer alten LP, deren Klangqualität mir nie Lust auf den Rest gemacht hat, obwohl ihre Identifikation mit der Rolle schon phänomenal ist. Aber auch die Caballé fand ich mit Leinsdorf alles andere als unterirdisch.


    Wie ist eigentlich Leonie Rysanek bei Böhm?


    :hello: Jacques Rideamus

  • Lieber Jacques,
    es ist die Frage, was man von einer Salome erwartet - und es kann sein, daß sich mein Geschmack mit der Zeit gewandelt hat. Nach und nach liebe ich immer leichtere, flexiblere Stimmen, während ich früher auf "Brüllaffen" stand.
    Tempora mutantur...
    Ich habe live, abgesehen von der Malfitano, die ich (live!) nicht so sehr beeindruckend fand, vor allem Nilsson gehört - und es war grauenhaft. Das war auch mir zuviel Gebrüll. Außerdem natürlich Gwyneth Jones mit ihren willkürlichen Intonationen und ihrem Schleppen manchmal bis zu einem halben Takt. Unmöglich.
    Vielleicht hat sich mein Blick auf das Werk auch gewandelt, denn jetzt wäre mir eine leichte, lyrische Stimme mit schönem Timbre am liebsten - und der Dirigent möge das Orchester genug zurücknehmen, damit die Sängerin auch drüberkommt.
    Rysanek bei Böhm finde ich eher uninteressant, hübsch gesungen, aber ich zucke eher die Schultern.
    Ausgesprochen gut gefallen mir Inga Nielsen und Karen Hoffstodt (in der französischen Version unter Nagano), die eben bei mir läuft.
    :hello:

    ...

  • Lieber Edwin,


    ich habe das Gefühl, dass der Geschmack ganz allgemein schon seit Längerem von den schweren Walküren weg und zu den schlankeren, dabei aber nicht zwangsläufig schwächeren Stimmen hin geht - wobei ich nicht weiß, welches Huhn und was Ei ist. Dass es Sache des Dirigenten ist, die Sängerinnen dabei nicht untergehen zu lassen, hat schon Strauss selbst immer wierder gesagt - vielleicht auch schlechten Gewissens, weil er letztlich doch etwas anderes komponiert hatte.


    Wo es mir aber im Fall der ELEKTRA tatsächlich am wichtigsten ist, dass die Stimme ihre Aufgabe bewältigt, kann ich bei einem so schwül erotischen Stoff wie der SALOME die visuelle Ebene auch beim Hören nicht wirklich außer Acht lassen, denn die ganze Rolle funktioniert nicht mehr, wenn man der Hauptfigur das übersteigerte Kindweib nicht abnimmt, sondern nur eine hysterische Matrone brüllen hört und alles niederwalzen sieht. Ich weiß, daa ich Birgit Nilsson oder Montserrat Caballé mit dieser Beschreibung grobes Unrecht zufügte, würde ich sie damit meinen, aber die Gefahr wächst in der Tat mit den körperlichen Proportionen - orientalische Geschmacksnoten hin oder her. Es geht nämlich nicht um ein Schlankheitsideal, sondern um glaubhafte JUGEND. Natürlich muss man bei der mörderischen Partitur Kompromisse akzeptieren, aber das lohnt nicht, wenn die zentrale Titelfigur darüber verloren geht.


    Inga Nielsen könnte ich mir in der Tat gut vorstellen. Allerdings kenne ich ihre anscheinend in der Tat hörenswerte Salome nur aus einem auch technisch eher mittelprächtigen Düsseldorfer Live-Mitschnitt unter Heinz Wallat von 2003, der eher wegen René Kollos Auftritt erinnernswert ist, denn da singt der statt "Wo ist Salome?" doch glatt "Wo bleibt Elektra?".


    Wenn Du Inga Nielsen lobst, meinst Du diese Aufnahme unter Schoenwandt, die ich noch nicht kenne?



    :hello: Jacques Rideamus

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  • Ich möchte nochmal kurz bei Ljuba Welitsch ansetzen: unabhängig von der rein gesanglichen Seite, stört mich der Überdruck, mit dem sie oft singdarstellerische Leerstellen zu füllen versucht - auf mich wirkt das outriert.


    Montserrat Caballé fand ich vor allem in meinen jüngeren Jahren als Salomé richtig gut. Erst später, beim Wiederhören, relativierte sich das etwas - aber ich finde sie immer noch, gerade auch bei den zurückgenommenen Tönen, hörenswert und an klangvollen Spitzentönen gebricht es der Caballé ebenfalls nicht.


    Nilsson hat selbstverständlich keine Probleme, die Orchestermassen zu überstrahlen, allerdings ist ihre Tiefkühlentruhenstimme bei der Salomé sicherlich nicht ideal eingesetzt.


    Eingkeit besteht vermutlich bei Gwyneth Jones - der Hamburger Mitschnitt beweist, dass Jones als Salomé letztendlich eine Zumutung ist.


    Vom Typ her finde ich Teresa Stratas interessant, ihre Stimme ist nicht so mein Fall.


    Positiv überrascht war ich von der Einspielung mit Inga Nielsen - die kommt als Salomé insgesamt stimmiger rüber, als bsplsw. Nilsson.


    Dass man heute jünger wirkende, frischere Stimmen besetzt, empfinde ich eher als Vorteil. Bei Bühnenaufführungen wird man dann den einen oder anderen Kompromiss machen müsse. Das ist mir aber lieber, als solche Darbietungen wie von Siv Wennberg anschauen zu müssen, die dann nicht nur über eine für die Rolle unglückliche Figur verfügt, sondern auch noch ein schauspielerischeres Untalent offenbart, das die ganze Geschichte dann relativ unglaubwürdig erscheinen lässt.

  • Lieber Jacques,

    Zitat

    Wenn Du Inga Nielsen lobst, meinst Du diese Aufnahme unter Schoenwandt, die ich noch nicht kenne?


    Ja, diese Aufnahme ist es. Insgesamt sehr schön plastisch dirigiert, viele Details, Durchschlagskraft wo nötig. Inga Nielsen singt die Salome als erotisches Biest, outriert aber nicht so, daß es geschmacklos würde. Insgesamt sehr empfehlenswert - nicht zuletzt wegen der Silja als Herodias, das ist geradezu phänomenal!
    :hello:

    ...

  • Inga Nielsen ist derzeit meine Favoritin in dieser Partie. Sie hat alle nötigen stimmlichen Mittel für die Salome, ohne dabei gleich eine wuchtige Heroine zu sein (Birgit Nilsson ist hier z.B. gar nicht mein Fall), dazu kommt eine nahezu perfekte Diktion. Ihre Salome ist wirklich noch ein halbes Kind, unglaublich verwöhnt, zickig, besitzergreifend und sich ihrer kühl-erotischen Ausstrahlung gar nicht wirklich bewusst. Ich habe sie zwei Mal live erlebt und fand sie auch darstellerisch immer sehr überzeugend.

  • Zitat

    Original von Der-wonnige-Laller
    Inga Nielsen ist derzeit meine Favoritin in dieser Partie. Sie hat alle nötigen stimmlichen Mittel für die Salome, ohne dabei gleich eine wuchtige Heroine zu sein (Birgit Nilsson ist hier z.B. gar nicht mein Fall), dazu kommt eine nahezu perfekte Diktion. Ihre Salome ist wirklich noch ein halbes Kind, unglaublich verwöhnt, zickig, besitzergreifend und sich ihrer kühl-erotischen Ausstrahlung gar nicht wirklich bewusst. Ich habe sie zwei Mal live erlebt und fand sie auch darstellerisch immer sehr überzeugend.


    Da hast Du meine volle Zustimmung, lieber Clemens! Ich habe sie auch zweimal live erleben können und war äußerst beeindruckt von Ihr!
    Jammerschade, daß sie so jung sterben mußte!


    LG Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ja, das ist wirklich schade. Denke, daß sie überhaupt als Sängerin (nicht nur in der Partie der Salome) etwas zu unbeachtet war. Die o.g. Aufnahme ist eine der wenigen Einspielungen mit ihr - und leider ist sie im Gesamten nicht so der Knüller - alles ein wenig zu brav, zu wenig aussagekräftig.


    Malfitano kommt bei mir auf Platz 2 (allerdings finde ich sie auf der CD-Einspielung deutlich besser als in der Live-Aufzeichnung aus Covent-Garden). Ganz anders als Nielsen scheint sich die Salome der Malfitano sehr bewußt um die Katastrophe, in die sie hineinsteuert.

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  • Es dürfte jetzt auch schon 10 Jahre her sein, daß mich Nina Warren in Frankfurt in der Inszenierung von Christof Nel wirklich zum weinen gebracht hat. Weniger stimmlich als in der intensiven Darstellung - es hat mir die Kehle zugeschnürt, wie sie völlig apathisch ständig im Kreis lief wie ein gefangenes Tier, auf einen Stuhl kleterte um durch den Lüftungsventilator wenigstens einen Hauch Luft einatmen zu können und am Ende, den abgeschlagenen Kopf unterm Nachhemd verbergend, völlig isoliert auf der Bühne zurückblieb. Das war einer der ganz großen und berührenden Theater-Momente für mich.

  • Zitat

    Original von Der-wonnige-Laller
    wie sie völlig apathisch ständig im Kreis lief wie ein gefangenes Tier, auf einen Stuhl kleterte um durch den Lüftungsventilator wenigstens einen Hauch Luft einatmen zu können und am Ende, den abgeschlagenen Kopf unterm Nachhemd verbergend, völlig isoliert auf der Bühne zurückblieb. Das war einer der ganz großen und berührenden Theater-Momente für mich.


    Ja, auch für mich! :yes:


    Als sie nach den letzten brutalen Schlusstakten der Musik weinend im Kreis herumlief und sich bei der Premiere die Zuschauer, die es nicht ausgehalten haben, mit vehementen Buhrufen Luft verschafften... :faint:



    Viele Grüße


    Bernd

  • Tja... so unterschiedlich können Wahrnehmungen halt sein :yes: Ich war zwar damals nicht in der Premiere, aber weder lief sie am Ende im Kreis noch hat irgendjemand gebuht.


    Die schrecklichste Salome-Aufführung habe ich vor einigen Jahren im Aalto-Theater erlebt - da war einzig das Orchester und der Jochanaan wirklich gut - alles andere war unglaublich langweilig. Die Sängerin der Salome war eine Katastrophe (hab den Namen verdrängt) und die Inszenierung von Tilmann Knabe wirklich unterirdisch: der sollte lieber mal Pornofilme drehen, das liegt ihm wohl eher. :stumm: Der Abend bestand daraus, daß abwechselnd an den Seiten und in der Mitte der Bühne gevögelt wurde... Jochanaan die Salome, Salome den Herodes, Herodias die Soldaten, die Soldaten ein Loch in der Wand etc etc. Beim Tanz der sieben Schleier trat eine exotische Tänzerin auf die Bühne, die sich 10 Minuten mit einer Boa beschäftigte und am Ende durfte der Henker eine Schüssel mit Kunstblut über Salome entleeren... *gääähn*

  • Zitat

    Original von Der-wonnige-Laller
    Tja... so unterschiedlich können Wahrnehmungen halt sein :yes: Ich war zwar damals nicht in der Premiere, aber weder lief sie am Ende im Kreis noch hat irgendjemand gebuht.


    Ich vermute mal, dass man die Inszenierung nach der Premiere "entschärft" hat - würde mich zumindest nicht wundern, denn damals herrschte gerade eine intendanten- und orientierungslose Phase an der Frankfurter Oper. An das Ende der Salome-Premiere kann ich mich noch erinnern, als wär's gestern gewesen.



    Zitat

    Die schrecklichste Salome-Aufführung habe ich vor einigen Jahren im Aalto-Theater erlebt - da war einzig das Orchester und der Jochanaan wirklich gut - alles andere war unglaublich langweilig. Die Sängerin der Salome war eine Katastrophe (hab den Namen verdrängt) und die Inszenierung von Tilmann Knabe wirklich unterirdisch: der sollte lieber mal Pornofilme drehen, das liegt ihm wohl eher. :stumm: Der Abend bestand daraus, daß abwechselnd an den Seiten und in der Mitte der Bühne gevögelt wurde... Jochanaan die Salome, Salome den Herodes, Herodias die Soldaten, die Soldaten ein Loch in der Wand etc etc. Beim Tanz der sieben Schleier trat eine exotische Tänzerin auf die Bühne, die sich 10 Minuten mit einer Boa beschäftigte und am Ende durfte der Henker eine Schüssel mit Kunstblut über Salome entleeren... *gääähn*


    Die Inszenierung war sicher kein großer Wurf, aber trotzdem ein Beleg für die enorme theatralische Energie Knabes. Ich hab mich manchmal auch geärgert, aber war mindestens ebenso oft fasziniert. Sexuelle Obsessionen spielen nun mal eine beherrschende Rolle in dieser Oper.


    Dagegen habe ich mich bei der vielgerühmten Willy-Decker-Regie in Hamburg, die ich 2006 gesehen habe, herzlich gelangweilt. War vielleicht auch schon im Repertoirebetrieb verschlissen.


    Bei der Frage nach Sängerinnen, die heute die Salome überzeugend verkörpern können, wäre unbedingt noch Angela Denoke zu nennen. Wenn sie die Spitzentöne etwas besser im Griff hätte, wäre sie sogar stimmlich absolut erstrangig. Darstellerisch ist sie in einer eher "kühlen" Art und Weise herausragend, selbst in der relativ uninteressanten Münchner Inszenierung von William Friedkin, blendend dirigiert von Kent Nagano.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Das finde ich gut, dass Nina Warren hier Erwähnung findet. Ich habe mir einen diesbezüglichen Hinweis verkniffen, weil ich dachte, dass die Frankfurter Aufführung möglicherweise niemand gesehen hat.


    Nina Warren ist von der körperlichen Figur her in dieser Inszenierung absolut stimmig besetzt gewesen - und hat zumindest mich (ich habe ebenfalls die Premiere gesehen) auch stimmlich beeindruckt. Darstellerisch war sie tatsächlich sehr berührend, gerade auch in der Schlussszene. Aber auch Salomés Tanz war in dieser Inszenierung von Christof Nel kongenial gelöst, Salomé mit dieser kindlich-trotzigen Körperhaltung, ganz ruhig, während sich die Männer ihren geilen Phantasien hingeben.


    Die Essener "Salomé" habe ich nicht gesehen, aber Tilman Knabe setzt in seinen Inszenierungen oft auf drastische Bilder, nicht immer gelingt das wirklich gut. Im aktuell laufenden "Rheingold" in Essen kann man beides erleben, neben etwas bemüht wirkenden Beischlafhandlungen zwischen Wotan und den Rheintöchtern gibt es überzeugendere Bilder, wenn die Rheintöchter Alberich sexuell demütigen. In Hannover, bei Henzes "Bassariden" sind die Bilder sexueller Ausschweifung jene, die Tilman Knabe von seiner schwächsten Seite zeigen. Man darf gespannt sein, was Knabe zu "Samson et Dalila" von Saint-Saens (Premiere demnächst in Köln) einfällt.


    Und wenn wir schon bei Live-Eindrücken sind: Malfitano habe ich bereits erwähnt, die fand ich richtig gut, als ganz schwach ist mir Lona Cullmer-Schellbach in Erinnerung geblieben, die die Partie in Darmstadt in den Sand gesetzt hat und durchaus beachtlich war in dieser Spielzeit Anne Lünenbürger in Aachen: immer so ein klein wenig an der Grenze ihrer Möglichkeiten, aber für ein kleineres Haus eine echte Empfehlung.

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  • Zitat

    Original von Alviano
    ...
    Die Essener "Salomé" habe ich nicht gesehen, aber Tilman Knabe setzt in seinen Inszenierungen oft auf drastische Bilder, nicht immer gelingt das wirklich gut. Im aktuell laufenden "Rheingold" in Essen kann man beides erleben, neben etwas bemüht wirkenden Beischlafhandlungen zwischen Wotan und den Rheintöchtern gibt es überzeugendere Bilder, wenn die Rheintöchter Alberich sexuell demütigen. ....


    Entschuldige bitte meine dumme Frage: in welcher ansonsten offenbar zumeist gestrichenen Stelle des Rheingolds trifft Wotan auf die Rheintöchter?


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Lieber Theophilus,


    die Frage ist nicht dumm, sondern OT - wende Dich doch einfach dem bereits existierenden Thread über die Essener "Rheingold"-Aufführung zu, dort werden Deine Fragen möglicherweise erschöpfender beantwortet, als Dir das lieb ist.


    :D

  • Ah danke! Dass die Rheintöchter dann immer noch Lust hatten, mit Alberich herumzualbern?! Götterväter sind auch nicht mehr das, was sie früher mal waren...


    ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Meine Favoritin für die Salomé ist klar Christel Goltz, die in dieser Rolle auf CDs gut dokumentiert ist. Allerdings habe ich gerade einen Mitschnitt aus New York vom Januar 1955 mit Goltz gehört - und das Beste an diesem Mitschnitt ist das Dirigat von Dimitri Mitropoulos.


    Christel Goltz besticht auch in dieser Aufnahme mit ihrem tragfähigen, sicher ansprechenden Sopran und einer gewissen gestalterischen Wucht, aber oftmals erreicht sie nur Annäherungswerte an die Notation, wenn sie nicht gleich zu ziemlich heftigen Vereinfachungen ihrer Partie flüchtet, schade.


    Da das "Beiprogramm" auch unterdurchschnittlich ist (Ramón Vinay ist als Herodes genauso fehlbesetzt, wie Blanche Thebom als Herodias, Paul Schöffler als Jochanaan bleibt ohne Kontur und blass), keine Aufnahme, die ich oft hören werde.

  • Welche der beiden Salome-Aufnahme ist denn insgesamt besser, Solti oder Karajan?




    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Zitat

    Original von Joseph II.
    Welche der beiden Salome-Aufnahme ist denn insgesamt besser, Solti oder Karajan?


    Das ist schwer zu sagen, es hat ja auch damit zu tun, ob man selber grundsätzlich Solti oder Karajan bevorzugt. Ich persönlich tendiere eher zur Solti-Aufnahme. Allerdings empfinde ich weder Nilsson noch Behrens als Idealbesetzung. Kommen denn nur diese beiden Aufnahmen für Dich in Frage? Sonst würde ich Dir noch zwei andere Einspielungen empfehlen:



    (Sinopoli - Studer, Terfel, Hiestermann)



    (Keilberth - Goltz, Hermann, Aldenhoff)


    Die beste Salome singt für mich Inga Nielsen, nur leider ist diese Aufnahme ansonsten recht unspannend.



    (Schonwandt - Nielsen, Goldberg, Hale)

  • Vielleicht sollten wir nicht bei der Beurteilung von Salome-Interpretinnen übersehen, dass sich die Sicht auf Salome in den letzten Jahren doch stark geändert hat.


    Früher wurde Salome gewöhnlich als Femme fatale (nicht unbedingt Kindfrau) oder zumindest als egoistisches Biest gesehen oder auch als große Liebende, die allerdings, um das Objekt ihrer Liebe (Begehrens?) zu kriegen, extreme Wege beschreitet, weil er es gewagt hat, sie zurückzuweisen, wobei keineswegs seine Haltung ihr gegenüber als frag-würdig gesehen wurde.
    Ljuba Welitsch beispielsweise hat einem Interview in einer Rundfunksendung gemeint, für sie wäre Salomes Tod ein Liebestod und dass sie umgebracht wird, spielt dabei keine Rolle mehr, denn nachdem sie den Kopf des Jochanaan hat, ist sie völlig ausgebrannt.


    Erst in den letzten Jahren wurde es üblich, Salome eher als kindliches Opfer ihrer Umgebung (Familie) zu sehen. Ein verzogenes Kind (bzw. eine Kindfrau), die nie gelernt hat, auf etwas verzichten zu müssen, ein pubertierender Teenager oder auch nur eine dank ihres Umfeldes orientierungslose junge Frau, die sich vom Propheten eigentlich einen Ausweg aus ihrer Lage erhofft hat und erst als er sie nicht einmal ansieht, zum "Monster" mutiert. (Interpretationen, in denen Verständnis für die Figur der Salome, sogar Sympathie erkennbar ist.)


    Gleichzeitig hat sich auch die Sicht auf Jochanaan geändert. Der Prophet wird gewöhnlich nicht mehr als charakterstarkes und unschuldiges Opfer einer perversen Femme fatale gesehen.


    Wenn ein Hans Hotter beispielsweise noch der starke, unbeirrbare Mann sein durfte (wie gerade ein Opernfilm zeigt), den die üble Salome umbringen lässt, da sie ihn nicht verführen kann, ist es heute üblich, den Propheten ebenfalls als zwielspältigere Figur zu interpretieren (beispielsweise Bryn Terfel), ein Mann, der zum Beispiel nicht imstande ist, sich auf Salome einzulassen, weil er Frauen automatisch als Bedrohung für sich empfindet...
    (Was der Oper selbst sicher nicht schlecht bekommt, meine Meinung)


    Diese Sicht dürfte auch bei der Einstufung von Gesamtaufnahmen eine Rolle spielen. Vermutlich kann eine Ljuba Welitsch objektiv gar nicht mit einer Catherine Malfitano (um nur ein Beispiel zu nennen) verglichen werden.

    Il mare, il mare! Quale in rimirarlo
    Di glorie e di sublimi rapimenti
    Mi si affaccian ricordi! Il mare, il mare!
    Percè in suo grembo non trovai la tomba?

  • Liebe Waltrada, obschon Du natürlich mit Deiner interpratationsgeschichtlichen Deutung ins Schwarze triffst, sage ich , dass man Ljuba Welitschs Salomé ohnehin mit ncihs und niemandem vergleichen kann.
    Ihre Salomé ist m.E. so rollenkonform und so wunderbar gesungen, dass sie heute genauso ihresgleichen suchen würde wie vor 70 Jahren.
    Wer das so singt,wie sie es tut, hält jede Deutung aus, weil sie jede Deutung, die Wilde und Strauss gemeint haben könnten, einschliesst. Der Rest ist dann Reghieangelegenheit.
    Wenn ich von Oscar Wilde ausgehe- und das tue ich , weil sein Stück besser ist als die VerOperung, ist Salomé natürlcih eine Femme fatale, aber eine Femme fatale, die nur eine solche werden konnte, da ihr "soziales Umfeld" insbesonderer ihre Mutter, gar ncihts anderes zugelassen hätte.
    Sie treibt das Ganze nun auf die Spitze, indem sie ausgerechnet den begehrt, der Ihre Mutter und ihren Stiefvater am meisten schmäht udn verachtet.
    Das ist letztlich eine Form der radikalen Auflehnung und Mutter- Abnabelung. Dieser "psychologische" Hintergrund dient Oscar Wilde aber vor allem als "Dekoration" für die Ästhetisierung des Skandalösen, Verbotenen, Blasphemischen. Diese Ästhetisierung nd die schönheit der Sprache, die daraus folgt, sind der nciht zu vergessende weil wesentlicher Urgrund seiner Salomé und deren Sprache.


    Die Salomé als Schuldig-Unschuldige , als todbringende Kindfrau mit Lolita-Wirkung, kann man mE. nur mit einer Stimme à la Welitsch singen.
    Alle dick-dramatischen oder gar matronenhaften Interpretationen nehmen diesen Aspekt vollkommen heraus und man verwechselt dann leider im Unterbewussten Hören allzuoft die Mutter mit der Tochter.
    Wenn Straussens Dirigenten und Regisseure sich darüber ein paarGedaken mehr machen würden....
    FQ

  • Oh nein, ich meine das bloß auf den Anstoß zu Herberts Thread bezogen.


    Ich widerspreche vielfach. Zum einen ist es nicht Wildes bestes Stück. Dramaturgisch ansprechend opernhaft, mit langen ariosen Monologen. Aber was die Geschichte angeht, so ist von einem Knoten keine ernsthafte Rede; zu einer Tragödie reicht es nicht. Die Figuren stehen thesenhaft nebeneinander. Rhetorik ist ein schlechter Psychologe.


    Da wird viel Biblisches und Orientalisches verwurstet; das ganze Hohelied - aber es wird seines wundervollen Charakters beraubt, es wird zu einem schwül erotisierten Idiom permanenten Metaphernhagels; die Figuren werfen mit Bildern um sich, aber aus einem fundamentalen Mangel.


    Wer das Hohelied oder Tausendundeine Nacht näher kennt, weiß, daß hier eine dem christlichen Abendland sehr fremde Diesseitigkeit und Sinnlichkeit Poesie wird. Als sexuell aufgeladene Uneigentlichkeit und viktorianischer Schwulst ist es schwer zu ertragen.


    Man nehme nur die verräterische Scheinklimax von "Haar berühren", "Leib berühren" und "Mund küssen" wie aus dem prüden Hollywood.


    Faszinierender als die Geschichte ist die illustrative Kraft von Straussens Musik.


    Und nein: Jochanaan ist nicht im mindestens lächerlich. Waechter unter Solti mit den phänomenalen Wienern bietet einen in seinem Furor dämonischen Propheten, der die psychologische Nähe von Haß und Erotik sehr glaubhaft macht. - Als Gegenpol erweist Fischer-Dieskau unter Böhm in Hamburg, daß Strauss die beschworene Gegenwelt des Messianischen Lichts ernster genommen hat, als ihm lieb war. - Nie werde ich hier mit einer Erklärung wie "salbungsvolle Mendelssohn-Pastiches" zufrieden sein - ohne die Berührung der Heilsgeschichte verliert die Gefangenschaft Jochanaans und damit das ganze Drama seine Balance und wird brisanzlos banal.


    Daher bervorzuge ich vor allen anderen Richard Cassily als Herodes (Böhm), der wirklich einen heldischen König und nicht so ein komisches Panoptikum singt wie Gerhard Stolze.


    Wer hier wen liebt, ist wirklich eine müßige, ja amüsante Frage - Salomé ist die liebloseste Oper überhaupt. Wilde entfaltet eine Versuchsanordnung unerfüllten Begehrens mit verteilten Rollen, eine Art Familienaufstellung.


    Meine Modell-Salomé wird immer Gwyneth Jones unter Böhm live aus Hamburg bleiben. Ich schätze diese Sängerin ohnehin, schon gegen den Trend hier. Aber die Wandlungsfähigkeit ihrer Stimme, die Schattierungen, der Schmelz; die Stimmfarben etwa bei "Ah! Ich habe ihn geküßt, deinen Mund, es war ein bitterer Geschmack auf deinen Lippen" - ich find´s noch immer grandios.


    Der Schluß mit der Stratas im Salomé-Film ist auch großartig; diese Intimität einer stummen Zwiesprache, fast zärtlich. - Vielleicht eine Spur zu wenig abgründig.


    A propos: Die von Harald erwähnte Dresdner Salomé (Mussbach) - gibt´s die irgendwo auf DVD? Der Schluß, Herodes mit dem Beil, "da ließ er´s sinken", und die in ihren unaufhebbaren letzten Schleier eingehüllte Salomé gehören zum Extremsten und Beklemmendsten, was ich als Bildeinfall kenne.


    Und zum Swimming-Pool: spätestens seit Romy Schneiders Film ist das ein brillantes Schwellensymbol zwischen Eifersucht und Begehren. - Ich liebe Mussbachs Deutung des Schleiertanzes; sie ist ohne spektakuläre Nacktheit die allerobszönste, die man sich denken kann.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • In der Februar-2010-Ausgabe von "FonoForum" ist innerhalb der verdienstvollen Reihe "Der Klassik-Kanon" ein lesenswerter Überblick mit Aufnahmen der Salome veröffentlicht worden.


    Als Referenzen wurden dabei die Aufnahmen mit Welitsch/Reiner und Behrens/Karajan genannt. Es wurde ferner auf eine Aufnahme des Schlussgesangs mit Inge Borkh und Fritz Reiner von 1955 (Living Stereo, z. Zt. offenbar vergriffen) hingewiesen, ferner eine andere Aufnahme des Schlussgesangs mit Maria Cebotari.


    Ich habe die Malfitano/von Dohnanyi-Versionen auf DVD und CD (z. Zt. offenbar auch vergriffen ... ) gestern und heute gehört. Malfitanos Vibrato überschreitet für meinen Geschmack den Rahmen des Erträglichen. Schade. Dohnanyi dirigiert toll - und die Decca-Klangtechnik tut (auf CD) ein Übriges, um die Wiener Philharmoniker im besten Licht erstrahlen zu lassen. Orchestral eine tolle Aufnahme. (Die DVD wurde im Covent Garden mit dem dortigen Orchester aufgenommen.)


    Ich bin gespannt auf Welitsch und Behrens.

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  • Derzeit als Salome sehr gefragt ist Nadja Michael.


    Erfolge mit dieser Rolle feierte sie schon in so namhaften Häusern wie


    Teatro alla Scala di Milano
    Athens Concert Hall
    Staatsoper Unter den Linden Berlin
    Royal Opera House Covent Garden
    San Francisco Opera



    DVD-Einspielungen gibt es aus London



    und Mailand



    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Wolfram
    In der Februar-2010-Ausgabe von "FonoForum" ist innerhalb der verdienstvollen Reihe "Der Klassik-Kanon" ein lesenswerter Überblick mit Aufnahmen der Salome veröffentlicht worden.


    Als Referenzen wurden dabei die Aufnahmen mit Welitsch/Reiner und Behrens/Karajan genannt.


    Soviel zur Solti-Referenzaufnahme. :pfeif:


    Aber im Ernst: Wundert mich doch, daß die nicht als dritte genannt wird ...

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Nun ja. Als Referenzen wurden - wie gesagt - Welitsch/Reiner und Behrens/Karajan genannt.


    Als "ebenfalls empfehlenswert" wurden bezeichnet: Borkh/Keilberth live 1951; Goltz/Krauss 1954; Rysanek/Böhm live 1972.


    Das Prädikat "mit Schwächen" wurde zuerkannt: Nilsson/Solti (1962); Caballe/Leinsdorf (1968 ); Gwyneth Jones/Böhm live 1970; Jessye Norman/Ozawa 1990.


    Zur Solti-Aufnahme heißt es: " ... [Nilsson ist] die Einzige in dem Ensemble, die Soltis teilweise nur schwer erträglichen Orchesterblähungen standhalten kann."


    Starker Tobak für Solti-Fans und solche, die mit dieser Aufnahme die Salome kennen- und liebengelernt haben!


    Ich habe die von Dohnanyi-Aufnahmen (DVD und CD) gerade gehört - großartige WPO auf CD! - und war danach hingerissen von HvKs Klangdisposition mit den Wienern ... geht es noch besser? Ich glaube nicht. Solti folgt nächstes Wochenende ... bin gespannt!

  • Salome ist meine (bisherige) Lieblingsoper von Strauss, wobei ich viele gar nicht kenne. An dieser Oper fasziniert mich allein schon die Geschichte. Die Figuren sind einfach herrlich, angefangen bei der Hauptrolle über die boshafte Mutter, den (unfreiwillig) komischen Herodes bis hin zum fanatischen (und m. E. gar nicht sehr sympathischen) Jochanaan. Die Juden wirken ebenfalls verblendet und völlig unfähig, andere Ansichten zu akzeptieren. Dass Herodias das lächerlich findet, ist nicht wirklich verwunderlich.


    Nachdem ich mir gestern das Video unter Böhm (mit Stratas, Varnay, Beirer, Weikl, Ochman) angesehen habe, war ich wirklich begeistert. Hier stimmt irgendwie alles. Die Inszenierung von Götz Friedrich tut ihr übriges zum perfekten Gesamteindruck.


    Die Frage, die man sich mal stellen könnte, wäre: Ist Salome eigentlich abgrundtief böse? Zumindest in der Friedrich-Inszenierung erscheint anfangs doch eher der Jochanaan abweisend und von Vorurteilen geradezu besessen. Er lässt ihr nicht die geringste Chance. Für den Tod von Narraboth kann sie m. E. nicht wirklich etwas, auch wenn sie ihrerseits natürlich auch abweisend ist (in der Inszenierung beachtet sie ihn nicht mal beim Sterben). Herodias scheint die Wurzel des Übels zu sein (die Varnay verkörpert das einfach herrlich), aber irgendwie auch schon die Kontrolle über die Tochter verloren zu haben. Herodes (von Beirer toll dargestellt) wirkt leicht verwirrt, aber nicht unsympathisch; ein schwacher Regent, aber kein Unmensch. Dass er auf Salome steht, wer kann's ihm verdenken.


    Auf die einseitigen Liebesbekundungen wurde schon hingewiesen: Salome -> Jochanaan, Herodes -> Salome, Narraboth -> Salome, Page -> Narraboth. Erst im nachhinein wurde mir klar, dass da ja auch dezente Homoerotik im Spiel ist, da der Page ja eine Hosenrolle sein soll (als Countertenor käme das wohl besser zur Geltung).


    Zur Titelrolle selbst: Teresa Stratas toppt für mich alles, auch Nilsson, Studer und erst recht Behrens. Goltz kenne ich nur aus der Suitner-Aufnahme, wo sie schon ältlich und über ihren Zenit wirkt. Rysanek und Co. stehen noch aus.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die Frage, die man sich mal stellen könnte, wäre: Ist Salome eigentlich abgrundtief böse?


    Es gibt natürlich psychologisierende Inszenierungen, welche Salome als unglückliches Ergebnis der Boshaftigkeit um sie herum zeigt.

    Gruß ab


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    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

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