Ich habe die Nilsson auf der Bühne erlebt - es war grauenhaft! Wie soll man sich denn bei diesem Heroinengebrüll eine verführerische Prinzessin vorstellen? Beim Schleiertanz ging die Nilsson auffällig unauffällig zur Seite ab und eine Tänzerin kam auf die Bühne, absolvierte den Tanz, trat auffällig unauffällig ab, die Nilsson kam wieder hervor und brüllte weiter. Es war wie eine Parodie.
Auch wenn der Schreiber obiger Zeilen nicht mehr unter uns Taminos weilt: Heroinengebrüll ist doch eine Unverschämtheit und ausserdem absolut unangebracht. Dass die Nilsson über eine mächtige Stimme verfügte, darf man ihr doch nicht vorwerfen, zumal sie (ich beziehe mich auf die Solti-Aufnahme) die lyrisch-verführerischen Kantilenen wie ich meine großartig bewältigt und mit beeindruckender Ausdruckstiefe versehen hat.
Natürlich hat jeder das Recht, den einen oder anderen Sänger aus welchen Gründen auch immer zu kritisieren. Aber zwischen berechtigter Kritik und böswilliger Heruntermache ist doch ein himmelhoher Unterschied.
Birgit Nilsson hat die Salome in Wien viermal zwischen 1956 und 1957 gesungen. Und da hat, so vermute ich, obiger Schreiberling noch in die Windeln gesch ... ienen.