Hallo liebe Freunde der Alten Musik,
vermutlich dürfte jedem, der sich für Alte Musik interessiert, der Name dieses Labels ein Begriff sein. Gönnen wir uns dennoch einen kurzen Blick auf seine Geschichte und Entwicklung:
Archiv Produktion - Pionier der Alten Musik
Mag die Deutsche Grammophon auch die erste große Schallplattengesellschaft gewesen sein, die eine eigene Abteilung für Alte Musik gründete, so sollte der Vollständigkeit halber, das Projekt "L'Anthologie Sonore" des Musikwissenschaftlers Curt Sachs erwähnt werden, eine Reihe historischer Aufnahmen, aus den dreissiger Jahren des 20. Jahrhunderts, die sich allerdings ausschließlich an Spezialisten richteten. Die Veröffentlichungen der Archiv Produktion hingegen fanden bald bei einer breiten Öffentlichkeit Anklang und veranlaßten andere Schallplattengesellschaften zu ähnlichen Projekten.
Das zugrundeliegende Konzept geht auf eine Idee Hans Domizlaffs zurück, der heute international als Vater des modernen Marketings anerkannt ist, und sich für das Prinzip der Marktsegmentierung einsetzte.
Wie auf den Seiten des Hans Domizlaff Archives nachzulesen, "schlug Hans Domizlaff als Berater von Ernst von Siemens die Einrichtung eines musikhistorischen Studios der Deutschen Grammophongesellschaft vor." Gemeinsam mit Fred Hamel, der als erster Leiter dieses Studios wirkte, wurde ein Programm entwickelt, bestehend aus 12 Forschungsbereichen, von der Gregorianik bis hin zum 18. Jahrhundert:
I. Gregorianik
II. Das zentrale Mittelalter
III. Frührenaissance
IV. Hochrenaissance
V. Das italienische Seicento
VI. Deutsche Barockmusik
VII. Westeuropa zwischen Barock und Rokoko
VIII. Das italienische Settecento
IX. Das Schaffen Johann Sebastian Bachs
X. Werke von Georg Friedrich Händel
XI. Die deutsche Vorklassik
XII. Zwischen Mannheim und Wien
ZitatDas Konzept sah vor, daß bei der Interpretation nicht die Namen bedeutender Komponisten oder Interpreten im Vordergrund stehen würden, sondern die Ernsthaftigkeit eines Archives, bei dem künstlerisch und stilistisch höchste Ansprüche erfüllt werden sollten und eine hohe technische Qualität bei der Aufzeichnung Voraussetzung war. Bei der Einspielung der Titel kamen später nicht nur historische oder zumindest originalgetreu rekonstruierte Instrumente zum Einsatz, um dem Klangbild vergangener Epochen möglichst nahe zu kommen. Zusätzlich wurde den Aufnahmen möglichst auch die Originalpartitur zugrunde gelegt.
Während der Anfänge des Labels stand der Einsatz historischer Instrumente noch nicht im Vordergrund. So engagierte Hamel 1951 für eine Einspielung von Georg Friedrich Händels "Wassermusik" den Dirigenten Fritz Lehmann und die Berliner Philharmoniker mit modernen Instrumenten und einem Neupert-Cembalo, welches den bis dato üblichen modernen Konzertflügel ersetzen sollte. Die Praxis vorwiegend historische Instrumente einzusetzen, entwickelte sich erst mit der Zeit.
Dem Ursprungskonzept entsprach auch die Hüllengestaltung. Eine auf wesentliche Informationen beschränkte nüchterne Aufmachung prägte das Bild. Erst nach und nach tauchten auch graphische Darstellungen bzw. Abbildungen auf.
Zu erwähnen sei vielleicht noch die Gestaltung der LP-Kassetten mit ihrem charakteristischen Leinenbezug. Das Leinenmuster kam später auch in gedruckter Form auf den Alben zur Anwendung und prägte das Erscheinungsbild bis hinein in die Ära der Compact Disc. Erst gegen Mitte der neunziger Jahre wich der typische Leinenrahmen einem silbernen.
Auch mit dem Erscheinen der CD setzte sich die Erfolgsgeschichte für die Archiv Produktion fort. Neben unzähligen Neueinspielungen fanden gleichzeitig viele inzwischen historische Aufnahmen ihren Weg zurück auf den Klassikmarkt, die in Serien wie Archiv Galleria, Collectio Argentea, Codex, Archiv Masters oder zuletzt Archiv Blue neu editiert wurden.
Im Laufe der Jahre hat man sich vom ursprünglichen Anspruch allmählich entfernt und sich den Regeln des Marktes gebeugt. Ebenso wurde das Programm-Repertoire auf Werke des 19. Jahrhunderts ausgedehnt. Gerade in den letzten Jahrzehnten ist die Konkurrenz im Bereich der Alten Musik enorm gewachsen. Doch auch wenn Glanzzeiten und die ehemalige Vorreiterrolle vorbei sein mögen, so werden auch heute hin und wieder lohnenswerte Aufnahmen veröffentlicht.
Hier besteht nun die Möglichkeit, diejenigen Veröffentlichungen vorzustellen, die Ihr für besonders wertvoll haltet bzw. die Euch besonders am Herzen liegen.
Es grüßt,
Gentilhombre