Josef Traxel - ein Sänger, den man nicht vergessen sollte

  • Lieber "wok",


    zu deiner Frage, was man mehr bewundern soll:

    Man weiß nicht, was man da nun mehr bewundern soll: Das akribische Verzeichnis in Beitrag Nr. 316 in dem Thread "Der ´Musiker Gräber", das Stimmenliebhaber über alle Auftritte, die JOSEF TRAXEL an der DEUTSCHEN STAATSOPER BERLIN absolvierte, und sämtliche Rollen, die er dort gesungen hat, nach sicher höchst aufwendigen Recherchen erstellte, oder aber das schier unglaubliche Pensum, das dieser Sänger sich in dieser Zeit zumutete, mit 7 Rollen an 95 Abenden in nur 5Jahren, und dann noch eine Mozart-Partie nur 2 Tage nach einer Wagner-Premiere!! Welcher Sänger wäre dazu heute noch imstande!

    Da ist meine Antwort ganz klar: natürlich das unglaubliche Pensum von Traxel, das auch jeder andere hätte recherchieren können, aber wohl kaum ein anderer ihm ebenbürtig hätte leisten können - das ist schon sehr eindrucksvoll, dass er das neben seinem Stuttgarter Festengagement und den vielen anderen Gastverpflichtungen so leisten konnte! :yes:


    Umso gebührt großen Dank an Stimmenliebhaber für diese so hochinteressante Aufstellung seiner Auftritte in seiner Berliner Zeit. Dies dürfte das schönste und wertvollste Geschenk zu seinem 100. Geburtstag überhaupt gewesen sein, auch wenn dieses schon vorzeitig, und unter einem anderen Thread, gemacht wurde!!

    Vielen Dank für die Blumen! :)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es ist sicherlich, lieber wok, zu spät für diese Sänger, die solche Wertschätzung nicht mehr miterleben konnten, aber ist es nicht wie mit den Kindern, die die ihnen von ihren Eltern entgegengebrachte Wertschätzung nicht an ihren Eltern wiedergutmachen können, sondern erst an ihren eigenen Kindern?
    Genauso sehe ich hier im Forum die verantwortliche Mitarbeit in solchen Threads, in denen wir den jüngeren Musikfreunden mitteilen können, was wir an bestimmten Musikern gehabt haben, die nicht täglich in entsprechenden Medien, auch noch nach ihrem Tode, hofiert werden.
    So braucht sich z. B. keiner Sorgen zu machen, dass Fritz Wunderlich z. B. jemals vergessen wird, was aber nicht nur an seinen überragenden sängerischen Fähigkeiten allgemein lag, sondern auch daran, dass er eine Art hatte zu singen, die nicht an seine Zeit gebunden blieb, sondern die auch heute noch aktuell ist und heute noch auch jünger Leute anspricht. Nicht zuletzt hat aber auch sein früher, tragischer Unfalltod dazu beigetragen, dass er, der ja mindestens noch zwei Drittel seines Sängerlebens vor sich gehabt hätte, nachhaltig in Erinnerung zu bleiben.
    Josef Traxel hingegen hat fast ein Vierteljahrhundert länger gelebt, aber dies nicht von Anfang an in Aufsehen erregender Weise auf der Bühne verbracht, sondern erst mal in einem Alter, als Fritz Wunderlich schon die erste "Schöne Müllerin" aufnahm, nach jahrelangen Kriegswirren und Verwundungen durch Zufall zum Singen gefunden. Sein Start war also gewiss nicht von optimalen Verhältnissen gekennzeichnet, sonder es ging nach diesem anfänglichen Engagement in Mainz als Ottavio nach seiner Gesundung direkt wieder in den Krieg und anschließend in dreijährige Kriegsgefangenschaft in Amerika. Und wie es dort zuging, hat mir in verschiedenen Gesprächen mein ehemaliger Erdkunde- und Sportlehrer erzählt. Sein erstes richtiges Engagement bekam er dann erst nach seiner Rückkehr 1946, im Alter von 30 Jahren, in Nürnberg bei Rolf Agop.
    Dass ein Sänger, der Solches erlebt hat, vielleicht einen viel größeren Hang zur Sesshaftigkeit hat wie ein getriebener Fritz Wunderlich, ist nur allzu verständlich, auch, dass er seiner Stuttgarter Oper fast ein Vierteljahrhundert bis zu seinem Tode treu blieb, nichtsdestoweniger, dass er auch seine auswärtigen Verpflichtungen treu erfüllte.
    Um solche Musiker wie Josef Traxel, Werner Hollweg oder Gert Lutze müssen wir uns mehr Sorgen machen, dass sie vergessen werden, als um Fritz Wunderlich oder Luciano Pavarotti.
    In diesem Sinne sehe ich auch meine Aufgabe in der Erinnerungsarbeit hier im Forum, und ich bin z. B. in letzter Zeit auch dazu übergegangen, auch bei kurzen Erinnerungen die Ursache hinzuzufügen, wenn Musiker allzu früh verstorben sind. Natürlich habe ich dies auch bei Fritz Wunderlich getan, zumal er auf den Tag genau fünf Jahre nach meinem Vater gestorben ist.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Also an der Wortmeldung soll es nicht liegen, lieber wok, aber ich kann mich eigentlich nur meinen Vorrednern anschließen. Natürlich habe ich sowohl Josef Traxel als auch Fritz Wunderlich noch auf der Bühne erlebt, eine »Rangliste« würde ich da nicht aufstellen wollen ... schließlich waren beide großartige Sänger!
    Mein großes Erlebnis mit Josef Traxel war ein »Don Giovanni«, wo er als Don Ottavio den Gegenspieler von George London gab.


    Selbstverständlich habe ich auch die Loewe-Platte von Josef Traxel, bin aber - obwohl Loewe-Liebhaber über die Maßen - der Ansicht, dass dem Sänger hier andere Liedkomponisten näher gestanden haben. Sollte ich hier eine Empfehlung aussprechen - eine rein persönliche Empfindung - das von ihm gesungene »Abendlied unter dem gestirnten Himmel« von Ludwig von Beethoven, 6:35 wunderbarer Gesang.
    Übrigens: Im »Musiker-Gräber-Thread kannst Du einen virtuellen Grabbesuch machen ...


    Lieber hart,


    Vielen Dank für Deine Zeilen zu JOSEF TRAXEL! Diesen Sänger im Don Giovanni als Don Ottavio mit GEORGE LONDON erlebt zu haben, da kann man nur im Nachhinein neidisch werden! Immerhin erlebte ich JOSEF TRAXEL 1965 mit MARGA HÖFFGEN und KIETH ENGEN in Hannover im Weihnachtsoratorium, was für mich auch zu einem unvergeßlichen Ereignis wurde.


    Ich wollte in meinem Beitrag auch kein Ranking zwischen TRAXEL und WUNDERLICH veranstalten. Ich schätze natürich auch sehr die Stimme von FRITZ WUNDERLICH! Da man aber heute fast nur noch von letzterem spricht und gewiß mit Recht auf dessen Qualitäten hinweist, TRAXEL aber nur noch Insidern namentlich bekannt ist - wenn überhaupt - oder aber eben Musikliebhabern, die in seiner Zeit lebten und ihn vielleicht auch noch erlebten, wollte ich - zumal zu seinem 100. Geburtstag - natürlich auch einmal eine Lanze für JOSEF TRAXEL brechen und auch dessen Qualitäten herausstellen, und dabei auch meine Meinung zum Ausdruck bringen, daß TRAXEL in einigen interpretierten Musikgattungen und Werken mit WUNDERLICH nicht nur mithalten kann, sondern diesen stimmlich und gestalterisch sogar übertrifft.


    Was die Interpretation der Loewe-Balladen anbetrifft, so ist es für einen Tenor natürlich schwer, gegen einen äußerst wandlungsfähigen Bariton wie DIETRICH FISCHER-DIESKAU, meines Erachtens die Idealbesetzung für diese Balladen - vielleicht auch PREY, anzukommen. Vor allem sind die einzelnen Balladen sehr unterschiedlich, mal dramatisch, mal sehr nachdenklich bis sentimental, und sicher liegen nicht alle Balladen dem Belcanto eines JOSEF TRAXEL. Aber zumindest was die extrem schwierig zu singende Ballade "Der Nöck" anbetrifft, so wüßte ich im Augenblick keinen Sänger, der die z. T. cavantinenenartigen Stellen dieser Ballade mit einem so wunderbaren Legato und so perfekter Phrasierung in einem Atem zu singen vermochte oder vermag . Auch seine Aufnahmen der SCHUBERT- und BEETHOVEN-Lieder gefällt mir sehr gut, vor allem, wie schon gesagt, das so bezaubernd schlicht gesungene "Das Fischermädchen" und in der Tat BBETHOVEN's "Abendlied unter dem gestirnten Himmel". Einfach großartig. Daß man am Grab eines solchen Gesangskünstlers gerade an dieses von ihm gesungene Lied denken muß, kann ich sehr gut nachvollziehen.


    Übrigens habe ich mit größtem Interesse Deinen wunderbaren Beitrag Nr. 313 unter dem Thread "Der Musiker Gräber" gelesen und nochmals alle wichtigen Stationen seines Lebens gedanklich nochmals nachvollzogen und in meine Erinnerung zurückgerufen. Und endlich sehe ich auch einmal TRAXEL's Grabstätte und weiß nun, wo ich ihn gedanklich finden kann. Es war ein sehr bewegtes Leben mit einem sehr schwierigen Start nach dem Krieg. Mit großer Disziplin, Können und Liebe zu dieser gewählten Gesangslaufbahn brachte er es schließlich zu großem internationalen Erfolg und hinerließ uns herrliche Dokumente seiner Gesangskunst. Dein Grabesbesuch und Dein so informativer und bewegender Bericht über sein Leben und sein Wirken, darf als ein ähnlich würdigender Beitrag zu seinem 100. Geburtstag gesehen werden wie das lange Verzeichnis von Stimmenliebhaber über TRAXEL's Wirken an der DEUTSCHEN STAATSOPER BERLILN. Einen schöneren Beitrag zu diesem Anlaß kann es ja kaum geben.


    Was übrigens TRAXEL's New Yorker Auftritt in der Philharmonia Hall vom 16.11.1964 als "Robert, Duke of Leicester" in "Maria Stuart von DONIZETTI anbetiifft, so schickte mir Dr. Gérard Mohr, der Präsident der "International Joseph Traxel Vocal Society in Montreal vor einigen Jahren 2 CDs von einer Tonband "Piraten"-Aufnahme von dieser Aufführung! Desgleichen erhielt ich von Klaus Ulrich -Spiegel 2 CDs mit einem für mich sehr wertvollen ZDF Portrait vom 14. November 1991 von Wolfgang Birtel über JOSEF TRAXEL, sowie ein Interview des SWR "Unser Musikerportrait" JOSEF TRAXEL mit Wolf-Eberhard von Lewinski vom 19.August 1962, i n dem TRAXEL über sein Leben und seine Ansichten über das Musikgeschehen erzöhlt, und in dem man auch erfährt, daß MOZART und BACH seine Lieblingskomponisten waren. Dazwischen singt er verschiedene Titel aus verschiedenen Musikgattungen. Ein kostbares Dokument für mich!!


    Viele Grüße
    wok

  • Desgleichen erhielt ich von Klaus Ulrich -Spiegel 2 CDs mit einem für mich sehr wertvollen ZDF Portrait


    KUS ist ja mit seinem Wissen über Sänger eine schier unerschöpfliche Quelle ...
    In Deinem umfangreichen Beitrag war auch für mich einiges dabei, wovon ich bisher keine Ahnung hatte - besten Dank!

  • Zitat

    So braucht sich z. B. keiner Sorgen zu machen, dass Fritz Wunderlich z. B. jemals vergessen wird, was aber nicht nur an seinen überragenden
    sängerischen Fähigkeiten allgemein lag, sondern auch daran, dass er eine Art hatte zu singen, die nicht an seine Zeit gebunden blieb, sondern
    die auch heute noch aktuell ist und heute noch auch jünger Leute anspricht. Nicht zuletzt hat aber auch sein früher, tragischer Unfalltod
    dazu beigetragen, dass er, der ja mindestens noch zwei Drittel seines Sängerlebens vor sich gehabt hätte, nachhaltig in Erinnerung zu bleiben.

    Hallo Willi,


    Was Du in Deinem weiteren Beitrag über JOSEF TRAXEL schreibst, auch bezüglich dessen Hindernissen, die ihm zu Beginn seiner Sängerlaufbahn in den Weg gelegt waren oder wurden, ist alles ganz richtig und zutreffend und zeigt mir, daß Du auch zu diesem Thema wieder sehr gut informiert bist.


    Nciht ganz nachvollziehen kann ich allerdings Deine Feststellung, daß FRITZ WUNDERLICH eine Art hatte zu singen, die nicht an die Zeit gebunden blieb sondern die auch heute noch aktuell ist und heute noch auch jüngere Leute anspricht. Dem will ich ja gar nicht widersprechen, doch im Umkehrschluß ist aus dieser Aussage ja doch wohl zu deduzieren, daß dies auf JOSEF TRAXEL nicht zutreffe. Aber warum nicht?? TRAXEL sang im Gegensatz zu einigen seiner Gesangskollegen doch sehr natürlich und ohne überkommene Patina, fast ohne Vibrato und ohne die gelegentlichen Schluchzer eines RUDOLF SCHOCK, und ohne die Larmoyanz eines Herman Prey. Sollten letztere Attribute heutzutage wirklcih bei der Jugend gesucht sein und besser ankommen? Da bin ich mir nicht so sicher. Vielleicht ist diese Feststellung ja aber durchaus auch als Kompliment zu verstehen, nämlich daß ein größrerer Teil der heutigen Jugend durch die Beschallung mit der lauten Disco-Musik kein Ohr mehr hat für Wohlklang und Natürlichkeit.


    Übrigens dürfte der so frühe, tragische Tod des FRITZ WUNDERLICH einer gewissen posthumen Verklärung nicht ganz abträglich gewesen sein, was dann im Verein mit seiner hohen Gesangskunst den bis heute anhaltenden Nachruhm, der TRAXEL nicht in diesem Ausmaß zuteil wurde, begründet und erklärt.


    Jedenfalls ergeht es so herausragenden Tenören wie LEOPOLD SIMONEAU oder LUIGI ALVA (man höre beide einmal mit der Arie "Nur ihrem Frieden weih' ich mein Leben" aus Don Giovanni - das ist Belcanto vom Feinsten - ähnlich weich, hell und rein, ohne unnötigen Wulst und von menschlicher Inbrunst wie bei TRAXEL!!) , auch nicht viel besser als JOSEF TRAXEL. Zumindest in Deutschland, und selbst in unserem Forum, spielen diese beiden Tenöre eine vegleichsweise eher untergeordnete Rolle. Auch zu ästhetisch und rein für die heutige Jugend?


    Vele Grüße
    wok

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  • es tut mir sehr leid,daß anscheinend niemand mehr Josef Traxel
    kennt.Er war einer der größtenTenöre der Nachkriegszeit.

    ….. schrieb Herbert Henn im Juli 2006 in einem der ersten Beiträge zu diesem Thread, der einem der bescheidensten, aber IMO sympathischsten Tenor der Nachkriegszeit gewidmet ist: JOSEF TRAXEL (1916-1975). Zum Glück ist dieser außergewöhnliche Sänger auch fast 14 Jahre nach diesem Eintrag nicht vergessen, und ich war erstaunt, auf wie viele Beiträge sein Thread es inzwischen gebracht hat.

    Eine meiner allerersten Platten war von ihm besungen: Komm o holde Dame aus "Die weiße Dame" (Boieldieu), O schweige still aus "Das Glöckchen des Eremiten" (Maillart) und Ach so fromm aus Flotows "Martha", eine 45er EPL der Kölner Electrola. Und so sah sie aus:



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    Von dem Tag an (ausländische Sänger kannte ich zu der Zeit nur wenige) war ich ihm verfallen. Ich habe lange nicht verstanden, wie viel populärer sein Kollege Rudolf Schock war, dem Traxel nach meinem Empfinden an Leichtigkeit, an unangestrengter Tonhöhe (Postillon von Lonjumeau!) und Tonschönheit weit überlegen war. Doch Traxel war ein zurückhaltender, bescheidener Mensch, dem wenig an Glanz und Glemmer und öffentlicher Wahrnehmung gelegen war. Der verstorbene Ehemann meiner Schwester kannte ihn persönlich recht gut; er war Mainzer, und es gab lockere Familienkontakte. Deshalb konnte er mir einiges von ihm und seinem Sängerleben erzählen. Natürlich hat er ihn auch bei seinen raren Auftritten in Mainz erlebt.


    Doch langer Rede kurzer Sinn: Zu Weihnachten ca. Mitte der 1960er bekam ich eine kostbare Kassette mit 3 LP geschenkt, Händels MESSIAS, gesungen in deutscher Sprache, und Josef Traxel sang die Tenorpartie! Ich besitze sie noch heute, leider kann ich aber zur Zeit nicht darauf zugreifen. Es gibt seit etlichen Jahren die Aufnahme auch auf CD, und heute habe ich mehr zufällig festgestellt, daß sie momentan recht günstig zu haben ist:

    Die übrigen Solisten sind: Ingrid Bjoner (Sopran), Hertha Töpper (Alt) und Kieth Engen (Baß).

    Karl Forster dirigiert die Berliner Symphoniker und den damals erstklassigen Chor der St. Hedwigs-Kathedrale Berlin. Das exakte Aufnahmedatum weiß ich nicht, es ist eine Ausgabe der damals noch jungen Ariola/Eurodisc. Mir scheint, daß sie hier noch gar nicht erwähnt wurde.


    Obwohl ich später diverse englische Originalfassungen kennenlernte und auch die berühmte deutsche mit Karl Richter aus München (DGG), mit Gundula Janowitz (!), hat diese Aufnahme bei mir einen besonderen Stellenwert, vor allem wegen Traxel. Doch auch ansonsten kann diese Aufnahme gegen manche berühmtere bestehen, und die Klangqualität ist außerordentlich gut. Josef Traxel war u.a. auch ein angesehener Oratoriensänger, viele Aufnahmen geben davon Zeugnis.


    Ich wollte die Gelegenheit zum Anlaß nehmen, den Thread, der nun schon seit drei Jahren im Winterschlaf ist, wieder zu beleben. Das Hamburger Archiv für Gesangskunst (AfG) hat übrigens, dank der Unterstützung zahlreicher Traxel-Freunde, eine ganze Serie von Aufnahmen des Künstlers wieder aufgelegt, sowohl Studio-, Rundfunk- als auch Live-Produktionen. Eine wahre Fundgrube!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Vielen Dank, Nemorino: ich wollte soeben diesen Thread beleben, weil ich auch von Traxel so begeistert bin. Ich habe ihn sogar gern als Wagner-Sänger (Siegmund) und finde die Rolle für ihn geeignet, wenn auch ganz anders vorgetragen wie Lorenz oder Treptow. Aber zurück zu Händel: hier hört man ihn als Belsazar. Diese Arie passt ihm perfekt!


    https://audius.co/geschichte/traxel-16284

  • Vielen Dank, Nemorino: ich wollte soeben diesen Thread beleben, weil ich auch von Traxel so begeistert bin. Ich habe ihn sogar gern als Wagner-Sänger (Siegmund) und finde die Rolle für ihn geeignet, wenn auch ganz anders vorgetragen wie Lorenz oder Treptow. Aber zurück zu Händel: hier hört man ihn als Belsazar. Diese Arie passt ihm perfekt!


    https://audius.co/geschichte/traxel-16284

    Sorry lieber Maestro, wenn das schön ist will ich nie mehr Händel hören! :no:


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Sorry lieber Maestro, wenn das schön ist will ich nie mehr Händel hören! :no:

    So sind die Auffassungen unterschiedlich. Ich habe noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ältere Einspielungen bei mir nicht nur nostalgische Erinnerungen hervorrufen, sondern dass ich sie für ebenso wertvoll erachte, wie die neueren, der historischen Aufführungspraxis verschriebenen. Und die "Messias"-LP-Kassette, die nemorino eingestellt hat, kenne ich noch aus Jugendzeiten (mein Vater besaß sie und ich habe sie mit einem anderen Cover auch wieder auf CD) und sie war (und ist) für mich immer noch eine der besten Einspielungen dieses Werkes. Ich verkenne nicht, dass man diese Praxis (mit Sinfonieorchester) heute nicht mehr goutiert, ich möchte sie aber trotzdem nicht missen. Übrigens fand die Aufnahme 1962 statt, 1963 starb Prof Karl Forster (dem ich auch eine geliebte Aufnahme der "Schöpfung" verdanke).


    Was nun Traxels Interpretation - siehe Clip oben - aus dem Oratorium Belshazzar betrifft, so empfinde ich seine Stimme heute noch, nein: immer noch, als eine der schönsten deutschen Tenorstimmen des letzten Jahrhunderts.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ihr dürft das so lange und so oft hören wie es euch beliebt, nur ich für meinen Teil finde es nicht nur nicht schön, (nichts gegen Traxels Stimme) nein, bei aller Liebe das ist kein Händel!

    Einmal wurde ich genötigt einen Messias auf deutsch zu hören, welch eine Grausamkeit der deutsche Text ist nicht dafür geschaffen, generell für Händel trifft das zu!

    Aber Bitte, jeder wie er mag! :pfeif:


    Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

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  • So sind die Auffassungen unterschiedlich. Ich habe noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ältere Einspielungen bei mir nicht nur nostalgische Erinnerungen hervorrufen, sondern dass ich sie für ebenso wertvoll erachte, wie die neueren, der historischen Aufführungspraxis verschriebenen.

    Lieber musikwanderer,


    das ist eben reine Geschmacksache, und darüber sollte man nicht streiten. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Ich halte die konventionellen Aufnahmen "Alter Musik" für wertvoller als die HIP-Versionen. Das ist kein professionelles Urteil, sondern eben - Geschmacksache. Ich bin mit den Aufnahmen Bachs und Händels im Stil des 19. Jahrhunderts groß geworden, und sie sprechen mich deutlich mehr an als die mit historischen Instrumenten und historischer Praxis.


    Was nun Traxels Interpretation - siehe Clip oben - aus dem Oratorium Belshazzar betrifft, so empfinde ich seine Stimme heute noch, nein: immer noch, als eine der schönsten deutschen Tenorstimmen des letzten Jahrhunderts.

    Ich kannte die Aufnahme bisher nicht. Natürlich würde man heute so nicht mehr Händel singen, aber damit ist ja noch nichts über die Qualität von Traxels Stimme und Gesangspraxis gesagt. Da ich das Stück nicht in anderer Interpretation kenne, will und kann ich keine Aussage dazu machen. Aber wahr bleibt: Eine schönere, reinere Tenorstimme hat es in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg nicht gegeben; lediglich Wunderlich kann man ihm gleichsetzen. Der hat übrigens auch im selben Stil wie Traxel zahlreiche Aufnahmen von Arien der Barockzeit hinterlassen.

    Was bei Traxel ganz besonders ins Ohr fällt, ist, daß man seine Stimme sofort, nach den allerersten Tönen, einwandfrei identifizieren kann. Sein Timbre ist so unverwechselbar, da kann kein Zweifel aufkommen, egal, ob er Wagner, Lortzing oder Händel singt.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • nur ich für meinen Teil finde es nicht nur nicht schön

    Lieber Fiesco,


    das ist doch durchaus in Ordnung, und ich gebe freimütig zu, daß der Händel, der Dir vorschwebt, authentischer ist als der von Traxel und der, wie er mir am besten gefällt. Für jüngere Hörer, für die bei Alter Musik HIP schon eine Selbstverständlichkeit ist, klingen die älteren Aufnahmen natürlich gewöhnungsbedürftig, um nicht zu sagen unmöglich.

    Meine ersten Erfahrungen mit Händelarien habe ich mit Aufnahmen von Heinrich Schlusnus und Karl Erb gemacht - da liegen heute Welten dazwischen.


    LG und schönen Abend,

    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • 1963 starb Prof Karl Forster (dem ich auch eine geliebte Aufnahme der "Schöpfung" verdanke).

    Diese Aufnahme habe ich auch, sie zählt auch zu meinen Lieblings"objekten". Nicht zu vergessen die Johannes-Passion, in der sowohl Traxel (Tenorarien) als auch Wunderlich mitwirkt, neben einem erlesenen Ensemble:

    Prof. Forster war nicht nur ein Liebhaber, sondern auch ein profunder Kenner sakraler Musik. Seine Aufnahmen entbehren vielleicht der Brillanz eines Karajan, aber es sind tiefempfundene Zeugnisse seines Schaffens.

    Zum Schluß will ich noch eine andere Bach-Ausgabe mit Josef Traxel nennen, die mir ebenfalls seit früher Jugend vertraut ist (ich hatte sie bereits auf LP):

    mit dem Leipziger Thomaskantor Kurt Thomas (Aufnahme: 1958, Stereo), eine 3 CD-Box, die z.Zt. für lächerliche 97 Cent bei Amazon verschleudert wird (gebraucht).


    Natürlich sind das alles Aufnahmen, vor denen man HIP-Freunde warnen muß. Aber für uns, die wir quasi mit ihnen groß geworden sind, sind es unverzichtbare Kostbarkeiten. Auch diese Ausgabe hatte ich bereits auf LP, mit dem ELECTROLA-Label. Es war eine Gemeinschaftsproduktion mit VEB Deutsche Schallplatten Berlin, deren gesamtdeutsche Vermarktungsrechte nach der Wiedervereinigung auf Berlin Classics übergingen.


    Josef Taxel war ein so vielseitig einsetzbarer Tenor, mit einem breitgefächerten Repertoire, wie es heute kaum vorstellbar ist. Opernsänger, Oratorien & Messen, sowie Lieder, er war in allen diesen Sparten zu Hause. Sehr geschätzt habe ich auch seine Loewe-Balladen (auf Colosseum), die das HfG inzwischen auch auf CD veröffentlicht hat. Es freut mich sehr, daß es immer noch zahlreiche Traxel-Fans gibt und der Sänger nicht vergessen ist!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich finde die Johannes-Passion und Schöpfung-Aufnahmen von Forster einfach grandios, selbstverständlich auch die Besetzungen. Er hatte oft ein unheimlich perfektes Gefühl für Tempi und für Abschlüsse. Ich habe etliche Schöpfung-Aufnahmen gehört, und am Ende bin ich immer enttäuscht, daß sie nicht die Vollendung (vor allem bezüglich Tempi) haben, die die Forster-Aufnahme hat.


    Zurück zu Traxel: diese unverwechselbare Stimme ist einfach rührend zu hören, egal was er singt. Händel passt ihm genauso wie Wagner.

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  • Lieber wok,


    vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag über Josef Traxel! Ja, auch da stimmen wir wieder überein, unser Musikgeschmack ist wirklich auffallend ähnlich!


    Es gibt viele Sänger, die ich verehre, aber Josef Traxel habe ich in mein Herz geschlossen. Du hast auch die 45er EP genannt mit u.a. dem Postillonlied. Auch die ist noch in meinem Besitz, und beim hohen D in dieser Arie bekomme ich noch heute jedes Mal Gänsehaut! Kein anderer Sänger, nicht einmal Gedda, kann mich damit so überwältigen wie dieser großartige Mainzer Tenor. Diese völlig unangestrengte Höhe, und die Reinheit des Tons sind einmalig! Die 45er Platte mit "Mir träumt von jener Zeit" und "Gegrüßt sei mir o heil'ge Stätte" war übrigens meine erste Bekanntschaft mit Josef Traxel. Die beiden Arien sind übrigens die einzigen Todokumente des Sängers bei der Deutschen Grammophon. Da weder Dirigent noch Orchester auf der Platte vermerkt waren, habe ich an die DGG (damals noch in Hamburg) geschrieben und um Auskunft gebeten. Die kam wenig später, es ist das SO des Bayerischen Rundfunks unter Leitung von Ferdinand Leitner.


    Inzwischen habe ich fast alles, was dieser Tenor in die Rillen gebannt hat, auf CD. Das wird bei Dir kaum anders sein.


    Von Schock will ich erst weiter gar nicht reden; er war in den 1950er Jahren ein achtbarer Sänger, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Und alles, was nach ca. 1960 kam, habe ich immer so kommentiert: Wo Schock draufsteht, ist auch Schock drin! Ich war regelmäßig "geschockt" ....


    Aber hier geht es ja um Traxel: Auch ich habe vor einigen Jahren mit Prof. Gerard Mohr korrespondiert, es ging damals um die neugegründete Josef-Traxel-Gesellschaft, an der er maßgeblich beteiligt war.


    Du hast Deinen Beitrag übrigens diesmal so eingestellt, daß ich keine Zitate daraus übernehmen kann. Ich will aber gerne später noch einmal auf Deine Ausführungen zurückkommen. Ich fahre nachher mit einem alten Freund zu einer Adenauer-Ausstellung in Maria Laach, deshalb bin ich jetzt etwas in Zeitdruck. Sie wird heute letztmals gezeigt, und das möchte ich nicht verpassen.


    Ich wünsche einen schönen Sonntag nach Málaga!


    Mit lieben Grüßen

    Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber nemorino, Gott sei Dank habe ich erst spät (jedoch nicht zu spät) zu Bach, Händel usw. den Weg gefunden.

    Ich habe diese Musik mit Harnoncourt kennengelernt, aber dann mit Macht:!:


    Was mich vor allem an dem Beitrag von Maestro_Peter gestört hat...

    Zitat von Maestro_Peter

    Diese Arie passt ihm perfekt!

    ......so nach dem Motto, was geht mich das gesinge von >Heute< an!


    Obwohl ich keineswegs mehr das jüngste Modell bin ^^^^, bin ich sehr froh das ich mich doch weiterentwickelt habe! :)


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Was mich vor allem an dem Beitrag von Maestro_Peter gestört hat...

    Diese Arie passt ihm perfekt!

    ......so nach dem Motto, was geht mich das gesinge von >Heute< an!

    Diesen Schluss, lieber Fiesco, habe ich aus Maestro Peters Beitrag nicht gezogen. Und der Schreiber wird das auch nicht so gemeint haben, wie Du es interpretierst. Ich will aber hier keine Exegese betreiben, sondern für mich festhalten, dass ich bei der oben eingestellten Arie nicht von Perfektion sprechen würde - es gibt nun einmal keine perfekte Gesangsstimme (haben Kesting, Henderson und Genossen oft genug betont). Und Traxel hat - so höre ich es jedenfalls - verschiedentlich Schwierigkeiten mit den Koloraturen. Aber so etwas gibt es auch unter den heutigen HIP-Interpreten - weil es eben keine perfekten Sänger (weiblich oder männlich) gibt. Dennoch hat seine Stimme die für mich unverwechselbare Strahlkraft, an der ich ihn immer wieder erkennen kann.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Liebe 'Josef-Traxel-Verehrer'!



    Ich habe eine sogenannte 'Home Story' aus der Rundfunk- und Fernsehzeitung „Gong“ aus dem Jahre 1960, als Josef Traxel in seinem Heim auf dem Stuttgarter Killesberg von dem Journalisten Otto Knödler besucht wurde. (Solche 'Hausbesuche' waren damals bei den Lesern sehr beliebt. Ich kenne noch weitere, z. B. von Sári Barabás und Franz Klarwein, Inge Borkh und Alexander Welitsch, Lisa Della Casa, Elisabeth Grümmer, Erika Köth, Melitta Muszely, Anneliese Rothenberger, Leonie Rysanek, Rita Streich, Hertha Töpper, Hans Hopf, Walther Ludwig und – natürlich? - Rudolf Schock.) Einige interessante Teile aus dem Artikel über Josef Traxel möchte ich nachfolgend mitteilen.



    Der Tenor hatte nicht nur ein abgeschlossenes, langes Gesangsstudium absolviert, sondern war auch examinierter Dirigent und Musiklehrer. Als er 1939 'eingezogen' wurde, war er noch nicht öffentlich aufgetreten; erst eine in Russland erlittene Verwundung, die er in seiner Mainzer Heimat auskurieren durfte, brachte ihm das Bühnendebüt 1942 (als 'Don Ottavio'), indem er für einen zum 'Kriegsdienst' abbefohlenen Sänger einsprang.


    Kaum genesen, kam er gleich wieder an die Front (nach Frankreich und Nordafrika). Während Rommels Wüstenfeldzug wurde Josef Traxel gefangen genommen und kam für drei Jahre in ein PW-Camp in den USA. Dort trat er vor seinen Kameraden als Liedersänger auf und gründete mit Hilfe des Roten Kreuzes ein 60 Mann starkes Orchester, das er dirigierte.


    Mitte 1946 wurde der Kriegsgefangene entlassen und kam bei einem Freund in Nürnberg unter. Sein Elternhaus in Mainz wurde bei einem Bombenangriff zerstört; seine Eltern waren dabei getötet worden. Josef Traxel arbeitete als Dolmetscher für die Amerikaner und nach einem Vorsingen bei dem Nürnberger Kapellmeister Rolf Agop erhielt er einen Vertrag für das dortige Opernhaus; eine seiner ersten Partien war der 'Don José' in der „Carmen“. (Seine weitere Karriere darf als bekannt vorausgesetzt werden.) Bemerkenswert ist noch, dass Traxel 1960 die Anzahl seiner jährlichen Opernauftritte mit 80 bis 100 Vorstellungen beziffert, zusätzlich zu seinen Konzertverpflichtungen.


    Der Sängerl war verheiratet und hatte zwei Kinder (ein Zwillingspaar), die beide Cello spielten und bei der Hausmusik von ihrem Vater am Klavier begleitet wurden. Als Hobbies werden genannt: die Malerei, das Vertonen von selbst gedrehten Schmalfilmen mittels eigener Kompositionen und das Aufnehmen von Vogelstimmen auf Tonband. Wie schon hier in einem früheren Beitrag erwähnt wurde, fasste der Sänger seine Erlebnisse vor und hinter der Bühne gerne in heitere Verse. Einem (bekannten, aber ungenannten) Dirigenten schrieb er einmal: „Was Tempo betrifft und Stärke im Ton, halte ich mich an die Tradition, so wie es Mozart geschrieben, ganz streng und nicht nach Belieben.“ Der Beginn eines längeren Gedichts über die Bayreuther Festspiele wird wie folgt zitiert: „Ja, so ist es in Bayreuth schon seit alten Zeiten. Wer am allerstärksten schreit, darf für Elsa streiten.“



    Warum Josef Traxel zeitlebens nicht die Wertschätzung und Popularität erfahren hat, die er zweifelsfrei verdient gehabt hätte, kann ich mir dahingehend erklären, dass er – vermutlich durch die Kriegserlebnisse, einem ruhigen Naturell und vielleicht auch wegen mangelndem persönlichen Ehrgeiz – mit seinen Erfolgen zufrieden war und er es nicht für angebracht hielt, durch große Medienpräsenz Aufmerksamkeit zu bekommen. Der oben zitierte Zeitungsartikel schließt denn auch mit Josef Traxels Aussage: „Ich habe gelernt, der Kunst zu dienen und nicht mir selbst.“


    Was die 17-cm Platte (32030 NL) der 'Deutschen Grammophon Gesellschaft' von 1955 mit den Arien des 'Faust' und des 'Nadir' anbelangt, spielen nach meiner Information die Münchner Philharmoniker unter Ferdinand Leitner; das Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks wurde von der 'DGG' nur für Großprojekte herangezogen. Übrigens hat Josef Traxel manchmal – und so auch für diese Aufnahmen - für fremdsprachige Arien einen teilweise neuen deutschen Text geschrieben, „der gutes Deutsch ist und den man auch singen kann.“ (Zitat aus dem besagten Artiikel).


    Die Produzentin der 'DGG', Elsa Schiller, war bemüht, ihr damals noch kleines 'Sänger-Personal' aufzustocken, denn in den frühen 50ern bestand die 'Tenor-Abteilung' nur aus Lorenz Fehenberger, Ernst Haefliger, Walther Ludwig und Wolfgang Windgassen. Mit einigen Tenören (z. B. Libero De Luca, Hans Hopf, Heinz Hoppe, Ernst Kozub, Petre Munteanu, Cornelis van Dijk und Kurt Wehofschitz) wurden danach 'Test-Aufnahmen' gemacht, die auf 17-cm Platten gepresst wurden. Verkauften sich die Platten gut und – was für Frau Schiller wohl auch wichtig war – stellten die Künstler nicht zu hohe Gagenforderungen, erhielten sie einen Vertrag. Vermutlich bestand Josef Traxel diesen 'Test' nicht, denn die besagte Platte ist – wie 'nemorino' richtig schreibt - die einzige, die mit ihm bei der 'DGG' veröffentlicht wurde. Neben ein paar kleineren Operetten-Aufnahmen bei der 'Telefunken' nahm er ab Herbst 1955 bis Frühjahr 1961 bei der 'Electrola' auf, hatte aber das Pech, dass der dortige Produzent (Fritz Ganss) Rudolf Schock bevorzugte und ab 1960 Fritz Wunderlich bei der 'Electrola' unter Vertrag genommen wurde.



    Viele Grüße!



    Carlo


    P. S.


    Hier im Forum wird ja momentan über 'klassische Sänger' auf der Kinoleinwand geschrieben und auch Josef Traxel hat dazu beigetragen. Man kann seine Stimme in drei Musikfilmen hören, doch wird sein Name im jeweiligen Vorspann bzw. im gedruckten Filmprogramm nicht genannt. Auch das ist ein Beweis für die Vielseitigkeit dieses Tenors.


    Kurios: In „Der letzte Walzer“ (1953) nach der Operette von Oscar Straus (mit Eva Bartók, Curd Jürgens und O. E. Hasse / Regie: Arthur Maria Rabenalt) singt Josef Traxel für Curd Jürgens, der ja bekanntlich eine 'Reibeisenstimme' hatte. Übrigens sieht man Oscar Straus, gestorben 1954, am Anfang des Films dirigieren.


    Kurioser: Im September 1952 wirkte Josef Traxel in einer Münchner Rundfunk-Produktion von Carl Zellers „Der Vogelhändler“ mit; es sangen ferner Trude Eipperle und Lucia Wehr unter dem Dirigat von Werner Schmidt-Boelcke. Diese Gesamtaufnahme diente nicht nur als Tonunterlage für die Verfilmung von 1953 mit Ilse Werner ('Kurfürstin'), Eva Probst ('Briefchristel') und Gerhard Riedmann – der übrigens selbst sehr gut singen konnte – als 'Adam' (Rabenalt war auch hier der Regisseur), sondern auch für eine TV-Inszenierung mit Ruth Kappelsberger ('Kurfürstin'), Christiane Maybach ('Briefchristel') und Ferry Gruber ('Adam', den er auch hätte selbst singen können) mit der Regie von Ludwig Bender, die am 14. 2. 1956 gesendet wurde.


    Und besonders kurios: „The Student Prince“ (deutscher Titel: „Alt Heidelberg“) nach der Operette von Sigmund Romberg war von MGM mit Mario Lanza geplant, der vorab den Soundtrack aufnahm und der in der Original-Fassung des Films auch zu hören ist. Aber Lanza hatte so sehr an Körperfülle zugenommen und war derart unzuverlässig geworden, dass er durch den englischen Schauspieler Edmund Purdom als 'Prinz Karl-Franz von Karlsberg' ersetzt wurde. (Ann Blyth sang und spielte die Wirtstochter 'Kathie', ihren Vater stellte der auch in Deutschland bekannte Ungar Szöke Szakall dar.) In der deutschen Synchronisation sang dann Josef Traxel, aber ich habe bisher nicht herausgefunden, wer auf deutsch die 'Kathie' singt, weil dieser Film m. W. noch nie im deutschen Fernsehen gesendet wurde. Weiß hier jemand mehr?


    Und auch Rita Streich und Josef Metternich waren sich nicht zu schade, um in der deutschen Version zweier berühmter Musikfilme zu singen: „Kiss me, Kate!“ (1953) nach dem Musical von Cole Porter – mit Kathryn Grayson und Howard Keel – und „Rose-Marie“ (1954) mit Ann Blyth und ebenfalls Howard Keel in der Verfilmung der gleichnamigen Operette von Rudolf Friml.

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  • Lieber Musikwanderer!

    Diesen Schluss, lieber Fiesco, habe ich aus Maestro Peters Beitrag nicht gezogen. Und der Schreiber wird das auch nicht so gemeint haben, wie Du es interpretierst.

    Die Interpretation ist doch irgendwie naheliegend. Schließlich hat Maestro_Peter sich bisher hier im Forum nur zu Sängern früherer Jahrzehnte geäußert. Die Erinnerung an die Künstler, die man als junger Mensch erlebt und durch die man bestimmt Werke überhaupt erst kennengelernt hat, ist gemeinhin sehr stark. Dass sie gepflegt wird, ist an sich ja auch nicht falsch.


    Aber dass Fiesco anmerkt, dass man schon recht eigensinnig sein muss, wenn man feststellt, dass eine Händel-Arie perfekt auf einen - im Übrigen auch von mir geschätzten - Sänger wie Josef Traxel passt, halte ich für absolut verständlich und voll legitim. Wenn man so etwas schreibt, ist doch offenbar ein gutes Stück Interpretationsgeschichte an einem vorbei gegangen.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Reinhard

    Hat den Titel des Themas von „Josef Traxel, ein Sänger den man nicht vergessen sollte.“ zu „Josef Traxel - ein Sänger, den man nicht vergessen sollte“ geändert.
  • Lieber Nemorino,


    Danke für Deine Mail. Ja, eine solche Ausstellung, zumal wenn sie das letzte Mal gezeigt wird, sollte man auch nicht verpassen.

  • Lieber Carlo,


    Das ist ja großartig und unglaublich, was Du das alles über JOSEF TRAXEL weißt! So viele Infos über ihn habe ich bisher noch nie auf so kleinem Raum und in so kurzer Zeit erfahren! Als ganz großer TRAXEL-Verehrer danke ich Dir vielmals für diesen Beitrag, der mich dem Menschen JOSEF TRAXEL nun NOCH näher bringt!! Wer so viel Schlimmes in seinen jungen Jahren erleben mußte wie JOSEF TRAXEL, und trotzdem die Musik zu seinem Lebensinhalt auserkor, bei dem muß sich all das Erlebte wohl auch unbewußt in seiner Stimme und seinem Vortrag niederschlagen. Und tatsächlich höre ich in all seinem Gesang immer eine gewisse Melancholie, Tiefe und Menschlichkeit heraus, die berührt und für sich einnimmt, ein gewinnendes Attribut, das ich bei so manchem sogenannten STAR-Tenor eben mitunter vermisse!.


    Vor allem: schön zu wissen, daß es in unserem Forum mit Dir einen weiteren großen TRAXEL-Verehrer und vor allem -Kenner gibt!


    Viele Grüße

    wok

  • das Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks wurde von der 'DGG' nur für Großprojekte herangezogen.

    Lieber Carlo,


    ich habe von Anfang an bezweifelt, daß es das SOdBR war; aber ich bekam die Auskunft schriftlich von der Pressestelle der DGG. Allerdings per Email, und da es einige Jahr her ist, kann ich es natürlich nicht mehr belegen. Aber "Münchner Philharmoniker" halte ich für authentisch. Vielleicht wollte man einen lästigen Fragensteller kurz und bündig abfertigen:).


    Im übrigen danke auch ich Dir für Deinen erhellenden Beitrag. Wenn mir der GONG-Artikel vor Augen gekommen wäre, so hätte auch ich ihn sicher aufbewahrt. So war doch manches für mich neu!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ja, eine solche Ausstellung, zumal wenn sie das letzte Mal gezeigt wird, sollte man auch nicht verpassen.

    Lieber wok,


    …. bin eben erst zurückgekommen. Es war hochinteressant; die Ausstellung war mit einer Führung verbunden. Adenauer hat im Kloster Maria Laach 1933/34 sich vor den Nazis verstecken müssen, nachdem er als OB von Köln nach der "Machtergreifung" verjagt wurde. So ging es hauptsächlich um seinen 13monatigen Aufenthalt im Kloster (der damalige Abt war Ildefons Herwegen, ein Schulfreund Adenauers aus Köln) und seine späteren Beziehungen zum Kloster. Anschließend haben wir noch einen Gang um den Laacher See gemacht, das Wetter war so einladend, aber leider natürlich dementsprechend der Andrang (nicht beim Vortrag, sondern am See).


    Da ich gleich noch einmal außer Haus muß, komme ich erst morgen auf Josef Traxel zurück.


    Ich wünsche Dir noch einen schönen Sonntag!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Im September 1952 wirkte Josef Traxel in einer Münchner Rundfunk-Produktion von Carl Zellers „Der Vogelhändler“ mit; es sangen ferner Trude Eipperle und Lucia Wehr unter dem Dirigat von Werner Schmidt-Boelcke. Diese Gesamtaufnahme diente nicht nur als Tonunterlage für die Verfilmung von 1953 mit Ilse Werner ('Kurfürstin'), Eva Probst ('Briefchristel') und Gerhard Riedmann – der übrigens selbst sehr gut singen konnte – als 'Adam' (Rabenalt war auch hier der Regisseur), sondern auch für eine TV-Inszenierung mit Ruth Kappelsberger ('Kurfürstin'), Christiane Maybach ('Briefchristel') und Ferry Gruber ('Adam', den er auch hätte selbst singen können) mit der Regie von Ludwig Bender, die am 14. 2. 1956 gesendet wurde.

    Lieber Carlo, den Film von 1953 muss ich für meine Sammlung haben. Er ist im Handel. Die Hintergünde kannte ich nicht. Die "Vogelhändler"-Produktion des Bayerischen Rundfunks aber ist offenbar nie separat veröffentlicht worden - oder?


    Ich kenne nur diesen Querschnitt mit dem poppigen Foto:


    R-3492314-1332537936.jpeg.jpg

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Hallo, Rüdiger!


    Die von Dir gezeigte Platte (17 cm) habe ich ebenfalls; es gab aber auch eine Veröffentlichung auf 25 cm ('Electrola' E 60022) mit einer Spieldauer von 34 Minuten. Aufgenommen wurde der Querschnitt am 9. und 10. 11. 1956 im Gemeindehaus Berlin-Zehlendorf. (Inzwischen ist er auch auf CD erschienen in der 'EMI'-Serie 'Operetten.Melodien', gekoppelt mit einer Kurzfassung der "Fledermaus", ebenfalls unter der Leitung von Wilhelm Schüchter.) Aber ich finde das Cover der EP mit dem naturburschenhaften, fröhliche Sympathie ausstrahlenden Josef Traxel auch viel besser als das Cover der obengenannten LP, das einen Porzellan-Vogelkäfig zeigt.


    Die Gesamtaufnahme des "Vogelhändlers" vom Bayerischen Rundfunk hat folgende Besetzung: Die Kurfürstin - Trude Eipperle / Adelaide, ihre Hofdame - Maria Wolf / Baron Weps - Fritz Hoppe / Graf Stanislaus, sein Neffe - Hannes Raul / Adam, Vogelhändler - Josef Traxel / Christel, Briefträgerin - Lucia Wehr / Schneck, Bürgermeister - Kurt Großkurth / Süffle und Würmchen, Professoren - Bruno Fritz und Armin Münch u. a. / Der Chor des Bayerischen Rundfunks / Chorltg.: Josef Kugler / Das Münchner Rundfunkorchester / Dirigent: Werner Schmidt-Boelcke / Funkbearbeitung und -regie: Ludwig Bender (München, Funkhaus, 29. 9. 1952) Diese Aufnahme wurde noch am 25. 11. 1959 vom NDR in seinem UKW-Programm gesendet. Von einer Veröffentlichung ist mir nichts bekannt.


    Den Film mit Ilse Werner und Gerhard Riedmann, dem diese Aufnahme zugrunde liegt, habe ich nur einmal vor vielen Jahren im TV gesehen und ich fand ihn damals sehr 'schlicht'. Nachdem ich dann vor einigen Jahren im 'Heimatkanal' die klamottige Neuverfilmung von 1962 mit Maria Sebaldt ('Kurfürstin'), Cornelia Froboess ('Briefchristel') und Albert Rueprecht ('Adam') sah, musste ich mein Urteil abmildern.


    LG


    Carlo

  • Hallo Carlo,


    Ich frage mich, wo Du nur diese ganzen Detail-Informationen her hast, vor allem mit so präzisen Aufnahmedaten! Darf ich fragen, ob Du nur über JOSEF TRAXEL so gut informiert bist oder über alle Sänger und Musiker im allgemeinen? Vermutlich haben wir es hier mit einem "hochrangiigen" Musiker oder Musikexperten zu tun!!


    Gruß

    wok

  • Hallo Nemorino,


    Welch ein Zufall! Die Geschichte von dem Adenauer-Versteck im Kloster Maria Laach wurde gerade heute in einem Film über Adenauer im TV erwähnt, und so mußte ich gleich an Dich denken! ! Das war mir bis dato noch nicht bekannt.

    Solche Persönlichkeiten wie Adenauer, mit klaren Vorstellungen und Durchsetzungsvermögen, könnte man auch heute wieder in der deutschen Politik brauchen. Und in der Musik gibt es zwar auch zahlreiche große Talente und Könner ihres Fachs, doch vermiißt man auch auf diesem Gebiet oft unverwechselbare Persönlichkeiten mit Ausstrahlung und überzeugenden Interpretationsaussagen, und so greift man deshalb beim Anhören wichtiger Musikwerke dann doch oft wieder auf ältere Aufnahmen des vorigen Jahrhunderts zurück, zumindest geht es mir oft so.


    Viele Grüße

    wok

  • Danke, 'wok', für das Kompliment!


    Aber ich habe nur über die Jahre Rundfunkzeitungen, Schallplattenkataloge und diverse Opernzeitschriften ('Opernwelt', 'Orpheus'. 'Opernglas', 'Opera News' (New York), 'Opera' (London), 'Opéra' (Paris) und teilweise 'Die Bühne' (Wien) und 'Der Merker' (Wien) sowie viele Opernliteratur in Buchform gesammelt. Dazu kommen natürlich Schallplatten, CDs und Videos - und letztendlich auch mein Gedächtnis, so lange das noch funktioniert. Da kommt im Laufe der Zeit so einiges zusammen...


    LG


    Carlo


    Da fällt mir gerade ein, dass Konrad Adenauer - den ich in Düsseldorf zusammen mit Charles de Gaulle aus nächster Nähe gesehen habe - ein großer Musikfreund war. Sein Lieblingswerk war wohl Haydns "Die Schöpfung"!

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