Der Goldene Klang der Wiener Philharmoniker - Realität oder Legende ?

  • Als Lokalpatriot bezeichne ich auch die Wiener Philharmoniker als die Besten,


    aber


    die Berliner, Dresdner und Münchner sowie die Amerikaner brauchen sich nicht verstecken.


    Jedes Orchester hat sein Markenzeichen und jedes Orchester ist sehr gut.


    Es sind ja auch die Wiener Symphoniker kein schlechtes Orcheseter - im Gegenteil.


    Liebe Grüße Peter aus Wien.

  • Ich frage mich oft: Vieviele Philharmoniker gibt es eigentlich? Ioan Holender hat neulich mal in einer Radiosendung festgestellt, dass die Wiener Philharmoniker eigentlich zu der Zeit auf Tournee waren. Trotzdem spielten sie an zwei weiteren Orten, nämlich an der Wiener Staatsoper und im Theater an der Wien! Holender warf die Frage auf, ob das Orchester, das an 3 Orten gleichzeitig spielte, weiterhin als Opernorchester in der Staatsoper fungieren sollte. Er schloß ein eigenes - spezielles - Staatsopernochester nicht aus.



    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Herr Holender wird nicht mehr lange Operndirektor sein -
    seine Meinung ist somit nur mehr temporär von Bedeutung.


    Eine Wiener Stattsoper mit einem "gewöhnlichem" Staatsopernorchester würde IMO an Reputation verlieren.


    Kein Opernhausa der Welt kann sich die Wiener Philharmoniker als Orchester leisten - die Wiener Staatsoper macht hier eine Ausnahme.
    Und dieses imageträchtige Feature sollte man nicht aufgeben.
    Es mutet (meiner subjektiven Meinung nach) schon fast wie ein Bosheitsakt - oder eine persönliche Abrechnung mit dem Orchester - an, wenn ein Operndirektor, dessen Amtszeit so gut wie abgelaufen ist - solche Überlegungen anstellt.


    Irgendwann habe ich mal gelesen, es gäbe 149 Wiener Philharmoniker - genung um an mehreren Orten präsent zu sein.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich hatte das immer so verstanden, daß die Wiener Philharmoniker als Konzertorchester eine auserlesene Untermenge des großen Pools "Staatsopernorchester" sind. Wenn es also tatsächlich knapp 150 Philharmoniker gäbe, dann noch 50 oder 70 Substitute usw., die zum Staatsopernorchester, nicht aber zu den Philharmonikern i.e.S. zählen, können 80-90 davon auf Tournee sein, 60 im Graben der Staatsoper sitzen und es bleiben nochmal soviel für das Theater an der Wien.


    Aber das habe ich nur mal so ähnlich irgendwo gelesen, es sollte hier Leute geben, die das genauer wissen...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Lieber Harald,


    Derzeit gibt es rund 120 aktive Wiener Philharmoniker, nicht eingerechnet die Anwärter und die Pensionisten (wenn man die alle einrechnet, kommt man auf über 200).


    Um einen Antrag auf Mitgliedschaft stellen zu dürfen, muß man mindestens drei Jahre dem Wiener Staatsopernorchester angehört haben.


    Klar, daß die externen Verpflichtungen des Orchesters unter Umständen Schwierigkeiten für den Alltagsbetrieb in der Staatsoper bringen. Allerdings wiegen die Vorteile des Systems die Nachteile in meinen Augen bei weitem auf. Intern nicht schließbare Lücken hat man immer schon durch externe Anleihen gestopft, ohne daß die Welt gleich untergegangen ist.


    Nicht alles, was der gegenwärtige Herr Operndirektor sagt, ist gut. Seine Leistungen sind unbestreitbar, aber manches hätte er uns auch ersparen können...


    LG


    Waldi



    LG


    Waldi

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  • Die Wiener Philharmoniker sind ein VEREIN


    Um in diesem Verein aufgenommen zu werden ist es unter anderem erforderlich eine 3 jährige "Probezeit" im Wiener Staatsopernorchester zu absolvieren. Diese "Aspiranten" sind jedoch keine Mitglieder des Vereins der "Wiener Philharmoniker"
    Nach Ablauf der drei Jahre wird dann entschieden ob der Vertrag verlängert wird - und der Aspirant dann als Mitglied aufgenommen wurde - oder nicht.



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dass dieses Orchester zu den internationalen Spitzenorchestern zählt, kann man ebensowenig bestreiten, als auch die Tatsache, dass die Wiener Philharmoniker über einen eigenen, spezifischen Klang verfügen.
    Vielleicht muss man etwas zwischen den Fähigkeiten der Musiker und dem Orchesterklang unterscheiden, obwohl dass natürlich auch zusammenhängt.


    In diesem Orchester sitzen selbstverständliche ganz fantastische Orchestermusiker, die klar auf Weltspitzenniveau spielen können.


    Dass dieser Klang aber jedem anderen Orchesterklang vorzuziehen sei, finde ich nicht.
    Am stärksten fällt mir im Vergleich der Klang der Wiener Oboe auf.
    Man höre sich einmal den Oboeneinsatz beim 2. Satz der "Eroica" von Beethoven einmal in einer der DG-Aufnahmen Karajans mit den Berlinern und dann in der Einspielung Bernsteins mit den Wienern an.
    Ich finde, es klingt da schon etwas in Richtung unangenehm quäkend.
    Die "normalen" Oboen klingen da für mich runder und dunkler; haben mehr "Body" und erzeugen in einer guten Akustik um sich herum einen voller klingenden Klangraum.


    Wenn es bei den Streichern um den Vergleich zu den Berliner Philharmonikern geht, dann höre ich den Wiener Streicherklang zwar als seidig, aber auch als etwas kammermusikalischer, während die Berliner (vor allem in den Zeiten unter Karajan und auch noch Abbado) noch grösser, wärmer und voller klangen/klingen.


    Leider war ich nie in der glücklichen Lage, eines von beiden Orchester live gehört zu haben, so dass meine Eindrücke nur durch Aufnahmen zustandegekommen sind.
    Eine weitere Einschränkung muss man deshalb machen, weil jeder gute Dirigent, der vor einem Orchester steht, auch zu einem gewissen Teil immer auch seinen Personalklang hervorruft.


    Meinem Eindruck nach sind z.B. auch bei den Berlinern nicht alle Kombinationen im Sinne ihres spezifischen "Eigenklangs" durchweg überzeugend.
    Bei diesem Orchester und bei entsprechender Literatur finde ich z.B. die Kombination mit dem Chefdirigenten Herbert von Karajan, Eugen Jochum und Claudio Abbado.
    ( Wilhelm Furtwänglers Aufnahmen sind klangtechnisch leider nicht vergleichbar) als besonders gut gelungen.
    Klanglich umwerfende Beispiele für die Wiener Philharmoniker fallen mir spontan jetzt nicht ein. Das legendäre Neujahrskonzert unter Karajans Leitung vielleicht?


    Zusammendfassend kann ich sagen, dass ich die Wiener Philharmoniker zwar sehr schätze ( vor allem musikalisch), gewisse Teile ihres Klanges im Vergleich aber nicht vorziehe, vor allem nicht den Oboenklang.
    Überwältigende und glanzvolle "goldene" Klangerlebnisse haben mir da doch eher die Berliner Philharmoniker bereitet, vor allem in der Ära Karajan bis Abbado.



    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • An den Holzbläsern scheiden sich wohl die Geister; ein hier manchmal postender professioneller Oboist, Bernd, hat außerordentlich harsch über diese Sektion geurteilt (wobei ich nicht weiß, ob er sich auf ältere Aufnahmen oder die aktuelle Besetzung bezog, bei älteren und histor. Aufnahmen ist hier nicht nur bei den Wienern Toleranz notwendig ;))
    Als Nichtprofi kann ich es zwar teilweise nachvollziehen (Oboe spitz und kreischig, Klarinette oft etwas "flach"), aber es ist eben unbezweifelbar spezifisch und charakteristisch. (der gegenwärtige Solist der Berliner, Albrecht Mayer, ist mir auf seinem Händel-Album beinahe schon zu wenig oboenhaft, wenn auch von überlegener Technik und Klankultur.)


    Wie schon in anderen threads mehrfach diskutiert, bin ich aber der Ansicht, daß bei insgesamt deutlich gestiegenem Niveau, die Ausnahmestellung einzelner Orchester nicht mehr in der Weise gerechtfertigt ist, wie das vor 40 Jahren noch der Fall gewesen sein mag. Umso lauter muß natürlich die Marketingabteilung trommeln. Rein technisch sind viele Rundfunkorchester in Deutschland oder amerikanische Orchester der "2. Garnitur" (also außerhalb der Big Five) den berühmtesten Spitzenorchestern ebenbürtig.


    Vielleicht gibt es schon einen solchen thread, aber evtl. könnte man bei Wienern oder Berlinern (oder auch anderen) mal die Einspielungen der letzten 15 Jahre oder so (also post-Karajan, Bernstein etc.) nennen, die verdienten besonders hervorgehoben zu werden, oder bei denen die angeblichen Stärken besondern deutlich herauskommen.


    :hello:


    JR

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    ...
    Als Nichtprofi kann ich es zwar teilweise nachvollziehen (Oboe spitz und kreischig, Klarinette oft etwas "flach"), aber es ist eben unbezweifelbar spezifisch und charakteristisch....


    Ich glaube, dass hier die Aufnahmetechnik auch das Ihre zum Ergebnis beiträgt. Die Nähe des Mikrophons ergibt auf Einspielungen einen anderen Eindruck als der sich im Raum entfaltende Ton. Live hat mich die Wiener Oboe noch nie negativ beeindruckt. Da hat der sich charakteristisch vom Rest abhebende Klang durchaus seine Meriten.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Wie schon geschrieben wurde, ich denke das spielerische Niveau ist bei den Spitzenorchestern sicher ungefähr gleichwertig (also wie zB Wiener, Berliner, das CGO, BRSO, CSO usw.) und meiner Meinung nach ist das Dirigat hauptausschlaggebend wie eine Interpretation gelingt.
    Als einer der schon ziemlich viele Konzertmitschnitte der Wr.Ph.-Abonnementkonzerte sowie selbst einige live-Konzerte von ihnen gehört hat bin ich seit jeher immer wieder erstaunt wie unterwürfig und anpassungsfähig wie ein Chamäleon hier die Wiener sind (diese Meinung hörte ich auch einmal von einem Dirigenten)
    Da hab ich schon die ganze Palette von schwach/mittelmäßige bis absolute Welktklasseinterpretationen gehört.
    Die Zusammenarbeit mit Eschenbach fand ich zB absolut nicht fruchtbar, da verkauft sich das Orchester nur unter seinen Möglichkeiten, aber manche Dirigenten wie Janssons (eine zB Referenzverdächtige 8. von Dvorak), Pretre (Brahms 2.+3. auf höchstem Niveau) oder teilweise Thielemann (bei zB Richard Strauss) verstehn es scheinbar das gesamte Potential herauszuholen.
    Wenn man das vergleicht, meint man 2 verschiedene Orchester zu hören.


    Für all diejenigen die vielleicht glauben es wäre zwischen Wienern und Berlinern (bzw. NYP) ein überdeutlicher Unterschied zu hören empfehle ich den Blindtest
    Vergleichstest


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

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  • Die schwankende Qualität der Wiener Philharmoniker (auf höchsrm Niveau natürlich) ist oft besprochen worden.
    Ein geflügeltes Wort sagt:
    "Wenn die Wiener Philharmoniker einen Dirigenten, dessen Leistung sie nicht schätzen, übehaupt nicht mögen, dann spielen sie exakt so, wie er dirigiert"


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat


    Original von ame
    Für all diejenigen die vielleicht glauben es wäre zwischen Wienern und Berlinern (bzw. NYP) ein überdeutlicher Unterschied zu hören empfehle ich den Blindtest Vergleichstest


    Vielen Dank, das ist ja sehr interessant!


    Für das Menuetto der g-moll-Symphonie von Mozart meine ich die Wiener bei Beispiel 1b und 2a zu hören ( die jeweiligen Gegenbeispiele 1a und 2b gefallen mir besser...)
    Aber die offiziell richtigen Lösungen habe ich gar nicht gefunden...?


    Gruss :hello:
    Glockenton

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  • Zitat

    Original von Glockenton
    Aber die offiziell richtigen Lösungen habe ich gar nicht gefunden...?
    Glockenton


    Hallo,
    Scheinbar scheint die nicht mehr auf dieser Seite zu existieren, ich habe aber noch was Besseres gefunden - nämlich das Resultat dieser Studie sowie die am Ende angefügte Lösung des Tests:
    Wiener Klang - Analyse & Lösung


    (Quelle: Institut für Wiener Klangstil)


    :hello:
    Thomas

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  • Na wunderbar!


    Und ich habe die beiden Mozart-Beispiele ( Minuetto g-moll-Symphonie) jeweils richtig herausgehört. :D :D


    Bei Beispiel 1a habe ich insgeheim auch auf die Berliner Philharmoniker unter Böhm getippt, aber mich mit solch einer Aussage vorsichtshalber nicht aus dem Fenster gelehnt.
    Dieses Beispiel könnte m.E. belegen, dass nicht die Wiener, sondern die Berliner Philharmoniker die erste Adresse in Sachen warmer und runder "Schönklang" ( dem hier jemand regelmässig nachtrauert :stumm: ) waren und ggf. auch noch sind... :baeh01:


    Werde die anderen Tests auch noch machen und ggf. berichten...


    Gruss :hello:
    Glockenton

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  • Weil es Spass macht, habe ich für die Werke, die ich auswendig kenne, den Test weitergemacht und sorgfältig darauf geachtet, dass ich mich nicht selbst dadurch betrüge, dass ich vorher nachsehe:


    Beispiel 3 Beethoven, Eroica: richtig, Orchester B ( Berliner/Karajan) klingt grösser und dunkler


    Beispiel 4, Beethoven, Eroica: zwar richtig, aber etwas unsicher, könnte auch Glückstreffer gewesen sein


    Beispiel 5, Beethoven, Eroica: richtig, wegen der markant schmetternden Obertöne der Wiener Hörner


    Beispiel 6, Beethoven, Siebte Satz 2: richtig, wegen des für die Wiener Philharmoniker damals meiner Hörerfahrung nach deutlicher heraushörbaren Einzelvibratos im Bereich der ersten Geige und des etwas kammermusikalischeren Streicherklangs; die Berliner unter Karajan waren leicht am voluminöseren, dunkleren und runderen Streicherklang zu erkennen, vor allem aber am nach vorne ziehenden Legato-Stil des Dirigenten.


    Beispiel 7, Schubert, Unvollendete: sofort richtig und eindeutig, weil die Streicher der Wiener mehr kammermusikalische Persönlichkeit hervorbringen (fast in Richtung Streichquartett).
    Die viel rauer klingenden Streicher der NY-Philharmoniker fallen klanglich hier sehr ab, was aber auch an einer zu direkten Multimikrofonie liegen mag.


    Beispiel 8, Schubert, Unvollendete: richtig, A sind die Berliner(Karajan), B die Wiener (Kleiber); der Streicherklang wirkt kleiner und gewisse Feinheiten ( z.B. leichte Portamenti) hört man deutlicher- eben kammermusikalischer. Die Berliner Streicher klingen aber viel mehr nach Luxus...


    Beispiel 9, Brahms Vierte: Ziemlich unsicher, aber mir gefiel mit Abstand B besser als A;
    B sind die Berliner, A die Wiener, hatte aber erst gedacht, B seien die Wiener und A die New Yorker.


    Ich habe also bei den mir bekannten Stücken bei zwei Unsicherheiten fast immer richtig gelegen.


    Meine Erkenntnis hieraus: Wenn es um einen vollen, luxuriösen Wohlklang geht, sind die Berliner Philharmoniker m.E. die erste Adresse.
    Die Bläser klingen bei denen im Tutti "aufgelöster", durchhörbarer als bei den Wienern, bei denen ich tendenziell eher agressiv klingendere Klangwände höre.
    Bei den Berliner scheinen die Bläser auch mehr aus der Tiefe des Raumes zu kommen, was aber auch sehr viel mit dem Raum und der Aufnahmetechnik zu tun haben wird.
    Die Streicher der Wiener können sehr kammermusikalisch ausdrucksvoll spielen, und ich höre diesen seidigeren Streicherklang sehr wahrscheinlich auch lieber als z.B. den Klang der N.Y- Philharmoniker oder auch den "spröderen" Streicherklang des Concertgebouw Orkest, aber der volle, dunkle, grosse und auch bei Bedarf kernige Streicherklang der Berliner Philharmoniker spricht mich insgesamt in diesem Vergleich mehr an.
    Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass die gespielte Literatur dafür geeignet ist....


    Um noch einmal auf den Titel des Threads zurückzukommen:


    Der Eigenklang der Wiener Philharmoniker ist Realität und nicht Legende; nur was man unter "Golden" versteht, ist eben die Frage.
    Für mich klingen die Berliner goldener.... ;)


    Hier hat ja jetzt jeder von uns eine gute Möglichkeit, es selbst hörend nachzuvollziehen, statt nur allgemein im luftleeren Raum schwafeln zu müssen.


    Vielen Dank also noch einmal an âme für den hilfreichen Tipp :)


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

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  • Zitat

    An den Holzbläsern scheiden sich wohl die Geister; ein hier manchmal postender professioneller Oboist, Bernd, hat außerordentlich harsch über diese Sektion geurteilt (wobei ich nicht weiß, ob er sich auf ältere Aufnahmen oder die aktuelle Besetzung bezog, bei älteren und histor. Aufnahmen ist hier nicht nur bei den Wienern Toleranz notwendig )


    In älteren Aufnahmen klingt das Wiener Holz für meine Ohren teilweise geradezu bizarr. So weiß man bei der 1949er Aufnahme von Pfitzners C-Dur-Sinfonie unter Furtwängler im langsamen Satz erst mal nicht so recht, ob man wirklich ein Englischhorn hört oder ob jemand versehentlich im Hintergrund eine Kreissäge eingeschaltet hat.... 8o(trotzdem ist die besagte Aufnahme für mich summa summarum die beste mir bekannte Interpretation des Stücks - die unter Ferdinand Leitner mit den Berlinern klingt zwar deutlich "goldener", wirkt aber vergleichsweise grausam verschleppt und damit tot).


    Mein Gemoppere bezog sich schon auf die relativ aktuelle Formation, genauer gesagt auf ein live erlebtes Konzert in der Kölner Philharmonie vor etwa drei Jahren.


    Es ist jedoch klar, daß wir uns hier auf einem völlig subjektiven Terrain bewegen. Mir gefallen die Wiener Holzbläser nicht, weil sie mit ihrem starren, vibratolosen und zumindestens in den Oboen quäkig-flachem Spiel einen diametralen Gegensatz zu der Ästhetik bilden, die über lange Jahre hinweg die Grundlage meiner musikalischen Erziehung war. Alfred hingegen scheint dieser in meinen Ohren alles andere als goldener Klang überhaupt nicht zu stören, er nimmt ihn vielleicht, da er mit mit dieser Klang- und Spielkultur aufgewachsen ist, gar nicht als ungewöhnlich war (und erst recht nicht als steif oder plärrig).
    Und den Musikern selber scheinen ihre Art des Spielens ja auch besonders schön zu finden - andernfalls würden sie sie ja nicht praktizieren!


    Anderswo habe ich auch schon mal geschrieben, daß ich durchaus kein Freund der internationalen Gleichschaltung des Orchesterklangs bin. Grundsätzlich sehe ich es als positiv an, daß die Wiener ihre speziellen Oboen beibehalten - meiner Meinung nach sprechen stärkere Gründe dafür als dagegen. Zumindestens, solange ich das damit verbundene Klangbild ausgesprochen häßlich finden und dies auch öffentlich artikulieren darf.... :D


    Sehr interessant für mich waren die vorausgegangenen Anmerkungen, die den Streichersound betrafen. Sie haben mir mal wieder gezeigt, wie bläserlastig ich höre, wenn ich Orchester miteinander vergleiche. Es ist ganz schön schwierig, den Klang gleichzeitig durch verschiedene Fenster zu betrachten!


    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Bernd Schulz
    ...
    Mein Gemoppere bezog sich schon auf die relativ aktuelle Formation, genauer gesagt auf ein live erlebtes Konzert in der Kölner Philharmonie vor etwa drei Jahren.
    ...


    Das erklärt schon einiges! Es ist leicht verständlich, dass du mit deinem Background ein grundsätzliches Problem mit dem Klang der Wiener Oboe hast. Und in so manchen modernen Sälen wie der Kölner Philharmonie mit ihrer sehr klaren und direkten Akustik wird der Klang des Instruments ziemlich unverfälscht zum Hörer transportiert. Wenn einem etwas klanglich missfällt, dann dort ganz besonders.


    In klassischeren Konzertsälen wie dem Wiener Musikverein mit seiner warmen und samtigen Akustik entfaltet sich der Ton im Raum ganz anders. Man empfindet dort die negativen Aspekte weniger stark bis gar nicht, aber der Klang der Oboe hebt sich ganz deutlich und charakteristisch vom Rest des Orchesters ab. Das muss man so natürlich noch immer nicht mögen, aber ich glaube, dass man die "angestammte" Umgebung ins Kalkül ziehen muss, um die Berechtigung des Einsatzes der Wiener Oboe richtig einschätzen zu können.


    :hello:

    Ciao


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  • Zitat

    Das muss man so natürlich noch immer nicht mögen, aber ich glaube, dass man die "angestammte" Umgebung ins Kalkül ziehen muss, um die Berechtigung des Einsatzes der Wiener Oboe richtig einschätzen zu können.


    Bei meinem bisher einzigen und leider viel zu kurzen Wien-Besuch habe ich es leider nur bis in die Volksoper (dort gab es Puccinis "Trittico", und im Gegensatz zu Edwin liebe ich Puccini - der Klang der Wiener Oboen paßte allerdings für meinen Geschmack wie Hund und Hupe in diese Musik :D ) geschafft. Insofern kann ich deiner Aussage nichts durch eigene Erfahrungen Fundiertes entgegensetzen.


    Die französischen Oboen, so sie denn entsprechend geblasen werden (vorher muß sich der Oboist sehr, sehr lange mit dem Basteln seiner Röhrchen abplacken) klingen aber in der Berliner sowie der Kölner Philharmonie ausgesprochen warm und weich. Auch im Gasteig, im Gewandhaus, im Concertgebouw, in der Canergie Hall...und zudem in allen möglichen Kirchen weltweit....


    Insofern würde ich da erst einmal einen leichten Vorteil für das System Conservatoire konstatieren wollen :D. Oder anders gesagt: Bei einem Instrument, das so sehr an eine "angestammte Umgebung" gebunden ist wie (eventuell) die Wiener Oboe, sind besonders in Zeiten der Globalisierung :D klangliche Mißverständnisse extrem naheliegend :D :D.


    Die Wiener Oboe hat dafür andere Vorzüge. So ist sie zum Beispiel mechanisch weit weniger anfällig als das übertechnisierte französische Modell :D.Und in der Tiefe spricht sie deutlich besser an. So dürfte der in Deutschland unter Oboisten verbreitete Witz: "2. Oboe zu laut!!" -"Maestro, der 2. Oboist hat vermutlich verschlafen, der ist noch gar nicht da!" - "Dann sagen Sie es ihm, wenn er kommt!!" in Wien weniger bekannt sein...


    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von peet
    [quote]Original von Thorsten_Mueller
    Meine Kritik an den Sanderling-Aufnahmen zielt jedoch nicht auf den Klang sondern auf die Struktur der Interpretation. Die Tempi etc. wären von Sanderling genauso gewählt worden, hätte er die WP oder die Berliner zur Verfügung habt - und dann wäre das Resultat genau so enttäuschend wie die tatsächlichen Aufnahmen.


    Wenn von Sanderling-Aufnahmen die Rede ist, denkt man klarerweise an den großen alten Kurt Sanderling, der in Moskau noch mit Schostakowitsch zusammenarbeitete. Kurt Sanderling hat einen wunderbaren Cellisten zum Sohn namens Michael, den ich persönlich im Wiener MV mit dem ersteen Schostakowitsch-Konzert unter seinem Vater erleben durfte.


    Weiter unten ist dann von Thomas Sanderling die Rede, von dem ich aber nie etwas gehört habe (laut Wikipedia ein weiterrer Sohn von Kurt Sanderling). Also bitte bei Sanderling (wie z.B. bei Kleiber auch den Vornamen bzw. zumindest dessen Initial anführen, damit man auch weiss, von wem die Rede ist.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Milletre


    Das schrieb Kritiker B. G.Coors in FonoForum 1 / 98:

    Zitat

    "Thomas Sanderling hat von seinem Vater Kurt nicht nur das Dirigiertalent, sondern offenbar auch das Dirigiertemperament geerbt. Da ist dieselbe enorme innere Spannung, bei der sich jede einzelne Note optimal entfalten kann, und diese äußerste Intensität und Ausdrucksstärke. Bei Thomas Sanderling kommt vielleicht noch ein besonderes Gespür dafür hinzu, wie Musik sich im Klangraum entfaltet, in einer Ausprägung, wie ich sie sonst bislang nur bei Celibidache gehört habe."


    (bezieht sich auf seine Brahms-Sinfonien, allerdings mit einem Londoner Orchester)


    LG


    :hello:

    Harald


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  • Zitat

    Original von Harald Kral


    (bezieht sich auf seine Brahms-Sinfonien, allerdings mit einem Londoner Orchester)


    Mit dem Philharmonia Orchestra, um genau zu sein.


    Mir gefallen die Brahms-Sinfonien ebenfalls sehr gut, vergleichen kann ich allerdings nicht, da ich die Einspielungen mit Vater Sanderling nicht kenne.


    Kurt hat noch einen weiteren Dirigenten-Sproß, nämlich Stefan. Dieser hat u.a. sehr schöne Einspielungen von Mendelssohns 3. und 4. Sinfonie, mit dem Royal Philharmonic Orchestra, aufgenommen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Harald,
    danke für diesen Hinweis - wie gesagt von Thomas Sanderling habe ich nie etwas gehört.


    Was ich allerdings verwirrend fand, war, dass einige Beiträge von "Sanderling" sprachen und ich automatisch an den Altmeister Kurt gedacht habe, ehe einige Beiträge weiter unten dann von Thomas die Rede war.


    Und jetzt taucht auch noch ein Stefan auf ... È strano ...

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)