Gottlob Frick, der schwärzeste aller Bässe

  • Lieber Milletre,


    danke für die Blumen. Beim diesjährigen Künstlerftreffen am 18./19. Oktober heißt das Motto " Wien zu Gast". Fast ein Pfliichttermin für Dich! Wenn Dein Besuch klappen sollte, lasse es mich bitte wissen. Ich kümmere mich dann um alles.
    Herzlichst
    Dein
    Operus


    Übrigens interessant, wie sich das Urteil ändert, wenn man Aufnahmen nach Jahren und klanglich überarbeitet wieder hört. Ich war - vielleicht beeinflußt von Fricks selbstkritischem Urteil, der meinte der Boris müßte von einem Russen gesungen werden -von dieser Aufnahme zwar recht angetan, aber sie hat uns nicht vom Stuhl gerissen. Als wir jetzt die neu aufgelegte CD mehrfach hörten sind meine Frau und ich restlos hingerissen und begeistert.
    Lieber Milletre, mich würde deshalb Dein Urteil interessieren?

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber operus,


    diese CD habe ich noch nicht, aber ich brenne schon darauf, sie mir anzueignen und den unbeschreiblichen Legatokantilenen Lobls hingerissen zu lauschen.


    Ich bin auch gegen Deine Ansicht der Meinung, sein Kontschak in Wien 1960 sei ganz ausserordentlich gewesen.


    Herrgott, waren das noch Zeiten!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • an operus und alle Opern- und insbesondere Frick-Fans.


    Ich habe eine Melodram-Live-CD gefunden, die es in sich hat:


    FIDELIO unter Klemperer aus dem Covent Garden (7.3.1961) mit der himmlischen Sena Jurinac als Leonore, Gottlob Frick (Rocco), Hans Hotter (Pizarro), Jon Vickers als Florestan und Forbes Robinson als Don Fernando.


    Frage an Dich, lieber Hans, und an euch alle: Kennt ihr diese Aufnahme, und was haltet ihr davon?

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)


  • In der Tat eine exzellente Aufnahme ; es gibt davon eine sehr schöne Edition bei Testament, die auch klanglich noch eine Nummer besser ist als die bei Melodram.

  • Gottlob Frick ließ erstmals in den letzten beiden Saisonen des Theaters an der Wien aufhorchen:


    obwohl eher von schmächtigen Aussehen, dröhnte seine schwarze, unerhört mächtige Bass-Stimme effektvoll in "den heiligen Hallen" des Theaters an der Wien - ein Basswunder ersten Ranges für Wien!
    Wie geschaffen für alle Basspartien von Richard Wagner, imponierte Gottlob Frick aber auch als todesbringender Komtur, mächtiger Sarastro, gütiger Rocco, zutiefst mit dem Bösen verhafteter Kaspar und seinem bürgerlich geizigen Daland.
    Ausflüge ins buffoneske Fach machte Gottlob Frick hauptsächlich mit seinem bauernschlauen Heriratsvermittler Kezal in der "Verkauften Braut", seinem bis in die tiefsten Bassregionen hinabsteigenden Osmin und seinem köstlichen "liebesverhinderten" Sir John Falstaff in den "Lustigen Weibern von Windsor".


    Für seine LP Aufnahme des Bürgermeisters van Bett in "Zar und Zimmermann" gab es wegen seiner "schwarzen Basskomik" mehrere Auszeichnungen.

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  • Lieber Peter, liebe Opernfreunde,
    Deinem con amore geschriebenen treffenden Beitrag kann ich nur uneingeschränkt und freudig zustimmen.
    Frick liebte aber auch sein Wiener-Publikum ganz besonders. Er erwog ernsthaft, seinen Wohnsitz nach Wien zu verlegen und hatte deshalb zeitweise eine Doppel-Staatsbürgerschaft. Vielleicht waren die Bande zur Heimat aber doch zu stark. Bei 13 Geschwistern war der Familienclan sehr zahlreich und die Frick-Familie funktioniert bis heute bestens. Als er dann 1950 zum Ehrenbürger seines Geburtsortes Ölbronn ernannt wurde und lebenslang eine Jagd bekam fiel die Entscheidung, den Lebensabend in heimatlichen Ölbronn zu verbringen nicht mehr all zu schwer. Es war später dann auch ein Glück, denn die Familie pflegte das kinderlose Ehepaar Frick liebevoll bis zum Ende.
    Die Herzens-Verbindung zu Wien blieb bestehen. Als Frick keine internationalen Gastspiele mehr gab, waren seine letzten internationalen Erfolge 1980 in Wien. Die Verbindung lebt sogar weiter: In diesem Jahr steht das Künstlertreffen am 18./19. Oktober 2008 unter dem Motto "Wien zu Gast". Dr. Peter Dusek, der mit der Gottlob-Frick-Medaille in Gold ausgezeichnet wird, präsentiert junge, hochbegabte Wiener Sänger. Die unvergessene, charmante Renate Holm und der Urwiener Heinz Holecek werden das typische Lokalkolorit und Wiener Fluidum in eher heiteren Beiträgen beisteuern. In der Matinee am Sonntag-Vormittag gibt es dann noch "Wiener-G'schichten". Vielleicht haben Wiener-Opernfreunde Lust, dabei zu sein. Dann bitte bei mir melden.
    Herzlichst
    Operus
    :hello::jubel:

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  • Danke Milletre,


    Lieber Armin,
    könntest Du bitte so lieb sein, diese Aufnahme zu besorgen und zum Künstlertreffen mitbringen? Danke.
    Gruß Operus

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  • Zu unserem geliebten und verehrten Gottlob Frick fällt mir noch folgendes ein.


    Bekanntlich hat Furtwängler im Oktober 1953 den Fidelio, den er als Premiere am 12.d.M. dirigierte, auf einer Studioaufnahme herausgebracht. Das große Manko aber ist, dass nur die Musiknummern ohne Dialoge produziert wurden.


    Ich finde diese Vorgangsweise ärgerlich, aber da gibt es ja einige (schlechte) Beispiele, wie z.B. Klemperers Zauberflöte oder Karajans ersten Studio-Figaro.


    Nun, damit muss man leben. Aber muss man wirklich?


    Im Falle Furtwängler-Fidelio gibt es dankenswerter Weise einen Rundfunk-Mitschnitt der Premiere (Theater an der Wien, 12.10.1954), die natürlich auch alle Dialoge enthält. Ich bin sehr glücklich, dass ich anlässlich einer "Phonomuseum"-Sendung vor vielen Jahren diese Aufnahme auf Band mitschneiden konnte.


    Gibt es unter den zahlreichen Opernfreunden einige, die diesen Mitschnitt auch haben und Näheres dazu ausführen können?


    PS: A propos "Phonomusem": Das waren noch Zeiten, als es diese Sendereihe von Gottfried Kraus noch gab. Da konnte man sich noch von Giganten wie Oistrach, Richter, Gilels, Slawa Rosti, Schneiderhan mit seinem herrlichen Quartett oder Trio usw. oder auch tollen Opernaufnahmen so richtig schwelgerisch in den höchsten Musikhimmel katapultieren lassen.


    Wohin, wohin seid ihr entschwunden ...

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

    Einmal editiert, zuletzt von Milletre ()

  • Zitat

    Original von operus
    Danke Milletre,


    Lieber Armin,
    könntest Du bitte so lieb sein, diese Aufnahme zu besorgen und zum Künstlertreffen mitbringen? Danke.
    Gruß Operus


    welche Version: die von Melodram oder die von Testament? Erstere dürfte schwierig sein ; ich hab sie in meiner eigenen Sammlung, mag sie aber nicht abgeben. Letztere wäre kein Problem, aber habt ihr die nicht schon?
    http://www.jpc.de/jpcng/classic/detail/-/hnum/8667078

  • Ein ganz besonderes Frick-Highlight und dazu eine grandiose Wiedergabe der "WALKÜRE" in Spitzenbesetzung und mit feurigem Dirigat - auch das italienische Orchester lief zur Hochform auf - ist dieses wertvolle Dokument



    Suthaus singt grossartig, allerdings ist sein Timbre nicht meine Sache. Er wird aber übertroffen von der hinreissenden Leonie Rysanek, die ihre jugendlichen Jubeltöne in die ehrwürdige Scala feuert.


    Birgit Nilsson ist hier noch nicht ganz auf der Höhe ihrer später so unvergleichlichen Brünnhilde. Dennoch, wenn man sie nicht an ihren Leistungen späterer Jahre misst, dennoch überwältigend, zumal ihr das jugendliche Timbre der Göttertochter ausgezeichnet zu Gesicht steht.


    Ihr Göttervater Hans Hotter ist so eine Sache. Auf der Bühne ein mächtiger, stets beeindruckender Wotan, enttäuscht er auf Platten oder CDs, und hier ganz besonders, da sein Tremolo und auch das Fehlen der optischen Eindringlichkeit seine Stärken des Ausdrucks und der Phrasierung leider in den Schatten stellen.


    Als Fricka liefert Jean Madeira eine exzellente Studie einer zürnenden, rachedurstigen Göttin ab - die Nennung von Christa Ludwig am Cover ist irreführend: sie singt im inhomogenen Töchterrudel die Waltraute.


    Dass Frick hier auf den Vornamen Otto hört (im Booklet stimmt der Vorname wieder), gereicht der Produktion nicht zu höherer Ehre - abgesehen davon, dass auch die technische Qualität nicht gut ist.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

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  • Nach dem Nachlesen dieses Threads fiel mir auf, dass ich die technische Mangelhaftigkeit obiger "Walküre"-Aufnahme nur generell erwähnte.


    Eigentlich ist das Orchester recht gut wiedergegeben. Lediglich im von Karajan überraschend langsam geleiteten Gewittervorspiel treten zwei ärgerliche Drop-outs auf. Die Sänger kommen technisch auch präsent (leider mit Einschränkungen Hotter) daher, die Frauenstimmen sind aber in der Höhe übersteuert.


    Dennoch - alles in allem - eine ganz wunderbare, schwelgerische "Walküre".

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Lieber Milletre,


    nachdem ich die CD gekauft und gehört habe kann ich Dein Urteil nur in allen Punkten unterstreichen. Lustig oder ein Beweis für die schlampige Machart solcher "Schnellprouktionen" ist, dass auf der CD- Hülle Otto Frick steht. Im Booklet ist aus dem Otto dann wieder der Gottlob Frick geworden.(Wie gut, dass die Macher das R in des Sängers Namen nicht vergaßen!) Solche Fehler dürfen besonders bei einem so bekannten Starsänger nicht passieren. Trotzdem ist die Aufnahme vor allem wegen der Sängerleistungen sehr empfehlenswert. Das Dirigat ist auch ein bezeichnendes Beispiel für Karajans Wagnerstil, über den hier im Forum unter Maestro -Karajan als Operndirigent - gerade eine lesenswerte Diskussion beginnt.
    Herzlichst
    Operus

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  • Lieber operus,


    ich freue mich, dass Du diese Aufnahme schon erhalten hast. Es zahlt sich aus.


    Lobl ist hier glaube ich am besten von all seinen "Walküren", die ich kenne, mit seinem gesunden, einfach überwältigenden düster-drohenden Hunding wiedergegeben.


    Was die Inkompetenz der Booklet- bzw. Coverproduktion angeht:
    Wie gefällt Dir der nicht existente Chor, der dort angegeben ist?


    Ich warte auf eine italienische Produktion der Strauss-"Elektra" mit Agamemnon auf dem Cover.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • In der deutschen Aufnahme der "Macht des Schicksls" ist er wirklich die "Stimme der Kirche"!



    Sein nachtdunkler Bass, als Pater Guardian, sticht wohltuend haraus, alles verzeihend und zu Carla Martinis, als Leonora die Vargas, so stimmlich passend.


    Wie großartig diese Aufnahmen gemacht wurden ist bewundernswert, da sie fast alle in den angehenden 1950er Jahren gemacht wurden.


    Liebe Grüße Peter aus Wien. :hello: :hello:

  • Ich habe diese deutsche Forza ja schon des öfteren lobend erwähnt. Obwohl strenger Verfechter der Originalsprache, spricht doch vieles für diese Bänder. Ich habe übrigens eine Ausgabe des "Walhall"-Labels. Das abgebildete Cantus-Label neigt leider immer wieder zu (nicht dokumentierten) Kürzungen und brachialen Schnitten, Walhall bringt das aber auch auf 2 CDs. Also insgesamt weiß ich nicht, ob die Originalbänder länger waren. Da es sich ja um eine Rundfunkproduktion handelt, kann es gut sein, dass die auch so gekürzt produziert wurde.


    Wie auch immer, Frick ist in der Aufnahme wirklich großartig. Stimmlich bestens beieinander. Und er gestaltet den Part wirklich ausdrucksvoll. Lehrreich an dieser Stelle ein Vergleich mit dem ebenfalls großartigen Cesare Siepi in der Aufnahme unter Mitropoulos. Der Italiener erteilt dann doch vor allem eine sängerische Lehrstunde in exemplarischem Legatosingen und Präsentation von ungewöhnlicher stimmlicher Fülle. Frick finde ich aber im direkten Vergleich zwingender. Er orgelt den Part nicht nur beeindruckend runter, sondern passt sein Singen sehr differenziert an die Textbedeutung an.
    Für mich wieder ein dezenter Hinweis für die Komplettheit seiner künstlerischen Gesamterscheinung.


    Gruß
    Sascha

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  • Lieber Peter,
    lieber Sascha,


    diese "goldenen" 50er Jahre waren auch eine hohe Zeit des Ensembletheaters. Ausserdem war Nacholbedarf da und es wurden erfreulicher Weise zahllose Neuaufnahmen produziert. Heute in der Zeit des geforderten raschen return of investment nicht mehr denkbar und finanzierbar. Wie richtig bemerkt wurde ist die "Macht des
    Schicksals" ein schöner Beleg, was Frick, der deutsche Universalbassist neben seinen Interpretationen im dramatischen und buffonesken Genre auch im italienischen Fach zu leisten vermochte.
    Herzlichst
    Operus
    :hello: :hello:

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  • Lieber Peter aus Wien,




    sind diese beiden Aufnahmen identisch?
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hinweis:


    WDR 3 (Rundfunk) sendet die "Sizilianische Vesper" unter M.Rossi aus 1955 mit Zadek, Hopf, Dieskau, Frick
    am 23.11. um 20:05 Uhr.


    Wer diese Aufnahme noch nicht hat bzw. nicht kennt, dem sei diese grossartige Produktion empfohlen.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

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  • Liebe Musikfreunde,


    die Einladung eines lieben Menschen ermöglichte meiner Frau und mir am vergangenen Wochenende die Teilnahme an einer Veranstaltung, die wohl als einmalig bezeichnet werden darf, obwohl sie schon seit einigen Jahren Tradition hat:
    Das Künstlertreffen der Gottlob-Frick-Gesellschaft zu Ölbronn, der Heimat des großen Künstlers und Menschen, der sich auch heute noch ungebrochener Beliebtheit und Bewunderung erfreut.


    Schon die Begrüßung im Hotel war von einem Gänsehaut-Effekt begleitet: Sah ich mich doch plötzlich von all den ganz Großen der Opernbühne umgeben, die ich zwar von zahlreichen Opernbesuchen, von Tonträgern oder aus dem Fernsehen kannte, denen ich jedoch noch nie so nahe war. Hier war ein persönlicher Händedruck, ein Austausch von Gedanken und Erinnerungen möglich wie sonst nirgendwo. Die Atmosphäre war so entspannt, kein Lampenfieber wie vor einem Auftritt, es ging familiär und fröhlich zu. Und das Schönste, was ich erfahren durfte: Auch die größten Künstler haben sich eine Natürlichkeit bewahrt, die ich so nie vermutet hätte. Ein wundersamer Lernprozess.


    Nach dem Kennen lernen ging es gemeinsam per Bus zum Konzerthaus Mühlecenter in den schönen Gottlob-Frick-Saal. Zuerst der Festakt mit Verleihung der Gottlob-Frick-Medaille an neue Ehrengäste und der Ausführung in Gold für Prof. Dr. Peter Dusek, einem weit über Wien hinaus bekannten Wissenschaftler und Weltreisenden in Sachen Oper, der auch kompetent und charmant durch das nachfolgende Konzert und die Matinée am Sonntag führte.


    Das Konzert selbst stand unter dem Motto „Wien zu Gast“. Mit einem Mozart-Querschnitt im ersten Teil und einem der Wiener Operette gewidmeten zweiten Teil brillierte das glänzend aufgestellte von Prof. Peter Braschkat geleitete Heilbronner Sinfonie Orchester. Und in bester stimmlicher Verfassung präsentierten sich die jungen Solisten Lisa Tjalve (Sopran) und Erwin Belakowitsch (Bariton) sowie die Ehrengäste Renate Holm und Heinz Holecek. Langanhaltender stehender Applaus zum Schluss war der verdiente Künstlerlohn.


    Das sich anschließende Büffet in der Gemeindehalle Ölbronn ließ ebenfalls keine Wünsche offen. Bei reich gedeckterTafel und hervorragendem Württemberger Wein entwickelten sich schnell angeregte Gespräche über alle Sprach-, Alters- und Standesgrenzen hinweg. Kein Wunder, die Zahl der geladenen Ehrengäste liest sich auch wie das Who’s who der Großen Oper: ca. 40 Sängerinnen und Sänger, ein halbes Dutzend Dirigenten sowie Intendanten, Regisseure, Operndirektoren, Dozenten, Musikwissenschaftler, Produzenten, Redakteure etc. Also unbegrenzter Gesprächsstoff für Alle. Ein überaus gelungener Abend, dessen Motto auch hätte lauten können: Die Welt zu Gast in Ölbronn.


    Die Sonntags - Matinée war von bester Laune und strahlender Herbstsonne geprägt. Vor dem angeregten Podiumsgespräch mit Renate Holm, Heinz Holecek und Prof. Peter Dusek, untermalt mit markanten Tonbeispielen, Parodien und Anekdoten, bestand noch die Möglichkeit, die Gottlob-Frick-Gedächtnisstätte im Rathaus Ölbronn zu besuchen und dem Künstler auf dem Friedhof einen stillen Gruß zu entbieten. Ehre, wem Ehre gebührt!


    Fazit: Eine insgesamt sehr gelungene Veranstaltung in einem äußerst würdigen Rahmen. Herzlichen Dank an die Gastgeber der Gottlob-Frick-Gesellschaft. :jubel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Es stimmt schon, in der Charakterisierung der Stimme Gottlob Fricks wird meist ihre schwarze Färbung hervorgehoben, doch ich finde, dass dies die wahren Qualitäten dieses Ausnahmesängers etwas zu einseitig würdigt. Die eigentliche Stärke dieses Sangeskünstlers liegt für mich vor allem in der Vielseitigkeit, und insbesonders darin, dass er wirklich "singen" und nicht nur lang gehaltene Töne lautstark runterorgeln konnte.


    Mit anderen Worten: ich bin der Überzeugung, dass Frick einen mehr als respektablen Basso cantante abgegeben hätte, wenn, ja, wenn da nicht diese unüberhörbare Spachbarriere gewesen wäre, unter der nebenbei bemerkt auch andere berühmte Sänger deutscher Zunge zu leiden hatte, ich denke da etwa an Alfred Pöll, Erich Kunz oder Franz Crass, um nur einige zu nennen. Ein guter Sprachtrainer hätte da wohl einiges bewirken können, nur war das damals halt nicht üblich, und ich bin auch gar nicht sicher, ob Frick da überhaupt mitgespielt hätte.


    Nur, wenn man sich seine Legato-Technik mal genauer anschaut und bedenkt, zu welchen Kantilenen er ohne Bruch auch bis in höhere und höchste Lagen fähig war, dann finde ich es sehr traurig, dass er nicht öfters Rollen aus dem Fach des Basso cantante gesungen hat. Ansatzweise lässt sich das an einigen Aufnahmen in deutscher Sprache studieren, denken wir gerade an den eben erwähnten Procida aus der Sizilianischen Vesper. Meiner Meinung nach muss er sich trotz des Handicaps der deutschen Sprache vor kaum einem italienischen Bass verstecken, bei ihm strömt es eben auch auf Deutsch.


    Ähnliches gilt für seine Aufnahme der letzten Arie des Zaccaria aus Verdis Nabucco, also diejenige, die unmittelbar an den berühmten Gefangenenchor anschließt. Da geht es dann ohne Bruch rauf bis in baritonale Höhen, ohne gequetscht oder gequält zu klingen.


    Ich kann jetzt natürlich nur spekulieren, was Frick aus Rollen wie dem Silva(Ernani), Attila, Banquo(Macbett),Giorgio(I Puritani) und ähnlichen Partien gemacht hätte, aber ich bin sicher, dass er dabei keine schlechte Figur abgegeben hätte.


    Deshalb finde ich es immer ein wenig schade, wenn in der Erinnerung an ihn oft vor allem seine Qualitäten als Orgelbass hervorgehoben werden. Er war für mich ein wirklich kompletter Sänger, der sowohl die ernsten wie die heiteren, die hohen wie die tiefsten Tonlagen beherrschte und ich denke, in dieser Hinsicht lässt er sich wie wohl kaum ein anderer Sänger mit Cesare Siepi vergleichen, auch wenn ihre Stimmen sehr unterschiedlich waren. Was aber die Vielseitigkeit betriftt und die künstlerische Ernsthaftigkeit, mit der sich diese beiden Sänger an ihre Rollen annäherten, waren sie sich wohl um einiges ähnlicher, als sich auf den ersten Blick vermuten ließe.


    Servus
    Kurt

  • Diese Analyse von Kurt gehört zum Besten, was ich in Sachen Frick bzw. Problematik der geforderten Originalsprache (wobei die Problematik nicht bei den Sprachen, sondern bei den Sängern liegt) seit langen gelesen habe.


    Auch ich habe in Wien zutiefst diese Paraderollen Fricks vermissen müssen, wenngleich er mich mit seinen deutschen Partien doch mehr als entschädigt hat.


    Aber trotzdem ...

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Lieber Kurt,


    dem Urteil über Deinen Beitrag des versierten Milletre schließe ich mich gerne an. Mit dem lyrischen Bass liegst Du zumindest bezogen auf die jungen Jahre durchaus richtig. Es gibt auch ein Dokument, in dem sich Frick selbst als Bass-Bariton bezeichnet.Dies bestätigt auch eine CD mit Aufnahmen aus den frühen Jahren,wo die Stimme weit baritonaler klingt. Nicht umsonst waren Cesare Siepi und vor allem Franz Crass seine Lieblingsbassisten.
    Auch mit Deiner Stimmanalyse befindest Du Dich in bester Gesellschaft.
    Karl Schumann, ein berühmter Kritiker und Stimmenfachmann, schreibt in der SZ:" Ja, diese Stimme! Fast möchte man es bedauern, dass oft nur die samtene Schwärze von ihr gerühmt wird. Dabei liegt in diesem mächtigen Organ so unendlich viel mehr: Erschütternde Ausdruckskraft, menschliche Wärme, stählerne Kraft und schwebende, verinnerlichte Zartheit. Das Herz ist es, das in Fricks Stimme mitschwingt und ihn befähigt, neben der großen Opernszene auch das einfache Volkslied ergreifend zu gestalten".
    Gesangstechnisch kam Frick von oben, was seine sichere Höhe begünstigte. Legato, Artkulation und Wortdeutlichkeit waren vorbildlich.
    Beim Singen in Deutsch war Frick ein "Überzeugungstäter". Wie oft sagte er: "Höre Dir den hervorragenden deutsch sprechenden Domingo in Wagnerpartien an. Noch schlimmer klingt es, wenn wir Deutsche italienisch singen". Zusammen mit seinem Freund Oskar Cervenka war er der Meinung, dass wirklich empfundener innerer Ausdruck nur in der Muttersprache ausgedrückt werden kann. Es gab aber auch noch einen ideologischen Grund. Frick stammt aus einfachen Verhältnissen. Seiner Meinung nach würde die Oper ins Elitäre entrückt und die Hemmschwelle für den Durchschnittsbesucher noch erhöht, wenn der Text nicht zu verstehen wäre. Ausserdem wäre Frick international sofort in die Schublade des schweren Wagner-Basses gesteckt worden.
    Ich glaube, der Journalist Thomas Voigt traf den Nagel auf den Kopf, als er Frick als den deutschen Universalbassisten bezeichnete.
    Herzlicht
    Operus
    :hello: :hello:

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  • Lieber Operus,


    vielen Dank für deinen Beitrag. Das Zitat von Karl Schuhmann hat mich besonders gefreut, weil ich es nicht kannte und ich es durchaus als Bestätigung empfinde, wenn zwei Menschen unabhängig voneinander zu ähnlichen Ansichten gelangen. Wobei ich allerdings überzeugt bin, dass noch sehr viele andere seiner Bewunderer ähnlich denken und ich da nicht wirklich auf was Neues gestoßen bin, es ist nur die Phrase vom "schwärzesten Bass", der einen auf eine falsche Fährte locken kann.


    Zitat

    Original von operus

    Beim Singen in Deutsch war Frick ein "Überzeugungstäter". Wie oft sagte er: "Höre Dir den hervorragenden deutsch sprechenden Domingo in Wagnerpartien an. Noch schlimmer klingt es, wenn wir Deutsche italienisch singen". Zusammen mit seinem Freund Oskar Cervenka war er der Meinung, dass wirklich empfundener innerer Ausdruck nur in der Muttersprache ausgedrückt werden kann.


    Ich kann diese Ansicht zwar durchaus nachempfinden, teile sie in dieser Absolutheit allerdings keineswegs. Würde es doch zum Beispiel bedeuten, dass Partien, die diesen Ausdruck erfordern, nur von muttersprachlichen Sängern (überzeugend) interpretiert werden können. Um im Bassbereich zu bleiben: Hat etwa Martti Talvela als Boris diesen inneren Ausdruck vermissen lassen? Ich denke nein und fände es schade, wenn der Welt seine Interpretation vorenthalten worden wäre, nur weil er Finne und kein Russe war.


    Ich will auch gar nicht weiter auf die Problematik der Originalsprache eingehen, aber ich finde es ebenfalls schade, dass Gottlob Frick aufgrund dieser Sprachproblematik auf die Interpretation einiger Rollen verzichtet hat, bzw verzichten musste, für die er von seiner Stimme und seinen sängerischen Qualitäten her geradezu prädestiniert war. Natürlich tröstet da schon ein wenig, dass andererseits noch genügend Rollen übrig blieben, in denen dieser Prachtbass seine Qualitäten demonstrieren konnte.


    Zitat

    Original von operus


    Es gab aber auch noch einen ideologischen Grund. Frick stammt aus einfachen Verhältnissen. Seiner Meinung nach würde die Oper ins Elitäre entrückt und die Hemmschwelle für den Durchschnittsbesucher noch erhöht, wenn der Text nicht zu verstehen wäre. Ausserdem wäre Frick international sofort in die Schublade des schweren Wagner-Basses gesteckt worden.


    Also das mit dem Verstehen würde ich nicht so eng sehen, denn es gibt da Untersuchungen, dass selbst Muttersprachler nur sehr wenig von dem mitbekommen, was da auf der Bühne teilweise in vorhandene und nicht vorhandene Bärte genuschelt wird. Und einer sehr berühmten Sopranistin sagte man ja gerne nach, dass sie zumindest gegen Ende ihrer Karriere nur noch Vokale gesungen hat. :D


    Das mit der Schublade ist allerdings wieder ein Thema für sich und ich halte diese Schubladisierung, die ja gerne mit der immer weiter um sich greifenden Spezialisierung einher geht, für sehr fatal. Da ist es wirklich sehr erfreulich und wohltuend, dass zumindest Frick sich nicht auf dieses unschöne, wenn auch oft lukrative Spiel eingelassen hat.
    Die Bezeichnung "Universalbass" gefällt mir ausnehmend und trifft meiner Meinung auch genau das, was ich mit "kompletter Sänger" ausdrücken wollte. Meiner Meinung ist diese Beschränkung auf einige "Paraderollen" eine der größten Gefahren für die künstlerische Entwicklung nicht nur von Sängern. Und wer sich mal auf eine Rolle festlegen hat lassen, der kommt dann oft nicht mehr davon los, selbst wenn er sich nicht mehr damit identifizieren kann. Winnetou lässt grüßen! :D


    Kurt

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  • Gottlob Frick war ein Universal - Bass.


    Ich habe ihn Seinerzeit an dem einen Tag als Daland in der WSO gehört und gesehen, übrigens mit der am Sonntag verstorbenen Christel Goltz als Senta,


    und am nächsten Tag in einer Aufführung der WSO im Theater an der Wien als Sarastro,


    das soll ihm heute einer nachmachen - bzw. es macht keiner.


    Liebe Grüße Peter aus Wien. :hello: :hello:

  • Liebe Freunde der tiefen Töne,


    seitens der Gottlob-Frick-Gesellschaft besteht für uns die Möglichkeit, den großen Sänger und seine Heimat anläßlich eines Tamino-Treffens im kommenden Frühjahr näher kennen zu lernen.


    Einzelheiten hierzu könnt Ihr dem Thread "Taminotreff im Schwabenland" entnehmen.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Gottlob Frick erhielt eine weitere bedeutende, posthume Ehrung. Der Enzkreis initiierte an der Fakutät Gestaltung der Hochschule Pforzheim einen Wettbewerb für eine Enzkreis-Medaille auf der der Sänger abgebildet wurde.Aufgabe war, Fricks Weltruhm und seine starke Heimatverbundenheit künstlerisch auszudrücken. Neun durchweg innovative Gestaltungsvorschläge wurden eingereicht. Der erste Preis ging an den aus Japan stammenden Satoshi Nakamura für seine Bronze-Arbeit,die oberhalb von Fricks Namen ein Porträt des Sängers und sein Attribut "Der schwärzeste aler Bässe" zeigt. Platz zwei belegte die deutsche Nachwuchskünstlerin, Chrisitiane Pagel , die ein von ihr abstrahiertes Bühnenfoto Fricks auf einer in Form einer Linse spannungsvoll gestalteten Medaille widerspiegelt. Den dritten Preis errang Bog-Ki Min aus Korea , der ein Porträt Fricks mit dem leidenden Ausdruck König Markes aus "Tristan und Isolde" zeigt. Die Medaille wird künftig vom Enzkreis an Persönlichkeiten mit bedeutenden Verdiensten auf dem kulturellen Gebiet verliehen. Alle Ergebnisse des Wettbewerbs werden nun für einen längeren Zeitraum in der Gottlob-Frick-Gedächtnisstätte im Rathaus Ölbronn präsentiert.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Kürzlich sah ich einen CD-Kunden mit einer Aufnahme der Beethovschen Missa solemnis in der Hand. Der Dirigent war Andreae, die Solisten (Sopran hab' ich vergessen) Patzak, Rössel-Majdan und eben Gottlob Frick.


    Diese Aufnahme konnte ich bis dato nicht bekommen, deshalb Frage in die Runde: Weiss jemand Näheres darüber?


    Danke.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Milletre



    Ludwig van Beethoven (1770-1827)
    Missa Solemnis op. 123


    Künstler:
    Teresa Stich-Randall,
    Hilde Rössel-Majdan,
    Julius Patzak,
    Gottlob Frick,
    Chor des Singvereins der Gesellschaft der Musikfreunde Wien,
    Wiener Symphoniker,
    Dirigent: Volkmar Andrae
    Label: Archipel , ADD/m, 18. Mai 1955


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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