Theo Adam - Der große Sängerdarsteller

  • Geboren am 1. August 1926 in Dresden - musikalische Ausbildung im Dresdner Kreuzchor – 1944 Abitur – 1946-49 privates Gesangsstudium bei Rudolf Dittrich - 1949 Debüt als Eremit im „Freischütz" an der Staatsoper Dresden, seitdem Engagement am Hause - seit 1952 Auftritte in Wagnerrollen bei den Bayreuther Festspielen - seit 1953 Deutsche Staatsoper Berlin - 1955 Kammersänger der Staatsoper Dresden - seit 1969 Auftritte bei den Salzburger Festspielen - zahlreiche Gastspiele u.a. am Münchner Nationaltheater, an der New Yorker Metropolitan Opera, in Moskau und anderen Bühnen - seit 1972 Opernregie - 1977 Große Goldmedaille des Cercle National Richard Wagner Paris - 1979 Kammersänger an der Staatsoper Wien - Nationalpreis der DDR - Goethe-Preis der Stadt Berlin - 1979 Honorarprofessor an der Hochschule für Musik Dresden - 1980 Schumann-Preis der Stadt Zwickau - 1980 Kammersänger des Freistaates Bayern - Österreichischer Kammersänger - Ehrenmitglied der Staatsoper Dresden - 1995 Bundesverdienstkreuz - Ehrenmitglied des Deutschen Musikrates – Ehrenmitglied der österreichischen Carl-Loewe-Gesellschaft - lebt in Dresden.


    Operntätigkeit


    Als Sänger: Aus den Werken Richard Wagners: Wotan, Hans Sachs, Amfortas, Holländer, Gurnemanz, König Heinrich, Fasolt u.a. - weitere Rollen: Baron Ochs im „Rosenkavalier" (Strauss); Phillipp, Wozzeck in „Wozzeck" (Berg), Dr. Schön in „Lulu" (Alban Berg), Boris Godunow in „Boris Godunow" (Mussorgski), Don Giovanni in „Don Giovanni" (Mozart), Don Pizarro in „Fidelio" (Beethoven), Danton in „Dantons Tod" (Einem), Moses in „Moses und Aron" (Schönberg), La Roche in „Capriccio" (Strauss) - Uraufführung „Baal" (Cerha) Salzburger Festspiele


    Als Regisseur: Operninszenierungen u.a. Richard Wagner, Wolfgang Amadeus Mozart, Peter Tschaikowsky, Richard Strauss - 2001 „Boris Godunow" (Mussorgski) Oper Berlin


    Publikationen


    Eigene Schriften: „Seht her, hier ist Tinte, Feder, Papier." Berlin 1980 - „Die hundertste Rolle oder ‘Ich mache einen neuen Adam’" Berlin 1986 - „Lyrik unterwegs. Musestunden eines reisenden Sängers." Frankfurt/M. 1993 - „Theo Adam. Ein Sängerleben." Berlin 1998.


    Andere Autoren: Hans-Peter Müller: „Theo Adam." Leipzig 1977 - „Theo Adam. Ein Sängerleben in Begegnungen und Verwandlungen." Berlin 1996 (darin ausführliches Rollenregister und Diskographie) - „Sprüche in der Oper. Erlebt und gesammelt während 50 Sängerjahren in aller Welt." Berlin 1999 - „Vom ‘Sachs’ zum ‘Ochs’. Meine Festspieljahre." Berlin 2001.

  • Hallo Forianer!


    Der Sänger ist am 1. August 2006 80 Jahre alt geworden. Ich denke es ist längst zeit für eine öffentliche Würdigung hier im Forum.


    Theo Adam gehört für mich zu den einprägsamstem Operndarsteller, egal ob als Wotan, Hans Sachs, Holländer, Pizarro, Scarpia, Philipp II. und und und...


    Sein Vibrato und seine Intonationsschwächen störten mich nicht wirklich, dafür hatte seine Stimme einen hohen Wiedererkennungswert.


    Besonders bemerkenswert ist aber auch seine hohe Wortverständlichkeit bis ins hohe Alter hinein!!


    Beeindruckend war auch seine Präsenz auf der Bühne. Auch wenn Adam nicht sehr groß war, was seine Körpergröße betraf, so war sein Auftritt beispielsweise als Scarpia oder Pizarro so eindringlich, dass einem im wahrsten Sinne des Wortes der Atem stockte.


    28 Jahre lang war Adam Gast bei den Bayreuther Festspielen, hier sang er über ein Jahrzehnt lang den Wotan / Wanderer. Aber auch in anderen Partien konnte der Sänger hier brillieren: Hans Sachs, König Heinrich, Amfortas, Gurnemanz...


    Jedoch ließ sich Adam nicht genau auf ein Genre festlegen: Neben Wagner sang er in den Opern Händels, Mozarts, Beethovens, Webers, Verdis, Puccinis, von Richard Strauss u.a.


    Ferner war er ein ausgezeichneter Lied- und Oratoriensänger.


    Auch der musikalischen Moderne stand er offen gegenüber.


    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo Liebestraum,
    was Theo Adam hatte,war kein Vibrato,sondern ein Tremolo,
    welches mit zunehmendem Alter immer stärker wurde.Er ist
    auch kein wirklicher Ausdruckssänger,was man sehr gut an den
    Liedaufnahmen erkennen kann.Auch z.B.das Duett aus:
    Die Perlenfischer mit P.Schreier ist das Duett zweier Oratorien-
    sänger,oder die Szenen des Boris Goudinow,ausdruckslos.
    Von Verdi sollte man gänzlich schweigen.Der Ochs aus dem
    Rosenkavalier,völlig bedeutungslos.Als Wagnersänger war
    G.London ein ganz anderes Kaliber.Franz Crass und Thomas
    Stewart waren auch vokal besser ausgestattet.
    Am schlimmsten ist eine Aufnahme von Fidelio,wo er den
    Minister "singt",das Tremolo beträgt da schon fast eine Terz.


    Theo Adam hat im Oratoriengesang seine besten Eindrücke
    hinterlassen,obschon es da auch bessere Interpreten gab.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert Henn,


    an deinem Beitrag ersehe ich, dass du Theo Adam nie live erlebt hast, sonst würdest du nicht von ausdruckslos sprechen.



    Gruß von
    LT :hello:

  • Hallo Liebestraum,
    ich habe Theo Adam in den 70er Jahren in Köln gesehen,
    als Hans Sachs.Ich habe vorher schon viele besseren
    Sänger gesehen,und vor allem gehört.
    Außerdem kann man musikalischen Ausdruck auch nach
    Tonträger-Aufnahmen beurteilen.



    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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  • Es ist nicht recht sinnvoll, einen Künstler danach zu bewerten, ob es vielleicht noch bessere gegeben hat.


    Ich "kenne" von Theo Adam nicht so viel und habe ihn nur wenige Male live erlebt, z. B. Ende der Achtziger in der Wiener Staatsoper in der Walküre mit Christa Ludwig als Fricka, Gwyneth Jones als Brünnhilde, James King als Siegmund, böse Zungen sprachen von Veteranentreffen, aber es war ein toller Abend, und der Wotan, da erinnere ich mich noch, gefiel mir sehr gut und war sehr berührend. Ich mag auch seine eigentümliche Stimme gerne und glaube, dass er ein hervorragender und präziser Musiker war.


    Zu meiner großen Freude konnte ich ihn vor ca. einem Jahr mal kurz privat erleben, als er mit seiner Frau in Wien zu Besuch war, und war angenehm überrascht, dass er so ein stattlicher gutaussehender Mann ist, der viel viel jünger aussieht als 80 und überdies ein äußerst sympathisches und charmantes Wesen hat.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Lieber Herbert,
    ab und zu gehen mit Dir offenbar, mit Verlaub, musikalisch unbegründete Aversionen durch. :(
    Ich hatte in Wien die Freude, Adam in zahlreichen Rollen zu erleben: Adam war ein Sänger, der expressiv gestaltete und seine Interpretationen aus der Rolle entwickelte. Er war einer von jenen, die sich tatsächlich dem Werk unterordneten und Charakterstudien lieferte, die wenig ihresgleichen hatten. Abgesehen davon schätzte ich seine beispielhafte Wortdeutlichkeit - wie ja der Umgang mit dem gesungenen Wort überhaupt eine von Adams Stärken war.
    Daß auch er nicht auf seinem Zenith aufhörte sondern etwas länger sang als es seinem Angedenken gut tat, leugne ich nicht. Und in dieser Spätzeit hatte Adam tatsächlich ein unschönes Tremolo, war aber immer noch sowohl stimmlich als auch darstellerisch ein bei weitem überzeugenderer Gestalter als der, wenn ich mich recht erinnere, von Dir ob seines fortgeschrittenen Alters als Siegfried in Schutz genommene Hans Beirer.


    Außerdem brachte Adams spätere Zeit fabelhafte Ergebnisse, etwa die Titelrolle in Friedrich Cerhas Oper "Baal" und die daraus ausgekoppelten "Baal-Gesänge". Ebenso möchte ich an die IMO sehr bedeutenden "Hyperion-Fragmente" von Siegfried Matthus erinnern, ebenfalls für Adam komponiert - um nur einige der bedeutendsten Werke zu nennen, die Adam auf die Stimme komponiert wurden.


    Für mich ein Interpret von sicherem Geschmack und großer, intensiver Gestaltungskraft.


    :hello:

    ...

  • Wenn die Skale von 0 zu 10 läuft, und 10 stellt "eminent" dar, dann bekommt Adam für seine LP/CD-Aufnahmen - soweit ich sie kenne - am höchsten das Ziffer 5.
    Technische Punkte die mir nicht gefielen, sind bereits von Herbert erwähnt.
    Vergiß nicht, es gibt nicht viel Sänger, die, trotz ihren technischen Fehler, in der Lage sind ihre Emotionen auch via Tonträger so zu übermitteln, wie sie es auf der Bühne tun.


    Ich rede nicht über Lieder, denn darin habe ich ihn nie gehört.


    LG, Paul

  • Hallo,


    Theo Adam ist ein Sänger, den ich zunächst unerträglich fand, ich teilte unreflektiert alles negative, was über ihn geschrieben steht: undefinerte, helle, aber doch irgendwie tiefe Stimme, schlimmes Tremolo ("wobble"), zu leicht für das, was er sang etc. Nur sein Sachs unter Karajan, damit konnte ich mich irgendwie anfreunden.


    Dann habe ich ihn 1987, also wahrlich nicht mehr auf dem Zenith seiner Stimme, in Hamburg als Holländer erlebt. Das ist eines meiner größten Opernerlebnisse geblieben. Zum einen kann ich bstätigen, dass er ein unglaublich eindrucksvoller Darsteller ist, zum anderen wirkt seine Stimme im Raum völlig anders. Ich höre Adam seitdem anders, muss aber zugeben, dass er kein besonders "phonogener" Sänger ist.


    Als Wagner-Bassbariton ist er für mich nach Hans Hotter der größte der Nachkriegszeit: Seit ich ihn live gehört habe, erscheint mir seine Stimme absolut nicht mehr zu leicht, als musikalischer Gestalter war ihm wirklich nur Hotter ebenbürtig (m.E. natürlich überlegen - Hotter-Fan halt), die Textdeutlichkeit wurde bereits mehrfach erwähnt, er rezitierte allerdings nicht bloß, sondern gestaltete den Text musikalisch, was ja genau das ist, was Wagnergesang ausmacht.


    Ich halte ihn auch für einen großartigen Liedinterpreten. Seine Loewe-Aufnahmen zählen für mich zu den besten, er hat eine sehr gute Winterreise aufgenommen und eine hervorragende Aufnahme der vier ernsten Gesänge.


    Im italienischen und französischen Fach hätte er vermutlich auch international groß herauskommen können. Zum einen war er aber doch arg auf Wagner, Strauss und Bach festgelegt, zum anderen wurde er musikalisch sehr deutsch geprägt, da hätten es vielleicht anderer politischer Rahmenbedingungen bedurft.


    Meine Geburtstagsrüße an einen der ganz großen Sänger des 20. Jahrhunderts!


    Gruß, Dieter

  • Hallo musicophil,
    glaube mir: Ich könnte von jedem Sänger, den Herbert schätzt, mindestens dieselbe Zahl an Aufnahmen herauspicken, auf denen dieser Sänger absolut jenseitig ist.
    "Perlenfischer", Verdi und "Boris Godunow" sind wohl kaum als Adams zentrales Repertoire zu bezeichnen.
    Ihn als Wagnersänger mit London oder Stewart zu vergleichen, ignoriert die Tatsache, daß Adam ein völlig unterschiedlicher Sängertypus war, der seine Stimme von vorne herein anders einsetzte.
    Ich halte es auch für falsch, einfach willkürlich ein Ideal festzusetzen und alle Sänger, die im Timbre oder in ihrer Gestaltung nicht diesem Ideal entsprechen, abzukanzeln.
    Was mich betrifft: Ich habe in Wien manch "Rosenkavalier" gehört, das kannst Du mir glauben. Und Adam war einer der wenigen Darsteller des Ochs, die diese Figur nicht als lüsternen Trottel anlegten, sondern ihm eine gewisse Noblesse verliehen - abgesehen davon, daß die Noten stimmten, was im Fall des Ochs zu jener Zeit gleichfalls Seltenheitswert hatte. Wenn das dann als "völlig bedeutungslos" eingestuft wird, frage ich mich, wer der bedeutende Ochs jener Tage war? Der hemmungslos an den Noten vorbeigrölende Karl Ridderbusch etwa?
    Daß Adam vielleicht kein "Schallplattensänger" war, kann unter Umständen stimmen - obwohl ich ihn im Böhm-"Ring" sehr gut finde, wesentlich besser als manch einen, der als "größter Wotan aller Zeiten" gefeiert wurde und wird.
    Nun habe ich aber als Wiener die Staatsoper vor der Nase, wo Adam ein gern und oft gesehener Gast war, ich weiß also, wie er live wirkte - und das war für mich schon zutiefst beeindruckend.
    Daß er leider auch Sachen machte, die ihm weniger glückten (etwa das "War Requiem" unter Kegel, das er mit einem grauenhaften deutschen Akzent singt), soll man Adam meiner Meinung nach ebensowenig vorhalten, wie man auch "geliebtere" Sängern nicht an ihren Fehlleistungen mißt.
    :hello:

    ...

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  • Hallo Edwin,


    ich habe den Mitschnitt einer "Rosenkavalier"-Aufführung von den Salzburger Festspielen 1969 in meiner CD-Sammlung. Auch hier gefällt mir Adam ganz ausgezeichnet als sehr sicherer Ochs!


    Feldmarschallin Christa Ludwig
    Ochs Theo Adam
    Octavian Tatiana Troyanos
    Faninal Otto Wiener
    Sophie Edith Mathis
    u.a.
    Chor der Wiener Staatsoper
    Wiener Philharmoniker, Karl Böhm
    (Deutsche Grammophon, Stereo 1969)





    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo Edwin,


    Ich schrieb bereits, daß ich nur anhand seiner LP/CD-Aufführungen urteilen kann. Das Tremolo stört da sehr.
    Nebenbei liegt sein Timbre mir nicht, aber das ist hier nicht wichtig.
    Nein, ich vermisse die darstellerische Kunst auf LP/CD. Es mag sein, daß er auf der Bühne jeder fesseln konnte. Meiner Meinung nach kann er das nicht in einer Aufnahme überbringen. Herbert nannte das "ausdruckslos".
    Warum bewundere ich ja den technisch vielleicht weniger begabten Greindl? Er konnte das. Und Benno Kusche, auch nicht zu den allerhöchsten gehörend, war fast unnachahmlich ins humoristischen.


    Freilich, es gab ja auch große Interpreten. Dann denke ich an Gottlob Frick, an Fritz Ollendorff.


    Aber zu denen rechne ich nicht Theo Adam.


    LG, Paul

  • Hallo Edwin,
    es kann ja sein;daß es in den 80er Jahren wenige Interpreten
    des Ochs gab,vielleicht aber doch K.Moll,der stimmlich eine
    Nummer größer war als Theo Adam.Für mich bleiben immer
    zwei Wiener die bedeutensten Lerchenauer auf der Bühne
    und auf Tonträger,Ludwig Weber,mit einer gewissen Noblesse,
    und Otto Edelmann,der eher zum lüsternen Typ gehörte,was ich
    durchaus auch für legitim halte.


    H.Beirer habe ich lediglich zu der Vielzahl von Heldentenören
    der50er Jahre gezäht,habe auch betont,daß er,wie die meisten
    Sänger,nicht aufhören konnte.
    Ich weiß ja,daß bei Dir immer wieder Beirer und Treptow als
    Negativbeispiele auftauchen.Das sind meine Favoriten auch
    nicht.Ich füge ihnen noch M.Lorenz bei.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo musicophil,


    wenn du Adam als Wotan im Bayreuther Mitschnitt von 1967 unter Karl Böhm, oder als Holländer unter Klemperer, oder als Sachs unter Karajan, oder aber auch als Pizarro unter Böhm und Solti gehört hast, dann kannst du einfach nicht überhört haben, dass er zwar keine phonogene Stimme hat, aber was dennoch an Ausdrucksintensität herüber kommt, ist schon sehr beeindruckend.


    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo Liebestraum,


    der Ausdruckswille ist bei Adam sicher zu spüren, das Problem ist aber m.E., dass er nicht das richtige Instrument dafür hatte, diesem Ausdruckswillen auch die zur Rolle passende klangliche Gestalt zu geben. Adam besass einen nicht sehr hohen und nicht sehr tiefen, farbarm-grobkörnigen Bassbariton, der zudem vibratilos geführt wurde und im Forte tremolierte, was Herbert ja schon weiter oben festgestellt hat. Ein Instrument, das für das Singen Bachscher Vokalmusik oder den Liedgesang sicher besser geeignet war als für die Oper, die technisch an die Stimme für gewöhnlich größere Anforderungen stellt. Gestalterische Intelligenz, darstellerische Präsenz, unermüdlicher Einsatz für die Moderne - das alles sei Herrn Adam konzediert. Das Problem ist eben einfach diese Stimme mit ihrem, vorsichtig gesagt, wenig schönen Timbre. Hinzu kommen dann noch die seit Anfang der 70er Jahre immer stärker werdenden technischen Probleme.


    Hört man sich den Janowski-"Ring" an, dann fängt Adam bei den für ihn problematischen Stellen in "Rheingold" und "Walküre" an zu schreien, weil er anders die Töne nicht mehr, wie noch im Böhm-"Ring" bewältigen kann. Oder noch so ein Fall, der "Freischütz" von Kleiber, bei dem er einen technisch völlig unzureichenden Kaspar singt, der z.B. in "Hier im ird´schen Jammertal" die Koloraturen verschmiert und im forte nur noch brüllt. Solche angebliche "Dämonie" ist für mich kein Ersatz für ein gültig gesunges Rollenportrait. Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: das ist jetzt kein Plädoyer für den ausdrucksarmen Schönsänger. Der rein stimmlich gesehen am schönsten singende Wotan der "Ring"-Gesamtaufnahmen mit den reichsten Mitteln, James Morris in der Levine-Aufnahme, ist von geradezu verletzender Indifferenz dem Text gegenüber, als ob er aus dem Telefonbuch vorlesen würde. Das kann es natürlich auch nicht sein.


    Grüße


    GiselherHH


    P.S. Im Böhm-"Ring" und noch eher im kürzlich von Myto ausgegrabenen RAI-"Ring" unter Sawallisch von 1968 ist er gesanglich zumindest so passabel, dass ich mich auf seine Darstellung konzentrieren kann.

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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  • Hallo Dieter,
    die Loeweballaden sind dramatische Opern im kleinen,da braucht
    man Ausdruck und Gestaltung.H.Prey,oder W.Anheisser sind da
    um ein vielfaches intensiver.Die Winterreise mit Theo Adam ist
    ein hervorragendes Schlafmittel.Spätestens beim Lindenbaum
    ist man sanft eingeschlummert.


    (Übrigens,die Winterreise mit Kurt Moll ist genauso langweilig.)


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Giselher, hallo Herbert,


    viele Interpretationen sind halt Geschmacksache, dem einen gefällts, den anderen nicht.


    Herbert ... du kannst mir gern die CD mit Schubert und die Loewe-Balladen mit Adam schenken...


    Giselher ... du kannst mir gern den Janowski-Ring und den Kleiber-Freischütz schenken...


    ... mir gefällts, es wäre doch sehr schade, wenn euch eine so furchtbare Stimme das Hören vergällt und so die Aufnahmen sinnlos in euren Regalen herumstehen würden...



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo Liebestraum,
    CDs mit T.Adam habe ich nicht,doch eine,da singt er den
    2.Gralsritter in Parsifal.(1953)Die Lieder hörte ich vereinzelt mal
    im Radio,für mich der Anlaß,mir keine CDs mit ihm, als Lieder=
    sänger anzuschaffen.
    Aber wie Du schon feststelltes:Alles Geschmackssache.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Liebestraum,


    wenn ich nur Einspielungen in meiner Sammlung hätte, mit denen ich 100%ig zufrieden wäre, dann würden in den Regalen vielleicht weniger als ein Drittel aller jetzigen CDs stehen. Der "Freischütz" ist für mich primär wegen des Dirigenten interessant und hat auch eine gute Damenriege und beim Janowski-"Ring" gibt es auch einiges Hörenswerte wie z.B. Schreiers Loge, Nimsgerns Alberich oder etwa den sehr schön und expressiv gesungenen 1. Akt ""Walküre" mit Jerusalem, Norman und Moll. Dafür muss ich dann nolens volens auch Adam ertragen. Auf dem einen Sängerrecital mit Otmar Suitner /Wagner-Aufnahmen) ist er übrigens gar nicht mal so schlecht, das stammt schließlich auch von Anfang/Mitte der 60er Jahre...


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


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  • Ich kann jeden verstehen, der Adams Stimme nicht mag, auch ich musste ihn erst li9ve erleben, um mich mit dem Timbre anfreunden zu können. Nur: langweilig kann man seinen Vortrag wirklich nicht nennen. Stimmen, die eher "in die Breite" gehen als "auf den Punkt fokussiert zu sein", können eben nicht so rasch flexibel gestalten, neigen dafür seltener zu allzu affektierter Gestaltung. In seinen besten Aufnahmen gelingt Theo Adam dennoch ein ausgesprochen nuancierter Vortrag, was auch seiner zweifellos weit überdurchschnittlichen Musikalität zu danken ist. Zu den besten Aufnahmen würde ich bsw. "Der Nöck" von Loewe rechnen oder die Meistersinger unter Karajan. Er ist ein Sänger, der nicht jedem gefällt, in den man sich "einhören" muss.


    Gruß, Dieter

  • Sicher wurde die Karriere von Adam durch die Krankheit Londons begünstigt, der sonst wohl der führende BB in Bayreuth gewesen wäre.
    Andererseits: Bei allen vokalen Mängeln gibt es IMHO auf den "offiziellen" Cds der "Neuzeit" keinen besseren Wotan als Adam unter Böhm. Wer Adams Leistung bekrittelt, insbesondere das Tremolo, muss zwangsläufig Soltis Walküre und Siegfried mit dem (wohl krankheitsbedingt eher Schigolch als Wotan) greisenhaften, nuschelnden und wabernden Hotter, bei dem man kein Wort versteht, wenn man den Text nicht kennt, in die Tonne schmeissen.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Hallo Misha,


    zum Glück gibt es ja Bayreuther Mitschnitte aus den frühen 50er Jahren, in denen Hotter mit weitaus besserer Stimme ohne heuschnupfeniduziertes Asthma zu hören ist. Hotter hatte natürlich auch das Pech, dass seine stimmlich beste Zeit u.a. in den Zweiten Weltkrieg fiel (siehe Walküre 2. Akt Walter/Seidler-Winkler und Holländer-Rundfunkaufnahme) und dadurch weniger gut dokumentiert ist. Bei Solti hätte ich mir allerdings auch lieber George London als Wotan und Wanderer gewünscht (wenn London nicht seine Stimmbanderkrankung gehabt hätte, hätte Adam niemals eine Weltkarriere im Wagnerfach gemacht). Aber man kann sich´s halt nicht aussuchen...


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


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  • Keiner hat es bis jetzt noch erwähnt. Hatte er vielleicht "das Glück" nicht viel Konkurrenz ausgesetzt zu sein, weil er DDR-Bürger war. Die Aufnahmen in der DDR sind fast immer mit Schreier und ihm.


    LG, Paul

  • Ich schätze Adam vorallem als Oratoriensänger, da ist er einfach wunderbar.
    Als Opernsänger hingegen bin ich nicht gerade begeistert muss ich sagen.Seinen Sachs finde ich gerade zu unerträglich.Aber das mag Geschmackssache sein.


    Zu Pauls Anmerkung/Frage: Ich denke, dass die Konkurrenz schon groß und gut im Osten war.Das zeigen ja auch viele gute Aufnahmen dieser Zeit mit "DDR-Sängern" (was ein blöder Begriff). Aber Schreier und Adam waren einfach gesetzt.Und deshalb sind ja auch mit ihnen alle Aufnahmen.Ich kam 1996 nach Dresden in den Kreuzchor und es gab zu dieser Zeit immer noch zwei Namen die Präsent waren und die einfach übermächtig waren: Schreier und Adam.

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  • Es war so,wie vermutet.Über die ersten zwei Mahlerlieder


    bin ich nicht hinausgekommen.So wie ein Nachrichtensprecher,


    der eine salbungsvolle Stimme mit Tremolo hat.


    Es klang allerdings nicht manieriert.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Herbert,


    wenn ich Dich wg. meiner Kritik an ES gekränkt haben sollte, entschuldige ich mich, das war nicht meine Absicht. Was Theo Adam angeht (das frage ich jetzt wirklich ohne Ironie), wer hätte denn Deiner Meinung nach zu seiner Zeit (nach der Tragödie Londons - für den Sänger aber ebenso für uns Opernfreunde -) in Bayreuth den Wotan singen und darstellen sollen? IMHO war Adam konkurrenzlos. Selbst zur Zeit des Janowski Rings sehe ich keine Alternative. Gut, unter den Blinden ist der Einäugige eben König.....

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Hallo Misha,
    Du hast mich keinesfalls gekränkt.Was wir hier machen,ist
    doch in erster Linie Spaß.Wenn wir alle einer Meinung wären,
    brauchten wir gar kein Forum.Mit Theo Adam hast Du recht.
    Es gab wahrscheinlich kaum einen Ersatz für G.London,oder
    H.Uhde.Vielleicht hätte man noch Thomas Stewart in
    betracht ziehen können.Aber ansonsten war das Problem
    mit dem Eineugiegen genau so ,wie bei den Heldentenören.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    .....ansonsten war das Problem
    mit dem Eineugiegen genau so ,wie bei den Heldentenören.


    :hello:Herbert.


    Was uns direkt zumeinem Lieblingsthema führt: Wo liegen die Ursachen für den Niedergang des Wagnergesangs?
    Nachdem ich jetzt etwas in meinen gestern erworbenen Holländer unter Weil in der (angebl) Urfassung reingehört habe, frage ich mich, ob es nicht eher an der heutigen Aufführungspraxis, sprich Orchesterstimmung, Dirigenten usw. liegt.
    PS
    Ich glaube allerdings, daß Lauritz Melchior heute keine guten Kritiken bekäme: Timbre viel zu baritonal, und vor allem steif und bieder in der Darstellung (kann man in seinen Filmen sehen), also unbrauchbar für das Regietheater.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

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