auf jeden fall bestraft!
und das in innsbruck.
in wiener fassung.
vorausschicken muss ich, dass die oper als gattung (wie schon mehrmals geschrieben, aber wer liest schon alle postings...) mein unbekanntes land ist.
nur mit dem dissoluto hab ich mich beschäftigt (honni soit qui mal y pense). d.h. ich habe ca ein halbes dutzend inszenierungen im saale und ungef. ebenso viele vor dem screen gesehen, dazu ein paar cds und bücher.
sonst würde ich mich nie trauen, hier auch nur pieps zu schreiben. ich bin aber also trotzdem weit entfernt von der fanatischen tiefe des olymps.
dennoch habe ich mich gestern um 1 stehplatzkarte angestellt und bin daher insgesamt 6 stunden gestanden. hat sich's ausgezahlt?
jaa!
(ich bin nebenbei gesagt nicht im paradis gestanden, sondern unten im parkett)
am freitag, den 18.8. fand also die dernière dieser hochgelobten produktion der festwochen für alte musik in innsbruck statt. sie wird noch einmal in baden-baden [ulli!] gebracht und dann, nur konzertant, in köln, paris und brüssel.
was ich bemerkt habe:
musikalisch:
ein kleines orchester, das erhöht gesessen ist, d.h. viele musiker waren sichtbar und haben auf die bühne gesehen.
als rezitativinstrument ein hammerklavier (ebenso wie im don giovanni im theater an der wien, den ich vorige woche gesehen habe. in beiden fällen hatten die stimmer die ganze pause fleißschnaubend zu tun...). darauf wurde viel improvisiert. ebenso bei manchen arien ("là ci darem.." und "deh vieni..."). angeblich war zu mozarts zeit jede aufführung ein bisschen anders, das müsste die originalversionapologeten beschäftigen.
es gab keine klangverschmelzung, streicher und bläser blieben polar. der orchesterklang hatte eben das durchsichtig-filigrane der hip-ensembles.
die alkoholarie wurde endlich einmal in einem tempo gespielt, dass sich der arme johannes nicht verhaspelte und auch keine silben verschlucken musste, dafür war der schön federnde rhythmus des zugrunde liegenden country dance's zu hören.
dafür wurde das finale der oper schneller genommen, dadurch erklangen leporellos triolen im sprechtempo ganz natürlich.
inszenatorisch:
das bühnenbild war eigentlich sehr modern, reduced to the min, aber im gegensatz zu der auch kürzlich im tv gesehenen kusej-inszenierung aus salzburg sehr statisch: eine aufgeschnittene, weiße hemisphäre diente zugleich als innenraum und firmament, durch die parabolform kam es je nach standort des sängers teilweise zu extremen verstärkungseffekten (wenn beabsichtigt, dann müsste man das sinnfälliger einsetzen, aber vielleicht ist der effekt genauso vom standort des empfängers abhängig...). auffällig viel spielte sich vor geschlossenem vorhang ab, rezitative, aber auch arien (donna anna "non sedur..."). da ist es dann nur konsequent, wenn don giovannis höllenfahrt auch hinter dem sich wild bauschenden textil mit viel paukengedonner stattfindet (ganz im gegenteil zur blutspritzenden exhibition in wien).
alfred hätten wenigstens die kostüme gefallen: vom französischen couturier christian lacroix geschaffen, ließen sie don giovanni bisweilen wie einen pfau erscheinen. ausserdem traten die drei maskierten in venezianischen karnevalsmasken mit dreispitz (da hamma'n!) auf.
noch bemerkenswert: der steinerne gast erscheint am schluss nicht auf der bühne, sondern schreitet durch den zuschauerraum nach vor bis zur mitte desselben, die andere dimension seiner erscheinung wird dadurch klarer.
die oper endete nicht wie in wien mit dem schlussspektakel, sondern mit der scena ultima.
darstellerisch:
dg ist ein twen. also kein durchtriebener grandseigneur, sondern eher ein schnösel der jeunesse dorée, der sich auf grund seines privilegierten standes viele blödheiten leisten kann und erst durch den mord (totschlag eigentlich?) abdriftet. wie heißt's im libretto? giovane cavaliere.
dafür ist lepo wie ein alter onkel.
und noch nie habe ich den verführungsprozess bei "la ci darem..." so überzeugend gesehen! egal welche kostüme und in welchen kulissen -es kommt auf kleine gesten bzw. die personenregie an.
"deh vieni.." wurde mit einem vorbeikommenden strassenmusikanten und seiner mandoline gesungen, allerdings auf dem rücken liegend (dieses regietheater, die sind doch früher alle gestanden!). in wien lief das vom band, leider auch noch mit dem schwachen gag einer sich selbständig machenden drehorgel.
bei den stimmen mag ich mich nicht hinauslehnen, das sollen berufenere. mir gefielen donna elvira, leporello und zerline am besten.
das publikum war recht ruhig (ich meine kein gehuste, vielleicht liegt's doch an der jahreszeit und wir tun den vermeintlichen zwangsneurotikern unrecht), bis auf ein paar blitze.
zum abschluss noch (und für rienzi :lips: ) die liste der legionäre (des hätt's zu wams zeiten a net gebn!):
innsbruck
dirigent: rené jacobs, belgien
regie: vincent boussard, frankreich
dg: johannes weisser, norwegen
lepo: marcos fink, argentinien
da: svetlana doneva, bulgarien
de: alexandrina pendatchanska, bulgarien
zerli: sunhae im, korea
mase: nikolay borchev, russland
do: werner güra, deutschland
comm: alessandro guerzoni, italien
wien
dirigent: bertrand de billy, frankreich
regie: keith warner, england
dg: gerald finley, kanada
lepo: hanno müller-brachmann, deutschland
da: myrto papatanasiu, griechenland
de: heidi brunner, schweiz
zerli: adriane queiroz, brasilien
mase: markus butter, österreich
do: mathias zachariassen, schweden
comm: attila jun, korea
aus donsbruck