Schlaf Kindlein, schlaf ein - die schönsten Wiegen- und Schlaflieder

  • Ich bin immer wieder erstaunt, wie hartnäckig sich die Hersteller von Spieluhren und Baby-Beschallung weigern, einzusehen, dass "Schlafe mein Prinzchen, schlaf ein" nicht von Mozart ist.


    Ausgerechnet im Mozarthaus zu Salzburg (und auch in Wien) werden Spieluhren mir "Mozart's Wiegenlied" vertickt :motz:


    :no:

  • Ein wunderschönes Lied von Carl Loewe, das auch in diesen Kontext passt, nennt sich "Süßes Begräbnis" (sehr empfindsam von Hermann Prey/Helmut Deutsch interpretiert).

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Das "Adagiati, Poppea" aus Monteverdis Oper, mit dem die Amme Arnalta die angehende Kaiserin in den Schlaf singt, finde ich immer wieder wunderschön.

  • Lieber Marc,
    zunächst ein tolles Thema. Müssen es immer andere Lieder sein oder sind auch Mehrfachnennungen möglich?
    Padre

  • Hallo


    Ich habe es schon einmal unter den Weihnachtsliedern untergebracht, aber es gehört zumindest ebenso berechtigt hierher. Eines der schönsten Wiegenlieder, aber anscheinend nicht sehr bekannt:


    Max Reger: Mariä Wiegenlied

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Hallo Mimi, der Humperdinck hat noch ein weiteres wunderschönes Wiegenlied geschrieben:
    "Es schaukeln die Winde das Nest in der Linde"


    Das ist traumhaft!


    LG,


    Knuspi

  • Hübsch und zugleich sehr spanisch - nein, eigentlich karibisch - ist "Canción de cuna para dormir a un negrito" aus den "Cinco canciones negras" von Xavier Montsalvatge.

  • Schuberts Lied "Beim Winde" nach einem Gedicht von Mayrhofer scheint mir noch ganz gut hierher zu passen:


    Es träumen die Wolken,
    die Sterne, der Mond,
    Die Bäume, die Vögel,
    die Blumen, der Strom,
    Sie wiegen und schmiegen
    sich tiefer zurück,
    Zur ruhigen Stätte,
    zum tauigen Bette,
    zum heimlichen Glück.


    Wunderschön von FiDi eingesungen ;(

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Das von Ulli angeführte Lied aus des Knaben Wunderhorn ": Maikäfer flieg", hat mir meine Schwester, im Februar 1945 im Luftschutzbunker vorgesungen.Wir mussten uns tagelang dort aufhalten, die Detonationen der Bomben zermürbten uns. Die Erde zitterte und der Kalk fiel von den Wänden. Das Licht flackerte und meine Schwester sang in Todesangst das Lied vom Maikäfer, um mich zu beruhigen und tatsächlich, ich schlief ein.
    Das werde ich nie vergessen!
    Padre



  • Hallo Mimi, mit genau diesen Liedern singe ich meinen kleinen Enkel in den Schlaf. Und es funktioniert immer. Eine wunderbare Erfahrung!

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Siegfried hallo, ehrlich gesagt ich ,hätte nicht gewusst, wer die Komponisten, aller dieser wunderschönen Lieder sind.
    Vielen Dank
    Padre :hello:

  • :lips: :lips: :lips:Hallo Klingsor,
    nachdem du dieses schöne Thema angestoßen hast und auch schon einige Empfehlungen ( CDs) abgegeben wurden, bleibt die Frage nach einer CD mit deutschen Liedern?
    Padre

  • Zitat

    Original von Padre
    Siegfried hallo, ehrlich gesagt ich ,hätte nicht gewusst, wer die Komponisten, aller dieser wunderschönen Lieder sind.
    Vielen Dank
    Padre :hello:


    Du musst dich bei Mimi bedanken, von ihr stammt die Auswahl.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Zusammen!


    Ist denn "Schlafe mein Prinzchen" nicht von Mozart?


    Lt. meinem KV hat es die Nr. 350 (glaube ich), jedenfalls fehlt mir dieses Stück noch in meiner fast kompletten Sammlung.
    Grüße


    Karin H.



  • Text von Friedrich Wilhelm Gotter aus dem Schauspiel "Esther", Leipzig 1795


    Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein!
    Es ruh'n Schäfchen und Vögelein.
    Garten und Wiese verstummt,
    Auch nicht ein Bienchen mehr summt.
    Luna mit silbernem Schein
    Gucket zum Fenster herein.
    Schlafe beim silbernem Schein,
    Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein,
    Schlaf ein, schlaf ein!


    Alles im Schlosse schon liegt
    Alles in Schlummer gewiegt;
    Reget kein Mäuschen sich mehr
    Keller und Küche sind leer
    Nur in der Zofe Gemach
    Tönet ein schmachtendes Ach
    Was für ein Ach mag dies sein?
    Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein
    Schlaf ein, schlaf ein.


    Wer ist beglückter als Du?
    Nichts als Vergnügen und Ruh.
    Spielwerk und Zucker vollauf,
    Und noch Karossen im Lauf.
    Alles besorgt und bereit,
    Daß nur mein Prinzchen nicht schreit.
    Was wird das künftig noch sein?
    Schlafe mein Prinzchen, schlaf ein.
    Schlaf ein, schlaf ein.


    Dieses Wiegenlied wurde ein Jahrhundert lang W. A. Mozart (KV 350) zugeschrieben. Die Komposition des Berliner Arztes Bernhard Flies erschien 1796 in Berlin. :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Na also!
    Ich glaube Ulli hat schon mal KV 350, Lied mit Klavierbegleitung ." Schlafe mein Prinzen, nach Bernhard Flies erwähnt( für Karin).
    Padre

  • Zitat

    Original von klingsor
    zu gegebener stunde: gesucht werden die schönsten wiegenlieder, die herrlichsten berceusen oder auch die ergreifendsten wiegenlieder in den ewigen schlaf ...


    Wir haben damals in meiner Schulzeit im Schul-Chor eine CD ausschließlich mit deutschen aber auch internationalen Schlaf- und Wiegeliedern produziert. Die CD war leider ausschließlich für den japanischen Markt bestimmt, daher ist sie hier auch nicht erhältlich :-/


    Besonders schön waren für mich damals:


    Der Mond ist aufgegangen in einem ungeheur wirkungsvollen weil sehr schlichten Satz von Rolf Lukowski


    Schlafe Entchen, ein finisches Wiegenlied


    Su Su Su, schlaf ein mein Kind, wiedermal ein Lukovski-Satz, für Frauenchor, einer der schönsten Frauenchorsätze die ich kenne..*schmacht*



    Grüße, der Thomas

  • Hallo,


    es gibt ein Wiegenlied von Carl Maria von Weber:


    Schlaf, Herzenssöhnchen


    Schlaf, Herzenssöhnchen, mein Liebling bist du!
    Schließe die blauen Guckäugelein zu;
    alles ist ruhig, ist still wie im Grab;
    schlaf nur, ich wehre die Fliegen dir ab.


    Jetzt noch, mein Püppchen, ist goldene Zeit,
    später, ach später ists nimmer wie heut',
    stellen einst Sorgen um's Lager sich her,
    Herzchen, da schläft sich's so ruhig nicht mehr.


    Engel vom Himmel, so lieblich wie du,
    schweben um's Bettchen und lächeln dir zu;
    später zwar steigen sie auch noch herab,
    aber sie trocknen nur Tränen dir ab.


    Schlaf, Herzenssöhnchen! Und kommt gleich die Nacht,
    sitzt deine Mutter am Bettchen und wacht;
    sei es so spät auch und sei es so früh,
    Mutterlieb, Herzchen, entschlummert doch nie.


    Außerdem finde ich auch eine Volksweise mit dem Text von Wilhelm Hey sehr schön: "Weißt du, wieviel Sternlein stehen".


    Viele Grüße
    Belkanta

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  • Eines der für mich schönsten Wiegenlieder fehlt noch: Summertime von George Gershwin. Nicht nur die Musik ist genial, auch den Text finde ich sehr rührend (gerne hätte ich jetzt den Text an dieser Stelle zitiert, aber ich wage es aus Copyright-Gründen nicht - googelt bitte selbst!).


    Viele Grüße
    Frank

  • Ich möchte noch mal auf dieses schöne Thema zurückkommen. Ulli hat schon erwähnt, dass " Maikäfer flieg"und "Schlaf, Kindlein, schlaf, das der Hofkapellmeister Johann Friedrich Reichardt, 1781 komponierte nach der gleichen Melodie gesungen wird.
    Nun ist es aber so, dass in der Sammlung " Des Knaben Wunderhorn" steht, Pulverland statt Pommerland.
    Diese Formulierung stammt wohl aus dem 30-jährigen Krieg.Nach der Eroberung Pommerns 1628 durch die Kaiserlichen Truppen und der Rückeroberung durch die Schweden, war Pommerland tatsächlich abgebrannt. In dieser Zeit entstand der Vers.Später wollte man wohl nicht mehr an die Grauen des 30-jährigen Krieges,-der die Hälfte aller Deutschen das Leben kostete, -erinnert.
    Padre

  • Oben war ja schon ein paar Mal von Nina nanas die Rede, wobei ich nicht sicher bin, ob es sich immer um dasselbe Lied handelt. Nina na heißt jedenfalls auf Deutsch übersetzt Eia popeia - und davon gibt es ja auch ein paar Versionen.


    Obwohl ich persönlich für Marienverehrung nichts übrig habe, ist mein absolutes Lieblingsninana in jedem Fall Tarquinio Merulas geistliche Canzonetta sopra alla nanna von 1638 in der Interperetation von The Earles Viols mit Evelyn Tubb (Raumklang). Da singt Maria ihr Kind in den Schlaf und macht sich so ihre Gedanken:


    Jetzt ist es an der Zeit zu schlafen, schlaf mein Sohn, und weine nicht, denn es wird noch die Zeit kommen, wo du wirst weinen müssen. [...] - Fa la nina nina na.


    Während die Melodie wunderbar menschlich einfach bleibt, wird der Text immer heftiger:


    Diese Hände, diese Füße, die du jetzt mit Lust betrachtest, die spitzen Nägel werden sie durchbohren. Dieses liebliche Gesicht [...] wird bespuckt sein und geschlagen unter großem Leid und Qual.


    Nachdem Maria bei der Todeswunde angelangt ist heißt es


    Schlafe also ein mein Sohn, ... denn dann werden wir uns wiedersehen im Paradies.


    Das Wort Paradies ist ganz hoch zerbrechlich gesungen und so macht der darauf plötzlich wie eine Erscheinung einsetzende kunstvoll gesetzte Gambenchor eine unheimlich rührende Wirkung:


    Jetzt wo mein Leben schläft ... soll alles in reinem Eifer schweigen, sogar Erde und Himmel sollen still sein und ich werde unterdessen ... mit geneigtem Haupt verharren, bis es einschlafen wird, mein Kind.


    Rührend und ein bisschen unheimlich, aber so müssen gute Schlaflieder doch sein, oder?


    Amateur

    Dem Amateur ist nichts zu schwör.

  • Hallo Amateur


    Zitat

    Rührend und ein bisschen unheimlich, aber so müssen gute Schlaflieder doch sein, oder?

    :no:


    Unheimlich? Ne - wirklich nicht. Ein Schlaflied dient dazu - wie der Name schon sagt - jemanden in den Schlaf zu singen - aber sicher nicht um den Schlaf zu bringen...


    Ich würde keinem Kind diese Zeilen vorspielen / singen.


    Dieses Stück hat für mich definitv KEINEN Wiegelied-Charakter, denn die Vorahnung der Mutter wird von Zeile zu Zeile schlimmer. Dazu kommt ein Zweitonmotiv, welches in diesem Fall für das "Vergehen menschlichen Lebens" interpretiert wird. Die Chromatik tut ihr Bestes, damit das Stück unheimlich und düster wirkt.


    Das Stück ist sicher außergewöhnlich, aber für mich kein Schlaflied im eigentlichen Sinne. Es geht mir schon eher in die Richtung Sterbe-/Todeslieder. Allerdings gibt es da ja auch die bekannt Gradwanderung - der kleine Tod = Schlaf bzw. der Schlaf ist der kleine Bruder des Todes.


    Der tief religiöse Charakter des Liedes läßt im übrigen auch eher auf den ewigen Schlaf als auf den nächtlichen schließen.


    Liebe Grüße Mimi

    che gelida manina....


  • Willst du Alpträume erzeugen oder den Psychiatern die Kassen füllen?


    Deine Kinder können einem leid tun!

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Ich werde meine Kinder hiermit einschlummern lassen:


    Ruht wohl, ihr heiligen Gebeine aus der Johannespassion von Bach :baeh01:

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Also, ich habe noch mal nachgeforscht, der gute Papa Humperdinck hat eine ganze Menge Wiegenlieder geschrieben bzw. vertont. Wobei mein Lieblingsteil ist immer noch (neben Abendsegen und Sandmännchen-Auftritt) - und ich kann nur sagen, dass es super wirkt, die Melodie ist so was von beruhigend :yes: Ich kann's auswendig und es hat wirklich noch nie seine Wirkung verfehlt:


    Es schaukeln die Winde das Nest in der Linde,
    da schließen sich schnell die Äuglein so hell,
    da schlafen vom Flügel der Mutter bedeckt,
    die Vögelein süß, bis der Morgen sie weckt.


    Bei Mütterlein liegen die Lämmer und schmiegen,
    an's Fell sich so dicht und regen sich nicht,
    sie schlafen so leise und werden erst wach,
    beim Zwitschern der Schwalbe hoch oben am Dach.


    Nur einzig die Sterne am Himmel so ferne,
    ob groß oder klein, sie schlafen nicht ein,
    sie legen sich nicht wie die andern zur Ruh,
    sie machen die himmlischen Augen nicht zu.


    Wenn aber mit Lachen die Kinder erwachen,
    das Lämmchen sich regt, die Schwalbe sich dreht,
    dann müssen die Sterne, ob groß oder klein,
    sie müssen in's himmlische Bettchen hinein.


    Denn der darf nicht springen, am Morgen nicht singen,
    der während der Nacht herumtollt und wacht.
    Drum schlafe mein Liebling, schlaf wonnig und fest,
    wie's Lämmchen im Stall, wie die Schwalbe im Nest.


    Ansonsten kann ich noch empfehlen:
    Maria sitzt am Rosenhag und etliche Volkslieder mit Wiegenliedcharakter. Schön!!!!

  • Zitat

    Willst du Alpträume erzeugen oder den Psychiatern die Kassen füllen?


    Um Himmels Willen, nein, so habe ich das nicht gemeint! Wenn ich sage, dass ich unheimliche Schlaf- und Wiegenlieder toll finde, dann meine ich Kunstlieder, die mich als Erwachsenen faszinieren! Kinder, die Marias Nini na na verstehen und verdauen können, müssten schon aus ganz besonderem Holz geschnitzt sein. Aber der Witz bei diesen Wiegenliedern ist es ja, dass die Mutter ja nicht davon ausgehen kann, dass ihr Kind die Worte schon versteht.


    An vielen guten Volks-Wiegenliedern kann man beobachten, dass die Mutter dem Kind mit dem Lied von ihren eigenen Sorgen erzählt - und das finde ich einfach rührend und echt, denn zur Liebe gehören auch Sorgen.

    Dem Amateur ist nichts zu schwör.

  • Zitat

    Original von Amateur
    Wenn ich sage, dass ich unheimliche Schlaf- und Wiegenlieder toll finde, dann meine ich Kunstlieder, die mich als Erwachsenen faszinieren!


    Hallo Amateur,


    das sehe ich genauso - und mit Deiner Beschreibung der "Canzonetta sopra alla nanna" hast Du mich so neugierig gemacht, dass ich mir bei jpc gleich den entsprechenden Tonschnipsel angehört habe. Sehr suggestive Musik!


    Zwei weitere, etwas spätere Beispiele für unheimliche Schlaf- und Wiegenlieder:


    Das wunderschöne, etwas zwielichtige Air "Voici des roses", mit dem Méphistophélès in Berlioz' "La damnation de Faust" den erschöpften Faust beruhigt, worauf ihn dann die Sylphen und Gnomen in den Schlaf singen.



    Zitat

    Original von Amateur
    An vielen guten Volks-Wiegenliedern kann man beobachten, dass die Mutter dem Kind mit dem Lied von ihren eigenen Sorgen erzählt - und das finde ich einfach rührend und echt, denn zur Liebe gehören auch Sorgen.


    Dazu ein schönes Beispiel aus Bergs "Wozzeck": Maries "Eia popeia...Mädel, was fangst Du jetzt an? Hast ein klein Kind und kein Mann!", mit dem sie ihren kleinen Jungen in den Schlaf singen will - wozu die abgedämpften Fetzen der draußen vorbeiziehenden Militärmusik wie in den beginnenden Schlaf des Kindes hineinklingen. Sehr bewegend!


    Viele Grüße


    Bernd

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