Hans Werner Henze (* 1. Juli 1926 in Gütersloh; † 27. Oktober 2012 in Dresden)

  • Henze ist 80 Jahre alt und ich finde er sollte hier auch mal gewürdigt werden.
    "Elegie für junge Liebende" ,"Bassariden" "Der junge Lord" alle Uraufführungen an der Deutschen Oper Berlin sah ich und alle 3 haben mir sehr gefallen!
    Wie ist Eure Meinung zu HENZE ???


    gruss aus muc :hello:

    mucaxel

  • ganz gut kenne ich nur seine symphonien 1-6.
    sie gefallen mir alle, besonders 1 und 6 sind mir in den letzten jahren besonders positiv aufgefallen, aber auch 2, 4 und 5 waren mal hervortretend in meiner gunst.
    als ich vor einigen jahren die 9. hörte, fand ich diese sehr altmodisch und sehr unnötig. vielleicht würde ich das heute anders sehen, habe aber kein interesse, nochmals in seine späteren symphonien zu hören, eher würden mich opern interessieren.


    jedenfalls ist er mit abstand der konservativste komponist seiner generation unter denen, die ich wirklich schätze (wenn man je komponist die repräsentativen werke nimmt und nicht die spätwerke).
    :hello:

  • Also Henze...
    Er ist für mich ein bißchen was wie ein Chamäleon. Am Anfang ein kulanter Zwölftöner, dann ein politisch engagierter Avantgardist, dann ein Postromantiker in bester Richard-Strauss-Nachfolge.


    Seine frühen Stücke sind schon ganz interessant: Er versucht, Strawinskijs Ästhetik mit der Zwölftontechnik zu verbinden. Also Zwölftonmusik auf der Basis des Neoklassizismus.
    Es gibt aus dieser Zeit ein schönes Violinkonzert, eine massive 2. Symphonie, eine unglaublich vitale 3. Symphonie und die "Kammermusik In lieblicher Bläue". Letzter merkt man schon an, daß Henze neben Schönberg und Strawinskij auch Britten verehrt.


    Henzes Opern aus dieser Zeit sind bemerkenswert, weil es echte Opern sind: Während die meisten Vertreter der Neuen Musik, zu denen sich auch Henze im Selbstverständnis dazuzählt, permanent behaupten, die Oper sei tot bzw. nur noch eine Hülle für andersartiges Musiktheater, schreibt Henze Opern mit klarer Handlung und einer Musik, in der es Arien und Ensembles gibt - und sogar Melodien, die man vielleicht nicht nachpfeifen, aber doch im Ohr behalten kann. Ob es nun die "Elegie für junge Liebende", der "König Hirsch" oder der "Prinz von Homburg" ist: Henze bietet auch dem "normalen" Hörer durchaus Ohrenfreuden.
    Der "Junge Lord" geht diesbezüglich für mein Empfinden einen Schritt zu weit - "Komische Oper" ist hier der Deckmanten für virtuose Konventionalität. Andererseits: Ein Duett wie am Beginn des 2. Aktes und etwas wie das letzte Bild muß man erst schreiben können!


    Spannend ist für mich jene Phase, in der sich Henze politisch für die Kommunisten engagiert. In dieser Zeit versucht Henze eine dialektische Auseinandersetzung auch in der Musik - und das führt zu hochexpressiven Gebilden wie "El Cimarrón" mit seinen ausgedehnten aleatorischen Passagen und dem "Trsitan", einem Konzert für Klavier, Tonbänder und Orchester, das ein großer schmerzlicher Aufschrei ist - für mich, wie auch das zwischen lyrischer Resignation und aufgepeitschtem humanitärem Engagement schwankende Oratorium "Das Floß der Medusa", eines der Hauptwerke Henzes.
    (Übrigens: Der Kommunist liebt Rassehunde, hat in der Gegend Roms ein schloßähnliches Anwesen und steigt ausschließlich in Hotels der Luxus-Kategorie ab. "Besser ein Kommunist im Rolls Royce als ein Faschist im Panzer", nannte er das einmal mir gegenüber nicht unwitzig.)


    Was dann geschieht, ist für mich schwer begreiflich: Der Klassenkämpfer wird zum denkbar bürgerlichsten Komponisten. Die 7. Symphonie knüpft nahtlos an Prokofjew und sogar an Ravel an, die 8. ist ein Bad in schönen Klängen und einem Pathos, das seltsam berührt. Die 9. ist dagegen fast schon wieder eine Auflehnung (aber eben nur im Vergleich), die 10. abermals ein hemmungsloses Schwelgen.
    Gleichzeitig wird die Substanz aber auch dünner - wofür die Opern "Die englische Katze" und "L'Upupa" ein Zeugnis ablegen. Das Handwerk wird immer virtuoser, die Orchesterfarben immer leuchtender, aber die Erfindung verliert stark an melodischer oder thematischer Prägnanz.
    Insoferne ist es vielleicht gar nicht so schlecht, daß er der Auftrag der Wiener Staatsoper zurücklegte. Vielleicht ein Hauch von Selbsterkenntnis.

    ...

  • Hallo zusammen,


    was wäre denn bei Henze für den Einstieg zu empfehlen? Besonders seine Opern würden mich interessieren. Gibt es da empfehlenswerte Aufnahmen?


    Best, DiO :beatnik:

  • Guten Abend


    Henze ist zwar beileibe nicht meine Musikrichtung :pfeif:


    Habe 1981 bei den Schwetzinger Festspielen die deutsche Erstaufführung seiner Kinderoper "Pollicino" gesehen und war 1983 bei den Proben und der Uraufführung seiner Oper "Die engliche Katze" dabei.
    Die Musiker hatten damals bei den Proben ihre liebe Not mit H.W. Henze ( er aber auch mit ihnen :D ), da gabs häufig lautstarke künstlerische Dispute untereinander :hahahaha:


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • Zitat

    Original von Diabolus in Opera
    Hallo zusammen,


    was wäre denn bei Henze für den Einstieg zu empfehlen? Besonders seine Opern würden mich interessieren. Gibt es da empfehlenswerte Aufnahmen?


    Lieber Diabolus in Opera,


    ich habe leider gesehen, dass der Katalog im Moment wieder sehr geschrumpft ist in Sachen Henze. Ich habe mich da in besseren Zeiten eingedeckt.


    Bei den Opern kannst Du es mit den - im Moment in München ja erfolgreich laufenden - "Bassariden" (vergl. hier) versuchen. Auch das Ballett "Undine" kann ich dir ans Herz legen.


    Einige meiner Lieblingsstücke von Henze habe ich hier (und folgende) genannt, wobei die Ode an den Westwind als Empfehlung erst mal zurückstelle, da sie schon eher für Hartgesottene ist. Aber alles andere ...


    Liebe Grüße Peter

  • Die "Undine" gehört sicherlich zum Kulinarischsten, was Henze geschrieben hat: Die Zwölftonreihe hat ein wenig Ordnungsfunktion, nicht mehr, die Musik ist leuchtend, schön, melodiös. Gar nicht so weit von Prokofiews Balletten entfernt.
    Die ideale Einstiegs-CD ist im Moment gestrichen, wenn sie irgendwo herumsteht, unbedingt zugreifen: Ich meine die EMI-Aufnahme, die Rattle von der Siebenten Symphonie und dem Orchesterwerk "Barcarola" gemacht hat. Die Symphonie bietet drei Sätze lang die aufregendste Musik, die man sich vorstellen kann - und schließt mit einem Satz, der fast an Ravels "Daphnis"-Morgendämmerung erinnert. Eine Farbenexplosion! Die "Barcarola" ist ein düsteres Werk mit fast schwarzen Klängen und Assoziationen quer durch die Musikgeschichte.
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Die ideale Einstiegs-CD ist im Moment gestrichen, wenn sie irgendwio herumsteht, unbedingt zugreifen: Ich meine die EMI-Aufnahme, die Rattle von der Siebenten Symphonie und dem Orchesterwerk "Barcarola" gemacht hat. Die Symphonie bietet drei Sätze lang die aufregendste Musik, die man sich vorstellen kann - und schließt mit einem Satz, der fast an Ravels "Daphnis"-Morgendämmerung erinnert. Eine Farbenexplosion! Die "Barcarola" ist ein düsteres Werk mit fast schwarzen Klängen und Assoziationen quer durch die Musikgeschichte.


    Lieber Edwin,


    man bekommt die CD, sogar zu einem noch diskutablen Preis:


    [amx=B00000DNSB]300[/amx]


    Liebe Grüße Peter

  • Meine eigene Opernsammlung ist bei Henze nicht besonders gut bestückt. Herauszuheben ist eigentlich nur diese Aufnahme:



    Der junge Lord


    Uraufführung: 7.4.1965 in Berlin
    Libretto: Ingeborg Bachmann nach Wilhelm Hauff


    Aufnahme: 1968, Studio
    Dirigent: Christoph von Dohnányi
    Orchester der Deutschen Oper Berlin
    Schöneberger Sängerkanben
    Chorleitung: Walter Hagen-Groll
    Aufnahme-Regie: Gustav Rudolf Sellner
    ( Besetzung der UA Berlin)


    Armintore La Rocca: Günther Treptow
    Begonia: Vera Little
    Bürgermeister: Manfred Röhrl
    Frau Hasentreffer: Lisa Otto
    Frau von Hufnagel: Ruth Hesse
    Grünwiesel: Patricia Johnson
    Hasentreffer: Ivan Sardi
    Ida: Bella Jasper
    Kammermädchen: Marina Türke
    Lichtputzer: Fritz Hoppe
    Lord Barrat: Loren Driscoll
    Luise: Edith Mathis
    Scharf: Ernst Krukowski
    Sekretär: Barry McDaniel
    Von Mucker: Helmut Krebs
    Wilhelm: Donald Grobe


    Allerdings habe ich mir die teure Box nicht gekauft, sondern die Radiosendung zum 80. Geburtstag mitgeschnitten!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Hallo,


    die 7. Symphonie finde ich auch besonders schön, jedoch manches andere von Henze noch interessanter. Aber als Einstieg in die Symphonien und Orchesterwerke sicherlich sehr gut geeignet. Obwohl ich Rattle hier auch ziemlich gut finde, überzeugt mich aber noch mehr die noch klarere Einspielung von Cambreling (gerade bei der "Farbenexplosion"). Ich finde sie insgesamt auch noch mitreissender.



    Die hochinteressante, bei Rattle sehr gut dargebrachte "Barcarola" ist für mich jedoch auch schon den Kauf wert gewesen.


    :hello: Matthias

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  • Im Thread über Abbé Prevost und seine "Manon Lescaut" in ihren verschiedenen Opernfassungen wurde sie kurz erwähnt:


    Henzes im Alter von 25 Jahren geschriebene Oper "Boulevard Solitude". Letztes Jahr habe ich sie im Liceu in Barcelona erleben dürfen (kein nachhaltiger Eindruck), sie ist auch als DVD erschienen:



    Aufnahme: 2., 9., 13.3.2007, live, Barcelona
    Dirigent: Zoltan Peskó
    Orquestra del Gran Teatro del Liceu Barcelona
    Cor del Gran Teatro del Liceu Barcelona
    Inszenierung: Nikolaus Lehnhoff


    Armand des Grieux: Pär Lindskog
    Diener: Basil Patton
    Francis: Marc Canturri
    Lescaut: Tom Fox
    Lilaque Fils: Paul Putnins
    Lilaque Pére: Hubert Delamboye
    Manon Lescaut: Laura Aikin


    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    Rein akustisch ist eine Rundfunkaufnahme aus Frankfurt von 1953 doch wesentlich interessanter. Die Produktion im Funkhaus des Hessischen Rundfunks erfolgte kurz nach der Uraufführung der Oper und bringt ein Wiederhören mit all den Gesangsstars jener Zeit. Hier die Besetzung:


    Dirigent: Kurt Schröder
    Symphonie-Orchester des Hessischen Rundfunks Frankfurt
    Chor des Hessischen Rundfunks Frankfurt


    Armand des Grieux: Joseph Traxel
    Diener: Hans Kasperzik
    Lescaut: Kurt Gester
    Lilaque Fils: Georg Stern
    Lilaque Pére: Rudolf Gonszar
    Manon Lescaut: Elfriede Trötschel
    Sprecherin: Gisela Litz


    Leider ist die Aufnahme nicht im Handel erhältlich, ist deshalb unter Sammlern ein gefragtes Tauschobjekt.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Soeben ist - als nachträgliches Geschenk zum 80. Geburtstag des Komponisten - die DVD mit der Berliner Inszenierung des "Jungen Lord" erschienen:



    HANS WERNER HENZE
    Der junge Lord

    Regie: Gustav Rudolph Sellner


    Edith Mathis, Donald Grobe, Barry McDaniel, Loren
    Driscoll, Vera Little, Lisa Otto, Ernst Krukowski, Ivan Sardi,
    Helmut Krebs, Manfred Röhrl, Bella Jasper, Margarete Ast,
    Otto Graf, Charles Williams, Günther Altenburg, Leopold
    Klam


    Chorus and Orchestra of the Deutsche Oper Berlin
    Christoph von Dohnányi


    AUFNAHME: Deutsche Oper Berlin, 1968
    Sound: stereo/Bild:4:3 (NTSC)
    Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch
    Laufzeit 136 Min.


    ( Neuheit zum limitierten Sonderpreis)


    Zitat

    Hans Werner Henze zählt zu den großen zeitgenössischen Komponisten im deutschen Sprachraum und
    darüber hinaus. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere entstand die Oper Der junge Lord . Sie war schon im
    Jahr ihrer Uraufführung 1965 ein durchschlagender Erfolg und ist seither europaweit auf den Spielplänen
    aller großen Häuser zu finden.
    Auf dieser DVD ist die opulente Inszenierung aus der Deutschen Oper Berlin zu sehen. Der Henze-
    Spezialist Christoph von Dohnanyi leitet das Orchester und den Chor des berühmten Hauses.


    LG


    :hello: :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Das wird die nächste Geld-Ausgabe... :angry:
    Irgendwann sollte man den Tamino-Rabatt einführen. Auf alle CDs und DVDs, deren Kauf nachweislich durch eine Tamino-Präsentation angeregt wurde, zahlt Alfred 50 Prozent des Kaufpreises aus eigener Tasche drauf. :baeh01:
    :hello:

    ...

  • Folgende Aufnahme mit diesen Werken Henzes habe ich gerade für mich entdeckt:


    Hans Werner Henze: Symphonie Nr.10 (1997-2000)
    Quattro Poemi (1955)
    La Selva incantata (1991)



    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:


    Ich mag Henzes 10., auch wenn die 2.-6. musikalisch noch interessanter sind, oder gar der Tristan. Mir gefallen auch die Quattro Poemi, die damals den besonderen Unmut der Darmstädter Serialisten erregten. Von Henzes Werken der 90. gehört für mich La Selva incantata auch zu den schönsten. Zudem eine gute Kombination, denn trotz des großen zeitlichen Abstands dominiert in den Poemi wie im verwunschenen Wald trotz (gemäßigter) Modernität das Gesangliche die Orchesterkomposition.


    Das Orchestre National de Montpellier unter der Leitung von Friedemann Layer spielt auf dieser Live-Aufnahme ganz hervorragend: Spritzig, sehr deutlich und für alle drei Werke durchaus angemessen im sehr schönen Ton schwelgend. Von ihnen würde ich mir auch Aufnahmen der Symphonien 1-5 wünschen, denn die alten DG-Aufnahmen sind wirklich nicht so doll. Neuaufnahmen würden mal Zeit!
    Nur die 6. würde ich mir lieber von jemand wünschen, der mit noch etwas mehr Power und rauher spielen läßt.


    :hello: Matthias

  • Zitat von Edwin

    Also Henze...
    Er ist für mich ein bißchen was wie ein Chamäleon. Am Anfang ein kulanter Zwölftöner, dann ein politisch engagierter Avantgardist, dann ein Postromantiker in bester Richard-Strauss-Nachfolge.


    Vermutlich ist das, was Edwin 2006 hier an Henze bemängelte genau das was mit gut gefällt. Nämlich das er heute mehr und mehr zu einer Tonsprache findet die fassbarer und genießbarer wird ..............


    Ich habe seit Jahrzehnten Henzes Sinfonien - Box (DG, 166-72, ADD) mit den Sinfonien Nr.1-6 im CD-Regal stehen. So richtig warm geworden bin ich mit diesen Werken, bis auf Ausnahmen, nicht. Jedenfalls erschien mir meine Zeit für andere zeitgenössische Komponisten wichtiger und so blieb die Box stehen.


    Eine spätere Henze-WERGO-CD von 2003 mit den Werken
    Scorribanda Sinfonica (2001), Klavierkonzert Nr.1 (1950) und Antifone (1959/60), läßt mich seit geraumer Zeit immer wieder aufhorchen (ich hatte sie gerde heute wieder laufen). Von Postromantik (lt.Edwin) und R.Strauss-Nachfolge höre ich in der Scorribanda Sinfonica zwar nichts, aber das Werke sind auf ihre Art zugänglich und mit einer Portion zeitgemäßem Feuer versehen, die richtig Spaß macht.
    Antifone gehört noch in seine 12-Ton-Zeit und ist ein weit schwieriger Brocken, der allgemein weniger ankommen dürfte. Das KK , das Henze als 24jähiger schrieb, zwar auch, aber es ist auf seine Art gut komponiert - nämlich trotz seiner Atonalität zugänglich (finde ich jedenfalls). :D Ja, und da geht astrein die Post ab !
    Ich sehe die Sache hier nicht so streng musikwissenschaftlich, sondern will das hören was mir gefällt.



    NDR SO, Peter Ruzicka
    WERGO, 2003, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Kann man die Musik von Werner Henze lieben? :no: Ich werde sie sicher nie lieben können, nachdem ich gestern im Radio wieder so einiges gehört habe dass mich schütteln ließ. Ich vergleiche es mit "Regietheater" das werde ich auch nie lieben können. X(

  • musica


    Lieben ist sicherlich schwer, aber man kann sich in ihn "reinhören" und interessant finden !
    Wir haben hier in Gütersloh einen "Kulturamtsleiter" (so nennt man das !), der ein grosses Herz für moderne Komponisten hat. Er veranstaltet alle paar Jahre Tage moderner Musik von einem bestimmten Komponisten. Klar, dass Henze da schon mehrmals vertreten war, schliesslich ist er ja (eher zufällig) in Gütersloh geboren.
    Ich bin in diese Konzerte ganz gern gegangen, vor allem, wenn die Komponisten anwesend waren und Einführungen gehalten haben.
    Aber ich muss gestehen, dass ich auch nicht auf die Idee käme, mir nun CD`s von diesen Werken zu kaufen und wenn sie im Radio erklingen, schalte ich meistens nach einiger Zeit aus. Man muss bei dieser Musik die Interpreten sehen (finde ich jedenfalls).


    G.H.

  • Nachdem dieser Thread jetzt 5 Jahre existiert, bedarf er einer Aktualisierung:


    Freitag, 01.07.11
    Komponist Hans Werner Henze wird 85


    Der Komponist Hans Werner Henze wird heute 85 Jahre alt. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschen Komponisten der Gegenwart. Henze wurde 1926 in Gütersloh geboren. Er schrieb Solokonzerte, Sinfonien, Liederzyklen und Kammermusik. Bekannt wurde er vor allem mit seinen mehr als vierzig Musiktheaterstücken. Bereits 1965 feierte er einen Erfolg mit der Oper "Der junge Lord", die in Zusammenarbeit mit der Dichterin Ingeborg Bachmann entstanden war. Henze unterrichtete auch Kompositionslehre. In Köln lehrte er von 1980 bis 1991 an der Musikhochschule. Hans Werner Henze lebt seit mehr als fünfzig Jahren in Italien.

    (Quelle: WDR)



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Im Alter von 86 Jahren ist der Komponist heute gestorben:


    [timg]http://upload.wikimedia.org/wi…kurse_Musik.jpg;l;220;308[/timg]
    Hans Werner Henze (* 1. Juli 1926 in Gütersloh; † 27. Oktober 2012 in Dresden) war ein deutscher Komponist. Der zuletzt im italienischen Marino (Provinz Rom) lebende Henze gehörte zu den bedeutendsten deutschen Komponisten des 20. Jahrhunderts.


    R. I. P.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ein der ganz Großen der zeitgenössischen Musik ist nun auch nicht mehr!
    Gerade wurde zum 100 Bestehen der Deutschen Oper Berlin ein Stück von ihm uraufgeführt mit dem Namen OVERTÜRE.
    Unvergessen all seine Uraufführungen an der Deutschen Oper.
    Elegie für junge Liebende
    BASSARIDEN erst bei den Salzburger Festspelen dann in Berlin.
    Der junge Lord.Insgesamt schuf er 40 Bühnenwerke und 10 Sinfonien.
    Zahlreiche seiner Orchesterwerke wurden von Berliner Philharmonikern aufgeführt.


    mucaxel

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  • Heute hat Hans Werner Henze wieder Geburtstag. Zu seinem Ehrentag habe ich dies ausgesucht:



    Heute wäre er 89 Jahre alt geworden.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Eigentlich hatte ich mit Henze schon abgeschlossen. Die ersten fünf Symphonien in der Einspielung durch den Komponisten besaß ich vor ca. 25 Jahren mal und habe sie wieder verkauft, konnte nichts damit anfangen. Die Arditti-Aufnahme der 5 Streichquartette liess mich völlig ratlos zurück, auch hier trennte ich mich schnell wieder von der Aufnahme. Vor ein paar Monaten hörte ich dann die Nachtstücke und Arien, jenes Stück bei dessen UA Boulez, Nono und Stockhausen pöbelnd den Konzertsaal verliessen (sagt zumindest die Legende) und das gefiel mir (das Stück, nicht die vermeintliche Reaktion!). Nun lief mir vor einiger Zeit eine 5LP-Kassette der DGG mit Henze-Werken über den Weg (inkl. der ersten fünf Symphonien) und ich dachte, gib ihm noch einmal eine Chance. Und siehe da, auf einmal spricht mich die Musik doch mehr an als vor einem Viertel Jahrhundert. Bis Nr. 3 bin ich bisher gekommen und speziell die 3. hat mir doch recht gut gefallen. Ich bin gespannt wie es weitergeht. Ich sehe gerade, dass beim Werbepartner für diese Box € 150 aufgerufen werden, ich habe sie in Topzustand für € 10 bekommen. :)


  • Bei mir scheint ja die "Schallgrenze" höher zu liegen, was bei mir noch als interessant durch geht, lieber Lutgra.
    Die Henze-DG-Sinfonien-CD-BOX bin ich, genau wie Du, vor einigen Jahren losgeworden. Auch ein zweiter/dritter Versuch hatten nur eines als Ergebnis: nach wie vor = müde Langeweile.


    8-) Und da ich lieber meine wertvolle Hörzeit für mir wichtigere Werke verwende, habe ich zumindest mir diesen "DG-Sinfonien" (die jetzt auf Brillant für paar Cent vorliegen ... ;) wo sonst ...) abgeschlossen ! Einige Henze-CD´s mit späteren Sinfonien und Werken habe ich (noch).
    Ich finde Henzes bestes Werk, das mir geschmacklich liegt sind die Tristan - Preludes für Klavier, Tonband und Orchester.


    Ich bin der Meinung dass man bei der Riesenauswahl an Komponisten und Werken klare Grenzen setzen muss, damit genug Zeit für Lohnendes übrig bleibt.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich finde Henzes bestes Werk, das mir geschmacklich liegt sind die Tristan - Preludes für Klavier, Tonband und Orchester.


    Das ist da auch in der Box und das kenne ich noch gar nicht.

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  • Die 9. Sinfonie von Henze, 1997 bei den Berliner Festwochen uraufgeführt und als Mitschnitt auf CD gelangt, ist eine Hommage auf den Roman "Das siebte Kreuz" von Anna Seghers (1900 1983). Für mich gehört er zu den bedeutendsten Romanen der Weltliteratur:


    Er entstand nach dem Ausbruch des Zweiten Wektkrieges und schildert die Flucht des Straflings Georg Heisler aus einem KZ. Zunächst waren sie Sieben. Sechs wurde eingefangen. Heisler blieb die symbolische Kreuzigung erspart. Ihm gelingt die Rettung auf einem Schiff über den deutschesten aller Flüsse, den Rhein. Sie gelingt nur, weil er nicht verraten wurde, weil Menschen, die diese Flucht kreuzten, im richtigen Moment das Richtige taten. Manchmal ganz bewusst, wohl wissend, dass sie sich selbst in Gefahr bringen, manchmal auch instinktiv, andere sahen sich plötzlich vor eine Entscheidung gestellt, vor die sie nie zuvor gestellt worden waren. Die Geschichte vollzieht sich vor einem großen historischen Panorama in gewaltiger, fast schon lutherischer Sprache. Eine der eindringlichsten Szenen des Romans, die auch einen gesonderten Satz in der Sinfonie hat, ist die Nacht im Dom. Heisler versteckt sich dort. Der Dom wird sein Obdach:
    Mainzer_Dom_1890-1900.jpg


    Es ist der Dom zu Mainz, der Heimatstadt der Schriftstellerin, der sie mehrfach ein literarisches Denkmal setzte. Manchmal nur indirekt. In fast allen ihren Romanen und Geschichten gibt es einen Fluss mitten durch Städte. So wie in Mainz. Auch wenn diese Städte namenlos oder fiktiv sind, es ist immer der Rhein. Dieses ewig fließende Symbol für Aufbruch, Ferne, Sehnsucht, Rettung. Im hohen Alter wurde ihr die Ehrenbürgerschaft von Mainz verliehen. Das war ihr wohl die allerwichtigste Ehrung. Der Roman erschien zunächst 1942 in englischer Übersetzung in New York und wurde zum Bestseller und mit Spencer Tracy in der Hauptrolle verfilmt:


    Zur massenhaften Verbreitung der Geschichte trug auch ein Comic-Buch bei, das jetzt nach langer Zeit als Nachrruck in deutscher Übersetzung erschienen ist


    Die Sinfonie folgt wichtigen Sationen des Romans. Hans-Ulrich Treichel hält sich bei seinen Texten für den Chor und die Chorsolisten an das Buch. Und dennoch wirkt die Musik auf mich nicht wie eine Illustration, gar eine Filmmusik. Ich habe schon den Endruck, dass Henze für die jeweiligen elementaren Situationen eine musikalische Sprache gefunden hat, die weit darüber hinaus ins Allgemeine geht. Ich finde ihn vergleichsweise traditionell. Für den Lautsprecher ist diese Sinfonie nicht so sehr geeignet. Sie muss nach meinem Eindruck ins Konzert, sie braucht den Raum. Im Mitschnitt spielen die Berliner Philharmoniker unter Ingo Metzmacher. Es singt der Rundfunkchor Berlin.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zum 75. Geburtstag von Hans Werner Henze entstand ein 89minütiges Porträt "Memoirs of an Outsider", das der Hessische Rundfunk produziert hat. Es ist in deutscher Sprache, wenn der Komponist spricht. Die anderen Teile von Musikern und Wegbegleitern sind in englischer Sprache. Es gibt keine deutschen Untertitel. Wer des Englischen nicht mächtig ist, erfährt auf der Wortebene zu wenig. Musik kommt reichlich vor. Der Film wurde in Henzes Anwesen in der Umgebung Roms aufgenommen. Der gepflegte Garten mit den Olivenbäumen ist es schon wert, sich den Film anzusehen. Mit den Archiv-Aufnahmen des untergegangenen 3. Reiches und dem verwüsteten Deutschland wird klar, woher Henze kommt und weshalb er sich von Zwängen und Dogmen befreit hat. Die Aussagen zum Kompositionsprozess und der Sicht auf das eigene Werk sind erhellend.


    Zudem ist das Requiem, das der Komponist für einen verstorbenen Freund komponiert hatte, in einem Live-Mitschnitt zu hören und zu sehen.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich bin auf diese CD von Hans Werner Henze (1926-2012) gestossen. Gefällt mir.


    Mit Statements zu Werken dieses Komponisten gewinnt man im Forum keinen Blumentopf, wenn ich die Beiträge im Thread lese. Das Interesses hat die Spannweite von totaler Ablehnung bis Begeisterung.


    Die Charakterisierung von Henzes Musik durch die Tamino Mitglieder reicht von Langeweile, eintönig, unnötig, dünne Substanz, ratlos machend, Unmut erregend bis bemerkenswert, wobei die Waage der Wertschätzung sich auf der Seite der Abneigung ist, denn positive Beurteilungen hat es wenige.


    Mitglied Edwin Baumgartner gibt in Beitrag 3 eine kurze Beschreibung über Henzes künstlerische Entwicklung.


    Nachtstücke und Arien (nach Ingeborg-Bachmann-Gedichten)

    3 Symphonische Etüden

    4 Poemi

    La Selva incantata


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Die Charakterisierung von Henzes Musik durch die Tamino Mitglieder reicht von Langeweile, eintönig, unnötig, dünne Substanz, ratlos machend, Unmut erregend bis bemerkenswert, wobei die Waage der Wertschätzung sich auf der Seite der Abneigung ist, denn positive Beurteilungen hat es wenige.

    Ich hatte in der Schulzeit einen Freund, dem Henzes Sinfonien sehr gut gefielen. Das war insofern bemerkenswert, als er sonst wenig Interesse an klassischer Musik hatte. Ich habe lange nichts mehr von diesem Komponisten wahrgenommen, erst jetzt wieder, durch das Forum angeregt, Henzes Steichquartette gehört.


    MS02NTU0LmpwZWc.jpeg


    Ich finde die Charakterisierung "langweilig" für diese Werke unpassend. Es gibt zwei, auch musikalisch gut unterscheidbare, Phasen. Die erste beiden Streichquartette entstanden Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre und haben sehr experimentellen Charakter, die letzten drei Mitte der siebziger Jahre und wirken etwas abgeklärter.


    Wenn ich sie jetzt mit den Quartetten von Carter vergleiche, empfinde ich sie als schwächer, was aber auch an der geringeren Bekanntschaft mit ihnen liegen mag. Carter drückt sich in den Streichquartetten substanziell aus. Sie sind Schwergewichte in seinem Werk. Ob das bei Henze auch der Fall ist, kann ich absolut nicht beurteilen.


    Vielleicht sollte man noch auf das letztes Jahr erschienene Album "Tristan" von Igor Levit hinweisen



    Ich zeige hier die Version für Vinyl-Fans, die sich ja in letzter Zeit vermehrt im Forum befinden. Eine kostengünstige CD Alternative gibt es auch :)


    Neben vielen anderen bemerkenswerten Stücken beinhaltet es Tristan, preludes für Klavier, Orchester und Tonband, wenn man so möchte, ein Klavierkonzert, was ich in meiner Schulzeit noch in der Interpretation von Homero Francesch aufs Band gebannt hatte. Die Musik rankt sich um den Tristan-Akkord, den wir wahrscheinlich zu der Zeit auch in der Schule besprochen hatten ;) Was mir damals und auch heute noch an dieser Musik gefällt, ist, trotz aller harmonischen Indifferenz, ihre erstaunliche Klarheit, während Wagners Musik in meinen Ohren hin und wieder den Eindruck von Schwüle hinterlässt (aber auch da muss ich sicher wieder einmal neu hören!) . Ich habe erst vor kurzem erfahren, dass das Werk zwölftönig aufgebaut ist. Vielleicht mag es daran liegen ...


    Die Einspielung von Francesch mit dem WDR Sinfonieorchester unter Leitung des Komponisten findet sich im Web



    Diese alte Aufnahme ist Bestandteil der Henze Collection der DGG, aber momentan wohl nicht einfach zu erhalten


  • Henze!


    Ich kaufe eigentlich gar keine CDs mehr, aber was ich immer mal gern erwarb, waren solche Boxen, wie die der DG mit Henze.

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    Und ich habe sie peinlicherweise immer noch nicht ganz durchgehört. Dabei mag ich die Musik sehr. Ich war erst jüngst mit dem oben genannten "Tristan"-Album wieder darauf gestoßen. Wie Schönes immer wieder gebrochen wird, wie Schmerz aufbricht; auch das Collagenhafte mit den Brahms-, Mahler-, Wagner-Zitaten; oder die Kinderstimme über dem Liebestod samt Herzschlag; von mir aus auch das Vogelgezwitscher; die teils verhaltenen, distanzierten Klaviertupfer, kontrastiert mit wuchtigen Klängen. Da ist so viel drin. Wenn man es als Hörer zulässt, ist das außerordentlich intensiv.

    Zeit, mehr Henze zu hören.

    "Jein".

    Fettes Brot

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