Beethoven: Klaviersonate Nr 21 in C dur op 53 "L' Aurore"

  • Streng genommen versteht man unter einem „glissando“ eigentlich ein Durchziehen der weißen Tasten mit dem Daumen von unten nach oben oder von oben nach unten , während es sich bei der Waldstein um beidhändige Oktaventonleitern handelt.


  • Das müßt doch eigentlich "ges-moll" sein, oder, nämlich die erniedrigte 6. Stufe (oder Submediante) in B-Dur. Wie wird das denn in der Reprise "aufgelöst"? cis(des)-moll?
    Ich habe keine Ahnung von Harmonielehre, aber die Transformationen sind schon logisch. Die Standardvarianten für das "zweite Thema" sind


    5 -> 1 (Dominanttonart -> Tonika) oder in Mollsätzen häufig
    3 (Dur) -> 1 (Dur) (also die Parallele Dur zur Gleichnamigen Dur)


    Bei den Medianten wie in der Waldstein oder op.31,1 geht es analog


    3 (Dur) -> 6 (Dur) denn die 3. Stufe wäre ja "eigentlich" e-moll (wenn mit leitereigenen Tönen gebildet). Man nimmt also statt V, die Parallele der Dominante, aber eben im gleichnamigen Dur, also III und dann statt der Tonika (I) statt dem parallelen Moll das gleichnamige Dur


    Bei Beethoven in op.59,1 ii , B-Dur (das ist eine Mischung aus Rondo- und Sonatenform) gibt es zwei Seitenthemen in d-moll (III, Mollparallele der Dominante) und f-moll (gleichnamiges Moll der Dominante). Die erscheinen in der Reprise dann so:
    statt d-moll g-moll (VI Mollparallele der Tonika) und
    statt f-moll b-moll (gleichnamiges Moll der Tonika)


    in op.130, i steht wie oben gesagt das Seitenthema in Ges-Dur (erniedrigte Dur-Submediante (VI) erscheint wenn ich recht sehe in der Reprise entsprechend zuerst in Des (erniedrigte Dur-Mediante (III), dann geht es aber zurück nach B.


    Wie gesagt, rein transformatorisch betrachtet ist es völlig logisch, aber frag mich nicht, warum man A-Dur als "Auflösung" von E hören soll. Sie stehen halt im selben Verhältnis wie im simplen Fall C-Dur und G-Dur stehen würden.


    Khampan muß sowas doch wissen?


    Das Glissando ist angeblich auf Flügeln der Beethoven-Zeit durch "Durchziehen" machbar, weil die viel geringeren Hub und leichtere Mechanik hatten.


    :hello:


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Das müßt doch eigentlich "ges-moll" sein,


    Da wird einem ja schwarz vor Augen vor lauter b's... :rolleyes: Das wäre die parallele Molltonart von Beses-Dur [nur so als Hinweis].


    Zitat

    Wie wird das denn in der Reprise "aufgelöst"? cis(des)-moll?


    In der Reprise steht's - konsequent* - in h-moll.


    *Das 2. Thema in der Exposition hat in den genannten Fällen stets Dominantfunktion zum 2. Thema in der Reprise:


    op. 53: E --> A
    op. 31/1: H --> E
    D 960: fis --> h


    :hello:


    Ulli

    You might very well think that. I couldn't possibly comment.“ (Francis Urquhart)

  • guuuten abend,
    nicht das ich die waldsteinsonate spielen könnte und hier mitdiskutieren dürfte, aber ich würde gerne sagen, dass arrau die glissandi gerutscht ist, mit 1/5...ob das jetz als richtig oder falsch gespielt zählt, kann ich ich nicht beurteilen ;)


    m.f.g


    ps: aufnahme zu finden bei you*** =)

  • Eine mögliche Lösung für die Seitenthema-Tonart wäre die Theorie der Tonfelder nach Albert Simon (übrigens auch für DV 960):
    Es gibt ein Buch darüber, herausgegeben von Bernhard Haas, das unser gesamtes "Kadenzielles" Weltbild in Frage stellen kann.
    Wer es wagt, es zu studieren (sehr sperrig) ........

    "Play, man, play!" (M. Davis)
    "We play energy!" (J. Coltrane)

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  • unser "kadenzielles Weltbild", sprich die funktionale Harmonielehre, ist eine Erfindung von Hugo Riemann, mithin ein gelegentlich stark vereinfachender Rückblick aus dem späten 19. Jh. (nebenbei, die Passage im Farinelli-Film, wo Händel mit den Riemannschen Begriffen Tonika, Dominante um sich wirft, ist schon grotesk).
    Die Realität war schon immer komplexer als die (selbst nachträglich entworfene) Theorie.


    Tja, warum steht in op. 53 das zweite Thema in E-Dur statt G-Dur, in op. 13 in es-Moll statt Es-Dur, oder im 1.Satz der Hammerklaviersonate (B-Dur) sogar der größte Teil der Exposition in G-Dur (und hier stimmt auch die durchaus interessante Theorie nicht, daß beim zweiten Thema zwischen Exposition und Reprise in Dur-Sätzen immer ein Quintabstant herrscht). Sowas regelwidriges aber auch!


    Eine Antwort darauf habe ich auch nicht, brauche ich auch nicht, außer: schöne Klangfarben, interessante Wendungen, nicht immer alles nach Schema F.


    Gruß,
    Khampan

  • Also: was mein armes Hirn noch an Harmonielehre gelernt hat, ist sie der kleine Bruder des Kontrapunktes. „Funktional“ habe ich noch nie gehört, aber ich bin auch nicht allwissend.
    Wir hatten das Lehrbuch eines Herrn Koch, das uns nicht so viel genützt hat, man lernt es eher durch Übung, sprich aufsetzen auf vorgegebene Bässe der drei restlichen Oberstimmen, weil ja der Bass so viel bestimmt. Also mit Blättern mit Pentragrammen drauf, Bleistift und Radiergummi, sonst lernt man es wohl nie.
    Die Gesetzmäßigkeiten nach denen vorgegangen werden muss, würden hier wohl zu weit führen.
    Übrigens habe ich mich mal extrem unbeliebt gemacht bei einer Bekannten, die sich da wohl besonders klug glaubte, und noch nie etwas von einem C Schlüssel gehört hatte, so zirka Menschen halt. Ich habe es aber überlebt (lach)

  • Hallo Michael,


    ein wenig nach "funktionale Harmonielehre" googeln würde weiterhelfen. Die Begriffe Tonika, Subdominante, Dominante stammen daraus, also hat jeder indirekt davon gehört. Der entscheidende Unterschied zur früheren Stufentheorie liegt darin, daß innerhalb einer Tonart jedem beliebigen Akkord eine "Funktion" zugewiesen wird (in C-Dur wäre h-Moll etwa die Parallele der Doppeldominante). Damit lassen sich auch komplexe harmonische Zusammenhänge meistens erklären, eine Lieblingsbeschäftigung der Musiktheorieprofessoren und Plage aller Musikstudenten, aber so richtig schlau wird man damit auch nicht.
    Hast also eigentlich nichts verpaßt.


    :hello: Khampan

  • Zitat

    Original von Khampan
    Hallo Michael,


    ein wenig nach "funktionale Harmonielehre" googeln würde weiterhelfen......... Khampan



    Ja schon Khampan: nur, dass die Harmonielehre eine Funktion hat, liegt ja in ihrem Wesen, denn wozu gäbe es sie sonst denn? Eine „unfunktionale“ Harmonielehre im Umkehrschluss ist mir nicht bekannt.
    Kommt mir so vor, wie etwa „Konjunktiv ersten oder zehnten Grades“, wobei ein Konjunktiv, schlicht ein Konjunktiv ist und nichts anderes: man kann auch vieles völlig unnötig „verkomplizieren“, denke ich mal. Daß man dann in Pisastudien ganz hinten rangiert, wundert mich dann nicht mehr, denn wer soll sich da noch auskennen?


    :hello:

  • Liebe Harmonielehre-Mitstreiter!
    Obwohl ich nur ein musikalischer Dilettant bin, hat mich Harmonielehre von jeher fasziniert. Sei es die Stufentheorie, sei es die Funktionstheorie, sei es die Jazz-Harmonik.
    Einstiegsdroge war für mich u.a. das Harmonielehrebuch von Dieter de la Motte.


    Wer aber eine völlig neue Welt entdecken will, dem empfehle ich:


    Berhnhard Haas: Die neue Tonalität von Schubert bis Webern. Hören und Analysieren nach Albert Simon.
    Verlag Florian Noetzel, Heinrichshofen-Bücher. 2004
    ISBN 3-7959-0834-5


    Nicht leicht zu lesen, aber überwältigend neues Weltbild.


    Eigentlich wollte ich mich auch immer mit Heinrich Schenker beschäftigen, leider fehlt mir die Zeit.


    Sorry, falls ich jetzt den Waldstein-Thread überspannt habe, vielleicht gibts einmal einen Thread über knifflige Harmonien in klassischen Stücken.
    Kann ja schon mit dem "Tristan-Akkord" oder dem "Glasscherbenakkord" im Adagio der IX. Bruckner anfangen.



    auh

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  • Also was ich mich noch an den Unterricht in Harmonielehre erinnern kann, (3 Jahre lang), ging dies so vor sich, dass wir immer ein Notenblatt mit einem vorgegebenen Bass bekamen (mit Bleistift und Radiergummi), auf den drei Stimmen aufgesetzt werden mussten, und dies nach den Regeln der Harmonielehre (Koch), also keine parallelen Quinten, Oktaven, nicht mehr als 3 Terzen oder Sexten in Folge, ohne übermäßige Intervalle, so in etwa in Kurzform, wobei dann Übung den Meister macht.


    Lieben Gruß
    Micha

  • Zitat

    Original von klaus
    Was machen wir mit den Oktaven-Glissandi?
    Weiss jemand, welche Pianisten sie wie lösen?
    Sind sie auf modernen Flügeln lösbar?


    Hallo,


    soeben habe ich mir das Video mit Daniel Barenboim angesehen. Er spielt bei der ersten Tonleiter abwärts die untere Oktave mit der linken Hand.


    Dann erfolgt allerdings ein Bildschnitt, so dass in der folgenden Einstellung die Hände nicht zu sehen sind (was bedeutet, dass der Cutter keinen blassen Schimmer hatte, worauf es ankommt).


    Viele Grüße
    Frank

  • Zwei Einspielungen der Waldstein-Sonate habe ich inzwischen gefunden, die mir für den Augenblick das geben, was ich wohl gesucht habe. Sie gehören offenbar beide nicht zu den Sprintern, und mutmaßlich haben sie auch deshalb meine Sympathie. Es gibt mir schon zu denken, dass beide hier noch von niemandem genannt wurde, und ich mir ausgerechnet Gerrit Zitterbart und Wilhelm Kempff als die meinen herausgehört habe.


    Allerdings erinnere ich mich, dass ich die Waldstein-Sonate mit Claudio Arrau kennen lernte vor vielleicht dreißig Jahren, er war es, der mich für diese Sonate über alle Maßen einnahm, mich, der ich zum Klavier stets eine gesunde Distanz hatte, es oft als notwendiges Übel zur Begleitung des Cellos empfand. :D Lange Zeit war dies die einzige Klaviersonate, die mir wirklich zusagte – und noch heute gehört sie zu den von mir bevorzugten Beethoven-Sonaten, ist mir vielleicht gar die liebste, und führt womöglich generell meine Lieblingssonaten an. Claudio Arrau jedenfalls begeisterte mich, und tut dies auch in meiner Erinnerung von seiner Interpretation immer noch. Trotzdem steht er heute für mich hinter Zitterbart und Kempff zurück.


    Über Schnabel mag ich gar nichts sagen, wenn man nicht loben kann, sollte man schweigen.


    Korsticks Waldstein klingt mir wie schieres Muskelfleisch, reine Kraftentfaltung, sehr beeindruckend, und so mag ich meinen Sonatenliebling ganz bestimmt nicht hören. Zu sehr schätze ich die poetischen Anteile dieser Musik, zu denen Korstick nicht findet.


    Gulda ist der reine Wahnsinn, eine Nähmaschine auf schnellster Stufe, unfassbare manuelle Beherrschung, wie eine Kampfmaschine geht’s voran. Und doch nicht perfekt: er holpert und stolpert sich so gerade mal durch die etwas fies veränderte Wiederholung des Hauptthemas im ersten Satz ab dem 14. Takt und genauso in der Wiederholung und Reprise – wahrscheinlich kann man das auch gar nicht sauber schaffen in dem Tempo – heißt aber doch nur, dass es zu schnell genommen ist.


    Nur wenig langsamer kommt Zitterbart daher, aber dafür beherrscht er die Handarbeit, arbeitet agogisch sehr fein die Musik aus; während Gulda die Noten herunterrast, interpretiert Zitterbart die Sonate, und tut dies, dass mit das Herz aufgeht. Nur eins gibt es im ersten Satz zu mäkeln: Zuweilen, ganz selten, verschluckt der Pianist, der sonst so penibel und ruhig alle Phrasen ausspielt, im ersten Satz den einen oder anderen angehängten Ton, gibt ihm nicht das ihm gebührende Gewicht. Die langsame Introduzione nimmt er in genau dem Tempo, das rezitativisch den Einstieg in den dritten Satz vorbereitet, arbeitet sie wundervoll tragend aus – diese Übergangs- und Vorbereitungsfunktion der Introduzione hat Gulda offenbar überhaupt nicht verstanden, oder sie liegt ihm so fern, dass er sie lieber ignoriert. Der dritte Satz gelingt ihm zu einem Klangwunder, er strahlt und klingt und singt, dass es ein Hörvergnügen ganz außerordentlicher Art ist, und ei solches Klangbild ist allerdings nur in dem moderaten Tempo (Allegro moderato) denkbar, das Zitterbart gewählt hat. Die kluge Tempowahl ist die eine Zutat, die Wahl des Instruments die andere: ein Bösendorfer Imperial, der von der Produktion ganz unnachahmlich natürlich eingefangen ist, mit einem singenden klingenden Diskant und einer Basslinie, wie man sie klanglich prominent und gleichgewichtig sonst nirgends findet. Eine Waldstein, die ihren Platz in der Reihe der Großen hat, und die mir die liebste ist.


    Die liebste gleichauf mit der Einspielung von Wilhelm Kempff – wie kommt es, dass niemand ihn bisher nannte? Wird er nicht geschätzt? Bei ihm hörte ich zum ersten Mal alle Schichten dieser Musik, verstand sie eigentlich bei ihm erstmals ganz. Alles macht er richtig und nimmt sich dabei die Zeit, die er braucht, ohne monumental zu werden. Altersentsprechende Einschränkungen bei der Technik sind nicht beachtenswert. Der Lyriker und Poet mit seiner außerordentlichen Klanglichkeit, bei dem man alles hört – sehr schön.



    Gerrit Zitterbart spielt Klaviersonaten Nrn. 7, 17 Sturm, 21 Waldstein von Beethoven (Tacet 11)


    Wilhelm Kempff auf DG Originals, Waldstein zusammen mit Pathétique, Mondschein und Appassionata:

  • Die >Waldstein<-Sonate war schon immer eine meiner allerliebsten! Den ersten Satz sollte man wirklich nicht zu schnell gehen - sonst geht diese dämonisch-spielerische Leichtigkeit verloren. Bei Gulda wird daraus (leider, so sollte man es nicht machen!) eine Toccata! Atemberaubend immer, wie nach dem Intermezzo (dem kurzen langsamen Satz) das Thema des Sonatenrondos wie aus dem Nichts entsteht! Der absolute Zauber der Gebürtlichkeit! Zu den vielen schönen Aufnahmen, die erwähnt wurden, möchte ich noch eine nachdrücklich empfehlen: Emil Gilels! Gibt es neben der DGG-CD auch auf DVD - Konzert in der Barockkirche in Ossiach!


    Beste Grüße
    Holger

  • Mein perönlicher Tipp für diese Sonate:


    die Aufnahme mit W.Gieseking ( rec.1938 ).
    Hochspannung vom ersten bis zum letzten Ton. Großartig!



    (meine CD entstammt der Reihe The Piano Masters, ich hoffe aber, dass die von mir abgebildete CD die gleiche Aufnahme enthält!)


    (Wer wissen will, warum dieser Pianist von mir den zweiten Platz "zugewiesen" bekam (nach S. Richter) der wird nicht nur bei Debussy, sondern auch bei Beethoven fündig!)

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

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  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    ich gestehe zwei Dinge gleichzeitig: Erstens daß diese Sonate mein absoluter Favorit unter allen Beethoven-Klaviersonaten ist, und zweitens, daß der oben angeführte Beiname "L' Aurore" ("Die Morgenröte") nur in Frankreich üblich ist, bei uns und in der restlichen Musikwelt heißt diese Sonate nach ihrem Widmungsträger dem Wiener Musikfreund und Beethoven-Förderer (fast hätte ich geschrieben "Sponsor") Ferdinand Graf Waldstein (1762-1823), "Waldstein-Sonate". ;)


    Und deswegen lässt sich der Thread auch äußerst übel über die SuFu finden X(


    Mir ist aufgefallen, daß Schubert in seinem Sonatenfragment D613 C-Dur im ersten Satz eine der Waldsteinsonate ganz ähnliche Tonfolge verwendet:



    Nicht des Notenlesens mächtige können dies sehr gut nachhören: Terzführung in der rH: c/e - d/fis - d/g, Bassführung: c (uminterpretation zur Septime) - H.


    Zum Schubertfragment habe ich hier einen Thread gestartet:


    Schubert, Franz: Sonatenfragment D613


    :hello:


    Ulli

    You might very well think that. I couldn't possibly comment.“ (Francis Urquhart)

  • Zitat

    von Alfred: ...daß diese Sonate mein absoluter Favorit unter allen Beethoven-Klaviersonaten ist...


    Yes!!!!
    Da sind wir uns einig :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:
    Geniale Sonate!!! :angel:


    Vonwegen Mondschein-Sonate...ppffff.... :stumm: :P


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

  • Da ich jetzt mit dem Vergleichshören der Waldsteinsonate begonnen habe, wollte ich auch ein paar allgemeine Überlegungen hier einbringen.


    1: Der französische Begriff "Aurore" kann sich ja eigentlich nur auf den Übergang von der Introduktion des zweiten Satzes zum Rondo beziehen. Den ersten Satz kann ich hingegen mit einem Sonnenaufgang überhaupt nicht in Einklang bringen.


    2: Mir ist die Einleitung zum zweiten Satz eigentlich das liebste in der Sonate. Beim ersten Mal Hören (wohl vor 15 Jahren oder so) war ich vom spätromantischen Klangbild sehr überrascht. Mich erinnert gerade der Anfang sehr an "Siegfrieds Rheinfahrt".


    3: Der dritte Satz ist wohl ein besonders verkapptes Sonatenrondo, denn bis auf ein paar Takte in der Durchführung (Taktzahlen reiche ich nach) konnte ich kein Material entdecken, das themenfern genug ist, um einen C-Teil markieren zu könnn. Für mich ist das praktisch ein Sonatensatz.


    4: Die Sonate ist über weite Strecken fast wie eine Konzertkadenz gestaltet - ob Clementis Klaviersonate op. 33/3 (auch in C-Dur!), welche erwiesenermaßen eine Transkription eines Klavierkonzerts darstellt, für Beethoven ein Vorbild war? Zweifellos kannte Beethoven das Werk, war er doch ein großer Verehrer Clementis.

  • Ich bin nach mehrtägiger Chorreise wieder eingetroffen und hätte da gleich mal eine organisatorische Frage. Sollen wir in diesem Thread mit dem unbekannten Beinamen unsere Bericht einstellen oder in dem schon von Alfred neu begonnenen unter dem bekannten Beinamen "Waldstein"? Im ersteren Fall würde ich nämlich meinen schon verfassten Beitrag über die Aufnahme Emil Gilels in diesen Thread kopieren und die Moderation darum bitten, den Beinamen "Aurore" in "Waldstein" umzubenennen, schon alleine um Nachfragen zu vermeiden oder gar eine Diskussion darüber anzustoßen, warum dies denn eine Sonate der "Morgenröte" sei.
    Da heute meine Gould-CD eingetroffen zu sein scheint, werde ich die aber (op. 27 Nr. 2) zunächst abwarten und abschließend anhören, zusammen mit Brendel III.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    die Besprechungen der Aufnahmen sollten wir in diesem Fall noch im von Alfred begonnenen Thread machen, finde ich. Meine Bemerkungen hier waren eher allgemeiner Art und passen nicht so recht in den Vergleichsthread......

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  • 1: Der französische Begriff "Aurore" kann sich ja eigentlich nur auf den Übergang von der Introduktion des zweiten Satzes zum Rondo beziehen. Den ersten Satz kann ich hingegen mit einem Sonnenaufgang überhaupt nicht in Einklang bringen.

    oben versucht das jemand. Ich habe den franz. Beinamen so spät kennengelernt, dass ich mir nie groß Gedanken darüber gemacht habe...



    Zitat

    2: Mir ist die Einleitung zum zweiten Satz eigentlich das liebste in der Sonate. Beim ersten Mal Hören (wohl vor 15 Jahren oder so) war ich vom spätromantischen Klangbild sehr überrascht. Mich erinnert gerade der Anfang sehr an "Siegfrieds Rheinfahrt".

    Ich habe mich oben im thread ja schon verwundert über die Verteidiger des Andante favori gezeigt. Der Kontrast der "Introduzione" zu den "strahlenden" Ecksätzen ist absolut notwendig. Bei Schnabel klingt mir dieser Abschnitt beinahe wie Webern...
    Zu meinen Favoriten hat die Sonate leider nie gehört; meine Anfangsreaktion habe ich weiter oben mal beschrieben und den ersten Satz verstehe ich, glaube ich, immer noch nicht. Beide Ecksätze sind mir auch eher zu viel virtuoses Passagenwerk. Zwar sind einige frühere Werke (wie op.2/3) da noch extremer, aber auf Dauer ermüdet mich das ein wenig.



    Zitat

    3: Der dritte Satz ist wohl ein besonders verkapptes Sonatenrondo, denn bis auf ein paar Takte in der Durchführung (Taktzahlen reiche ich nach) konnte ich kein Material entdecken, das themenfern genug ist, um einen C-Teil markieren zu könnn. Für mich ist das praktisch ein Sonatensatz.

    Der Rondocharakter solcher Sätze hängt m.E. weniger daran, wieviele und wie stark kontrastierende Episoden es gibt, sondern ob nach der ersten Episode (bzw. dem "2. Thema") das Rondothema nochmal komplett in der Anfangstonart gebracht wird. Ob dann ein C-Teil oder eine Durchführung des bereits vorgestellten Materials kommt, ist unterschiedlich und m.E. zweitrangig.


    Mir stellt es sich etwa so dar:
    1-62 A (Refrain 1)
    62-113 B (wobei 98-113 eine Überleitung mit dem Beginn des Rondothemas bilden)
    114-175 A' (Refrain 2)
    176 (ab c-moll-Vorzeichnung) C-Teil, der in eine Durchführung des Rondothemas übergeht (ca. 221-312)
    313 "Reprise" des A-Teils (Refrain 3)
    344-377 ?Reprise des B-Teils? dann Überleitung mit dem Themenkopf und
    403 Coda prestissimo 2/2 basierend auf dem Rondothema

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  • oben versucht das jemand. Ich habe den franz. Beinamen so spät kennengelernt, dass ich mir nie groß Gedanken darüber gemacht habe...

    Jetzt habe ich mir das Notenbeispiel auf der anderen Seite angesehen. Naja, bin wenig überzeugt. Mein Tipp wäre eher, dass der Einsatz des Rondos wie milde Sonnenstrahlen nach einer düsteren Nacht wirkt (Introduktion). Leider gibt nicht einmal die französische Wikipedia Auskunft......



    Ich habe mich oben im thread ja schon verwundert über die Verteidiger des Andante favori gezeigt. Der Kontrast der "Introduzione" zu den "strahlenden" Ecksätzen ist absolut notwendig. Bei Schnabel klingt mir dieser Abschnitt beinahe wie Webern...
    Zu meinen Favoriten hat die Sonate leider nie gehört; meine Anfangsreaktion habe ich weiter oben mal beschrieben und den ersten Satz verstehe ich, glaube ich, immer noch nicht. Beide Ecksätze sind mir auch eher zu viel virtuoses Passagenwerk. Zwar sind einige frühere Werke (wie op.2/3) da noch extremer, aber auf Dauer ermüdet mich das ein wenig.

    Ich stimme da weitgehend zu. Zwar mag ich die Sonate, aber zwei hochvirtuose 10-min Sätze, und dann noch eine Allabreve Coda, ist mir persönlich schon etwas zuviel des Guten. Wahrscheinlich war Beethoven einfach begeistert von denen neuen technischen Qualitäten der Erard-Flügel. Die Oktavenglissandi, die für mich schon sehr nahe ans Überflüssige kommen, dürften darin ihren Ursprung haben.



    Danke - jetzt sehe ich es auch! Tatsächlich dürfte der Mollabschnitt der C-Teil sein. Ich frage mich nur woher die Takte 233- 250 kommen. Ich kann sie thematisch weder dem A-Teil noch dem B-Teil (Janitscharenthema) zuordnen. Doch ein drittes Thema?
    Der B-Teil wird zweimal durchgeführt: in der "Durchführung" (C) und in der Reprise. Erstaunlich ist aber auf jeden Fall, dass der Durchführungsteil mit B beginnt statt mit A. Sehr vertrackt das ganze.....