Schuberts Doppelpack: Klaviertrios op. 99 und 100

  • in dieser Box auf Scheibe 6 von 14 sind zwei Aufnahmen der beiden schubertschen Klavier-Trios enthalten, denen ich in meiner Einschätzung einen Spitzenplatz zuweise.


    La-Discotheque-Ideale-de-Diapason-vol.-IX-Musique-de-chambre-de-Schubert.jpg?alias=exact1024x768_l



    Im B-Dur Trio D. 898 spielen Eugen Istomin, Alexander Schneider und Pablo Casals. Aufnahmejahr 1951. In seinem Eröffnungsbeitrag schwärmt sagitt vom Spiel des berühmten Cellisten. Ich gehe weiter: Leidenschaftlich, vom ersten Ton an, haben die drei Musiker etwas zu erzählen, das hinter den Noten steht und ziehen uns in ihren Bann.


    Im Es-Dur Trio D. 929 sind Rudolf Serkin, Adolf Busch und Hermann Busch die Interpreten. Auch wenn das Rauschen der Aufnahme aus dem Jahr 1935 mich daran erinnert, ob man die Dusche nicht abgestellt hat, ist es eine ideale Besetzung. Schnell überhört man die Beigeräusche, weil man gebannt dem Spiel der Interpreten lauscht. Christian B.s Meinung aus Beitrag 58 teile ich auch, dass man "in Weiten reist, die nicht von dieser Welt sind".

    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • In Beitrag 52 und 53 wurde diese CD erwähnt. Sie ist dem Andante des Klaviertrios Es-Dur op.100 D.929 und seiner Urfassung gewidmet.


    Auf der Homepage des Abegg-Trios ist sie noch ganz unten auf der Liste aufgeführt.

    http://www.abegg-trio.de/index.php?link=42#Schubert

    Das Ensemblemitglied Gerrit Zitterbart des Abegg Trios bietet in Beitrag 52 an, dass sie direkt bei ihm (siehe Mail Adresse dort) für 15 Euro (keine zusätzlichen Portokosten) bestellt oder beim Abegg Trio angefordert werden kann.


    Ein Blick auf Schuberts Werkstatt, Ein Text von Anselm Gerhard mit Musikbeispielen


    Sprecherin: Anne Beetz


    Eine unbekannte Frühfassung

    Ein schwedisches Lied

    Isak Albert Berg: Se solen sjunker *

    Abschied und Rückerinnerung

    Schubert und Beethoven


    Franz Schubert aus dem Klaviertrio Es-Dur op. 100 D 929

    Verworfene Frühfassung des langsamen Satzes (Ersteinspielung)

    Andante +


    * Torsten Meyer, Bariton

    + Abegg Trio


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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
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  • Für mich ist immer noch die alte Aufnahme mit dem legendären Trio de Trieste unerreicht, wenn ich mal von den historischen Aufnahmen mit Fritz Busch bzw. Alfred Cortot absehe. Sie wurde hier schon genannt, allerdings nur in der relativ teuren Sammelbox. Es gibt sie aber noch als Einzel-CD, sogar in zwei Ausführungen:


    Schubert/the Piano Trios by Trio Di Trieste oder: 81sAYsGnxgL._AC_UL320_.jpg

    In einer alten Plattenbesprechung heißt es: ".... das Spiel dieser Künstler ist überaus feinnervig und differeniert; ich möchte sagen, daß diese Aufnahme der alten des Cortot-Trios am nächsten kommt."

    Das Trio de Trieste zeichnete sich vor allem durch Kontinuität aus. Es wurde 1933 gegründet und bestand aus Dario de Rosa (Klavier), Renato Zanettovich (Geige) und Libero Lana (Cello). Lediglich der Cellist mußte in den 1960er Jahren ausgewechselt werden, durch Amadeo Baldovino. Die Formation blieb bis zum Jahr 1995 zusammen. Das Zusammenspiel war einzigartig homogen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Guten Morgen,


    ich habe Rubinstein und Beaux Arts mit dem Philips Cover - ist die im Zitat genannte Aufnahme identisch ?


    https://www.amazon.de/Schubert-Complete-Beaux-Arts-Trio/dp/B00000417B/ref=sr_1_2?__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&crid=36WOVP04U9BT0&keywords=schubert+beaux+arts+trio&qid=1582796818&sprefix=%2Caps%2C176&sr=8-2



    Wollte die Asin Nummern nutzen hat leider wieder nicht funktioniert



    Kalli

  • Danke,


    dann muss ich es wohl händisch eintragen, kopieren und einfügen geht mit dem Mac nicht.

    Nicht so ein Drama - aber ein bisschen unbequemer. Die andere Vorgehensweise ist ja auch leicht umständlich, und so ganz verstehe ich es nicht, aber gut - ich habe das Macbook auch erst ein paar Tage......


    Zum Thema - gibt es Unterschiede bei den beiden Aufnahmen ?


    Kalli

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  • ich habe Rubinstein und Beaux Arts mit dem Philips Cover - ist die im Zitat genannte Aufnahme identisch ?

    Lieber kalli,


    ich weiß zwar nicht, auf welches Zitat Du Dich beziehst, aber die beiden unten abgebildeten Ausgaben sind nicht identisch:

    B00000417B.03._SS300_SCLZZZZZZZ_.jpg

    Das links abgebildete Album enthält Aufnahmen aus den 1960er Jahren, das rechte die aus dem Jahr 1984. Letztere sind DDD-Produktionen. In beiden Fällen handelt es sich um originale PHILIPS-Aufnahmen, die nun unter dem DECCA-Label vertrieben werden.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Genau die beiden meine ich - also noch die neuere bestellen...........


    aber wie das Prozedere mit einfügen , Stil anpassen usw geht muss mir mal jemand vor Ort zeigen........


    Kalli


  • Ich hab mich durch Euch inspirieren lassen und habe heute vormittag Das Tio Nr 1 op 99 gehört, die Nr 100 kam ja schon am 8. Jäner 2018 dran.

    Bislang- wenn ich nichts übersehen habe wurde hier noch nichts über Entstehung, Uraufführung oder Publikumswirkung dieses Werks gesagt.

    ES entstand vermutlich im Herbst 1827 und wurde im Jänner 1828 im provaten Lreis uraufgeführt und zwar durch Ignaz Schuppanzigh, Carl Maria von Boclöet und Jodef Linle, aus men Feundeskereis von Beethoven, bzw Schuberts, Erst 1836 erschien das Werk in Druck bei Diabelli. Damals schribe Schmann in seiner Musikzeitung eine Reszensieon in der erer als anmutig, vertrauend und jungfeäulich bezeichnete. im Rondo soll sich ein Zital aus Schuberts Lied "Skolje" D 306 befinden. Das habich allersings nicht überprüft....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred Schmidt, liebe Schubertfreunde


    Danke für deinen Hinweis auf das Selbstzitat des Liedes Skolie D. 306, das im Rondo von op. 99 auftaucht.



    Im Booklet der Aufnahme mit dem Wiener Schubert Trio, die 1991 enstand, 2011 beim Label Chandos als Übernahme der ursprünglichen beim Label Nimbus erschienenen CD, wieder aufgelegt wurde, habe ich eine längere Ausführung dazu gefunden. Ich hab's gleich abgetippt:


    "Das Hauptthema des letzten Satzes (Rondo) ist ein ausgelassenes, stillvolles Thema, angeführt von der Violine. Wie das Eröffnungsthema des ersten Satzes scheint es auf einem Lied zu basieren, das Schubert viele Jahre davor geschrieben hatte: Skolie, D. 306 – ein Trinklied (griechisch skolion) aus dem Jahre 1815 zu einem Text von Johann von (Deinhard, Ergänzung moderato)-Deinhardstein, der davon handelt, dass die Kürze und Flüchtigkeit des Lebens Grund genug dafür seien, den Duft der Blumen und die Küsse der Mädchen zu geniessen. Anders formuliert ist es eine Schubertversion des Gedankens „Pflücke die Knospe, solange es geht“. Vielleicht thematisiert Schubert in diesem Klaviertrio, das scheinbar unberührt von Traurigkeit ist, die geahnte Kürze des eigenen Lebens, wenn auch nur leise angedeutet. Die ursprüngliche Tonart von Skolie war B-Dur, und so musste er es zur Schaffung des Rondothemas nicht einmal transponieren – nicht, dass es sich hier etwa um ein Lehrbuchrondo handelt. Vielmehr ähnelt es einem Sonatenallegro, in dem Verlauf und Wiederholung miteinander verschmelzen. Ein kraftvoller erster Abschnitt mit einer kantigen, aus fünf Noten bestehenden Anfangsphrase ergibt eine weitere äusserst fröhliche rustikale Melodie. Es werden schillernde Piano-Tremolos sowie Triller sowohl auf dem Klavier als auch (überraschenderweise) auf der Violine aufgegriffen und lebhaft weiterentwickelt, bis die Skolie-Melodie in Es-Dur wieder erklingt. Dies führt zu einer Wiederkehr und Weiterentwicklung der energischen Episode mit seinen Trillern, der Rustikalität und einem aufwändig verwobenen Kontrapunkt. Insgesamt nimmt diese Musik einen so großen Teil des Satzes in Anspruch, dass es so scheint, als wäre sie und nicht die Skolie-Melodie das Hauptthema. Und tatsächlich leitet Schubert genau an der Stelle, an der wir ein abschließendes Erscheinen der Skolie-Melodie erwarten, eine noch immer auf der Fünf-Noten-Eröffnung der Episode basierende Presto-Coda ein, die den Schlussstrich unter diesem bewegten und unglaublich einfallsreichen Werk zieht." Text Calum MacDonald


    Das Gedicht Skolie, das Franz Schubert in D 306 vertonte, stammt von Johann Ludwig Ferdinand von Deinhard-Deinhardstein (1794 - 1859),


    Lasst im Morgenstrahl des Mai'n

    Uns der Blume Leben freun,

    Eh' ihr Duft entweichet!

    Haucht er in den Busen Qual,

    Glüht ein Dämon im Pokal,

    Der sie leicht verscheuchet.


    Schnell, wie uns die Freude küsst,

    Winkt der Tod - und sie zerfliesst;

    Dürfen wir ihn scheuen?

    Von den Mädchenlippen winkt

    Lebens-Atem, wer ihn trinkt,

    Lächelt seinem Dräuen.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich höre gerade das Trio Nr.2 mit dem von mir sehr geschätzten Trio Wanderer,


    Sie spielen wohl die gekürzte Fassung. Ich suche noch eine Aufnahme der Urversion, gefunden habe ich Abegg, Florestan und Wiener Trio die die längere Version spielen. Bei den Naxos Aufnahmen ( Stuttgarter und Kungsbacka Trio ) ist mir nicht klar welche Version gespielt wird. Kann mit jemand helfen bzw. eine Empfehlung aussprechen ? Mich reizt ja das Florestan Trio wegen der Hyperion Aufnahmequalität.....


    Kalli

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  • Die "gekürzte" Version ist die Standardversion, daher (jedenfalls bis vor wenigen Jahren) weit häufiger eingespielt. Nach Backcover hat das Florestan-Trio beide Fassungen. Was mich hier aber wundert, ist, dass dort die "Langfassung" nur 2 min länger ist (14:30 vs 12:30), bei meiner Aufnahme mit dem Altenberg-Trio ist sie über 5 min (19 vs.14). AUch Kungsbacka Trio (Naxos) hat nach den mp3s 19 min. für das "originale" Finale.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Danke schon mal !


    Alfred hatte die ja die Kungsbacka Aufnahme empfohlen, habe sie mir also nun mal gebraucht bestellt.


    Kalli

  • Ich hatte Zeit meines Lebens eine etwas gespaltene Meinung zu Schubert, immer wieder bin ich hingerissen worden von seiner Musik, aber regelmäßig auch verblüfft über ihren einfachen Aufbau und Schuberts offensichtliches Unvermögen zu komponieren ;).


    Heute würde ich sagen, dass Schubert ein schwer zu greifender Komponist ist. Wo liegt der Reiz seiner Musik, wenn man von ihrer rein melodischen Attraktivität absieht? Sein Ton ist schwer zu treffen. Seine Musik hat eine ungeheure Binnenspannung, die, losgelassen, sofort ihre Wirkung verliert. Man hört dann nur noch einen schlechten Beethoven. "Schuberts Tragik" ist eine versteckte, versteckt unter wundervoller Melodik, einer Leichtigkeit, die den Abgrund immer durchschimmern lässt.


    Was soll alles dieses pseudopoetische Geschwafel? Ich will eigentlich nur sagen, dass mir viele Schubertinterpretationen nicht gefallen. Nicht, weil sie zu schnell oder zu langsam sind, sondern, weil ich in ihnen nicht den Blick für das Vergängliche aller Schönheit wahrnehmen kann....


    Die letzte Aufnahme des Trios Tetzlaff/Tetzlaff/Vogt scheint mir in dieser Hinsicht ausgesprochen gelungen zu sein. Im Booklettext wird auf den frühen Tod des Pianisten Lars Vogt eingegangen, wie sollte es auch anders sein? Er ist vor gerade mal vier Monaten im Alter von 51 Jahren gestorben. Aber abgesehen von jeder Todessymbolik auf Seiten der Komponisten und des Interpreten vermeine ich ganz wundervolles Kammermusizieren wahrzunehmen. Alle verstehen sich. Vogt kann gewaltig in die Tasten greifen, aber immer ergibt sich das aus der Musik. Das Spiel der Streicher erscheint mir immer richtig und wundervoll ausbalanciert zum Klavierklang. Die wundervollen Melodien klingen nie banal. Man ist immer nah am Heulen, so wie es sich für Schubert gehört, aber wirklich geheult wird nie .... :P



    Das Es-Dur Trio findet sich im Web






    Am Ende haut einen die Arpeggione Sonate vom Hocker, wenn man bis dahin standhaft war ..... 8-)


    BTW Vibratiert wird wenig und es kommt ein ganz normaler Konzertflügel zum Einsatz ....

  • Zitat von astewes

    [...] Seine Musik hat eine ungeheure Binnenspannung, die, losgelassen, sofort ihre Wirkung verliert. [...]

    Natürlich bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich Dich richtig verstehe, aber der Satz hat so einen genialischen Touch.


    "Schlechter Beethoven" - das würde bedeuten, dass Schubert von vorneherein der bessere Komponist ist. Und da bin ich mir eben nicht sicher oder längst nicht mehr sicher. Er war der bei Weitem Vielfältigere, hatte dazu auch mehr Zeit. Seine Tragik ist vordergründiger - die Taubheit, sein Tonfall pointiert dialektisch, vielleicht nicht mehr so sehr im Spätwerk. Sein Anspruch war ein rücksichtsloserer, an sich, an die anderen.


    Schubert ist in seinen Meisterwerken aber so abschattiert, wie es Beethoven dann doch nicht sein konnte, dazu war sein Wollen zu sehr in seinem Wesen verankert, dass die Zwischentöne eher verbannt wurden - mag sein, dass auch dies im Spätwerk, dem rätselhaften, weniger relevant ist.


    Schubert fordert eine Bereitschaft zum Zuhören, welche bei Beethoven nicht die gleiche Rolle spielt. So einfach vieles aussieht und rein technisch oft auch zu bewältigen ist, so sehr spielt sich das alles in einem Zwischenreich ab. Das Changieren zwischen Dur und Moll, die genialen Modulationen - spielt es diese Rolle bei Beethoven?


    Warum schreibe ich das hier - wenn ich es später durchlese, ist es mir vielleicht schon wieder peinlich und ich übernehme gerne Deinen Terminus vom Geschwafel ?


    Weil Schubert sich mir in den letzten Jahrzehnten gerade durch die beiden Klaviertrios besser erschlossen hat. Es sei nicht geleugnet, dass ich auch mehrere Rundfunksendungen gehört habe, in denen beim zweiten Trio auf die Todesnähe immer wieder abgehoben wurde. Dann macht man sich Gedanken, die man sich vorher nicht im Ansatz gemacht hat. Ob das immer richtig und vernünftig ist? Ich weiß es nicht.


    Und um zum Ausgangspunkt zurückzukommen. Doch, ich glaube auch, dass es Aufnahmen gibt, die viel elementarer den Blick auf die Vergänglichkeit lenken, bei denen man jene Schattierung einer Zwischenwelt explizit stärker wahrnimmt.



    Ein paar andere gelungene Einspielungen kenne ich schon, aber die oben verlinkte besticht durch ihre Piano-Kultur, die feinen dynamischen Abstufungen und das nuancierte Setzen von kleinsten Zäsuren im Verlauf ihres Musizierens, das mich insofern als neuartig überrascht hat. Wie Du schon sagst: Mit zu langsam hat das kaum etwas zu tun, noch weniger natürlich mit zu schnell.


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Ich würde es natürlich niemals "Geschwafel" nennnen (;)), bin aber mit praktisch keinem einzigen Satz einverstanden, vor allem was die "Bereitschaft zum Zuhören" und die "Zwischentöne" angeht, aber auch in Bezug auf die angeblich geringeren technischen Schwierigkeiten bei Schubert. Ich hatte an anderer Stelle über die Violin-Fantasie geschrieben, die an technischer Schwierigkeit alles weit übertrifft, was Beethoven für diese Besetzung geschrieben hat, und auch die Wanderer-Fantasie, die c-Moll-Sonate oder die großen Streichquartette spielen sich nicht ganz von allein... Aber auch in den primär lyrisch geprägten Stücken sind die technischen Anforderungen z.B. durch die oft extremen Dynamikforderungen oft extrem hoch.

    Den meines Erachtens klügsten Vergleich zwischen Beethoven und Schubert hat Alfred Brendel angestellt, am Beispiel des Hauptthemas der c-Moll-Sonate mit dem Thema von Beethovens 32 Variationen in derselben Tonart. Diese beiden Themen sind auf den ersten Blick sehr ähnlich, was viele Kommentatoren zu der Schlussfolgerung bewog, Schubert habe sich an Beethoven orientiert. Brendel zeigt hingegen, dass die Unterschiede weit charakateristischer sind als die eher äußerlichen Ähnlichkeiten: Wo bei Beethoven die Basslinie fast Passacaglia-artig konsequent in Sekundschritten abwärts schreitet, um dann in einer Kadenz zur Gruntonart zurückzuführen, "klebt" Schubert am Grundton fest, kommt trotz immer größerer harmonischer Spannung von ihm nicht los, um schließlich in einem Gewaltakt nach As-Dur zu springen. Der bei Beethoven vollkommen logische und konsequente Entwicklungsprozess "misslingt" Schubert. Die Frage, die Brendel stellt, ist nun: Wollte Schubert einen solchen Entwicklungsprozess schreiben, oder ist das "Misslingen" gerade der Kern der Sache? Die scheinbaren Zufälligkeiten in der harmonischen Entwicklung, das plötzliche und unvorhersehbare Hinwenden hier- und dorthin, das Verweilen oder das unvermutete Springen aus einer Stimmung hinaus usw., all das ist Beethoven vollkommen fremd. Bei ihm ist noch in den Momenten höchster Emotionalität die Form stabil, die Entwicklung konsequent. Bei Schubert gibt es nicht den "Trost der Ordnung", seine Musik hat oft einen "Wesenszug der Zufälligkeit". Brendel schreibt: "Nicht graziöse oder grimmige Vernunft lenkt die Vorgänge; sie hätten sich an vielen Stellen in eine andere Richtung wenden können. Wir fühlen uns nicht als Herren der Situation, sondern eher als deren Opfer. Für viele von uns entspricht dies den Erfahrungen in einer Welt, deren katastrophal anwachsende Probleme sich jeder Lösung zu verschließen scheinen."

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

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  • Danke für Deinen Kommentar - insbesondere die konkreten Bezüge auf Brendels Aussagen. Da fehlt mir natürlich das Hintergrundswissen.


    Die Konzeption dieses vielleicht bewussten "Misslingens" bei Schubert überrascht mich nicht. Sie gehört zu seiner Modernität dazu, sie macht ihn zum Romantiker.


    Zitat von ChKöhn

    Die scheinbaren Zufälligkeiten in der harmonischen Entwicklung, das plötzliche und unvorhersehbare Hinwenden hier- und dorthin, das Verweilen oder das unvermutete Springen aus einer Stimmung hinaus usw., all das ist Beethoven vollkommen fremd. Bei ihm ist noch in den Momenten höchster Emotionalität die Form stabil, die Entwicklung konsequent. Bei Schubert gibt es nicht den "Trost der Ordnung", seine Musik hat oft einen "Wesenszug der Zufälligkeit".


    ;):) Dann bist Du doch durchaus einverstanden mit meinem seltsamen "Zwischenreich". Ich hätte es so pointiert nicht ausdrücken können - aber, viel verwaschener und banal allgemeiner formuliert, wollte ich auf nichts anderes hinaus. Gut - der Beitrag war nicht länger durchdacht und ich wollte ja, dem Thread entsprechend, in erster Linie auf astewes im Kontext des Klaviertrios, op. 100, antworten.


    Die Noten, sie schauen oft einfacher aus bei Schubert. Auf einer rein technischen Ebene wird Beethoven oft schwerer sein. Oft, natürlich nicht immer. Dein Beispiel mit der Violin-Fantasie leuchtet mir ein. Was die musikalische Schwierigkeit jenseits des Technischen anbelangt, kann ich mir als dürftiger Hobby-Klavierspieler ohnehin kein Urteil anmaßen.


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Die Konzeption dieses vielleicht bewussten "Misslingens" bei Schubert überrascht mich nicht. Sie gehört zu seiner Modernität dazu, sie macht ihn zum Romantiker.

    Die größte Nähe hat er meines Erachtens zu Mahler. Die gebrochene Idylle, die gefährdete Struktur, das Primat des Lyrischen und so weiter, das sind viele Anknüpfungspunkte (der junge Mahler spielte übrigens bei seiner Abschlussprüfung am Wiener Konservatorium eine Schubert-Sonate, und später hat er ja unter anderem das d-Moll-Streichquartett für Streichorchester bearbeitet; auch er war also ein Vertreter übelster Musiziermusik, der den Komponistenwillen missachtete :)). In der Großen C-Dur-Symphonie ist es vor allem der marschartige zweite Satz, der an manchen Stellen an Mahler erinnert, ganz besonders wenn zum Thema noch diese Trompeten-Fanfaren dazukommen.


    Die Noten, sie schauen oft einfacher aus bei Schubert. Auf einer rein technischen Ebene wird Beethoven oft schwerer sein. Oft, natürlich nicht immer. Dein Beispiel mit der Violin-Fantasie leuchtet mir ein. Was die musikalische Schwierigkeit jenseits des Technischen anbelangt, kann ich mir als dürftiger Hobby-Klavierspieler ohnehin kein Urteil anmaßen.

    Claudio Arrau war jedenfalls der Meinung, dass Schubert unter allen Komponisten die größten interpetatorischen Probleme stellt. Und rein technisch darf man sich nicht vom ersten Endruck täuschen lassen: Das sieht zwar oft weniger spektakulär aus als bei Beethoven, ist aber dennoch sehr oft extrem anspruchsvoll. Dieter Schnebel schrieb in einem seiner Schubert-Essays sogar von "utopischen Schwierigkeitsgraden" und "kaum auszuführenden" oder "vollends unerreichbaren" dynamischen Vorschriften. So weit würde ich nicht gehen, aber die Rücksichtslosigkeit gegenüber dem "Bequemen" ist bei ihm oft noch stärker ausgeprägt als bei Beethoven. Er ist ja auch selbst als Pianist an der Wanderer-Fantasie gescheitert...

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    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Sehr interessante Anregungen! Besten Dank!


    Die Wanderer-Fantasie habe ich auch mal geklimpert. Man meint dann natürlich, man könne Wunder was ... Lang ist's her im Übrigen ... Hingegen stellt auch für den Dilettanten etwa der langsame Satz der A-Dur-Sonate, op. 120, etwas technisch zu Bewältigendes dar, das zugleich eine höchst raffinierte Klangwelt eröffnet.

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  • Zu den letzten Beiträgen sei evt. (ich bin relativ neu hier und weiß nicht, wie oft das schon geschehen ist) Adornos Bemerkung in Erinnerung gerufen: "Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen: so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; weil wir so noch nicht sind, wie jene Musik es verspricht, und im unbenannten Glück, dass sie nur so zu sein braucht, dessen uns zu versichern, dass wir einmal so sein werden.Wir können sie nicht lesen; aber dem schwindenden, überfluteten Auge hält sie vor die Chiffren der endlichen Versöhnung". (1928) Ganz allgemein - gerade zu Fragen von Schuberts Komponieren, seiner Harmonik usw. empfiehlt sich erneut der Artikel Adornos zu Schubert aus dem Jahr 1928. Darin spricht er von Schuberts asymmetrischen Themen und seinem "frühen Hohn auf die Architektur der Tonalität".Oder etwas später von Schuberts Harmonik, "der noch der Kontrapunkt als plastischer Schatten der Melodie bis hinunter folgt, im reinen Moll der Trauer."

  • Ludwig van Beethoven lebte 57 Jahre von 1770 bis 1827, Franz Schubert 31 Jahre von 1797 bis 1828.


    Will man die kompositorische Leistung der beiden Komponisten miteinander vergleichen, müsste man streng genommen die 31 Lebensjahre berücksichtigen, die das Todesjahr Schubert setzt. Ich bin mir bewusst: Der Output an Kompositionen ist nicht mit musikalischer Qualität gleichzusetzen. An ihm dokumentieren sich die musikalische Entwicklung und die Vorlieben der Komponisten. Ich finde, dies gehört zu einem Vergleich.


    Bis zum 31 Altersjahr schuf der Bonner seine drei Trios, die beiden ersten Klavierkonzerte, die 1. Sinfonie, die Geschöpfe des Prometheus, die sechs Streichquartette Op. 18, 5 Violinsonaten, 15 Klaviersonaten bis zur Mondscheinsonate Op. 27 und Pastoral-Sonate Op. 28, 6 Klaviertrios, 3 Klavierquartette, 1 Serenade für Flöte, Violine und Klavier, 2 Cellosonaten, 1 Septett.


    Demgegenüber schuf Schubert in 31 Jahren 600 Lieder, Chorgesänge, 6 Messen, 3 Violinsonaten, 1 Fantasie für Violine und Klavier, 2 Klaviertrios, 9 Sinfonien, 16 Bühnenwerke, 21 Klaviersonaten, Wanderer Fantasie, 6 Moments musicaux, 8 Impromptus, Werke für Klavier zu vier Händen, 15 Streichquartette, 1 Variation für Flöte und Klavier, 1 Sonate für Arpeggione und Klavier, 1 Klavierquintett, 1 Streichquintett, 1 Oktett.


    Finanziell besehen bezahlte Lichnowsky an Beethoven ab 1800 ein jährliches Gehalt in Höhe von 600 Gulden und schuf damit für die folgenden Jahre die Grundlage für eine unabhängige künstlerische Existenz. Franz Schubert war zeit seines Lebens arm wie eine Kirchenmaus.


    Wenn man die Lebensleistung miteinander vergleichen möchte, setzen die ersten 31 Jahre die Grenze für einen Vergleich. Wie sich Schubert entwickelt haben könnte, wissen wir nicht. Bei Beethoven ist uns dies bekannt. Schubert war das Lebenswerk und der hohe kompositorische Rang Beethovens bekannt. Er hat sicherlich von diesem Wissen profitiert.


    Franz Schubert hegte eine grosse Bewunderung für seinen älteren Komponistenkollegen und war unter den Sargträgern Beethovens.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • Will man die kompositorische Leistung der beiden Komponisten miteinander vergleichen, müsste man streng genommen die 31 Lebensjahre berücksichtigen, die das Todesjahr Schubert setzt.


    Bis zum 31 Altersjahr schuf der Bonner seine drei Trios, die beiden ersten Klavierkonzerte, die 1. Sinfonie, die Geschöpfe des Prometheus, die sechs Streichquartette Op. 18, 5 Violinsonaten, 15 Klaviersonaten bis zur Mondscheinsonate Op. 27 und Pastoral-Sonate Op. 28, 6 Klaviertrios, 3 Klavierquartette, 1 Serenade für Flöte, Violine und Klavier, 2 Cellosonaten, 1 Septett.


    Demgegenüber schuf Schubert in 31 Jahren 600 Lieder, Chorgesänge, 6 Messen, 3 Violinsonaten, 1 Fantasie für Violine und Klavier, 2 Klaviertrios, 9 Sinfonien, 16 Bühnenwerke, 21 Klaviersonaten, Wanderer Fantasie, 6 Moments musicaux, 8 Impromptus, Werke für Klavier zu vier Händen, 15 Streichquartette, 1 Variation für Flöte und Klavier, 1 Sonate für Arpeggione und Klavier, 1 Klavierquintett, 1 Streichquintett, 1 Oktett.


    Lieber moderato das ist aber in sehr einengender Blick auf kompositorische Leistung. Das erinnert ein wenig daran, als würde man die Qualität eines Autos ganz allein an seiner Spurtstärke von 0 auf 100 messen wollen. Das ist dann zwar streng, lässt aber vieles aus den Augen.


    Die Entwicklung zweier Komponisten kann sehr unterschiedlich sein, der eine entwickelt sich später, der andere früher. Der eine schreibt viel auf, der andere verwirft schon im Kopf. Der eine ist extrem kritisch gegenüber seinem Werk, der andere weniger.


    Das lässt zumindest einen rein quantitativen Vergleich des schriftlichen Werkaufkommens in der derselben Lebenszeitspanne als Leistungsmaßstab etwas oberflächlich erscheinen. ;)

  • Beethoven plante ja eigentlich eine Karriere als Klaviervirtuose und hat etwas später, vermutlich wegen des Gehörleidens, dann sich mehr aufs Komponieren konzentriert, während Schubert viel früher sich als Komponist gesehen hat?

  • Lieber astewes


    Eingangs meines Beitrages steht dieses

    "Ich bin mir bewusst: Der Output an Kompositionen ist nicht mit musikalischer Qualität gleichzusetzen."


    ich gebe dir recht. Es ist nur ein Merkmal eines Komponisten. Gleichwohl werden zwei musikalische Entwicklungen und Kompositionen miteinander verglichen, die sich über unterschiedlich lange Zeiträume erstreckten. Welche Parameter berücksichtigt werden, liegt letztlich im Ermessen dessen, der Kompositionen bewertet.


    Schubert war ein bienenfleissiger Komponist und ständig am Komponieren. Was in seinem Kopf sich ereignete, kann ich nur erahnen. Die melodischen Einfälle flogen ihm zu. In wenigen Takten konnte er eine Welt entstehen lassen. Kühnste Harmonik und Modulationen müssen für die Zeitgenossen mehr als verstörend gewesen sein. Man lese die fundierten Lied Analysen unseres Tamino Mitgliedes Helmut Hoffmann und man weiss, was wir Franz Schubert im Bereich des Liedgesanges zu verdanken haben.


    Beethovens musikalische Arbeit verlief gänzlich verschieden. Würde man die Grenze von 31 Jahren setzen und sein Leben hätte geendet, würde er nicht den Stellenwert besitzen, den wir aus unserer heutigen Sicht ihm geben.


    Die Worte Adornos Zitat "frühen Hohn auf die Architektur der Tonalität". Oder zu Schuberts Harmonik, "der noch der Kontrapunkt als plastischer Schatten der Melodie bis hinunter folgt, im reinen Moll der Trauer." würde ich ich nicht in Bezug zu Beethoven setzen.


    1920 kam Krenek nach Berlin und für ihn war Schubert nicht mehr als "ein in Wiener Biedermeier Gemütlichkeit steckengebliebener Dilettant." Schubert wurde zu dieser Zeit als der grösste Melodienerfinder gesehen. Seine Musik wurde im Vergleich zu Beethoven für formal schwach und redundant gehalten, weil es ihr an organischen Beziehungen und Entwicklung mangle. Der Komponist Ernst Krenek und der Pianist Eduard Erdmann trafen sich wöchentlich zur Analyse der Lieder von Franz Schubert. Ernst Krenek stand anfänglich Schuberts Tonsprache ablehnend gegenüber. In der gemeinsamen Analyse erkannte er aber, dass im kompositorischen Aufbau Unerhörtes sich ihm darbot, das musikalischer Entwicklungen vorwegnahm, die erst Jahrzehnte später in der Musik auftraten. Er erkannte die kompositorische Überlegenheit Schuberts.


    Einige der Sätze habe ich einer längeren, lesenswerten Abhandlung und Analyse von Yamaguchi Makiko, Universität Osaka zu den Ergänzungen der C-Dur Sonate D. 840 von Ernst Krenek entnommen. Es wird aufgezeigt, was Krenek an Schubert schätzte. Man lese die PDF Datei.


    http://www.bigakukai.jp/aesthe…ext18_yamaguchimakiko.pdf

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich hatte Zeit meines Lebens eine etwas gespaltene Meinung zu Schubert, immer wieder bin ich hingerissen worden von seiner Musik, aber regelmäßig auch verblüfft über ihren einfachen Aufbau und Schuberts offensichtliches Unvermögen zu komponieren ;) .


    In der gemeinsamen Analyse erkannte er aber, dass im kompositorischen Aufbau Unerhörtes sich ihm darbot, das musikalischer Entwicklungen vorwegnahm, die erst Jahrzehnte später in der Musik auftraten. Er erkannte die kompositorische Überlegenheit Schuberts.


    Ich hatte meine Äußerung auch mit einem Ironie-Smiley versehen. Wenn man von Beethoven kommt, kann einem vieles am Schubertschen Werk als schwach vorkommen. Natürlich liegt das an mangelndem Verständnis von Schuberts eigentlicher Kunst. Kunst erschöpft sich eben nicht im Einhalten von Regeln. Große Kunst schafft sogar neue und trifft nicht selten deswegen auf Unverständnis beim Publikum, was meistens immer nur Bewährtes erwartet.


    Ich habe mal über die B-Dur Sonate D. 960 irgendwo geschrieben, dass mir gerade die Interpretation von Afanassiev besonders gut gefällt. Afanassiev braucht fast 50 Minuten. Es gibt noch eine Einspielung von ihm, wo er 57 Minuten benötigt..... Was ist nun das Geheimnis dieser Musik mit den vielen Wiederholungen und dann auch noch so langsam gespielt? Für mich bleibt sie von Anfang bis Ende spannend. Brendel braucht 37 Minuten und lässt die große Wiederholung am Anfang weg, Trotzdem erlebe ich da weniger als bei Afanassiev, ganz anders als man vielleicht erwarten würde. ... Alles seltsam.


    Bei ihm ist noch in den Momenten höchster Emotionalität die Form stabil, die Entwicklung konsequent. Bei Schubert gibt es nicht den "Trost der Ordnung", seine Musik hat oft einen "Wesenszug der Zufälligkeit". Brendel schreibt: "Nicht graziöse oder grimmige Vernunft lenkt die Vorgänge; sie hätten sich an vielen Stellen in eine andere Richtung wenden können. Wir fühlen uns nicht als Herren der Situation, sondern eher als deren Opfer.


    Wenn man die großen Improvisationen von Jarrett hört, fühlt man sich manchmal an Schubert erinnert, wobei ich die B-Dur Sonate persönlich alles andere überragend finde. Hier vermeine ich, eine ganz neue Stimme zu hören. Für mich weist Schubert da auch schon über die Romantik hinweg. Mahler kenne ich leider nicht gut genug.


    Er war der bei Weitem Vielfältigere, hatte dazu auch mehr Zeit. Seine Tragik ist vordergründiger - die Taubheit, sein Tonfall pointiert dialektisch, vielleicht nicht mehr so sehr im Spätwerk. Sein Anspruch war ein rücksichtsloserer, an sich, an die anderen.


    Ich würde so denken, dass bei Beethoven Wiederholungen motivischer oder auch rhythmischer Art eine gewisse Penetranz aufweisen, ein wenig, wie ein musikalischer Stoß in eine Richtung, bei Schubert hingegen eine modulierte Sicht auf dieselben Dinge, die sich immer wieder neu zeigen. Es gibt keine klare Richtung. Das scheint mir diese Hilflosigkeit zu sein, die so modern an Schubert ist. Schuberts Anspruch ist, wenn man so will, der Blick auf das Unausdrückbare und eine damit verbundene Angst.


    Brendel: "Für viele von uns entspricht dies den Erfahrungen in einer Welt, deren katastrophal anwachsende Probleme sich jeder Lösung zu verschließen scheinen."

    Yep. Da würde ich Alfred Brendel zustimmen.

  • Wiederholungen? Beethoven ist also immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand gerannt und Schubert ist im Kreis im Zimmer gelaufen...haha!

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  • Wiederholungen? Beethoven ist also immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand gerannt und Schubert ist im Kreis im Zimmer gelaufen...haha!

    Steigern wir es doch einfach :)!


    Beethoven hat mit seiner Birne so manche Mauer durchbrochen mit Blick in eine Freiheit und Schubert rotierte so schnell, dass eine Art Rausch entstand mti der entsprechenden Verwirrung..... 8o


    Haha!

  • Wiederholungen? Beethoven ist also immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand gerannt und Schubert ist im Kreis im Zimmer gelaufen...haha!

    :thumbup: (Vertiefen oder weiter interpretieren werde ich Dein Bonmot jetzt allerdings nicht. :P)


    Und astewes ist immer so schnell. =O

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Steigern wir es doch einfach :) !


    Beethoven hat mit seiner Birne so manche Mauer durchbrochen mit Blick in eine Freiheit und Schubert rotierte so schnell, dass eine Art Rausch entstand mti der entsprechenden Verwirrung..... 8o


    Haha!

    ja in Bezug auf die Musik, hat Beethoven die Wand durchbrochen, aber biographisch ist die Wand leider heil geblieben, der Arme, bei Schubert sind da privat und musikalisch kaum Unterschiede: er und seine Musik sind überwiegend im Zimmer geblieben zu Lebzeiten, sozusagen, aber rotiert hat es heftig...hihi

  • Ich habe mir die You Tube Beiträge der Aufnahme mit Lars Vogt, Christian Tetzlaff und Tanja Tetzlaff des Trios Opus 100 angehört. Es könnte meine Lieblingsaufnahme werden. Und ich habe eine grosse Anzahl an schubertschen Trio-Aufnahmen im Regal.

    Beim Werbepartner habe ich sie geordert.


    Klaviertrios Op. 99 & Op. 100

    Rondo D. 895

    Notturno D. 897

    Arpeggion-Sonate D. 821


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Franz Schubert (1797-1828)


    Trio Nr. 2 Es-Dur D. 929 Op. 100 für Klavier, Violine und Cello


    Isabelle Faust, Violin

    Sol Gabetta, Cello

    Kristian Bezuidenhout, Fortepiano


    Zum Tasteninstrument:


    https://christoph-kern.de/instrumente/hammerfluegel/


    Eine Produktion der harmonia mundi france, aufgenommen Solsberg Festival 2021


    Ich hoffe, die live-Aufnahme wird auf CD erscheinen.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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