Todesahnung

  • Liebe Freunde.


    Immer wieder lese ich , Mozart hätte Todesahnungen gehabt. Sicherlich ist dieses Thema hier schon mal behandelt worden, dennoch wäre ich dem Gremium sehr dankbar, wenn ihr mir die Frage beantworten würdet, ob es für eine solche Annahme, konkrete Beweise gibt.
    ihr seit lieb.
    Viele Grüße Padre

  • Salut,


    ein Dokument folgenden Inhaltes:


    Ich, endesunterzeichnender habe Todesahndung.


    Wienn, den 04. 10bre 791


    W: A: Mozart mp.


    gibt es nicht. Ebensowenig gibt es verbürgte Interwievs, Tonband- oder Videoaufzeichnungen.


    Ich setze aber voraus, dass es jedem erwachsenen Menschen bewußt ist, dass er sich irgendwann einmal körperlich von dieser Welt verabschieden muß. Diesbezüglich äußerte sich Mozart bereits recht früh mit folgender Erkenntnis:


    [...] da der tod /: genau zu nemmen :/ der wahre Endzweck unsers lebens ist, so habe ich mich seit ein Paar Jahren mit diesem wahren, besten freunde des Menschen so bekannt gemacht, daß sein bild nicht alleine nichts schreckendes mehr für mich hat, sondern recht viel beruhigendes und tröstendes! - und ich danke meinem gott daß er mir das glück gegönnt hat mir die gelegenheit /: sie verstehen mich :/ zu verschaffen, ihn als den schlüssel zu unserer wahren glückseeligkeit kennen zu lernen. - ich lege mich nie zu bette ohne zu bedenken daß ich vielleicht /: so Jung als ich bin :/ den andern tag nicht mehr seyn werde - und es wird doch kein Mensch von allen die mich kennen sagn können daß ich im umgange Mürrisch oder trauerig wäre - und für diese glückseeligkeit danke ich alle tage meinem Schöpfer, und wünsche sie vom Herzen Jedem meiner Mitmenschen. [...]


    Dies schrieb er am 04. April 1787 an seinen Vater, der kurz darauf verstorben ist. Ist das nun eine Todesahnung?


    Was seine eigene Todesahnung betrifft, so sind ja einige bekannte Anekdoten überliefert, die in diese Richtung gehen.


    Nicht in bestem Ruf stehen Friedrich Rochlitz "Verbürgte Anekdoten aus Wolfgang Gottlieb Mozarts Leben", in der er z.B. beschreibt, dass Mozart mit seiner Frau eines Tages in den Prater fuhr. Er saß immer still und in sich gekehrt. Endlich verleugnete er es nicht mehr - er glaube gewiß, er arbeite dies Stück gemeint ist das Requiem zu seiner eigenen Todesfeier. Von dieser Idee ließ er sich nicht mehr abbringen; arbeitete also, wie Raffael seine Verklärung, stets im Gefühl seines nahen Todes. [...].



    Raffaelo Santi [1483-1520]
    Die Verklärung Christi [1519/1520]


    Die Story gibt es noch in einer anderen Version der Novellos, in der Mozart glaubt, man habe ihm aqua toffana [ein angeblich tückisches Gift, das unbemerkt langsam - dafür sicher - tötet] gegeben. Der Anteil der Dichtung am Rezept dieses Giftes dürfte an die 99% reichen. Daraus eine Todesahnung abzuleiten, halte ich ebenfalls für fragwürdig. In dem Fall wäre es ja Sicherheit.


    Seine Schwägerin berichtet von der Nacht, in der er starb, Mozart soll geäußert haben, er habe bereits den Todesgeschmack auf der Zunge. Das scheint mir noch trotz aller Fragwürdigkeit des Berichtes von Sophie Haibl an sich mit am glaubwürdigsten. Eine daher gesagte Äußerung... vielleicht ironisch gemeint?


    Außerdem - behaupte ich - hatte man im 18. Jahrhundert sicherlich mehr Anlässe, an ein Erleben des folgenden Tages nicht fest zu glauben. Krankheiten rafften die Menschen teils schneller dahin, als je ein Arzt die Hose an hatte... So gesehen könnte man bei jedem Bürger des 18. Jahrhunderts und füher eine mit in die Wiege gelegte Todesahnung annehmen: Viele Neugeborene starben ja bereits, bevor sie überhaupt "Mozart" sagen konnten. Heute scheint uns dieses Gefühl durch die Sicherheit der Medizin verlorengegangen zu sein.


    Mozart hat ja den Meister mit der Schippe auch mindestens zweifach gegen eine geschlossene Glastüre rennen lassen... Einmal Mitte November 1765 in Den Haag [Bauchtyphus, Nannerl wurden bereits die Sterbesakramente erteilt] und einmal in Wien im Oktober 1767 [Blattern, die 16jährige Erzherzogin Josepha, Braut des Königs Ferdinand IV. von Napoli starb am 15. Oktober 1767 daran].


    Viele Grüße
    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Ulli hab vierlen Dank für deine schnelle und sehr fundierte Antwort. Das war auch meine Wissensstand.
    Viele Grüße Padre

  • Hallo Padre!


    Du bist wohl Beethoven-Liebhaber, hmm? :P


    (Entschuldige, aber der mußte mal sein.......weiterhelfen kann ich Dir leider nicht :(;) )


    LG
    Wulf.

  • Ulli, wie darf ich das mit dem Dokument "Ich, endesunterzeichnender habe Todesahnung verstehen . Ist es gefälscht und was heist mp?
    Padre

  • Ähem, mit Verlaub: Ist das irgendwie wichtig?
    Ich habe keine Todesahnung sondern sogar eine Todesgewissheit.
    Pardon.
    Aber BTW als "Nicht-Mozartianer", der sich dem Meister aber immer mehr anzunähern versucht, war ich erstaunt, daß die von Ulli zitierte Briefstelle sogar mir bekannt war.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Zitat

    Original von Padre
    Ulli, wie darf ich das mit dem Dokument "Ich, endesunterzeichnender habe Todesahnung verstehen . Ist es gefälscht und was heist mp?


    oft auch mpp


    manu propria = eigenhändig (mit eigener Hand), nämlich geschrieben bzw. unterzeichnet


    Das "Dokument" ist ein Scherz von Ulli, so etwas gibt es natürlich nicht (was er auch explizit dazugeschrieben hat), aber der Brief ist echt.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Exactement.


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

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  • Zitat

    Original von Misha
    Ähem, mit Verlaub: Ist das irgendwie wichtig?
    Ich habe keine Todesahnung sondern sogar eine Todesgewissheit.
    Pardon.
    Aber BTW als "Nicht-Mozartianer", der sich dem Meister aber immer mehr anzunähern versucht, war ich erstaunt, daß die von Ulli zitierte Briefstelle sogar mir bekannt war.


    Ähem, die echten, wahren Mozartianer unterhalten sich über soetwas. Da ist das unglaublich wichtig! :yes:


    Und: Die Briefstelle habe ich ja schon mindests 30 mal hier verteilt... :D


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)


  • Sie scheint Dir also besonders wichtig zu sein, lässt tief blicken ;)
    Na gut, jetzt halt ich mich raus, Padre scheint empfindsam zu sein.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Zitat

    Original von Misha


    Sie scheint Dir also besonders wichtig zu sein, lässt tief blicken ;)


    In der Tat. Dazu stehe ich auch.


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Auch vielen Dank an Johannes.Einen Laien kann man schnell hinters Licht führen. Trotzdem, Dank an alle die guten Willens sind.
    Padre

  • Ich finde diese Briefstelle auch wunderschön. Sie verrät viel über Mozarts Wesen und lässt auch einen tieferen Blick in seine Musik zu. :yes:


    Ich habe gerade einen Beitrag im Fernsehen über Mozarts Krankheit und die Fragen (?) um seinen Tod gesehen. Mozart habe sich wohl zu tode medikamentiert. Er nutzte wohl Arseen und quecksilberhaltige Substanzen um sich zum einen "aufzuputschen" und um zum anderen Krankheiten zu bekämpfen. Dies war damals üblich (Auch Beethoven soll ja zu Tode medikamentiert woren sein - es gibt auch Stimmen, die meinen Beethoven Beethovens Musik sei zum Teil seiner Medikamentation verdanken zu wesen).


    Der Tod in dieser Zeit sicherlich um vieles mehr ein allgegenwärtiger Bekleiter, als das es dies heute der Fall ist. Dies hatte irgendwie auch sehr romantische Züge. Vergänglichkeit, Gott, sterben waren gewichtige Elemente der Romantik in der Kunst (später).

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Zitat

    Original von Masetto
    Mozart hat sich wohl zu tode medikamentiert. Er nutzte wohl Arseen und quecksilberhaltige Substanzen um sich zum einen "aufzuputschen" und um zum anderen Krankheiten zu bekämpfen.


    Salut,


    darüber streiten sich die Geister bis heute... ich meine: So oder so - ob mit oder ohne Medikamente - wäre er gestorben,denn Antibiotika [das vermutlich einzig richtige in diesem Fall] gabs noch nicht.


    Auf jeden Fall - da ist man sich ausnahmeweise einig - scheint der obligatorische Aderlass ihm den Rest gegeben zu haben. Wer das mal bei Kurt Palm gesehen hat, der stirbt nur vom Anschauen... :kotz:


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)