Bartok - Klavierwerke

  • Liebe Forianer,


    Bartoks Klavierwerke spielen hier im Forum bisher kaum oder nur selten eine Rolle.


    Ich habe mir nach und nach die Einspielungen mit Zoltan Kocsis zugelegt, die es inzwischen auch recht günstig in einer 7CD-Box gibt. Aber es gibt bestimmt noch andere Einspielungen, die bemerkenswert sind. Kocsis Zugriff ist eher kühl, technisch laut Expertenmeinung eine Meilenstein. Mir gefällt an seinen Aufnahmen vor allem, dass er den archaischen Melodienkern dieser Werke auch im größten Klanggewitter zum Hören bringt. Meine aktuellen Lieblingsstücke sind:


    15 Hungarian Peasant Songs for Piano, Sz. 71 (BB79)
    Original Version
    Four Old Sorrowful Songs


    zu finden auf:



    Welche Klavierwerke kennt Ihr, welche Einspielungen gefallen Euch? Besonders würde mich interessieren, wie ihr die tonal komplexen Werken wie bspw. die Etüden op.18 findet.


    Viele Grüße,
    Christian

  • Tag,


    einst hatte ich eine Bartok-Periode. Mit den Klavierkonzerten, 2. und 3. (Geza Anda, Stephen Bishop); von den Stücken für Soloklavier hörte ich (während der nächtlichen Studienlektüren) Im Freien, Für Kinder, Sonatine sowie aus dem Mikrokosmos, mit Stephen Bishop. Einst meinte ein Unterhaltungsmensch, mit Bartok sei es für den gemeinen Mann deshalb so schwierig, weil man Bartok schlecht unter der Dusche trällern könnte. Nein, nein - man kann die Sachen trällern, der Unterhalter irrte.


    Das Spiel Bishop's fand die Billigung meines ungarischen Musikernachbarn. Meine hatte er längst erlangt´(Philips LPs).


    Lang ist's her.


    Freundlicher Gruß
    Albus

  • Ich hörte neulich erstmals Klaviermusik von Bartok, und zwar von dieser CD.


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    Ich bin wieder mal beeindruckt von Perahias Spiel und dem Klang der Aufnahme, aber diese Musik halte ich nur in kleinen Dosen aus (im Gegensatz zu Debussy oder Schostakowitsch, die ich beide stundenlang hören könnte).


    Welche Vorbilder oder Vorgänger Bartoks kann man aus seiner Klaviermusik heraushören? Oder war er mit diesen Werken bahnbrechend?

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Zitat

    Original von Melot1967
    diese Musik halte ich nur in kleinen Dosen aus (im Gegensatz zu Debussy oder Schostakowitsch, die ich beide stundenlang hören könnte).


    Ja, das geht mir auch so, aber diese kleine 'Dosen' können schon ziemlich intensiv sein. Dem entspricht, dass die meisten Klavierwerke Bartoks kurz sind. Ich glaube, man mag diese Musik nur "in kleinen Dosen" (wenn überhaupt), weil sie unsere üblichen tonalen Erwartungen, wie sich Harmonien entwickeln und wie Tonarten aufgelöst werden, nicht oder nur äußert selten bedient. Man bleibt unbefriedigt zurück. Vermutlich wird die Grundtonart nicht bestätigt oder sie wird es auf eine Weise, die nicht unserer Erwartung entspricht. Hinzukommt eine recht perkussive Handhabung des Klaviers. Aber vielleicht kann ein musikalisch Kundigerer als ich etwas dazu beitagen, was das Besondere an dieser Klaviermusik ist.


    Beste Grüße,
    Christian

  • Zitat

    Original von Christian B.
    Man bleibt unbefriedigt zurück.


    genau so

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

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  • Wie schön, das es hier bereits einen Thread zu Bartók gibt.
    Nach Debussy ist Bartók wohl der bedeutendste Klavierkomponist des 20. Jahrhunderts,
    noch vor Prokofiev und Ravel- das ist zumindest meine Meinung!
    Allerdings muss ich meinen Vorredner Recht geben, auch ich höre Bartók zwar regelmäßig aber nicht ausdauernd.


    Ein Pianist, der für mich unangefochten d i e Referenz bei Bartok hält, ist der Ungar György Sandor. Er selber war mit Bartók eng verbunden (erst als sein Klavierschüler an der Akademie, dann als Freund), und Bartók hat auch sein Klavierspiel immer sehr gelobt (er war Pianist der Uraufführung des 3. Klavierkonzerts). Für mich spielt er die Musik Brtóks immer so, wie ich glaube, dass sie klingen muss: athletisch aber nicht muskulös ( es trifft die Sache nicht genau, aber genauer kann ich es leider nicht ausdrücken), man höre nur sein Allegro barbaro!


    Die 5 CD-Box von VoxBox enthält das gesamte Klavierwerk, aufgenommen 1963. (Warum braucht denn Kocsis sieben CDs?_Gut hier haben alle CDs im Schnitt eine eine Spielzeit von 78 Min).



    5 CD-Box, rec. 1963 Grand Prix du Disque
    Mein Anspieltipp: Für Kinder, so hinreißend habe ich diese Werke nicht wieder gehört!
    einziger Kritikpunkt dieser CD-Box, es wurden pro Werk nur ein Track vergeben, also für Sieben Skizzen, Vier Trauerlieder, Vierzehn Bagatellen, etc.nur ein Track. Das ist ägerlich, aber bitte davon nicht abschrecken lassen!


    Sandor hat auch alle Werke für Klavier und Orchester von Bartók eingespielt, die Konzerte sogar mehrfach. Hier kenne ich die Aufnahme mit dem Dirigenten A. Fischer, für mich auch alles, zumindest vom pianistischen Standpunkt, Referenz-Aufnahmen.



    Natürlich sind Kocsis und Bishop/Kovacevich ebenfalls hervoragende Bartók-Interpreten: Leider haben ja nur wenige der großen Pianisten Werke von Bartók eingespielt. Richter, z.B: nur 3-4 Stücke, aber die Drei Burlesken z.B. sind großartig! Ansonsten sind es fast nur Ungarn, die Bartók spielen: Sandor, Kocsis, Schiff, Ranki, etc.


    Ein Stück an der Grenze zur Kammermusik ist die Sonate für 2 Klaviere und Schlagwerk. Der Klaviermusikführer von Reclam führt dieses Werk auch an, deswegen möchte ich sie hier zumindest erwähnen. (etwas kühn könnte man vielleicht behaupten, wenn Cage dieses Stück geschrieben hätte wäre es ein Werk für zwei präparierte Klaviere.)
    Hier meine Emfehlung mit Casadesus:


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    Robert et Gaby Casadesus, piano.
    Jean-Claude Casadeus et Jean-Paul Drouet, percussions
    (rec. 1963)


    Herrlich! Man kann nur bedauern, dass es die einzige Aufnamhe eines Werkes von Bartók mit Casadesus ist! Auch die anderen Aufnahmen der CD lohnen sehr!



    Sandor hat übrigends auch alle Solo-Klavierwerke von Prokofiev eingespielt, sicher auch sehr hörenswert, obwohl ich unsicher bin, ob er hier ebenfalls Referenz sein wird, da sich Bartók und Prokofiev doch vom Charakter -zumindest für mich- stark unterscheiden. (na ja, nicht spekulieren, hören...)



      



    zu erwähnen sind natürlich auch noch Bartóks eigene Aufnahmen seiner Werke:
    Bartók plays Bartók
    näheres findet sich unter diesem Link (und vielleicht bald auch hier?)
    Bartok plays Bartok

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Hallo,


    ich suche eine Aufnahme des Allegro barbaro mit möglichst wenig Pedalgebrauch. Ich kenne nur eine einzige, wie ich gestehen muss: Zoltán Kocsis auf "Béla Bartók (1881 - 1945) Piano Works" (Brilliant Classics, Aufnahme vom Oktober 1975). Dort finde ich das Pedal an einigen Stellen so dominant, dass der maschinenhafte Stampfrhythmus verschwimmt und abgeschwächt wird. Gibt es Alternativen?


    Tharon.

  • Hallo Tharon,


    ich kenne nur eine Aufnahme: Zoltán Kocsis, Philips, August 1993
    Habe ich mir gerade noch mal angehört und könnte mir vorstellen, dass dir auch diese Aufnahme zu viel Pedalgebrauch hat - zumindest die Bäße sind eher schwammig - oder positiver ausgedrückt schafft die linke Hand so etwas wie ein unheilvoll klingendes Bassfundament, während die rechte Hand klar klingende Töne dagegen meißelt. Könnte mir aber vorstellen, dass ein "maschinenhafte Stampfrhythmus" noch stärker herauszuarbeiten wäre.


    Soweit ich mich erinnere, habe ich das Allegro barbaro mal in der Kölner Philharmonie von Andras Schiff gehört (ich meine sogar zwei mal, da noch mal in der Zugabe - hoffe ich verwechsele das Stück in meiner Erinnerung jetzt nicht mit einem anderen). Da spielte Schiff - wie für ihn typisch - einen genialen Bartok mit wenig Pedaleinsatz. Ich fürchte aber Andras Schiff hat das Allegro barbaro nie eingespielt - oder?


    Viele Grüße
    Frank

    From harmony, from heavenly harmony
    this universal frame began.

  • Hallo Frank und alle Bartok-Fans,


    ich habe ohne Vergleichsaufnahme nur die abgebildete Bartok-Klavierwerke-Doppel-CD von Brillant mit Zoltan Kocsis und Andras Schiff, Klavier, die ich voll OK finde.


    Das Allegro barbaro wird hier allerdings von Kocsis gespielt (Aufnahme Okt 1975).
    Die CD2 enthält Ausschnitte des Mikokosmos mit Bartok himself am Klavier (hier mit eingeschränkter Klangqualität).



    Brillant, 1975,1980,(CD2, 1937/40) ADD/DDD


    :hello: Mich würde sehr interessieren, was ihr von der Brillant-CD haltet (soweit vorliegend) !?!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Liebe Bartók-Fans,
    meines Wissens hat Bartók das Allegro barbaro auch selber auf Schallplatte gespielt. Es gibt eine Platte, mit dem Titel Bartók spielt Bartók, wo er unter anderem auch dieses Stück spielt. Ich habe weder diese Aufnahme, noch die mit Zoltán Kocsis in erreichbarer Nähe, so kann ich den Pedalgebrauch nicht vergleichen - aber wie Bartók selber das Stück spielt, ist bestimmt nicht uninteressant.


    Gruß
    Piroska
    (Neuling)

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  • Hallo,

    Bartok ist mein erklärter Lieblingskomponist der „Klassischen Moderne“, und ich bin außerdem ein ausgesprochener Liebhaber von Klaviermusik, weshalb ich mich über das Auffinden dieses Threads sehr gefreut habe. Nachdem ich alle Beiträge dazu gelesen habe, möchte ich doch auch etwas dazu beitragen und mit der allerersten Frage, die Christian B. am Schluss seines Eröffnungsbeitrags gestellt hat, beginnen, weil dazu bisher nichts geschrieben wurde.

    Die Etüden op. 18 sind eben – Etüden! Wobei das nicht abwertend gemeint ist. Diese Stücke entspringen ganz eindeutig aus der Tradition von Liszt (die rasenden Oktavgänge und daraus hervorspritzenden Akkorde, bes. bei Nr. 2; bei Nr. 1 frage ich mich zuweilen, wie es möglich ist, so etwas mit zwei Händen zu spielen!), aber eben mit den harmonischen Mitteln der Zeit und speziell Bartoks. Darauf zielt wohl auch Deine Frage nach dem „harmonisch Komplexen“. Dazu muss man wissen: Bartok beschäftigte sich neben der Musik auch leidenschaftlich mit der Mathematik und war fasziniert von der Fibonacci’schen Zahlenreihe und dem daraus sich ergebenden geometrischen Prinzip des „Goldenen Schnitts“. Des Weiteren: Bartoks Musik ist stets „tonal“, aber nicht im Sinne der (funktionalen) Dur-Moll-Tonalität, sondern in Bartok’schem Sinne. So betrachtete er z.B. die im traditionellen Quintenzirkel gegenüberliegenden Tonarten als zueinander äquivalent, sodass beispielsweise ein C-Dur ohne weiteres durch ein Fis- (oder Ges-)Dur ersetzt sein kann. Dies in Kombination mit dem Prinzip des Goldenen Schnitts führt zu Harmonie-Bildungen, die den Hörer „unbefriedigt zurücklassen“, wie Du, Christian, in einem späteren Beitrag schreibst. Auch in formaler Hinsicht sind unendlich viele Werke Bartoks nach dem Goldenen Schnitt gebaut, z.B. „Aus dem Tagebuch einer Fliege“ aus dem „Mikrokosmos“ oder die „Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug“ (nicht: Schlag“werk“, wie in einem späteren Beitrag genannt). Dies genauer auszuführen, würde an dieser Stelle zu weit führen. Vielleicht dazu noch ein Literatur-Hinweis, vermutlich nur noch antiquarisch erhältlich: Im Jahr 1972 erschien als gemeinsame Ausgabe des dtv- und Bärenreiter-Verlags das Buch „Bela Bartok, Leben und Werk“, hg. v. Bence Szabolsci, für jeden Bartok-Fan ein Muss!

    Dass Bartoks Klaviermusik „perkussiv“ sei, ist wohl großenteils zutreffend, aber doch zu sehr verallgemeinert. Da gibt es doch auch Stücke darunter wie „Klänge der Nacht“, die in modernem Sinne geradezu „impressionistisch“ sind. Gar nicht zu reden von den wunderbaren Stücken „Für Kinder“ oder große Teile des „Mikrokosmos“. Hier muss ich allerdings einen kleinen Widerspruch gegen den Beitrag von pt_concours anmelden; ich finde „Für Kinder“ noch feiner und sensibler von Ranki interpretiert; allerdings weiß ich nicht, ob diese Aufnahme (wie auch die des Mikrokosmos) auf CD erhältlich ist; ich besitze sie auf Vinyl.

    Zum Thema „Allegro barbaro“: Ich besitze ebenfalls die Philips-Box mit Zoltan Kocsis (übrigens mit 8 und nicht 7 CDs, wie geschrieben) und habe leider keine Vergleichsaufnahme. Was den Pedal-Gebrauch betrifft, kann ich Frank1970 nur zustimmen. Noch mehr stören mich aber bei dieser Interpretation die häufigen unmotivierten Tempowechsel innerhalb der „ratternden“ Achtel (immer dann, wenn sie über eine längere Strecke von den Tönen her gleich bleiben, wird er schneller!), die ganz bestimmt nicht im Sinne des Erfinders sind. Gleichwohl ist diese Gesamtaufnahme eine äußerst verdienstvolle Sache, und ich bin froh, dass es sie gibt. Danke auch für den Hinweis von pt_concours auf die „Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug“ mit Casadesus; das ist mein absolutes Lieblingswerk von Bartok, und meine favorisierten Interpreten waren bisher – noch vor den Labeques – die Kontarskys. Ich werde mir diese Aufnahme natürlich noch zulegen, sofern sie noch erhältlich ist.
    Übrigens liegt auch dem „Allegro barbaro“ sowohl in harmonischer als auch formaler Hinsicht das Prinzip des „Goldenen Schnitts“ zugrunde!

    Viele Grüße aus dem schönen Odenwald,
    harry

  • Bartoks Klavierwerke spielen hier im Forum bisher kaum oder nur selten eine Rolle.

    Wenn man die Länge dieses Threads, der seit über 15 Jahren besteht, sieht, kann man nur zustimmen! :(



    Meine aktuellen Lieblingsstücke sind:


    15 Hungarian Peasant Songs for Piano, Sz. 71 (BB79)
    Original Version
    Four Old Sorrowful Songs

    Meine aktuellen Lieblingsstücke sind


    - Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug

    - Klaviersonate

    - Suite Im Freien

    - 14 Bagatellen

    - Mikrokosmos Heft 5 und 6

    - Tanzsuite Sz. 71


    und das sind sie schon sehr lange ...


    Wie schön, das es hier bereits einen Thread zu Bartók gibt.
    Nach Debussy ist Bartók wohl der bedeutendste Klavierkomponist des 20. Jahrhunderts,
    noch vor Prokofiev und Ravel- das ist zumindest meine Meinung!

    Davon abgesehen, dass ich keinen Grund erkenne, Bartok hinter Debussy zu sehen, sind für mich auch Bartók und Debussy die bedeutendsten Innovatoren der Klaviermusik am Beginn des 20 Jahrhunderts mit prägendem Einfluss. Bartoks rhythmische Innovationen sind hier besonders zu erwähnen. Gerade der Einsatz des Klavieres als "Schlaginstrument" findet sich bei Debussy eigentlich gar nicht.


    Ich bin wieder mal beeindruckt von Perahias Spiel und dem Klang der Aufnahme, aber diese Musik halte ich nur in kleinen Dosen aus (im Gegensatz zu Debussy oder Schostakowitsch, die ich beide stundenlang hören könnte).

    Ich kann das auch bei Bartók, sogar noch länger als bei Schostakowitsch ;)


    Ich finde den Mikrokosmos einen guten Einstieg in Bartoks Klaviermusik . Eigentlich ist er ja für angehende Pianisten gedacht (ich erinnere mich noch dunkel aus der Schule) aber auch das Hören dieser Stücke mit zunehmender Komplexität lässt einen langsam in diese Welt gleiten ...


    Der Vorschlag mit György Sándor ist auf jeden Fall gut.



    Etwas, wenn auch nicht viel, neuer ist die Einspielung von Claude Helffer, die ich früher viel gehört habe. Sandór hatte ich leider nur auf Platte .... :(


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    Diese Einspielung ist nur noch gebraucht zu bekommen. Harmonia Mundi wird keine große Helffer-Box herausgeben .... ;)


    Die Einspielung von Zoltán Kocsis ist schon erwähnt worden. Die sollte man auf jeden Fall haben. Die Bartók-Einspielungen von Kocsis sind als Box in einer mittlerweile etwas hässlichen Verpackung noch käuflich zu erwerden



    Dass nur Ungarn gute Bartók Spieler sein, möchte ich allerdings in die Welt der billigen Gerüchte verweisen.


    Der Brite Cédric Tiberghien (vielleicht dem einen oder anderen als Klavierpartner von Alina Ibragimova bekannt) hat drei sehr schöne CDs zu Bartoks Soloklaviermusik herausgegeben, auf denen auch der Nachfrager



    ich suche eine Aufnahme des Allegro barbaro mit möglichst wenig Pedalgebrauch. Ich kenne nur eine einzige, wie ich gestehen muss: Zoltán Kocsis auf "Béla Bartók (1881 - 1945) Piano Works" (Brilliant Classics, Aufnahme vom Oktober 1975). Dort finde ich das Pedal an einigen Stellen so dominant, dass der maschinenhafte Stampfrhythmus verschwimmt und abgeschwächt wird. Gibt es Alternativen?

    fündig werden könnte. Allerdings ist auch die Einspielung von Sandor eine Empfehlung für das Allegro barbaro mit wenig Pedal. Die Einspielung(en) von Kocsis überzeugt(en) mich auch. Hauptsächlich wird nur am Anfang sehr auffällig Pedal eingesetzt.


    Hier sind die Platten





    Über Einspielungen der Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug habe ich schon an anderer Stelle gesprochen


    astewes: Unverzichtbare Aufnahmen


    Darauf zielt wohl auch Deine Frage nach dem „harmonisch Komplexen“. Dazu muss man wissen: Bartok beschäftigte sich neben der Musik auch leidenschaftlich mit der Mathematik und war fasziniert von der Fibonacci’schen Zahlenreihe und dem daraus sich ergebenden geometrischen Prinzip des „Goldenen Schnitts“. Des Weiteren: Bartoks Musik ist stets „tonal“, aber nicht im Sinne der (funktionalen) Dur-Moll-Tonalität, sondern in Bartok’schem Sinne. So betrachtete er z.B. die im traditionellen Quintenzirkel gegenüberliegenden Tonarten als zueinander äquivalent, sodass beispielsweise ein C-Dur ohne weiteres durch ein Fis- (oder Ges-)Dur ersetzt sein kann.


    Jetzt geht es darum, warum Bartóks Musik so schwer zu hören sei. Es werden harmonische Überlegungen angeführt, die mich eigentlich alle nicht überzeugen. Nach der kurzen Diskussion über Tonalität in Bartoks viertem Streichquartett wäre ich mit den obigen Aussagen zu Bartoks Harmoniebehandlung vorsichtig. Meines Erachtens hat Bartok viel von seiner Rhythmik und auch von der Tonalität aus den Untersuchungen über die Volksmusik abgeleitet. Wenn das also, platt gesagt, ungarischen Dörflern keine Probleme bereitet, wieso dann ausgefuchsten Klassikhörern? Wie so vieles scheint mir auch das nur ein Frage der Gewöhnung zu sein. Man braucht eine kleine Weile um über das (anfangs) Ungewohnte hinweg dann die eigentlichen Reize dieser Musik wahrzunehmen.


    Was sind nun die Reize dieser neuen Sprache? Ich werde hier notgedrungen sehr summarisch und vereinfachend. Musik spricht eben nur durch sich selbst :)


    1. Befreiung von emotionalem Ballast der Spätromantik (das findet sich in anderer Form natürlich auch bei Schoenberg)

    2. Es handelt sich um eine Sprache, die in erstaunlicher Weise Ereignisse des zwanzigsten Jahrhunderts reflektieren kann, anders als die fortgeführte Spätromantik, bei der sich immer der Eindruck des Entfernens von der Entwicklung aufdrängt. Um ein polarisierendes Bild zu benutzen, einmal lebt man in der Großstadt und zum anderen als Einsiedler im Wald ;)

    3. Bartoks Sprache, die mittlerweile nun auch schon 100 jahre alt ist, findet Fortsetzungen in sehr viel moderner Musik, die durch Bartok besser zu verstehen ist und ihrerseits aber wieder einen neuen Blick auf Bartok ermöglicht.


    Das ist alles sehr generalisierend und mit diesen einfachen Abgrenzungen natürlich falsch, aber ich hoffe, dass man den Eindruck zumindest in Teilen oder Aspekten nachvollziehen kann

  • Kommen wir noch einmal auf das berühmte Allegro Barbaro aus dem Jahre 1911 zurück. Bartók vermischt hier sehr provokative Tanzrhythmik mit Volksmelodik


    Hier eine Interpretation von Zoltán Kocsis



    Interessant ist vielleicht noch eine Einspielung von Béla Bartók selbst, die mir persönlich ein klein wenig besser gefällt, was für mich aber nichts mit Authentizität zu tun hat ...



    Ich meine bei Ronald Smith vor Jahren gelesen zu haben, dass Bartók die Noten von Alkans gleichnamigem Stück besessen hat. Busoni hat in den früheren Berliner Jahren dieses Stück häufiger im Programm gehabt und Smith vermutet, dass daher die Kenntnis kommt und die Idee für die Benennung des Stückes.


    Es gibt Ähnlichkeiten, aber Alkans Stück verwendet im Gegensatz zu Bartók lydischen Modus und ist etüdenhaft aufgebaut. Bartók ist rhythmisch deutlich komplexer. Allerdings ist die treibende Kraft der Rhythmik bei beiden vergleichbar.


    Hier hören wir Jack Gibbons mit Alkans Etüde Op. 35 Nr. 5, erschienen 1848 "Allegro barbaro"




    Bartóks Stück ist so berühmt geworden,. dass es Eingang in die Popmusik fand. Hier hören wir ELP mit "The Barbarian" live aus dem Jahr 1970



    Bedenkenswert sind die Wege der Musik allemal ....

  • Man bleibt unbefriedigt zurück. Vermutlich wird die Grundtonart nicht bestätigt oder sie wird es auf eine Weise, die nicht unserer Erwartung entspricht. Hinzukommt eine recht perkussive Handhabung des Klaviers. Aber vielleicht kann ein musikalisch Kundigerer als ich etwas dazu beitagen, was das Besondere an dieser Klaviermusik ist.

    Musikalisch kundig bin ich nur sehr eingeschränkt. Ich hatte, wie ich mittlerweile bemerke, doch einen ganz passablen Musikunterricht. Dafür danke ich posthum noch meinen ehemaligen Lehrern.


    Alles,was kommt, ist sehr pauschal und damit im Einzelnen sicher durch Gegenbeispiele zu widerlegen.


    Wenn ich mich noch richtig erinnere, sind die harmonischen Reisen, die am Ende wieder bei der Grundtonart enden und so dem Stück eine gewisse Abgeschlossenheit verleihen, irgendwo in der Klassik in Formvollendung zu finden. Die Sonatenform scheint mir da der prototypische zugehörige Rahmen zu sein, der die Erlebniswelt eingrenzt. Mozart zeigt in einigen seiner Werke, welche Abgründe darstellbar sind. Es will mir scheinen, dass schon die Romantik mit dieser Form der Bestätigung Probleme hat. Nicht umsonst entstehen in dieser Zeit diese Unmenge an Charakterstücken. Es gibt in diesem Sinne keine geschlossene musikalische Geschichte mehr.


    Ich habe mir vor kurzen noch einmal Schuberts Fantasie für Violine und Klavier angehört. Dieser Anfang ist doch eigentlich schon völlig unverständlich in einem klassischen Sinne und erschließt sich für mich nur etwas durch Liedassoziationen. Und so geht es ja immer weiter. Die musikalische Stabilität durch harmonische Grundtonarten wird doch weitestgehend aufgelöst. Wenn ich das noch richtig weiß, finden wir nicht nur bei Bartók, sondern auch bei Debussy sehr viel Pentatonik und harmonisches "Schweben".


    Im ersten Prélude des zweiten Heftes "modéré" oder auch "Brouillards" fällt es mir schwer, so etwas wie einen harmonischen Grundton als bestimmend festzumachen. Hin und wieder scheint es aufzuklaren, aber ...


    Hier gespielt von Arturo B. M. (nebenbei für mich eines der großartigsten Stücke, der an Großartigkeiten nicht armen Sammlung :))



    Man vergleiche das mit Bartóks mittlerer Etüde Op. 18 (hier von Zoltán Kocsis gespielt)



    Ähnlichkeiten sind für meine Begriffe auffallend. Ich fühle mich jetzt bei Bartók harmonisch nicht unwohler als bei Debussy. Auch Skrjabin könnte einem in den Sinn kommen und an einigen Stellen ist Chopin figurativ durchhörbar...


    Was allerdings auffällt, ist sogar hier in der langsamen Etüde das Tänzerische, was Debussy fehlt. Die Rhythmik scheint mir für das beginnende Zwanzigste jahrhundert für die "Klassik" etwas Neues zu sein. Nicht nur Einflüsse rumänischer Tänze, sondern eben auch der Jazz breiten sich aus, was bei einigen andersdenkenden Komponisten tatsächlich zum Unwohlsein geführt hat. Das kann ich aber nicht nachvollziehen. Der "Sacre" ist sogar für mich orchestralen Ignoranten ein großartiges Werk.


    Was macht nun für mich den Reiz der ersten Etüde op. 18 aus? Kocsis liefert eine recht akzentuierte und schnelle ab. (einfach den obigen youtube-Schnipsel vom Anfang an hören ...) Andreas Bach schreibt im Booklet zu seinen Einspielungen der Bartók Werke, dass Bartok selbst eher weniger schrf gespielt hat. Leider hat Bartók das Werk nur ein einziges Mal aufgeführt und später auf Nachfrage behauptet, er könne es nicht mehr spielen ...


    Man kann der A. Bachschen Einspielung die weniger akzentuierte Rhythmik und dafür etwas mehr Lyrik entnehmen. Aber das Werk würde man doch unmittelbar in die zeitliche Nähe zum Sacre einordnen können. Auch hier fehlt mir das "Unwohlsein"



    Wie schon so häufig gesagt, scheint mir einfach vieles eine Sache der Gewöhnung zu sein. Das gibt für mich keine gute Erklärung, wieso Bartóks Klaviersolowerk deutlich seltener eingespielt wird als das von Debussy.


    Es scheint einfach etwas zerissener zu sein. Drei Etüden aus einer intendierten Sammlung von 12. Nur eine Sonate, wo bleibt die Sammlung der Gesamtausgaben der Sonaten? Die Einordnung der Werke macht vielleicht einfach etwas mehr Mühe und damit auch etwas mehr Arbeit bei der Vermarktung von Einspielungen.


    Nichts ist einfacher als zwei Platten mit Debussys Préudes I + II herauszugeben, die mittlerweile bequem auf eine CD passen. Aber was ist nun mit Bagatellen, Sonatine, BauernliederIm Freien und Sonate? ... Was für ein unverkäuflicher Wirrwarr ;)!

  • Vielleicht noch eine kleine Ergänzung mit den Bagatellen aus dem Jahr 1908. Aus dem Gedächtnis frei zitiert meine ich gelesen zu haben, dass einige Verlage sich zu Beginn geweigert hätten, die Musik zu veröffentlichen, weil sie zu modern sei. Von Ferruccio Busoni gibt es die Anekdote, dass er gesagt haben solle, "endlich 'mal etwas Interessantes".


    Es sind 14 Bagatellen, die in der Entwicklung Bartoks zu einer neuen Sprache einen wichtigen Beitrag geleistet haben.


    Wir hören sie entweder auf der bei Werbepartner gekauften CD



    von Tiberghien oder hier von Maarten Lingier in einer Aufzeichnung aus dem Jahre 2017 aus dem Royal Conservatoire in Brüssel.



    oder ein kleiner Warner Teaser mit Piotr Anderszewski


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