Haydn, Joseph: Sinfonie Nr 82 C-Dur "L'ours" (Der Bär)

  • Haydn Pariser Sinfonien - Sinfonie Nr 82 C-Dur "L'ours"(Der Bär)


    Nachdem gestern [August 2005 ;) ich lasse das mal so stehen]die neue Einspielung mit Harnoncourt eingetroffen ist, möchte ich die Gelegenheit nutzen, die Sinfonien im Vergleich zu hören und einzeln vorzustellen. Aus unerfindlichen Gründen haben sich bei mir die folgenden "Pariser Sinfonien" angesammelt:


    St. Paul's Chamber Orchestra/Wolff (Teldec)
    Academy of St Martin.../Marriner (Philips)
    Orchestra of the Age of Enlightenment/Kuijken (Virgin)
    NYPO/Bernstein (CBS/Sony)
    Fischer (in der Brilliant-Box)
    Concentus Musicus Wien/Harnoncourt (harmonia mundi)
    (Obendrein habe ich 84-87 mit Dorati und 85-87 mit Weil)



    Zur Entstehung der Werkgruppe hat Ulli ja schon hier etwas gesagt


    Die "Pariser" stellen vielleicht die einzige wirklich systematische Gruppierung dieser Gattung in Haydns Schaffen dar: 6 Werke, alle in unterschiedlichen Tonarten und höchst unterschiedlichen Charakters decken exemplarisch ab, was Haydn Mitte der 1780er in der reinen Orchestermusik zu sagen hatte. Man hat sie daher mitunter als das Gegenstück zu den Quartetten op.33, als erste exemplarisch "hochklassische" Stücke der Gattung bezeichnet.


    Sinfonie Nr 82 C-Dur "L'ours"(Der Bär)


    Besetzung: Flöte, je 2 Oboen, Fagotte, Trompeten/Hörner, Pauken, Streicher
    (Ich bin hier nicht ganz sicher, wie die Besetzung gedacht war und wie das heute gelöst wird. Anscheinend sollten eigentlich zwei Musiker abwechselnd Hörner (wohl in den Binnensätzen) und Trompeten (zus. mit den Pauken in den Ecksätzen?) spielen. Heute würde ich im Zweifel an den Trompetenstellen die Hörner mitspielen lassen; ich vermute das wird auch mitunter so gemacht.)


    Das ist eine meiner Favoriten unter Haydns Sinfonien. Insgesamt ein extravertiertes energetisches, teils auch lautes und zuweilen gar derb-ländliches Stück.


    Der Kopfsatz (Vivace assai) ist festlich und mitreißend (Harnconourt schreibt "kriegerisch" vielleicht aufgrund der häufigen fanfarenartigen Motive), dabei kontrastreich und mit einer für Haydn erstaunlichen Fülle von Motiven (verglichen etwa mit dem praktisch monothematischen Hauptsatz von #85). Nach dem auffahrende Beginn wird die Phrase piano zu Ende geführt, bei der Wiederholung der Anfangsphrase treten die Holzbläsern mit einem zusätzlichen Motiv hinzu, später folgen die erwähnten Fanfaren, dann aber noch ein ganz eigener lyrischen Seitensatz, der auch in der Durchführung eine wichtige Rolle spielt. Am Ende der Reprise gibt es eine plötzlich sehr nachdenkliche Stelle, bevor die Fanfarenmotive den Satz furios beschließen.


    Das folgende allegretto bezeichnet Harnoncourt als Rondo; es ist aber wohl eher eine Art (Doppel-)Variationssatz (das sagen Feder/Larsen) mit einer Mollvariante und eher minimalistischen Variationen, gegen Ende gibt es eine Steigerung zu einer stampfenden Tanzszene mit rustikalen Dudelsackeffekten (durch liegende "Borduntöne"), was bereits auf das Finale hinweist.


    Das Menuett kombiniert den eher "heroischen" Aspekt des Kopfsatz mit ländlichen Klängen, letztere besonders im von Holzbläsern dominierten Trio, aber auch schon der Hauptteil ist von diesem Kontrast geprägt.


    Das Finale schließlich verlieh der Sinfonie wohl den Namen. Sowohl die Motivik als auch die eigenartige Instrumentation (die erste Antwort auf das Haupttthema mit wenigen Holzbläsern und Pauke) und schließlich die dröhnenden Borduntöne erinnerten die Zeitgenossen wohl an die Musik, zu der Tanzbären auftraten. Die Borduneffekte prägen den Charakter des Satzes, wobei die Durchführung allerdings auch mit polyphoner Themenverarbeitung aufwartet. Eine passendes Finale für eine von überschäumender Energie geprägte Sinfonie.


    Bisher gehört habe ich:


    Marriner: Holzbläser schön, transparent, flotte Tempi, in i Pauken präsent, Hörner/Trompeten kaum hörbar, dadurch der etwas bizarre Effekt, dass man nur die Paukenanteile der Fanfaren hört! Mir etwas zu elegant und zu wenig rustikal im Finale und am Ende von ii.


    Harnoncourt: (alle Wdh. in i und iv) kriegerisch schmetterndes Blech im ersten Satz, auch sonst sehr präsente Bläser, scharfe Kontraste, rubato. Außergewöhnlich nuancierte Artikulation und Phrasierung und sehr schön rustikaler Abschluß im allegretto. Sehr deutliche Bordune im Finale.


    Bernstein: sehr mitreißend und dramatisch, der mächtige Klang des großen Orchesters hat Vor-, aber auch Nachteile, Bläser und auch Pauken sind in Tuttistellen eher zu erahnen. Das machen die massiven tiefen Streicher mitunter wieder wett (Bordunstellen), aber der insgesamt streicherdominierte Klang ist der einzige Abstrich den man hier machen muß.


    Kujken: nicht schlecht, aber wenig dramatisch, wenig präsentes Blech/Pauken im 1. Satz, überhaupt eher kontrastarm, besonders im 2. Satz, der recht fad wirkt. Im Finale wacht er dann auf. Das mitklimpernde Cembalo ist zum Glück fast unhörbar.


    Meine Favoriten sind letzlich Bernstein und Harnoncourt. Beider Gesamteinspielungen kann ich jedem, der an dieser Musik interessiert ist, empfehlen.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo, Johannes!


    Ja, ich kann mich dunkel erinnern, daß Du diesen thread angekündigt hattest, als Du neu im Forum warst.
    Laß Dir ruhig weiter etwas (vielleicht nicht ganz so viel) Zeit mit den anderen Parisern - alle auf einmal führt dazu, daß kaum etwas dazu geschrieben wird (so wie auch letztlich zu viele neue Haydn-threads gestartet wurden). Ich übernehme auch gerne eine.


    Die No. 82 ist neben der No. 86 derzeit meine liebste Pariser Symphonie. Zudem war sie nach No. 94 die zweite Haydn-Symphonie überhaupt, die ich kennenlernte. Zum Beinamen sage ich nichts, man kennt hier meine Meinung.


    Ich habe mich heute auch daran gemacht, drei Aufnahmen im Vergleich zu hören:


    Fischer / Austro-Hungarian Haydn Orchestra
    Marriner / Academy of St. Martin in the Fields
    Weil / Tafelmusik


    Den 1. Satz (ebenso wie das Menuett) nimmt Weil am schnellsten, aber nicht am wuchtigsten. Mir ist für diese eher rustikale Symphonie der Klang des Orchesters zu dünn und zu spitz. Bei der filigraneren No. 84 paßt es besser. Bei der No. 82 soll es IMO an sattem Orchesterklang nicht fehlen, und da ist trotz einer sicher sonst guten Interpretation die Weil-CD nicht meine erste Wahl. Es sei noch die Besonderheit angemerkt, daß Weil im Finale Durchführung und Reprise wiederholt. Der Satz wirkt dadurch gewichtiger, was auch interessant sein kann. Bei Haydn-Finalsätzen ist das aber wohl eher unüblich, oder?


    Marriner und Fischer liegen eher auf meiner Wellenlänge. Im zweiten Satz haben sie aber unterschiedliche Tempovorstellungen. Während Marriner recht flott ist und der Symphonie vier schnelle Sätze verleiht, läßt es Fischer langsamer angehen, aber nicht langweiliger, was mein erster Eindruck war. Hier und im Finale steigert Fischer gegen Ende hin die Dramatik und Intensität deutlich und erzielt so jeweils eine ansteigende Spannungskurve - gefällt mir sehr. Fischer sollte man sich ja eher wegen der frühen Symphonien kaufen, aber seine 82. lohnt sich auch.


    Marriners Interpretation würde ich insgesamt als "modellhaft" bezeichnen, klassisch-ausgewogen, für alle Tage. Das Menuett celebriert er tatsächlich wie einen höfischen Tanz, dadurch in etwas langsamerem Schrittempo und mit mehr Pomp als bei seinen Kollegen.



    Was ist mit den anderen Haydn-Freunden hier? Ihr kennt doch wohl die Nr. 82, oder? Gibt es wider erwarten jemanden, der das Werk nicht mag?


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Natürlich liebe ich "den Bären" auch :)
    Er ist neben Nr. 87 mein Liebling unter den Pariser Symphonien.
    Habe selbst nur die Aufnahmen unter Weil und Fischer und ziehe persönlich Weil vor. HIP gefällt mir bei dieser Symphonie sehr gut, die Effekte im Finalsatz wirken dabei einfach klasse.
    Die bisher faszinierendste Einspielung hörte ich im Fernsehen unter Norrington mit der Cameriata - leider gibt es die wohl nicht zu kaufen :(


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Der Bär ist IMO eine wunderbare, IMO fast typische Haydn-Sinfonie.


    Die Einspielung mit Kuijken gefällt mir gut, ist mir aber eine Spur zu HIP. Auf harnoncourts Aufnahmen der Pariser Sinfonien bin ich sehr neugierig geworden.


    Als Non-HIP-Aufnahme stelle ich diese Einspielung vor:



    Salonen dirigiert das Stockholm Chamber Orchestra. Gespielt werden die Sinfonien Nr. 22,78,82: Frisch und vital, ohne "Papa Haydn" ... Gefällt mir sehr gut. :yes:


    Freundliche Grüße, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Haydns Sinfonie, Nr 82, "Der Bär", die kennt doch jeder, habe ich sicherlich etliche Male in der Sammlung..... (???)


    Mitnichten !!!


    EINE einzige Einspielung weist meine Sammlung (im CD-Bereich) auf, und zwar jene unter Bruno Weil. ich habe mir soeben das Vergnügen bereitet, sie nach langer Zeit wieder einmal zu hören. Ich finde den Klang - im Gegensatz zu Pius nicht zu dünn, habe aber leider keine derzeit abspielbare Alternative zur Hand (Es existiert noch eine LP unter Dorati, derzeit kann ich aber keine LPS abspielen - aber ich erinnere mich, daß mich Doratis Einspielungen-wiewohl mit Preisen überhäuft - eher gelangweilt haben. Das ist indes ca 30 Jahre her, eine Neueinschätzung könnte anders ausfallen.)


    Ich werde diesen Thread jedoch zum Anlass nehmen, diese Lücke zu stopfen - so es verfügbare Aufnahmen gibt. Die Wiener CD Läden bieten nämlich jede Menge "Londoner" Sinfonien an, aber schon bei den "Parisern" wird es merklich eng - der Rest ist Glückssache.


    Mfg
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Pius: Was hältst Du bei Marriner von den Fanfaren im Kopfsatz, wo man meist nur Pauken ohne Trompeten hört?
    Ich finde ihn wie gesagt nicht schlecht, aber in diesem Stück bevorzuge ichs massiver und rustikaler.


    Alfred, schriebst Du nicht mal, 60 (?!) CDs mit Haydn-Sinfonien zu haben. Das sind im Durchschnitt fast alle 2mal. Und nun schon wieder eine so bekannte mit Spitznamen nur einmal...?


    Ich kann nur erneut auf die auch recht preiswerte Einspielung Bernsteins, besonders für die HIP-Skeptiker hinweisen. Sehr viel besser als die eher fade Oxford u.ä., die er 20 Jahre später in Wien aufgenommen hat.


    Harnoncourt ist nichts für die Zaghaften... ;) sehr viel ungewöhnlicher, aber auch spannender als seine gemäßigten "Londoner"


    Den Salonen habe ich auch vorgemerkt, trotz eigentlich schon zu vieler Haydn-Sinfonien, aber eher wg. der selten zu hörenden #22 und #78


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes,


    diese Sinfonie höre ich am liebsten in einer fast schon historischen Aufnahme mit Günter Wand und dem Gürzenich-Orchester Köln, aufgenommen im Feb. 1959. Sie ist Teil einer Doppel-LP mit der 103. Sinfonie und der Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta sowie dem Divertimento von Bartok. Jetzt ist sie auch als CD erhältlich.



    Viele Grüße,


    Walter

  • Hallo,


    Inzwischen tummeln sich einige Bären in meiner Sammlung, alle sind von Haydn, und tragen die Nr 82, verschieden ist lediglich ihr Temperament und ihr Fell.



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    Um es vorweg zu mehmen. Bestanden haben alle Aufnahmen.
    Es ist interessant festzustellen, daß Haydn Sinfonien umso interessanter werden, desto öfter man sie hört - vielleicht geht es aber nur mir so.


    Im Thread wo es um Tiefe oder Breite der Sammlungen geht, fiel mir heute folgender Satz von Uwe Schoof auf:


    Zitat

    je mehr ich mich aber an die verschiedenen Interpretationen gewöhne, habe ich den Eindruck, dass sie nahezu alle auf das gleich hinauswollen


    Genau das musste ich heute auch denken, als ich 4 Versionen der Nr 82 von Haydn im Vergleich hörte.


    Aber die Ähnlichkei verschwindet, wenn man die Einspielungen, jeder für sich, isoliert betrachtet: Da entfaltet dann doch jede Interpretation ihre eigene Gefühls - und Klangwelt.


    Besonders groß war IMO der Unterschied im 2. Satz


    Die Kuijken-Aufnahme, IMO die schwächste in meiner Sammlung - aber das ist ein erstes Urteil und man sollte es nicht überbewerten, bringt ihn beispielsweise fast melancholisch.


    In Antal Doratis Aufnahme (sie ist wesentlich besser als ich sie in Erinnerung hatte- vielleicht hat sich mein Geschmack gewandelt) wird der Satz kaum heiterer, aber eher mit Würde, denn mit Melancholie in Verbindung gebracht.Kein Wunder, hier wird Haydn ja "großorchestral" interpretiert - und das tut den Späten Sinfonien sicher nicht immer schlecht.


    Mit tänzerischer Leichtigkeit und federnd, dann die beiden Aufnahmen unter Bruno Weill (Tafelmusik auf Originalinstrumenten) und
    Hugh Wolff (The Saint Paul Chamber Orchestra) wobei Weill sehr tänzerisch und leicht Interpretiert, ohne jedoch allzuviel an Dynamik einzubüssen - Das IMO durchsichtigste Klangbild im Vergleich, so könnte es zur Haydn Zeit wirklich geklungen haben - Die CD wurde - wenn ich mich richtig erinnere im Rahmen der gesamten Serie ausgezeichnet.
    Hugh Wolff bietet einen feurigen, gelegentlich zum aggressiven neigenden Haydn an mit viel Temperament.


    Weill scheint inzwischen gestrichen zu sein -die anderen 3 Aufnahmern sind im Handel verfügbar - via Link (Cover anklicken) kann man bei jpc in einzelne Tracks selbst hineinhören.


    Die von mir getroffene Beurteilunge entsteht NUR im direkten Vergleich.
    Steht keine Vergleichsaufnahme zur Verfügung, stellt jede Einspielung ihren Mann, tendenziell wirkt die Aufnahme unter Kuijken vielleicht ein wenig blutleer auf mich - aber wer weiß wie ich das in einem Jahr sehe.


    Johannes Roehl meinte ich würde die CDs ENTGEGEN seinen Empfehlungen kaufen - NEIN das war nicht beabsichtigt, ich habe sie abhänging von der momentanen Verfügbarkeit gekauft. :D
    Beim Thema Verfügbarkeit von Haydn Sinfonien - da schauts traurig aus in Wiens Klassikläden......


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Joseph Haydn: Sinfonie Nr 82 C-Dur »L'ours« (Der Bär)


    Entstanden 1786.


    Vier Sätze:
    Vivace assai (C-Dur, 3/4 Takt, 261 Takte)
    Allegretto (F-Dur/f-moll, 2/4 Takt, 217 Takte)
    Menuet (C-Dur, 3/4 Takt, 78 Takte)
    Finale Vivace (C-Dur, 2/4 Takt, 280 Takte)


    Besetzung: Flöte, 2 Oboen, 2 Fagotte, 2 Trompeten, 2 Hörner, Pauken, Streicher


    Zitat

    Johannes Roehl schrieb
    (Ich bin hier nicht ganz sicher, wie die Besetzung gedacht war und wie das heute gelöst wird. Anscheinend sollten eigentlich zwei Musiker abwechselnd Hörner (wohl in den Binnensätzen) und Trompeten (zus. mit den Pauken in den Ecksätzen?) spielen. Heute würde ich im Zweifel an den Trompetenstellen die Hörner mitspielen lassen; ich vermute das wird auch mitunter so gemacht.)


    Wenn die mir vorliegende Partitur (ist allerdings `ne alte Eulenburgausgabe) nicht lügt, dürfte das mit den »zwei Musiker[n], die abwechselnd Hörner (wohl in den Binnensätzen) und Trompeten (zus. mit den Pauken in den Ecksätzen?) spielen« schwierig sein, da Trompeten und Hörner durchgehend parallel notiert sind. Vielleicht hat ja jemand (Bernd?) die neue kritische Ausgabe vorliegen (bzw. hat die Möglichkeit, flugs auf sie zuzugreifen) und kann das aufklären.



    Zu den Sätzen


    Zu den einzelnen Sätzen hat JR ja schon vor langer Zeit zentrales gesagt. Ich kopiere seine Ausführungen mal herunter und versuche etwas zu ergänzen, soweit mir denn etwas zu ergänzen bleibt.


    Erster Satz


    Zitat

    Johannes Roehl schrieb
    Der Kopfsatz (Vivace assai) ist festlich und mitreißend (Harnconourt schreibt "kriegerisch" vielleicht aufgrund der häufigen fanfarenartigen Motive), dabei kontrastreich und mit einer für Haydn erstaunlichen Fülle von Motiven (verglichen etwa mit dem praktisch monothematischen Hauptsatz von #85). Nach dem auffahrende Beginn wird die Phrase piano zu Ende geführt, bei der Wiederholung der Anfangsphrase treten die Holzbläsern mit einem zusätzlichen Motiv hinzu, später folgen die erwähnten Fanfaren, dann aber noch ein ganz eigener lyrischen Seitensatz, der auch in der Durchführung eine wichtige Rolle spielt. Am Ende der Reprise gibt es eine plötzlich sehr nachdenkliche Stelle, bevor die Fanfarenmotive den Satz furios beschließen.


    Bemerkenswert finde ich eigentlich schon die ungeheure Dichte und Dramatik des 1. Themas mit dem die Sinfonie anhebt. Allein in den ersten 15 Takten ist jede Menge los, wobei drei Elemente unmittelbar gegeneinander gesetzt werden: Eine im Tutti (f/ff) vorgetragene fanfarenartige Figur (T. 1-4) wird zunächst von einer eher zart-idyllischen Streicherpassage (p) beantwortet (T. 5-7) bevor sich eine gewaltige, rhythmisch-markante (Verbindung von zwei Sechzehnteln und zwei Achteln), energetisch-martialisch anmutende Passage (f/ff) anschließt (T. 8-20). Auffallend finde ich dabei die Dynamikvorschriften: in der fanfarenartigen Figur ist für die Streicher ff vorgeschrieben, während für Bläser und Pauken einfaches forte notiert ist. Dagegen ist in der martialischen Passage für Streicher und Holz einfaches forte vorgeschrieben, während für Blech und Pauken ff notiert ist – es die beiden Passagen erhalten somit auch ein durchaus markantes eigenständiges Klangbild.
    Es folgt eine längere überleitende Passage, in der das fanfarenartige und das martialische Motivmaterial eng miteinander verbunden werden und die somit fast schon Durchführungscharakter hat (mit einem umwerfenden Hohepunkt in den Sforzato-Seufzern in T. 51ff.), bevor ab T. 70 Flöte und 1. Violinen (begleitet von den 2. Violinen über einem ruhenden Orgelton des Fagotts [oder ist das schon ein Bordunton der den Tanzbären im Schluß antiizipiert?]) das lyrische 2. Thema (G-Dur) vortragen wird, das in einer engen Beziehung zum Material der lyrischen Streicherpassage aus T. 5-7 steht. Damit wird der starke Kontrast zwischen dramatisch-energetischem und lyrisch-idyllischem, der schon das erste Thema der Sinfonie bestimmte, gewissermaßen in der Themendialektik verdoppelt. Zugleich werden die beiden kontrastierenden Themen jedoch durch den Rückbezug des zweiten auf die Mittelpassage des ersten Themas eng verklammert. Großartig!
    Die Durchführung ist verhältnismäßig kurz (T.103-173 - naja, immerhin doch fast 70 Takte) aber ungeheuer dicht: sie beginnt mit der idyllischen Streicherpassage aus T. 5-7 an das sich energetische Tuttischläge anschließen. Das Fanfarenmotiv wird in der Folge sequenzierend verarbeitet (es erscheint auch in umgekehrter Gestalt) und mit dem energetisch-martialischen Material verschränkt. Die zweite Hälfte der Durchführung ist dann der Verarbeitung des 2. Themas gewidmet (ab T. 141) bevor die Seufzersforzati aus der Überleitung der Exposition vorübergehend das musikalische Geschehen bestimmen (ab T. 162-168 ). Eine kurze Passage im [p]piano[/p], die wie ein Atemholen wirkt, beschließt die Durchführung. In der in Takt 174 einsetzenden Reprise erhalten die energetisch-martialischen Momenten immer mehr Gewicht, die Coda (ab T. 248 ) schließlich vollständig von diesem Material bestimmt. Die von JR als »nachdenklich« beschriebenen Takte (T. 239-247) kurz vor Beginn der Coda, finde ich sehr bemerkenswert, weil sie fast wie ein ritardierendes Moment in das dem Ende des Satzes entgegenstürmende Geschehen eingefügt sind.
    Wiederholungen sind für Exposition und Durchführung/Reprise vorgeschrieben



    Zweiter Satz


    Zitat

    Das folgende allegretto bezeichnet Harnoncourt als Rondo; es ist aber wohl eher eine Art (Doppel-)Variationssatz (das sagen Feder/Larsen) mit einer Mollvariante und eher minimalistischen Variationen, gegen Ende gibt es eine Steigerung zu einer stampfenden Tanzszene mit rustikalen Dudelsackeffekten (durch liegende "Borduntöne"), was bereits auf das Finale hinweist.


    Ich würde den zweiten Satz zwar auch eher als (Doppel-)Variation beschreiben, dachte aber heute beim Durchhören mit Partitur, daß Harnoncourt vielleicht gar nicht so falsch liegt: immerhin tritt – zumindest wenn ich das richtig sehe - das Thema in den Dur-Passagen/-Variationen (ab T. 60 und ab T. 128 ) stets zunächst in der Grundgestalt auf, allenfalls ist es ein wenig anders instrumentiert. Irgendwo habe ich auch gelesen, der Satz würde im Schlußteil (wahrscheinlich ist ab T. 168 gemeint) Züge einer Verarbeitung im Sinne der Sonatensatzform aufweisen. Hm... Ich habe diesen Schlußteil bisher immer als eine 5. Variation angesehen (1. Variation ab T. 33; 2. Variation ab T. 60; 3. Variation ab T. 100; 4. Variation ab T. 128; 5. Variation ab T. 168, Coda ab T. 201).
    Obgleich sowohl das Thema als auch die Variationsarbeit eher einfach gehalten sind, gefällt mir der Satz ausnehmend gut – die durch die Sechzehntelbewegung in den Bässen sehr dynamisch vorantreibende 3. Variation, steht nicht nur im Zentrum des Satzes sondern hat IMO auch ganz klar den Charakter einer Klimax.



    Dritter Satz


    Zitat

    Das Menuett kombiniert den eher "heroischen" Aspekt des Kopfsatz mit ländlichen Klängen, letztere besonders im von Holzbläsern dominierten Trio, aber auch schon der Hauptteil ist von diesem Kontrast geprägt.


    Außerdem hat das Menuet für mein Empfinden einen sehr festlich-repräsentativen Charakter. Ein sehr schöner Satz, der auch zugleich den Enegetik-Lyrik-Kontrast des Kopfsatzes wieder aufnimmt – und zwar nicht erst durch die Gegenüberstellung von Menuet und Trio, sondern bereits im Menuet-Teil selbst.



    Vierter Satz


    Zitat

    Das Finale schließlich verlieh der Sinfonie wohl den Namen. Sowohl die Motivik als auch die eigenartige Instrumentation (die erste Antwort auf das Haupttthema mit wenigen Holzbläsern und Pauke) und schließlich die dröhnenden Borduntöne erinnerten die Zeitgenossen wohl an die Musik, zu der Tanzbären auftraten. Die Borduneffekte prägen den Charakter des Satzes, wobei die Durchführung allerdings auch mit polyphoner Themenverarbeitung aufwartet. Eine passendes Finale für eine von überschäumender Energie geprägte Sinfonie.


    Das ausgelassen derbe Finale ist - wie der Kopfsatz - ein Sonatensatz mit einem ausgeprägten Dualismus zweier deutlich kontrastierender Themen. Das Hauptthema (nennen wir’s mal den »Bärentanz«) wird zunächst im piano vorgestellt nach einem kurzen Zwischenspiel von Flöten und Violinen II wiederholt und nach G-Dur moduliert. Nach einer Fermate wird das Thema ab T. 32 ein drittes Mal (nun in G-Dur) präsentiert, allerdings nun vom vollen Orchester im forte. Nach einer Überleitung wird ein zwar zurückgenommeres, aber ebenfalls ländlich-ausgelassenes, tänzerisches 2. Thema (G-Dur) von den in parallenen Sexten geführten Oboen vorgetragen. Die Schlußgruppe der Exposition ist überaus lang und hat beinahe schon Verarbeitungscharakter.
    Bemerkenswert ist, daß Haydn in der Reprise den Einsatz des zweiten Themas verschleiert wird und eigentlich erst kurz vor Schluß auftaucht: Nach einer Generalpause in T. 235 erklingt eine verhaltene Pianopassage (T. 236-240), die in ihrer Wirkung an das ritardierende Moment gegen Ende des Kopfsatzes erinnert, worauf in T. 241 das 2. Thema nun im vollen Orchester, zwar im p. aber von Sforzatoschlägen akzentuiert einsetzt, bevor sich ab T. 250 eine Coda anschließt. Nach einer weiteren Generalpause in T. 273 wird die Sinfonie mit einer kurzen Stretta beschlossen.


    :faint:



    Etwas aus dem Nähkästchen und etwas zu verschiedenen Einspielungen


    Dieses, wie JR es oben IMO sehr treffend charakterisiert hat, »extrovertiert energetische, teils auch laute und zuweilen gar derb-ländliche Stück« ist ganz klar meine allerliebste Haydn-Sinfonie – und es ist zudem auch die erste Haydn-Sinfonie, die ich kennengelernt habe (sogar noch vor der Nr. 94). Mein Haydn-Vermittler war in diesem Falle – da habe ich eine ähnliche Erfahrung gemacht, wie Bernd sie im Falle einer anderen Haydn-Sinfonie geschildert hat – Herbert von Karajan. Ich habe mir damals in einem ollen Supermarkt, der auch ein paar Vinyls (vorwiegend EUROPA-Kinderhörspiele und Schlager aber eben auch einige Klassikscheiben) feilbot, eine LP aus der Karajan-Edition (die war in dem Laden recht gut vertreten – Ihr wißt schon: diese Reihe, bei der auf den Covern die wunderhübschen Aquarelle [»innere Landschaften« oder so ähnlich hieß das auf den Covern] von Ehefrau Eliette gezeigt wurde, die außerdem auch noch als »Kunstdrucke« beilagen... :wacky: ) gekauft. Auf der LP waren die 82. und die 83. Sinfonie. Zuhaus‘ bin ich gleich bei den ersten Takten weggeflogen und war bis zum Schluß absolut gefesselt von dieser hochdruck-energetischen, dramatischen Musik, die dabei zugleich völlig licht und festlich und pompös und optimistisch und hinreissend ist. Hab‘ die A-Seite dieser LP wochenlang in der Heavy-Rotation gehabt, bis ich mir dann endlich auch mal die B-Seite mit der g-moll-Sinfonie anhörte, die mir damals (ich war vielleicht 14 Jahre alt) im Vergleich ziemlich lasch vorkam. Naja, inzwischen mag ich die 83. auch sehr gern – aber die 82. ist mein Favorit geblieben. Die Karajan-Scheibe gib’s zwar noch in meiner Sammlung (man ist ja nicht frei von sentimentalen Nostalgien), aber inzwischen wird diese Sinfonie in anderen Einspielungen gehört. Aktuell befinden sich diese gültigen Interpretationen in meinem Bestand:


    Non-HIP
    L. Bernstein, NY Philharmonic (7:49 / 6:08 / 4:45 / 5:37)
    Ch. Dutoit, Sinfonietta Montreál (7:34 / 7:20 / 4:35 / 5:25)
    A. Fischer, Austro-Hungarian Haydn Orchestra (7:49 / 7:38 / 4:18 / 5:38 )


    HIP
    F. Brüggen (8:17 / 6:39 / 4:19 / 5:44)
    R. Goodman (11:06 / 7:50 / 5:07 / 5:23)
    S. Kuijken (8:30 / 9:00 / 4:25 / 5:56)



    Im Non-Hip-Sektor liegen für meinen Geschmack Bernstein und Dutoit ziemlich gleich auf, Fischer fällt demgegenüber ab. Alle drei lassen im Kopfsatz die Wiederholung von Durchführung/Reprise weg. Bei den Spielzeiten sind sich die Aufnahmen weitgehend gleich, Bernstein spielt das Allegretto mit 6:08 deutlich schneller. Seine Interpretation ist, da kann ich JR zustimmen, insgesamt packend und mitreißend, durchaus tendenziell schweißtreibend. Das Klangbild ist IMO etwas schwammig und intransparant, was sicherlich an der recht großen Besetzung liegt.
    Da ist Dutoit deutlich besser: der spielt zwar – trotz des zur »Sinfonietta Montreál« zusammengeschmolzenen Orchestre symphonique de Montreál – im Vergleich zu den HIPstern mit einem relativ großen Orchesterapparat, setzt aber ganz klar auf Durchhörbarkeit, was IMO nicht zuletzt auch an seinem Interpretationsansatz selbst liegt. Dieser Ansatz ist von schlanker, sehniger Energetik geprägt, da wird kein Detail, kein Spannungsmoment der großen Ausdrucksgeste geopfert oder einfach im Klangbild verschliffen. Während Bernstein den Säbel führt, ficht Dutoit mit dem Florett. Beide machen auf ihre Art ganz klar Punkte, da sie die jeweils gewählte Klinge kunstvoll zu führen wissen.
    Fischer finde ich hier insgesamt ganz solide, aber sein Zugriff ist neutraler, weniger akzentuiert und ziemlich pauschal. Störend finde ich das mulmige Klangbild und den starken, recht künstlich wirkenden Hall.


    Bei den HIP-Auffnahmen ist Brüggen IMO eine ziemliche Enttäuschung. Der Kopfsatz ist so kraft- und saftlos wie spannungsarm runtergespielt. Das wirkt fast schon ein wenig buchstabiert. Das Allegretto ist verhuscht und träge – die Kürze (er braucht nur 6:39) kommt zustande, weil er Wiederholungen ausläßt (das habe ich zwar heute nicht nochmals überprüft, es kann aber eigentlich nicht anders sein). Im Menut meint man anfangs, Brüggen wäre endlich aufgewacht – in Wirklichkeit wird aber in einer Art Wachkkoma musiziert: irgendwie kommt keine Energie in die Mucke, es schreitet zwar alles voran, kommt aber hinsichtlich des Ausdrucks nicht vom Fleck. Selbst das Finale will nicht richtig losgehen. Das ist recht hurtig gespielt, aber ausgelassene Derbheit wird dem Hörer nicht vermittelt.
    Kuijken finde ich da schon erheblich besser. Ihm gelingt es immerhin schön akzentuiert, tendenziell auch knackig musizieren zulassen und Langeweile weitgehend zu vermeiden – allein: mir ist das Tempo im Kopfsatz eindeutig zu langsam (ist überhaupt auffällig, daß Brüggen und Kuijken – beide lassen die Wiederholung von Durchführung/Reprise nicht spielen – im Kopfastz langsamer unterwegs sind als Bernstein, Dutoit und Fischer), manches wirkt dadurch etwas betulich und (wie JR schon schrieb) kontrastarm. Das Gefühl einer energetischen Spannung in der Musik will sich beim Hörer nicht einstellen. Der zweite Satz ist, auch da kann ich mich JR anschließen, recht fad heruntergespielt. Besser sind Menuet und Finale, wenngleich ich Kuijkens Menuet auch eher anämisch finde.
    Mit Abstand am besten unter den HIP-Einspielungen gefällt mir (wieder mal) Goodman, der auch als einziger in allen Sätzen sämtliche vorgeschriebenen Wiederholungen spielen läßt. Hier wird Haydn mit schroffer Höchstspannung und licherloh brennendem Feuer musiziert, Blech und Pauken werden messerschaft akzentuiert und gewinnen ungeheure, bisweilen herrlich lärmige Präsenz. Das wirkt sehr dramatisch und zugleich überaus festlich. Das Allegretto wird sehr schön voranschreitend gegeben, kein bissel verschleppt oder angekitscht und dennoch sehr apart und anrührend. Das Menuet hat wieder die energetische Festlichkeit des Kopfsatzes, das Finale einen schon fast aberwitzigen Drive. Das Klangbild das Goodman mit der Hanover Band erzeugt, muß man allerdings schon mögen: das ist weit entfernt von jedem blanken Schönklang, das hat Ecken und Kanten, eine Tendenz zum Derb-Lärmenden, das Blech fährt ziemlich schroff heraus. Das Cembalo ist deutlich präsenter als in der Kuijken-Aufnahme, wird aber bei weitem nicht so beinahe schon konzertant geführt, wie Goodman das bei einigen anderen Haydn-Sinfonien macht. Ich bin ja ohnehin ein Freund der Goodmanschen Haydn-Interpretationen, aber seine Interpretation der 82. sticht einfach nochmals heraus: das ist IMO einfach exorbitant. Ich kann die Aufnahme eigentlich nur jedem nachdrücklich ans Herz legen – auch wenn man meint die 82. gut zu kennen: was man hier geboten bekommt, ist absolut unerhört und umwerfend !


    Meine drei Favoriten bei der 82. (wie bei den Pariser Sinfonien überhaupt) sind also: Roy Goodman sowie Leonard Bernstein und Charles Dutoit.


    Viele Grüße,
    Medard

  • Zitat

    Original von Klawirr


    Wenn die mir vorliegende Partitur (ist allerdings `ne alte Eulenburgausgabe) nicht lügt, dürfte das mit den »zwei Musiker[n], die abwechselnd Hörner (wohl in den Binnensätzen) und Trompeten (zus. mit den Pauken in den Ecksätzen?) spielen« schwierig sein, da Trompeten und Hörner durchgehend parallel notiert sind. Vielleicht hat ja jemand (Bernd?) die neue kritische Ausgabe vorliegen (bzw. kann flugs auf sie zugreifen) und kann das aufklären.


    Daß man heute eh vier Musiker hat, nehme ich auch an. Im andante schweigen Trompeten und Pauken. Gerade bei Harnoncourt hatte ich jedenfalls im Kopfsatz das Gefühl, daß er beide spielen läßt, im Finale schienen es dagegen nur Trompeten zu sein.


    Zitat


    Zweiter Satz
    Obgleich sowohl das Thema als auch die Variationsarbeit eher einfach gehalten sind, gefällt mir der Satz ausnehmend gut – die durch die Sechzehntelbewegung in den Bässen sehr dynamisch vorantreibende 3. Variation, steht nicht nur im Zentrum des Satzes sondern hat IMO auch ganz klar den Charakter einer Klimax.


    Für mich ist der Höhepunkt eher die um-ta-Bärentanzvorwegnahme kurz vor Schluß. Mir gefällt der Satz ebenfalls sehr gut (Ohrwurm!), er kann aber in den falschen Händen etwas banal und repetitiv wirken. Hier ist Harnoncourt wirklich hervorragend. Die sehr differenzierte und "sprechende" Artikulation läßt niemals diesen Eindruck erscheinen. Dagegen sind allle anderen etwas flach.


    Zitat


    Dieses, wie JR es oben IMO sehr treffend charakterisiert hat, »extrovertiert energetische, teils auch laute und zuweilen gar derb-ländliche Stück« ist ganz klar meine allerliebste Haydn-Sinfonie – und es ist zudem auch die erste Haydn-Sinfonie, die ich kennengelernt habe (sogar noch vor der Nr. 94).


    Ich habe sie ziemlich spät kennengelernt, in der Aufnahme Hugh Wolffs, die zwar schlank, brillant gespielt und klangschön ist, aber eben ein bißchen zu elegant und nicht lärmig genug. Dennoch ist sie mit 86 (deren Binnensätze einfach unschlagbar sind, beim Finale Gleichstand und im Kopfsatz ziehe ich 82 vor) mein Favorit unter den Parisern.


    Zitat


    Mein Haydn-Vermittler war in diesem Falle – da habe ich eine ähnliche Erfahrung gemacht, wie Bernd sie im Falle einer anderen Haydn-Sinfonie geschildert hat – Herbert von Karajan. Ich habe mir damals in einem ollen Supermarkt, der auch ein paar Vinyls (vorwiegend EUROPA-Kinderhörspiele und Schlager aber eben auch einige Klassikscheiben) feilbot, eine LP aus der Karajan-Edition (die war in dem Laden recht gut vertreten – Ihr wißt schon: diese Reihe, bei der auf den Covern die wunderhübschen Aquarelle [»innere Landschaften« oder so ähnlich hieß das auf den Covern] von Ehefrau Eliette gezeigt wurde, die außerdem auch noch als »Kunstdrucke« beilagen... :wacky: ) gekauft. Auf der LP waren die 82. und die 83.


    Ich erinnere mich. Die gab es auch als MCs und später CDs, oder war es in der Zeit ab ca. 86/87, als es alle drei Medien parallel gab? Erstaunlich, daß da nicht nur 94 oder 104, sondern tatsächlich zwei Pariser dabei waren. Hatte HvK die vorher schonmal aufgenommen oder waren das die Digitalaufnahmen von ca. 1980?)


    Zitat


    Mit Abstand am besten unter den HIP-Einspielungen gefällt mir (wieder mal) Goodman, der auch als einziger in allen Sätzen sämtliche vorgeschriebenen Wiederholungen spielen läßt. Hier wird Haydn mit schroffer Höchstspannung und lichterloh brennendem Feuer musiziert, Blech und Pauken werden messerschaft akzentuiert und gewinnen ungeheure, bisweilen herrlich lärmige Präsenz. Das wirkt sehr dramatisch und zugleich überaus festlich. Das Allegretto wird sehr schön voranschreitend gegeben, kein bissel verschleppt oder angekitscht und dennoch sehr apart und anrührend. Das Menuet hat wieder die energetische Festlichkeit des Kopfsatzes, das Finale einen schon fast aberwitzigen Drive. Das Klangbild das Goodman mit der Hanover Band erzeugt, muß man allerdings schon mögen: das ist weit entfernt von jedem blanken Schönklang, das hat Ecken und Kanten, eine Tendenz zum Derb-Lärmenden, das Blech fährt ziemlich schroff heraus. Das Cembalo ist deutlich präsenter als in der Kuijken-Aufnahme, wird aber bei weitem nicht so beinahe schon konzertant geführt, wie Goodman das bei einigen anderen Haydn-Sinfonien macht. Ich bin ja ohnehin ein Freund der Goodmanschen Haydn-Interpretationen, aber seine Interpretation der 82. sticht einfach nochmals heraus: das ist IMO einfach exorbitant. Ich kann die Aufnahme eigentlich nur jedem nachdrücklich ans Herz legen – auch wenn man meint die 82. gut zu kennen: was man hier geboten bekommt, ist absolut unerhört und umwerfend !


    Als eigentlich kein allzugroßer Freund der Goodmanschen Haydn-Interpretationen muß ich hier gleichwohl zustimmen. Das ist die mit deutlichem Abstand beste unter den mir bekannten (ich habe 4 oder 5 CDs seiner Reihe, allerdings noch nicht alle besonders intensiv gehört) von Goodman. (In der Tat finde ich nach dieser 82 seine 83 ziemlich enttäuschend: schnell, aber etwas blaß und wenig dramatisch). Die Trompeten und besonders die Pauken sind fast schon überpräsent (und übertönen damit weitgehend das Cembalo :D), aber hier funktionierts.


    Harnoncourt wartet mit einem etwas größeren Orchester auf, wodurch Blech und Pauken nicht ganz so dominieren wie bei Goodman (aber immer noch präsenter und lärmiger sind als überall sonst), nimmt in den Ecksätzen etwas langsamere Tempi (z.B. 12 min gegenüber 11 bei Goodman). Insbesondere scheut er aber nicht vor Rubato, "Luftpausen" und einigen anderen Dingen zurück, die die Kontraste maximieren, manchem aber manieriert scheinen mögen und mitunter den Fluß ein wenig stören können. (Und er macht eine Wiederholung von Durchf. +Reprise im Finale, die bei Goodman zu fehlen scheint.) Ich finde es aber jedenfalls faszinierend und das ist vielleicht mit 83 mein Favorit in seinem Set. Was ich insgesamt sehr hörenswert finde, aber gegenüber der übliche Geradlinigkeit der meisten HIP-Lesarten dürfte hier manches manchen irritieren.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Zitat

    Original von Klawirr


    Wenn die mir vorliegende Partitur (ist allerdings `ne alte Eulenburgausgabe) nicht lügt, dürfte das mit den »zwei Musiker[n], die abwechselnd Hörner (wohl in den Binnensätzen) und Trompeten (zus. mit den Pauken in den Ecksätzen?) spielen« schwierig sein, da Trompeten und Hörner durchgehend parallel notiert sind. Vielleicht hat ja jemand (Bernd?) die neue kritische Ausgabe vorliegen (bzw. kann flugs auf sie zugreifen) und kann das aufklären.


    Mache ich gern. Die Lage ist allerdings nicht unkompliziert.


    Der entsprechende Band der im Henle-Verlag erscheinenden kritischen Ausgabe ist Joseph Haydn, Pariser Sinfonien, 2. Folge, hrsg. von Sonja Gerlach und Klaus Lippe, München 1999.


    Im Vorwort (S. VIII) bemerken die Herausgeber:


    In der C-Dur-Sinfonie 82 werden zu den Pauken nur Trompeten oder Hörner verlangt. Dabei sind in Haydns Autograph erstaunlicherweise im 1. Satz die Corni, im 3. und 4. Satz die Clarini an erster Stelle genannt. - In der Wiener Erstausgabe (Artaria) gibt es Stimmen für beide Instrumente, in der Pariser Erstausgabe (Imbault) und in der primären abschriftlichen Überlieferung [zwei Abschriften aus Haydns Umkreis in Budapest und London] nur für Hörner.


    In der Partituranordnung des in Paris aufbewahrten Autographs wird das folgendermaßen aufgelistet:


    1. Satz: 2 Corni in C o Clarini
    2. Satz: 2 Corni in F
    3. Satz: 2 Clarini o Corni in C
    4. Satz: 2 Clarini o Corni in C



    Im kritischen Bericht argumentieren die Herausgeber (S. 195):


    Wie W [die Artaria-Duckausgabe, deren Druckfahnen Haydn durchgesehen hat] zu den Cln.-Stimmen kommt, ist fraglich. Haydns Anweisung "Corni o Clarini" (und ähnlich) in A [dem Autograph] hat sich in keiner anderen Quelle erhalten, dürfte also auch in Alpha [dem nicht erhaltenen Esterhazyschen Uraufführungsmaterial] nicht überliefert gewesen sein. Cln.I/II enthalten in W dieselben Noten wie Cor.I/II (auch an den Baßschlüssel-Stellen!), schweigen aber im langsamen Satz und im Trio, wie in A vorgeschrieben. Allerdings braucht die Tacet-Vorschrift nicht auf A zurückzugehen, da es einer verbreiteten Tradition entspricht, im langsamen Satz und in einem solistischen Trio auf Pauken und Trompeten zu verzichten. Die Cor.- und Cln.-Stimmen von W weisen keinen gemeinsamen Fehler auf, haben im Gegenteil beträchtliche Divergenzen in der Vortragsbezeichnung und bei den Haltebögen. Die Cln.-Stimmen müssen also eine andere Vorlage gehabt haben als die Cor.-Stimmen. Es ist nicht auszuschließen, daß Haydn mit Artaria verabredete, daß Trompetenstimmen gestochen werden sollten (ohne daß Haydn welche komponierte), doch ist eher zu vermuten, daß Artaria die Stimmen von sich aus ergänzte, weil die Besetzung mit Pauken und Trompeten für eine C-Dur-Sinfonie damals schon zur Norm gehörte. Die Stimmen Cln.I/II von W sind dem Stichbild nach getrennt von den übrigen Stimmen hergestellt, mithin vermutlich nachträglich hinzugefügt worden. Daß Cln.I/II weder in B [die Budapester Abschrift nach W] noch in einem der Nachdrucke von W überliefert sind (Timp. aber wohl), unterstützt die Vermutung einer etwas späteren Entstehung.


    Soweit unsere Freunde von der philologischen Abteilung. :faint:


    Ich bin mir natürlich nicht sicher, aber glaube eigentlich nicht, jemals eine Aufnahme oder Aufführung ohne Trompeten gehört zu haben. Von mir aus können sie auch noch Posaunen dazunehmen. :D


    Zur Musik selbst sag ich dann beizeiten auch noch was.



    Viele Grüße


    Bernd


  • Die Sache ist außerdem, daß Corni in C *alto* Trompeten beinahe vollwertig ersetzen können, anders als heutige Hörner (und es gibt einige frühe Sinfonien, wo solche Hörner gemeinsam mit Pauken auftreten). Während die F-Hörner im allegretto angemessen im Hintergrund verbleiben würden. Soweit ich weiß ist aber die Nr. 90 in C-Dur mit Corni in C alto und mit Trompeten/Pauken besetzt (wobei das philologisch vermutlich ähnlich diffizil ist und einiges (von Haydn erwartete und sanktionierte?) Ergänzungen des Verlegers sein könnten.
    Mein Fazit: Im Zweifel in den Ecksätzen beides besetzen und bitte so spielen, daß man sie HÖRT, nicht als höfliches Hintergrundgedudel :D


    Es gibt jedenfalls eine Stelle, kurz vor der Reprise im Finale, wo man deutlich hören sollte, was spielt. Ich bin jetzt zu träge, alle meine Aufnahmen durchzuhören, aber eben bei Harnoncourt waren es klar Trompeten, ich bin mir aber sicher, auch schon mal hohe Hörner (die schmettern weniger, klingen etwas runder, aber sehr charakteristisch und eindrucksvoll) vernommen zu haben.


    viele Grüße


    JR

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Und er [Harnoncourt] macht eine Wiederholung von Durchf. +Reprise im Finale, die bei Goodman zu fehlen scheint.


    Du hast recht! Ich habe die Goodman Einspielung eben nochmals gehört (ganz unabhängig von Deiner Bemerkung) und kann das bestätigen: er läßt da nix wiederholen.
    Ich hab' oben also gelogen - bzw. fast gelogen: In meiner ollen Eulenburg-Partitur ist im Finale nämlich keine Wiederholung für Durchführung/Reprise vorgeschrieben. Da scheint Goodman die Quellen nicht genau studiert zu haben - oder Harnoncourt hat eine Wiederholungsvorschrift herbeiphantasiert.


    Bernd?!


    Viele Grüße,
    Medard

  • Zitat

    Original von Klawirr


    Du hast recht! Ich habe die Goodman Einspielung eben nochmals gehört (ganz unabhängig von Deiner Bemerkung) und kann das bestätigen: er läßt da nix wiederholen.
    Ich hab' oben also gelogen - bzw. fast gelogen: In meiner ollen Eulenburg-Partitur ist im Finale nämlich keine Wiederholung für Durchführung/Reprise vorgeschrieben. Da scheint Goodman die Quellen nicht genau studiert zu haben - oder Harnoncourt hat eine Wiederholungsvorschrift herbeiphantasiert. Bernd?!


    Das glaube ich nicht; Goodman räumt im Beiheft ein, einige Wdh. "aus dramatischen Gründen" weggelassen zu haben. Es fehlt auch die im Kopfsatz von 83 (ich finde gerade die CD nicht...). Aber insgesamt ist er nach/gemeinsam mit Hogwood und Harnoncourt vermutlich der, der am strengsten Wdh. befolgt. Er macht soweit ich sehe auch immer (oder fast) beim Dacapo des Menuetts die Wdh. Weil, Kuijken, Brüggen sind da wesentlich weniger konsequent.


    JR

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    Original von Klawirr
    Da scheint Goodman die Quellen nicht genau studiert zu haben - oder Harnoncourt hat eine Wiederholungsvorschrift herbeiphantasiert. Bernd?!


    Harnoncourt hat Recht, auch Goodman und alle anderen hätten das spätestens seit der Robbins-Landon-Edition von 1963 wissen können.


    Goodman lässt aber auch bei einigen frühen Sinfonien gerne mal vorgeschriebene Wiederholungen weg. Was ich ehrlich gesagt nicht immer von Nachteil finde. Selbst beim Finale von 82 bin ich gespalten - natürlich nicht wegen der Qualität der Musik, sondern aufgrund des so ungeheuer "final" wirkenden Endes. Wir hatten das ja in etwas anderer Form beim Kopfsatz von 96 mit der Finscher'schen "Katastrophe" schon mal.



    Viele Grüße


    Bernd

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  • Zitat

    Original von Zwielicht


    Harnoncourt hat Recht, auch Goodman und alle anderen hätten das spätestens seit der Robbins-Landon-Edition von 1963 wissen können.


    Goodman lässt aber auch bei einigen frühen Sinfonien gerne mal vorgeschriebene Wiederholungen weg. Was ich ehrlich gesagt nicht immer von Nachteil finde. Selbst beim Finale von 82 bin ich gespalten...


    Ich bin bei ziemlich vielen davon gespalten (eigentlich auch beim Kopfsatz dieses Werks z.B). Habe aber den Eindruck, daß da bei Goodman teils auch eine Rolle spielte, was man noch auf eine CD quetschen kann. ;)
    Jedenfalls scheint das oft eher pragmatisch als nach Prinzipien oder Überzeugungen entschieden zu werden. Bei einigen Finalsätzen wie denen von 83 und 87, die sonst ziemlich kurz wären, machen dann auch die die Wdh., die sonst viele weglassen. Rattle macht in 90 (Birmingham) die dramaturgisch sehr fragwürdige Wdh. im Finale, aber im Kopfsatz, wo sie laut Eulenburg-Partitur auch vorgeschrieben ist, läßt er sie weg...


    viele Grüße


    JR

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    Original von Johannes Roehl
    Ich erinnere mich. Die gab es auch als MCs und später CDs, oder war es in der Zeit ab ca. 86/87, als es alle drei Medien parallel gab? Erstaunlich, daß da nicht nur 94 oder 104, sondern tatsächlich zwei Pariser dabei waren. Hatte HvK die vorher schonmal aufgenommen oder waren das die Digitalaufnahmen von ca. 1980?)


    Wenn ich das recht erinnere, muß ich die Scheibe etwa 1983 oder 1984 gekauft haben. Ich müßte jetzt in den Keller gehen, um das zu überprüfen, aber ich meine, daß es sich schon um die Digitalaufnahme handelt. Das schaue ich nächstens mal nach...


    Viele Grüße,
    Medard

  • Zitat

    Original von Klawirr


    Wenn ich das recht erinnere, muß ich die Scheibe etwa 1983 oder 1984 gekauft haben. Ich müßte jetzt in den Keller gehen, um das zu überprüfen, aber ich meine, daß es sich schon um die Digitalaufnahme handelt. Das schaue ich nächstens mal nach...


    Karajan hat die Pariser Sinfonien nur einmal aufgenommen, 1981.* Das waren schon Digitalaufnahmen.


    Solche prägenden Ersthörererlebnisse kann man doch nicht in den Keller verbannen... :no: :D



    Viele Grüße


    Bernd


    *Nachträgliche Korrektur: Nr. 83 wurde von HvK schon mal 1971 zusammen mit 101 und 104 für EMI eingespielt (Berliner Philharmoniker).

  • Zitat

    Original von Zwielicht


    Karajan hat die Pariser Sinfonien nur einmal aufgenommen, 1981. Das waren schon Digitalaufnahmen.


    Solche prägenden Ersthörererlebnisse kann man doch nicht in den Keller verbannen... :no: :D


    Und Elliettes Aquarelle erst recht nicht!
    Daher ja meine Verwunderung; ich habe aus einer etwas späteren Zeit (ca. 1987-89) die Reihe auf CD als eine in Erinnerung, in der hauptsächlich seine Aufnahmen der 60er günstig an den Mann gebracht werden sollten, die Finanzkräftigen sollten natürlich die digitalen Neueinspielungen kaufen.
    Wie auch immer, ich finde es eine gute Wahl, Haydn in solch einer Reihe mal nicht nur mit einer Kombination aus 94/100/101/103/104 zu repräsentieren.


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Ist zwar irgendwie OT, aber ich kann nicht anders...


    Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Und Elliettes Aquarelle erst recht nicht!


    Stimmt! :hahahaha:


    Zitat

    Daher ja meine Verwunderung; ich habe aus einer etwas späteren Zeit (ca. 1987-89) die Reihe auf CD als eine in Erinnerung, in der hauptsächlich seine Aufnahmen der 60er günstig an den Mann gebracht werden sollten, die Finanzkräftigen sollten natürlich die digitalen Neueinspielungen kaufen.


    Das ist wohl richtig - allerdings waren auch Aufnahmen jüngeren Datums dabei: Brahms 1. hatte ich auch aus der Reihe und das war die Aufnahme aus den 1970ern (ca. 1977); seine frühere für die DGG gab's zu der Zeit bereits in der Resonance-Reihe.


    Viele Grüße,
    Medard



    p.s.:



    Jetzt war ich doch im Keller: Ist die Digitalaufnahme aus 1981. Auf der Scheibe ist aber neben der 82. Sinfonie nicht die 83. sondern die 85. enthalten. So kann man sich irren...

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  • Hallo!


    Inzwischen habe ich ja noch die Harnoncourt-Aufnahme kennengelernt. Da gehts mit ordentlich Spaß und Krawumm zur Sache, ohne daß die Feinheiten der Symphonie darunter leiden müßten. Es macht mir eine Riesenfreude, diese Aufnahme zu hören! :yes::yes::yes:
    Die 82 ist mein Favorit unter Harnoncourts Pariser-Aufnahmen und Harnoncourt mein Favorit unter den 82-Aufnahmen.



    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Ich bin bei ziemlich vielen davon gespalten (eigentlich auch beim Kopfsatz dieses Werks z.B).


    Das sehe ich ganz ähnlich. Bei einigen/vielen der frühen Sinfonien empfinde ich die Wiederholung von Durchführung+Reprise meist als eher positiv – und zwar nicht zuvorderst deshalb, weil die Sätze so gestreckt werden, sondern weil eine Wiederholung hier häufig nicht der Dramaturgie der Komposition entgegensteht, andererseits eine Wiederholung zumeist auch nicht zu einem Langeweile-Faktor wird. Ausnahmen gibt’s naklar: beim »Philosophen« etwa könnte von mir aus im Kopfsatz gut und gern auf die Wiederholung von D/R verzichtet werden.


    Das sieht bei den späteren Sinfonien anders aus: hier steht IMO eine Wiederholung von D/R häufig der Dramaturgie des musikalischen Geschehens entgegen (das hatten wir – Bernd hat schon drauf hingewiesen – im Kontext der Nr. 96 schonmal andiskutiert).
    Im Falle der 82. gilt das für den Kopfsatz, aber mehr noch für den Vierten. Beide Sätze schließen mit doch sehr finalen Figuren. Im Kopfsatz empfinde ich die Wiederholung allerdings nicht eigentlich als störend, doch mindestens als ziemlich unnötig. Das Finale aber wird mit einer Stretta beschlossen, die für mein Empfinden ein Wiedereinsetzen der Durchführung als geradezu absurd erscheinen ließe.


    Ich habe bisher noch keine Einspielung gehört, in der die Wiederholung im Finale ausgespielt wird, werde mir aber jetzt ganz sicher Harnoncourt zulegen – nicht allein deswegen sondern natürlich auch, weil die Interpretation hier verschiedentlich empfohlen worden ist. ;)


    Viele Grüße,
    Medard

  • Na, hier ist aber ganz schön der Bär los! :untertauch:


    Diese hier ist meine zweitliebste Pariser; was für phantastische Ecksätze! Vor allem der Kopfsatz hat es mir angetan. Die Symphonie habe ich zu einem Zeitpunkt kennengelernt, zu dem ich ziemlich wenig mit Haydn-Symphonien anfangen konnte, und trotzdem, diesem Satz konnte weder ich noch Kuijken mich entziehen, wohingegen ich mit dem Pariser Rest nicht sofort warmgeworden bin.


    Den zweiten Satz habe ich mir in den letzten Wochen schöngehört, und inzwischen liebe ich das charmante Thema, das ich vormals ein wenig banal in Erinnerung hatte. Von den Variationen mag ich besonders die dritte mit ihrem Stimmungswechsel von energisch nach zierlich und zurück und die vierte wegen der Bläserbehandlung und des Übergangs in den Schlussabschnitt, der mit den Streichertremoli auch sehr schön ist.


    Das majestätische Menuett gefällt mir ebenfalls gut, so dass die Symphonie für mich insgesamt eine sehr runde Sache ist.


    Wiederholungen von Durchführung und Reprise kann ich i.A. bisher nicht besonders viel abgewinnen, im Prinzip könnte ich zur Not auch auf die Expositionswiederholung verzichten, wenn dadurch kein Material verloren geht



    Gruß,
    Spradow.

  • Meine Reise durch sämtliche Haydn-Sinfonien geht weiter und gestern Abend habe ich, statt auf das Regietheater einzugehen, die drei Einspielungen der Nr. 82, die ich habe, angehört: The Hanover Band unter Roy Goodman, The Orchestra of the Age of Enlightenment unter Sigiswald Kuijken und Tafelmusik unter Bruno Weil.


    <img src="https://www.dropbox.com/s/b0drk6c2ga9spn2/Goodman.jpg?dl=0" alt="Goodman.jpg?dl=0" title="Goodman.jpg?dl=0" style="font-size: 0.9em;" /> <img src="https://www.dropbox.com/s/hxwsxb82hgpbc8d/Kuijken.jpg?dl=0" alt="Kuijken.jpg?dl=0" title="Kuijken.jpg?dl=0" style="font-size: 0.9em;" /> <img src="https://www.dropbox.com/s/norxp61ph5a9xge/Weil.jpg?dl=0" alt="Weil.jpg?dl=0" title="Weil.jpg?dl=0" style="font-size: 0.9em;" />


    Klanglich ist für mich Tafelmusik deutlich überlegen, satter und voller als bei den anderen beiden Einspielungen und gleichzeitig transparenter. Beim Orchestra of the Age of Enlightenment kommt es mir so vor, als ob die Geigen schon fast übersteuert aufgenommen worden wären.


    Was die Interpretation angeht, so kann ich hier nicht einfach Unterschiede beschreiben und die Einspielungen ansonsten nebeneinander stehen lassen, sondern auch hier ergibt sich für mich eine klare Reihenfolge: Kuijken und Weil sind deutlich temperamentvoller als Goodman, wobei Goodman im Vergleich viel »kultivierter« zu Werke geht. Bei Kuijken kommt es mir fast wie ein »Hau-drauf-Musizieren« vor (oder ungestüm, um es positiver auszudrücken). Weil dagegen ist auch sehr lebhaft, aber gleichzeitig macht er viel mehr hörbar. Ich meine, dass ich bei ihm viele kleine Details wahrnehme, ohne dass man den Eindruck hat, er verliert den Faden oder er verzettelt sich. Alles bleibt schwungvoll, der musikalische Fluss wird nirgends unterbrochen, die Sinfonie »lebt« bei ihm, ich gehe mit wie bei keiner der beiden anderen Aufnahmen. Grandios und mitreißend ist hier auch das Vivace-Finale, obwohl es mir schon wieder falsch vorkommt, einen einzelnen Satz herauszuheben.

  • Ich höre mit größtem Vergnügen in die Aufnahme unter Adam Fischer. Die charakteristische, noble Elegeanz, pompös bisweilen, weicht nachher einer recht unbekümmerten, auftrumpfenden, mehr grob geschnitzten als fein ziselierten Musik. Da tanzt der Bär tatsächlich. Die Aufnahme stammt immerhin schon aus dem Jahr 1991, dafür ist der Klang sehr ordentlich, finde ich, zumal hier auch an historische Stätte aufgenommen wurde, nämlich im Haydnsaal in Schloss Esterházy. Das Werk sprüht vor Lebensfreude, und insbesondere das Finale ist ein echter Geniestreich. Ein absolutes Highlight unter den Haydn-Symphonien, wie ich finde.

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  • Ich höre mit größtem Vergnügen in die Aufnahme unter Adam Fischer. Die charakteristische, noble Elegeanz, pompös bisweilen, weicht nachher einer recht unbekümmerten, auftrumpfenden, mehr grob geschnitzten als fein ziselierten Musik. Da tanzt der Bär tatsächlich. Die Aufnahme stammt immerhin schon aus dem Jahr 1991, dafür ist der Klang sehr ordentlich, finde ich, zumal hier auch an historische Stätte aufgenommen wurde, nämlich im Haydnsaal in Schloss Esterházy. Das Werk sprüht vor Lebensfreude, und insbesondere das Finale ist ein echter Geniestreich. Ein absolutes Highlight unter den Haydn-Symphonien, wie ich finde.

    Lieber Don_Gaiferos, der Abend hier im Forum war etwas schwierig, aber du lenkst das jetzt wieder in die richtige Bahn: Danke für die Anregung, ich werde mir den Fischer jetzt als positiven Abschluss des Abends einlegen. :) (Nächste Woche höre ich Nr.103 im Konzert - freue mich darauf sehr!)

  • Wenn ich an die Sinfonien HAYD's denke, dann ist für mich diesem Namen auch unwillkürlich der Name ANTAL DORATI verbunden. In den 70er Jahren hatte er mit den aus Ungarn emigrierten Musikern der PHILHARMONIA HUNGARICA, die er von einem eher durchschnittlichen zu einem absolut konkurrenzfähigen Orchester formte, als erster sämtliche 104 HAYDN-Sinfonien auf Schallplatte eingespielt. So erstaunlich ist es ja auch nicht, daß ein Ungar eine besondere Seelenverwandtschaft zu HAYDN verspürte, der ja ganz in der Nähe der ungarischen Grenze geboren wurde.


    Und DORATI, dieser von jeher permanent unterschätzte in Ungarn gebürtige Dirigent spielt HAYDN mit schlankem Ton, straffer Rhythmik,feinnervig, stets wunderbar durchhörbar, und in den langsamen Sätzen sensibel und Wärme ausstrahlend, dazu im Kontrast temperamentvolle, aber nicht überhetzte Allegri. Er achtet auf präzise Phrasierung und arbeitet die einzelnen spezifischen Elemente in HAYDN's Musik plastisch heraus. Für mich ist deshalb diese Sinfonie Nr. 82 mit der PHILHARMONIA HUNGARICA, wie übrigens insbesondere auch seine Einspielung von HAYDN's Sinfonie Nr. 101 "Die Uhr" mit dem LONDON SYMPHONY ORCHESTRA, eine Referenzaufnahme. Und trotz des Alters dieser bei TELDEC erschienenen Aufnahme ist der Klang der Wiedergabe exzellent ud sehr präsent.


    Gewiß ist auch die ADAM FISCHER Einspielung, wie übrigens auch die von SIR NEVILLE MARRINER, ausgezeichnet , doch ist diese DORATI-Aufnahme nach meinem Geschmack auf ihre Art eine sehr hörenswerte Alternative.





    wok

  • Ich erinnere mich noch gutdaran als in den frühen 70er Jahren eine Langspielpallte nach der anderen mit Sinfonien von joseph Haydm mit der Philharmonica Hungarica erschien. Der damalige Kritiker (HIFI Stereophoniie oder Fono Forum - daran erinnere ich mich nicht mehr) schrieb bei der Veröffentlichung ein der dieser Folgen in etwa (aus dem Gedächtnis zitiert) "So lobenswert uns sympathisch dieses Projekt auch ist, es ist schwer zu überhören, daß die Philharmonica Hungarica leider kein Klangkörper der ersten Reihe ist."

    Ich glaub, daß diese Kritik eine skeptische Haltung zu diesen Aufnahmen hervorgerufen hat -weitgehend zu Unricht wie ich heute meine. Ich habe die Aufnahme mit Vergnügen gehört. Leider ist die Gesamtaufnahme bereits gestricen - und wie ich soeben sehe, die hier vorgestellte Cd m,it den Pariser Sinfonien ebenso. Welch Glück, daß sie inzwischen schon in meiner Sammlung ist.....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • In meiner Sammlung befinden sich u.a. zwei schöne Aufnahmen, natürlich älteren Datums, die aber trotzdem noch immer ein Hörvergnügen sind:

    Ernest Ansermet mit dem Orchestre de la Suisse Romande (Aufnahme: 4/1962, Victoria Hall, Genf).


    Ansermet bevorzugt moderate Tempi, vor allem das Menuett erscheint beim ersten Hören etwas schwerfällig, ist dafür aber sehr sorgfältig ausmusiziert. Die Sinfonie "Der Bär" gibt es hier zusammen mit allen "Paris"-Sinfonien in einem schön ausgestatteten 2 CD-Album.


    Dann empfehle ich noch diese "olle Kamelle":

    Günter Wand und das Gürzenich-Orchester Köln (Aufnahme: 1959, Köln). Die Angabe auf dem Cover "Cologne Philharmonic Orchestra" ist eine Fehlinformation. Es handelt sich hier um eine Aufnahme für einen Schallplattenclub, aus der Zeit, als Günter Wand noch nicht weltbekannt, sondern ehr nur eine "lokale Größe" war. Die CD gab es vorübergehend als Lizenzausgabe bei EMI-Electrola in der Billigserie "Meisterwerk". Klanglich ist sie frühes Stereo, aber recht transparent und räumlich, und musikalisch ein schönes Zeugnis Wands aus seiner Kölner Zeit. Im Vergleich zu Ansermet schlägt Wand recht flotte Tempi an.


    In beiden Fällen handelt es sich um Aufnahmen aus einer Zeit, als Haydns Sinfonien auf LP noch Raritäten darstellten. Die berühmte erste GA aller Sinfonien erschien in den 1970er Jahren auf DECCA, mit Antal Dorati und der in Marl/Westf. ansässigen Philharmonia Hungaria. Das war ein Orchester von ungarischen Exilanten, die nach dem Volksaufstand 1956 geflüchtet waren. Das Orchester wurde bis zum Ende der Ost-West-Konfrontation 1990 von der deutschen Regierung gesponsert. Nach Einstellung der finanziellen Unterstützung mußte sich das Orchester auflösen. Es war sicher kein Spitzenensemble der allerersten Reihe, aber längst nicht so schlecht, wie es von manchen Kritikern dargestellt wurde. Im Gegenteil, Dorati hat ganz beachtliche und durchaus konkurrenzfähige Aufnahmen mit ihm hergestellt, die sich hinter manchen berühmterer Ensembles nicht zu verstecken brauchen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • "Der Bär" war von Anfang an neben Nr. 86 mein Favorit unter den Pariser Symphonien.



    Unter den klassischen Aufnahmen vor der HIP-Ära ganz weit vorne Bernstein mit dem New York Philharmonic (Aufnahme: Manhattan Center, New York, 7. Mai 1962). Klanglich für eine so alte Einspielung auch wirklich gelungen (ich beziehe mich auf die Ausgabe in der großen Haydn-Box; evtl. klingen die älteren Ausgaben schlechter).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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