Hallo, liebe Musikfreunde,
Beethoven schrieb diese Sonate 1809. Dies ist seine einzige Sonate mit einem klaren Programm:
1 Satz „Das Lebewohl“ (Les adieux): Adagio - Allegro
2. Satz „Abwesenheit“ (L’absence): Andante espressivo, In gehender Bewegung, doch mit Ausdruck
3. Satz „Das Wiedersehn“ (Le retour): Vivacissimamente – Poco Andante, Im lebhaftesten Zeitmaße
Die Sonate ist seinem Gönner Erzherzog Rudolph gewidmet, der im Mai 1809 mit der kaiserlichen Familie Wien aus Furcht vor den anrückenden Franzosen verlassen hatte.
Den ersten drei Tönen ist in der Partitur das „Le – be wohl!“ unterlegt. Es lässt den Hörnerklang der abreisenden Gesellschaft hören.
Vieles ist an dieser Sonate ungewöhnlich. Die Coda des ersten Satzes klingt mit verhaltenem Schmerz aus. Adorno: „Eine der ungeheuerlichsten Stellen bei Beethoven. Der harmonische Zusammenstoß der Hornakkorde; das unbeschreibliche Sichentfernen des Wagens mit der Quart (das Ewige haftet genau an diesem Allervergänglichsten), und dann der allerletzte Schluß, wo die Hoffnung wie in einem Tor verschwindet, eine der größten theologischen Intentionen Beethovens, vergleichbar nur gewissen Augenblicken Bachs.“
Der 2. Satz führt bereits in die Gedankenwelt der Hammerklavier-Sonate. Und selten ist in der Musik solche Freude zu hören wie im abschließenden „Vivacissimamente“. Hat Beethoven das Kommen von Antonie Brentano geahnt, der „unsterblichen Geliebten“, die er in den folgenden Jahren kennen lernen sollte, und die ihn zur 7. Sinfonie beflügelte?
Dies ist meines Wissens das einzige Musikstück Beethovens, von dem es eine Einspielung mit Leopold Godowsky gibt, aufgenommen am 31. Mai 1929 in London.
Das ist wirklich eine besondere Aufnahme. Ich habe sie mit Solomon und Yves Nat verglichen. Der erste Satz ist noch ein wenig langsamer gespielt als bei Solomon. Die forti sind recht verhalten (und dadurch im Blick auf die ganze Sonate deutlich unterschieden von den Fortissimi im letzten Satz). Besonders auffallend, wie er die flüssigen Bewegungen immer wieder abrupt zum Halten bringt, viele kleine Abbrüche, wodurch Lücken entstehen und der Schmerz zu spüren ist, wenn die Musik innehält.
Im letzten Satz gelingt dann umgekehrt eine unglaubliche Wellenbewegung, wenn auf die Melodie im fortissimo - jede einzelne Note zusätzlich durch sforzato betont -, die Wiederholung folgt, nun aber die einzelnen Noten in Triolen aufgelöst. Godowsky versteht auf einzigartige Weise, den übergreifenden Bogen der Wiedersehens-Freude zu spielen, die alle inneren Banden sprengt und sich gar nicht mehr beruhigen kann vor lauter Ausgelassenheit.
Viele Grüße,
Walter